Organisationslehre

Organisationslehre

Organisation (gr. ὄργανον órganonWerkzeug“) lässt sich am treffendsten mit „Bewerkstelligung“ übersetzen und bedeutet: Planung und Durchführung eines Vorhabens.

Der Begriff wird zum einen prozessual, auf das Handeln des Organisierens, zum andern strukturell, auf das organisierte Gebilde bezogen. Diese Doppeldeutigkeit wird, etwa in der Soziologie, teils auch bewusst aufrecht erhalten, um die Verschränkung dieser Eigenschaften auszudrücken.

Sowohl im allgemeinen Sprachgebrauch als auch in der Wissenschaft (Soziologie, Politikwissenschaft, Betriebswirtschaftslehre, Informatik) wird der Begriff sehr vielfältig verwendet, wobei je nach Betrachtungsebene unterschiedliche Aspekte betont werden.

Inhaltsverzeichnis

Organisationstheorien

Hauptartikel: Organisationstheorie

Organisationstheorien haben den Zweck, Organisationen – ihr Entstehen, ihr Bestehen und ihre Funktionsweise – zu erklären und zu verstehen. Es existiert eine Vielzahl von verschiedenen Organisationstheorien, da Organisationen hochkomplexe Gebilde sind und der Gegenstandsbereich der Organisationstheorie sehr breit ist. Allen Ansätzen ist ihr Objektbereich, die Organisationen und ihre Zielsetzung gleich. Jedoch erfassen die verschiedenen Ansätze jeweils nur bestimmte Aspekte. Wichtige Organisationstheorien sind:

Organisation in der Betriebswirtschaftslehre

Zusammenhang der Organisationsbegriffe

Die Betriebswirtschaftslehre sieht Organisationen als zielgerichtete Handlungssysteme mit interpersonaler Arbeitsteilung. Die Arbeitsteilung erfordert Einschränkungen des Handlungsspielraums der Organisationsmitglieder durch Verhaltenserwartungen. Diese haben zwei Dimensionen: Koordination und Motivation. Die Koordination kann durch Selbstabstimmung oder Regeln erfolgen. Nur das zweite macht Organisation aus.

Es werden drei Organisationsbegriffe unterschieden: 1. Organisation als Institution, 2. als Funktion und 3. als Instrument (Organisation der Organisation der Organisation).

  • Institutionelle Sicht: Unternehmen werden als soziotechnische Systeme aufgefasst, die dauerhaft ein Ziel verfolgen und eine formale Struktur aufweisen, um das Verhalten der Organisationsmitglieder auf die Unternehmensziele auszurichten („Ein Unternehmen ist eine Organisation“).
  • Funktionale Sicht: Organisation wird als Managementfunktion betrachtet, die auf die Gestaltung und Veränderung von Strukturen ausgelegt ist („Organisation im Sinne von Organisieren“).
  • Instrumentelle Sicht: Organisationsinstrumente wie beispielsweise Organigramme, welche die Struktur, klassisch die Aufbau- und Ablauforganisation, in neuerer Zeit auch die Prozessorganisation („Ein Unternehmen hat eine Organisation“) beschreiben. Die Aufbauorganisation, visualisiert durch ein Organigramm, ergibt sich aus der Aufgabenanalyse und -synthese und beschreibt die horizontale und vertikale Kommunikation durch Stellen- und Abteilungsbildung („WAS sind die Aufgaben der Organisation?“). Die Ablauforganisation (Prozessorganisation) resultiert aus der Arbeitsanalyse und -synthese und hat die Optimierung von Abläufen (Prozessen) zum Inhalt („WIE sollen die Aufgaben zeitlich, personal und lokal organisiert sein?“).

Die Unterscheidung von Aufbau- und Ablauforganisation geht auf Kosiol zurück und wird daher auch Kosiolsches Analyse-Synthese-Konzept genannt.

Oft werden Organisationen nach generellen Zielsystemen wie folgt klassifiziert:

  • Organisationen, deren Ziel darin besteht, Leistungen in Form von Sach- und Dienstleistungen zu erbringen (Produktionsbetriebe und Dienstleistungsunternehmen) oder bestimmte Außenwirkungen zu erzielen (zum Beispiel Verwaltungsbehörden, Polizei, Parteien, Interessenverbände, Gewerkschaften, etc.);
  • Organisationen, deren Zielerreichung auf die Veränderung von Personen gerichtet ist (zum Beispiel Schulen, Universitäten, Krankenhäuser, Beratungsstellen, Gefängnisse etc.). Dieser Zieltyp wird meist Non-Profit-Organisation genannt.

Siehe auch: Organisation (Wirtschaft), Betriebswirtschaftliche Organisationslehre

Organisation in der Politikwissenschaft

Eine eigene politologische Organisationslehre ist – trotz der Erforschung von zum Beispiel Parteien – noch nicht durchgesetzt. Doch eröffnen sich mit dem 21. Jahrhundert durch die wachsende Bedeutung der NGO (nichtstaatlichen Organisationen) neue Forschungsfelder. Sie reichen – beispielsweise – vom Roten Kreuz bis zu Al-Qaida.

Organisation im Qualitätsmanagement und Umweltmanagement

Im Zusammenhang mit Qualitätsmanagement- und Umweltmanagementsystemen ist eine Organisation definiert als eine „Gruppe von Personen und Einrichtungen mit einem Gefüge von Verantwortungen, Befugnissen und Beziehungen“. Dies kann beispielsweise ein(e) Gesellschaft, Körperschaft, Firma, Unternehmen, Institution, gemeinnützige Organisation, Einzelunternehmer, Verband oder Teile bzw. Mischformen solcher Einrichtungen sein.

Organisation ist aber nicht nur ein statisches Gefüge, sondern definiert auch Vorgehensweisen, Handlungsanweisungen, Eskalationsprozesse, Umgang mit Normverstößen usw.. Diese Bedeutung wird mit dem Wort „Prozessorganisation“ klarer bezeichnet.

Abgrenzung vom Begriff Institution

Üblicherweise wird der Begriff Organisation streng vom Begriff Institution unterschieden. Eine Organisation ist ein bewusst geschaffenes, zielgerichtetes Gebilde, das Gründer und auch ein Gründungsdatum hat. Jede Organisation hat Mitglieder. Institution hingegen ist ein "Regelwerk" von Verhaltensmustern und -normen, das aus dem gesellschaftlichen Zusammenleben der Menschen, das heißt aus Regelmäßigkeiten ihres Verhaltens, gleichsam "naturwüchsig" hervorgegangen ist (z.B. die Institution des Wettkampfes, der Gastfreundschaft, der Hochzeit, der Bestattung). Es gibt freilich auch Institutionen, insbesondere rechtliche Institutionen, die bewusst geschaffen wurden und mit Gesetzeskraft ausgestattet sind (z.B. Erbregelung, Ehe, Eigentum, Mitbestimmung, Wahlrecht), aber häufig knüpfen auch diese an die im praktischen Lebenszusammenhang entstandenen Institutionen an. Für Institutionen gilt generell, dass sie ohne Mitglieder denkbar sind. So lässt sich beispielsweise die Universität einerseits als Organisation und andererseits als Institution beschreiben. Als Organisation ist sie ein soziales Gebilde aus Lehrenden und Lernenden sowie aus Forschern, Verwaltern und anderen Bediensteten, die in einem arbeitsteiligen, planvollen Zusammenspiel miteinander agieren; als Institution ist sie eine gesellschaftliche Einrichtung, die der Vermittlung, Tradierung und Generierung von praktischem und orientierendem Wissen dient.

Literatur

  • Frese, Erich: Grundlagen der Organisation. Entscheidungsorientiertes Konzept der Organisationsgestaltung. 9., vollst. überarb. Aufl., Gabler, Wiesbaden 2005, ISBN 3-409-12681-3.
  • Grochla, Erwin: Grundlagen der organisatorischen Gestaltung. Poeschel, Stuttgart 1982, ISBN 3-7910-9207-3.
  • Jäger, Wieland/Schimank, Uwe (Hgg.): Organisationsgesellschaft. Facetten und Perspektiven. VS Verl. für Sozialwiss., Wiesbaden 2005, ISBN 3-531-14336-0.
  • Kieser, Alfred: Organisationstheorien. 6., erw. Aufl., Kohlhammer, Stuttgart 2006, ISBN 3-17-019281-7.
  • Kluth, Heinz: Soziologie der Großbetriebe. Poeschel, Stuttgart ³1975, ISBN 3-7910-9056-9.
  • Luhmann, Niklas: Funktionen und Folgen formaler Organisation. Mit einem Epilog. 5. Aufl., Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-08341-5.
  • Mayo, Elton: The social problems of an industrial civilisation, [1933], dt. Probleme industrieller Arbeitsbedingungen, Verlag der Frankfurter Hefte, Frankfurt am Main 1949.
  • Schulte-Zurhausen, Manfred: Organisation. 4., überarb. und erw. Aufl., Vahlen, München 2005, ISBN 3-8006-3205-5.
  • Türk, Klaus/Lemke, Thomas/Bruch, Michael: Organisation in der modernen Gesellschaft : eine historische Einführung. VS Verl. für Sozialwiss., Wiesbaden ²2006, ISBN 3-531-33752-1
  • Weber, Max: „Die legale Herrschaft mit bureaukratischem Verwaltungsstab“, in: Weber, Max: Wirtschaft und Gesellschaft. 5., rev. Aufl., Mohr, Tübingen 1976, ISBN 3-16-538521-1.
  • Oelsnitz, Dietrich von der: Die innovative Organisation, 2., erw. Aufl., Kohlhammer, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-17-020502-4.

Weblinks

Siehe auch


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