Aso Taro

Aso Taro
Tarō Asō

Tarō Asō (jap. 麻生 太郎, Asō Tarō; * 20. September 1940 in Iizuka, Präfektur Fukuoka) ist ein japanischer Politiker und seit September 2008 der 59. Premierminister Japans sowie Vorsitzender der Liberaldemokratischen Partei (LDP).

Er war zwischen Oktober 2005 und August 2007 Außenminister seines Landes. Innerhalb der LDP führt er die Asō-Faktion, wobei seine Faktionszugehörigkeit für die Dauer seiner Amtszeit als Parteivorsitzender und Premierminister ruht.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Asō ist Absolvent der Gakushūin-Universität. Nach mehreren Jahren in der Leitung des Familienunternehmens Asō, für das er auch zwei Jahre in Sierra Leone tätig war, wurde er 1978 Vorsitzender der Japan Junior Chamber, einem Interessenverband für Nachwuchsunternehmer.

Bei den Olympischen Sommerspielen 1976 in Montréal nahm er als Sportschütze im Skeet-Wettbewerb teil und belegte den 41. Platz.[1]

1979 wurde er im Wahlkreis 2 der Präfektur Fukuoka ins Unterhaus gewählt und seither – seit 1996 im Einzelwahlkreis Fukuoka 8 – achtmal als Abgeordneter wiedergewählt.

Seit Beginn der 1990er Jahre übernahm Asō vermehrt Führungspositionen in Ausschüssen, als parlamentarischer Staatssekretär (seimujikan) und in Parteigremien der LDP, 1996 wurde Asō als Leiter der Wirtschaftsplanungsbehörde zum ersten Mal ins Kabinett berufen. Unter Premierminister Jun’ichirō Koizumi war er zunächst Vorsitzender des Policy Affairs Research Council (kurz: PARC, jap. 政務調査会, seimu chōsa kai), einem Schlüsselgremium der LDP, ab 2003 dann Innenminister. Von Oktober 2005 bis August 2007 war er Außenminister seines Landes. 2006 gründete Aso das Ikōkai, die Asō-Faktion, aus der Kōno-Gruppe (Taiyūkai) von Yōhei Kōno. 2007 war Asō für kurze Zeit LDP-Generalsekretär.

Erstmals 2001 kandidierte Asō für den LDP-Parteivorsitz, an den in der Regel das Amt des Premierministers geknüpft ist. Er unterlag deutlich Jun’ichirō Koizumi und Hashimoto Ryūtarō. Seine Kandidaturen 2006 gegen Shinzō Abe und 2007 gegen Yasuo Fukuda waren ebenfalls erfolglos.

Bei der Neubesetzung der Partei- und Regierungsämter am 1. August 2008 berief der Premierminister und Parteivorsitzende Yasuo Fukuda Asō zum zweiten Mal als LDP-Generalsekretär. Nach Fukudas Rücktritt gewann Asō am 22. September 2008 die Wahl des LDP-Vorsitzenden mit 351 von 527 Stimmen. Am 24. September wurde er vom Unterhaus gegen das Votum des Oberhauses, das für den DPJ-Vorsitzenden Ichirō Ozawa stimmte, mit 337 von 478 Stimmen zum neuen Premierminister Japans gewählt.

Regierungszeit

Seine Amtszeit als Premierminister begann mit der Vorstellung seines Kabinetts in der Kantei. Dem Kabinett gehören fünf faktionsungebunde Minister an. Den Schlüsselposten als Chefkabinettssekretär erhielt Takeo Kawamura, Außenminister wurde Hirofumi Nakasone und das Finanzministerium übernahm Shōichi Nakagawa. Der erste Minister, Infrastrukturminister Nariaki Nakayama, trat nach vier Tagen wegen Äußerungen in seinem Interview zu Amtsantritt zurück.[2] Der Finanzminister Shōichi Nakagawa trat am 17. Februar 2009 von seinem Amt zurück. Während dem G7-Finanzministertreffen in Rom "lallte" er vor laufender Kamera.

Außenpolitik

Nach Amtsantritt reiste Asō am 25. September zu seinem außenpolitischen Debut nach New York, um vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen zu sprechen. Eine wichtige Aufgabe auf dem Gebiet der Außenpolitik war die Verlängerung des Antiterrorismusgesetzes, auf dessen Grundlage Japan mit Betankungsschiffen im Indischen Ozean an der Operation Enduring Freedom teilnimmt. Es wurde am 12. Dezember 2008 durch eine Abstimmung im Unterhaus mit Zweidrittelmehrheit gegen das Oberhaus verabschiedet. Zu diesem Zweck hatte Asō die Sitzungsperiode des Parlaments bis zum 25. Dezember verlängert.[3] Unterdessen lief der umstrittene Irakeinsatz der Luftselbstverteidigungsstreitkräfte im Dezember 2008 aus.[4] Am 25. Dezember kündigte Asōs Regierung Pläne für eine Gesetzesänderung an, um japanische Schiffe zur Piratenbekämpfung vor die Küste Somalias entsenden zu können.[5][6]

Die Beziehungen zu den asiatischen Nachbarn wurden im Oktober 2008 zwischenzeitlich durch die Veröffentlichung eines revisionistischen Aufsatzes durch den Stabschef der Luftselbstverteidigungsstreitkräfte, Toshio Tamogami, belastet. Tamogami wurde rasch aus dem Amt entfernt und aus den Streitkräften entlassen.

Ein Schwerpunkt Asōs außenpolitischer Aktivität sind die Beziehungen zur Republik Korea. Fünf Mal traf er sich mit Präsident Lee Myung-bak, wobei engere Wirtschaftsbeziehungen und eine abgestimmte Politik zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise im Vordergrund standen. Über eine gemeinsame Politik gegenüber der Demokratischen Volksrepublik Korea wegen des Atomprogramms und der Frage entführten japanischen Staatsbürger konnten keine konkreten Vereinbarungen erzielt werden. Präsident Lee verzichtete explizit darauf, eine Entschuldigung für die Kolonialherrschaft oder Entschädigung für den Einsatz koreanischer Zwangsarbeiter – unter anderem in Asōs Familienunternehmen – von Japan einzufordern.[7][8][9]

Innenpolitik

Asōs innenpolitische Priorität ist die Bewältigung der Wirtschaftskrise im Zuge der internationalen Finanz- und Immobilienkrise. Von der Opposition geforderte Neuwahlen zur Bestätigung seines Amtsantritts durch das Volk müssten zugunsten der Erreichung dieses Ziels, insbesondere durch Verabschiedung des Zusatzhaushaltes für das laufende Fiskaljahr 2008 (bis 31. März 2009) und umfangreiche Konjunkturprogramme, verschoben werden.[10] Anlässlich eines gescheiterten Antrags der Demokratischen Partei im Unterhaus auf Auflösung und Neuwahlen am 24. Dezember 2008, schloss Asō baldige Neuwahlen erneut aus.[11]

Bis Anfang Dezember 2008 war die Zustimmungsrate von Asōs Kabinett nach Umfragen der Yomiuri Shimbun von um 50 % auf 20,9 % gefallen – vergleichbar niedrig waren die Werte von Yasuo Fukuda vier Monate zuvor.[12][13] Im Januar 2009 überstieg die Ablehnungsrate 70 %. Asō ist damit der unbeliebtetste Premierminister seit Yoshirō Mori 2001.[14] Auf breite Ablehnung stoßen Asōs Pläne, die Wirtschaft durch eine Auszahlung von 2 Billionen Yen (rund 16 Mrd. Euro) an die Haushalte zu stimulieren.[15] Gegen den Widerstand der Opposition und einzelner Politiker auch aus der Regierungskoalition wurde am 13. Januar 2009 im Unterhaus erstmals über den Zusatzhaushalt 2008 im Shūgiin abgestimmt, die Regierung plant die endgültige Verabschiedung durch Zweidrittelmehrheit nach der wahrscheinlichen Ablehnung bzw. Nicht-Abstimmung im Oberhaus für März 2009.[16] Unterdessen sind der reguläre Haushalt und der erste Zusatzhaushalt für 2009 bereits in Vorbereitung.[17] Auf Widerstand auch in der LDP stößt eine für 2011 geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer.

Weitere innenpolitische Aufgaben sind Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sowie die Bewältigung eines seit 2007 schwelenden Rentenskandals, bei dem Aufzeichnungen über Rentenansprüche von über 1,4 Millionen Bürgern bei den Behörden fehlerhaft registriert waren.[18] Ein Reformprojekt Asōs ist die Bekämpfung des Amakudari, dem Wechsel hoher Beamten in die Privatwirtschaft oder zu halbstaatlichen Einrichtungen (watari). [19]

Familie

Tarō Asōs Frau Chikako ist die Tochter des ehemaligen Premierministers Zenkō Suzuki. Ihr Bruder Shun'ichi Suzuki ist Oberhausabgeordneter der LDP (Koga-Faktion). Asōs Vater Takakichi war Unterhausabgeordneter der Nachkriegszeit und Chef des Familienunternehmens, das jetzt Tarōs jüngerer Bruder Yutaka führt. Tarō Asōs Großvater mütterlicherseits ist der ehemalige Premierminister Shigeru Yoshida. Asōs Ururgroßvater Ōkubo Toshimichi war eine Schlüsselfigur der Meiji-Restauration und späterer Innenminister.[20]

Tarō Asō ist der Bruder der Prinzessin Tomohito von Mikasa, geb. Nobuko Asō, Gemahlin des Prinze Tomohito von Mikasa, Sohn Prinz Mikasas (Mikasa-no-miya) und als solcher eng mit dem japanischen Kaiserhaus verbunden.

Tarō Asō ist Katholik. Ob er praktizierender Christ sei, ließ er unlängst offen. Seine Familie gehört seit vier Generationen der Kirche an.[21]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.sports-reference.com/olympics/athletes/as/taro-aso-1.html
  2. Masami Itō, Kazuaki Nagata: Aso gets quick start, names new Cabinet. In: The Japan Times. 24. September 2008. Abgerufen am 24. September 2008. (en)
  3. Masami Itō: Ruling parties force antiterrorism, bank funding bills through Diet. In: The Japan Times. 13. Dezember 2008. Abgerufen am 29. Dezember 2008. (en)
  4. Japan ends five-year Iraq mission. In: BBC News. 18. Dezember 2008. Abgerufen am 29. Dezember 2008. (en)
  5. AFP, 29. Dezember 2008: Japan PM orders preparations for Somalia mission
  6. MSDF may get antipiracy duty off Somalia. In: The Japan Times/Kyodo News. 26. Dezember 2008. Abgerufen am 29. Dezember 2008. (en)
  7. calls on Seoul to help address crisis. In: The Japan Times. 12. Januar 2009. Abgerufen am 16. Januar 2009. (en)
  8. Mariko Yasumoto: North not priority of summiteers, Obama. In: The Japan Times. 12. Januar 2009. Abgerufen am 16. Januar 2009. (en)
  9. Japan and Korea Vow Unity on Economic Slump. In: The New York Times. 12. Januar 2009. Abgerufen am 16. Januar 2009. (en)
  10. Masami Itō: Ruling Extra budget first, general election later: Aso. In: The Japan Times. 7. Oktober 2008. Abgerufen am 29. Dezember 2008. (en)
  11. Japan PM rules out snap election. In: BBC News. 25. Dezember 2008. Abgerufen am 29. Dezember 2008. (en)
  12. 支持率急落、首相「非常に厳しい数字」. In: Yomiuri Shimbun. 8. Dezember 2008. Abgerufen am 29. Dezember 2008. (ja)
  13. Philippa Fogarty: Gaffes put Japan's Aso under fire. In: BBC News. 9. Dezember 2008. Abgerufen am 29. Dezember 2008. (en)
  14. Aso Cabinet disapproval jumps to 72% / Rate worst for a cabinet in 8 years. In: Yomiuri Shimbun. 12. Januar 2009. Abgerufen am 12. Januar 2009. (en)
  15. Cabinet approval below 20%. In: The Japan Times. 12. Januar 2009. Abgerufen am 12. Januar 2009. (en)
  16. Masami Itō: Ruling bloc steamrollers second extra budget. Opposition parties cry foul, slam coalition's tactics as 'an outrage'. In: The Japan Times. 14. Januar 2009. Abgerufen am 15. Januar 2009. (en)
  17. Hajime Furukawa, Takeo Azuma: Extra budget gives Aso more time. In: Yomiuri Shimbun. 14. Januar 2009. Abgerufen am 15. Januar 2009. (en)
  18. 1.44 million pension records corrupted. In: The Japan Times/Kyodo News. 4. Oktober 2008. Abgerufen am 29. Dezember 2008. (en)
  19. Aso seeks 'amakudari' ban in '09. New Cabinet secretariat bureau to handle civil servant management under four-year plan.. In: The Japan Times. 4. Februar 2009. Abgerufen am 4. Februar 2009. (en)
  20. Stammbaum Asōs
  21. Artikel in der F.A.Z.

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