Odorico de Portu Naonis

Odorico de Portu Naonis
Odorich von Portenau

Odorich von Portenau (eigentlich Odorico de Portu Naonis, auch Odorico da Pordenone) (* zwischen 1265 und 1286 in Villanova bei Pordenone; † 14. Jänner 1331 in Udine) war ein Franziskanermönch und wurde durch seinen Fußmarsch von Pordenone (Italien) nach Peking (China) weltberühmt. Er wird aufgrund seiner Herkunft von Österreichern heute als erster Weltreisender ihrer Nation in Anspruch genommen.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Odorico wurde in Portenau (heute: Pordenone) geboren. Seine Heimatstadt befindet sich im heutigen italienischen Friaul, sie gehörte als so genannter Streubesitz einige hundert Jahre den Babenbergern. Im Interregnum ging der Besitz des damaligen Dorfes an Ottokar II., fiel später an die Habsburger und 1508 endgültig an Venedig.

Ein genaues Geburtsdatum des Mönchs ist nicht bekannt (zwischen 1265 und 1286), es könnte aber ins Interregnum bzw. in die Zeit von Ottokar II., dem König von Böhmen, fallen. Hinzu kommt, dass sich Odorico um 1300 sicher keinem Staat angehörig fühlte. Er war einzig und allein Untertan des Franziskanerordens.

Nachdem Odorico zunächst in Pordenone ein einsames Einsiedlerleben führte, trat er um das Jahr 1300 den Franziskanern in Udine bei. Zwischen 1314 und 1318 brach er zu einer 12-jährigen Asienreise auf. Er gelangte über die Türkei, Indien, Sumatra, Java und Borneo bis nach Peking, wo auch eine Franziskanermission bestand. Nach einem Aufenthalt von drei Jahren kehrte er über Tibet nach Europa zurück. Im Winter 1330/1331 diktierte er einem Ordensbruder die "wunderlichen Geschichten aus dem Reich der Tataren die ich mit eigenen Augen gesehen in den Landen da ich inn gewesen".

Im Winter 1331 wollte er sich auf den Weg zum Papst nach Avignon machen, um für eine weitere Mission in China die Erlaubnis bzw. den Segen zu erhalten. Er verstarb jedoch am 14. Jänner 1331 im italienischen Udine.

Die Kirche sprach Odorico von Pordenone 1755 selig.

Der Reisebericht aus Asien

Ein Minoritenmönch aus Prag schrieb zehn Jahre nach Odoricos Tod eine Überarbeitung des Reiseberichts. Der Bericht liegt heute noch in etwa 100 lateinischen Textzeugen vor; eine kritische Edition fehlt. 1359 stellte der Wiener Leutpriester Konrad Steckel eine deutsche Übersetzung fertig, die heute in vier handschriftlichen Exemplaren erhalten ist, es folgten italienische und französische Übersetzungen, doch erst in der Neuzeit erfuhr der weltreisende Franziskaner wissenschaftliche Beachtung. Die Authentizität des Reiseberichts von Odorich von Portenau gilt heute (im Gegensatz zu dem „Divisament dou monde“ des Marco Polo) als unbestritten.

Odoricos Reisebericht wird der Einfachheit halber, obwohl historisch unkorrekt, der italienischen Entdeckergeschichte zugeschrieben.

Inhalt des Berichtes

Bereits am Anfang des Reiseberichtes erkennt man den mittelalterlichen Charakter des Textes, der dem modernen Leser keine chronologischen Reiseinformationen sondern Mirabilien, wundersame Anekdoten, erzählt. Anfangs berichtet er von "Rebhühnern, die durch die Luft geführt werden".

Das erste Kapitel berichtet aus der nordtürkische Hafenstadt Trapezunt (heute: Trabzon) am Schwarzen Meer. Er erzählt von einem Berg im Osten der Türkei, auf dem er die Arche Noah vermutete (vermutlich der Ararat). Odorico wollte den Berg besteigen, ließ jedoch davon ab als er vom Volk vor möglicher Gotteslästerung gewarnt wurde. Die Fußreise führt ihn weiter nach Täbris im Iran, das er als "die geeignetste Handelsstadt der Welt bezeichnet, denn die ganze Welt treibt Handel mit jener Stadt".

Odorico von Portenau wanderte mit Karawanen durch das "Sarazenenland" (Persien) in Richtung der Hafenstadt Hormuz, die auf einer Halbinsel am Eingang zum Persischen Golf lag.

Während seines Aufenthaltes in Persien besuchte er viele Städte, die mittlerweile unterschiedlich stark geänderte Namen haben, so z.B. Cassam ist nun Kaschan zwischen Teheran und Isfahan. Odorico glaubte, ähnlich wie Marco Polo, dass Cassam die Stadt sei, aus der die Heiligen Drei Könige stammen. Er berichtet u.a. vom „Reiche Chaldäa“, einem Gebiet, das das südliche Mesopotamien bzw. Bagdad bezeichnet, und „wo die Frauen nur ein Untergewand und Hosen tragen und die Geschlechtsteile der Männer wegen der großen Hitze bis auf die Waden herunterhängen“. Bei dieser Beobachtung handelt es sich um Elephantiasis, eine im europäischen Mittelalter unbekannte, in subtropischen Gebieten weit verbreitete Krankheit. Gliedmaßen und in selternen Fällen die Geschlechtsorgane sind dabei durch Blutstau ungewöhnlich angeschwollen.

Als Odorico nach einer längeren Schiffreise in Thana, in der Nähe des heutigen Bombay an Land ging, fand er vier Franziskanermönche vor, die als Märtyrer hingerichtet wurden. Sein Bericht beschäftigt sich sehr ausführlich mit den seltsamen Einzelheiten ihres Todes und er beschließt, die Gebeine der Glaubensbrüder in nicht-muslimischer Erde, in der Franziskanermission in China, zu bestatten.

Die weitere Schiffsreise führte ihn entlang der indischen Südküste nach Ceylon (Sri Lanka), dann an die Ostküste Indiens, er hält sich auf den Nikobareninseln in der Andamanensee auf, berichtet von kannibalischen Unsitten der "hundsköpfigen Bevölkerung", und überquert zu Beginn des 14. Jahrhunderts zweimal den Äquator.

Mit Schiffen, "die nur mit Pech und ohne Eisenteile zusammengefügt waren", kam er bis nach Sumatra und Java, etwa in die Gegend von Batavia (heute: Jakarta). Er wandert zu Fuß durch das mittlerweile verschwundene Königreich Champa (heute: Kambodscha und Vietnam) um schließlich durch Südchina, im Mittelalter noch als "Oberindien" bezeichnet, an den Hof des mongolischen Großkhan ins heutige Peking zu gelangen, wo bereits andere religiöse Repräsentanten, auch des Islam, gemeinsam mit Franziskanern am höfischen Zeremoniell teilnehmen durften.

Nach einigen Jahren in Cathay (Nordchina) trat er seine Rückreise an, die ihn zuerst nördlich bis in die innere Mongolei, dann westlich an den Rand Tibets und vermutlich die Seidenstraße entlang über Afghanistan und Persien zurück nach Padua führte, wo er 1330 eintraf.

Odoricos Bericht erzählt anschaulich von "Ochsen, die als Gott verehrt werden", von Witwenverbrennungen in Indien, Kannibalismus, vom Pfefferanbau in Indonesien, sexuellen Ausschweifungen in Champa, Kormoranfischerei in Südchina, buddhistischen Reinkarnationstheorien und vom mongolischen Hofzeremoniell in Peking. Wir erfahren von den noch heute in Tibet praktizierten Bestattungsmethoden durch Aasgeier und über den legendären Alten vom Berge von dem es heißt, er hätte sich in seinem Garten Meuchelmörder (Assassinen) gehalten, sei später aber von den Tataren entmachtet worden.

Werkverzeichnis

  • Itinerarium Fratris Odorici de Foro Julii, Ordinis Fratrum Minorum, de mirabilibus Orientalium Tartarum, Ms. 1330, Redaktion des Berichtes: Guillelmus de Solagna, 1330, Heinrich v. Glatz, 1331
    • 1. gedruckte Ausgabe: Odoricus de Rebus incognitis, 1513
    • Külb, Die Reisen der Missionare I, 3, 1860, 103-165
    • H. Yule, Cathay and the Way Thither, 1866, I, 1-162; 2a 1913, t. II, 97-277 (engl.), 278-336 (lat.), 337-367 (ital.)
  • Relatio Fratri Odorico, hg. von A. van den Wyngaert, Sinica Franciscana I, Firenze 1929, 413-495 (Abdruck der alten Handschrift A = Assisi)
  • Relazione dell viaggio in Oriente e in Cina (1314?-1330), 1982
    • Die Reise des seligen Odorico von Portenau nach Indien und China (1314/18-1330), übers., eingel. u. erl. Folker Reichert, 1987.

Quellen

  • 1911 Encyclopædia Britannica
  • L. Monaco u. a. (Hgg.), Odorichus, De rebus incognitis. Odorico de Pordenone nella prima edizione a stampa del 1513, Pordenone 1986
  • G. Strasmann, Konrad Steckels deutsche Übertragung der 'Reise nach China' des Odorico de Pordenone, 1968
  • F. Wood, Did Marco Polo Go to China?, 1998.

Weblinks


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