Ohnblatt

Ohnblatt
Blattloser Widerbart
Blattloser Widerbart (Epipogium aphyllum)

Blattloser Widerbart (Epipogium aphyllum)

Systematik
Ordnung: Spargelartige (Asparagales)
Familie: Orchideen (Orchidaceae)
Unterfamilie: Epidendroideae
Tribus: Gastrodieae
Gattung: Widerbart (Epipogium)
Art: Blattloser Widerbart
Wissenschaftlicher Name
Epipogium aphyllum
Sw.

Der Blattlose Widerbart (Epipogium aphyllum), auch Ohnblatt genannt, ist eine der seltensten und ungewöhnlichsten heimischen Pflanzenarten aus der Familie der Orchideen (Orchidaceae). Der botanische Gattungsname Epipogium leitet sich ab von den griechischen Wörtern epi = nach oben oder aufwärts, pogon = Bart; das Artepitheton aphyllum von aphyllos = blattlos.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Blüten des Widerbarts

Der Blattlose Widerbart ist eine ausdauernde krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 5 bis 30 cm erreicht. Er ist ein blattloser und chlorophyllfreier Geophyt mit einem fleischigen Rhizom, das stark verzweigt ist und einer Koralle ähnelt. Diese Pflanzenart ist mit ihrer mykoheterotrophen Ernährungsweise lebenslang auf die Pilzsymbiose angewiesen. Der kahle Stängel ist weiß bis schmutzigrosa gefärbt und hat ein bis drei stängelumfassende Schuppenblätter.

Der wenigblütige, ährige Blütenstand trägt eine bis zehn Blüten. Die zygomorphen Blüten sind nicht resupiniert, das heißt die üblicherweise nach unten zeigende Lippe zeigt hier nach oben. Die gelbweißen bis rötlichen Blütenhüllblätter sind 10 bis 15 mm lang. Die Lippe ist 5 bis 10 mm lang, weiß, und mit rötlichen Papillen überzogen. Der Sporn ist dick und sackförmig.

Ende Juli bis Anfang August, seltener auch schon früher, erscheint der Trieb über der Erde. Die Blütezeit beginnt bald darauf und ist meist sehr kurz. Gelegentlich blüht die Pflanze auch unterirdisch.

Die Samenreife erfolgt innerhalb von wenigen Tagen.

Genetik und Entwicklung

Der Blattlose Widerbart besitzt einen Karyotyp von zwei Chromosomensätzen und jeweils 34 Chromosomen (Zytologie: 2n = 68).

Der Same dieser Orchidee enthält keinerlei Nährgewebe für den Keimling. Die Keimung erfolgt daher nur bei Infektion durch einen Wurzelpilz (Mykorrhiza). Auch im erwachsenen Stadium ist der Widerbart auf den Pilz angewiesen (Vollmykotrophie).

Ökologie

Der Widerbart in einem Fichtenwald in der Baar

Als Standort bevorzugt der Widerbart schattige Laub- und Nadelwälder mit hoher Luftfeuchtigkeit, höherer Bodenfeuchte, dicker Humusauflage und Totholz.

Er findet sich in den Pflanzengesellschaften

Verbreitung

Allgemein

Verbreitet, aber generell selten ist der Widerbart in Europa und Vorderasien mit Ausnahme der mediterranen Gebiete, nach Osten bis Sibirien, Japan, Halbinsel Kamtschatka und dem Himalaya. Florenelemente: submediterran, mittel-atlantisch, subatlantisch, zentraleuropäisch, karpatisch, sarmatisch, mittel-sibirisch, skandinavisch (nach BUTTLER).

Deutschland

In Deutschland befinden sich die dichtesten Vorkommen auf der Schwäbischen Alb, dem Alpenvorland und in der Mitte Deutschlands, wo Sachsen-Anhalt, Thüringen und Niedersachsen aufeinandertreffen. Außerhalb dieser Gebiete wurden nur wenige größere Vorkommen nachgewiesen. Viele sind seit längerer Zeit unbestätigt oder erloschen.

Schweiz

In der Schweiz hauptsächlich in alpinen Regionen, aber auch außerhalb wurden Pflanzen an mehreren Fundorten nachgewiesen. Viele dieser Fundorte sind seit langem unbestätigt.

Naturschutz und Gefährdung

Der Blattlose Widerbart ist durch nationale und internationale Gesetze streng geschützt.

Rote Liste Deutschland:2
Rote Listen Baden-Württemberg:V (Vorwarnliste), Bayern:2, Hessen:2, Nordrhein-Westfalen:2, Rheinland-Pfalz:2, Sachsen-Anhalt:4, Thüringen:1, Mecklenburg-Vorpommern: 1. In den übrigen Ländern kommt diese Art nicht vor.

Die Bestände sind rückläufig. Gründe sind unter anderem Klimaveränderung und Kahlschläge. Unerwarteterweise war die Blüte im Jahrhundertsommer 2003 sehr langanhaltend und zahlreich. Die Auswirkungen machten sich erst im darauffolgenden Jahr bemerkbar: es erschienen deutlich weniger Pflanzen.

Systematik

Der gültige botanische Name ist Epipogium aphyllum Sw. 1814. Carl von Linné beschrieb diese Art 1753 in seinem Werk "Species Plantarum" als Satyrium epipogium. Satyrium ist heute der Gattungsname einer hauptsächlich im südlichen Afrika vorkommenden Orchidee.

Weitere Synonyme sind Epipogium gmelinii (L.) Rich. 1817 und Orchis aphylla F.W.Schmidt 1791.

Literatur

Standardliteratur über Orchideen
  • AHO (Hrsg.): Die Orchideen Deutschlands. Verlag AHO Thüringen Uhlstädt – Kirchhasel, 2005, ISBN 3-0001-4853-1.
  • H. Baumann, S. Künkele:Die wildwachsenden Orchideen Europas. Frankh, 1982, ISBN 3-4400-5068-8.
  • Karl-Peter Buttler: Orchideen, die wildwachsenden Arten und Unterarten Europas, Vorderasiens und Nordafrikas. Mosaik Verlag 1986, ISBN 3-5700-4403-3.
  • Robert L. Dressler: Die Orchideen - Biologie und Systematik der Orchidaceae. (1996) – gutes Werk zum Thema Systematik [deutsch]
  • Hans Sundermann: Europäische und mediterrane Orchideen. Brücke-Verlag, 2. Auflage: 1975, ISBN 3-8710-5010-5.
  • J. G. Williams: Orchideen Europas mit Nordafrika und Kleinasien. BLV Verlag, ISBN 3-4051-1901-4.
Spezielle Literatur
  • Fritz Füller: Limodorum, Epipogium, Neottia, Corallorhiza (Orchideen Mitteleuropas, 7. Teil). 3. Auflage (unveränderter Nachdruck der 2. Auflage von 1977). Westarp Wissenschaften, Hohenwarsleben 2002 (Die Neue Brehm-Bücherei, Band 385), ISBN 3-89432-491-0.

Bildergalerie

Weblinks

Siehe auch

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