Orsolics

Orsolics
Hans Orsolics
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Daten
Geburtsname Johannes Orsolics
Kampfname(n) {{{ringname}}}
Gewichtsklasse Halbmittelgewicht
Nationalität Österreichisch
Geburtstag 14. Mai 1947
Geburtsort Wien
Todestag
Todesort
Stil Rechtsauslage
Größe 1,70 m
Reichweite
Kampfstatistik
Kämpfe 53
Siege 42
K.-o.-Siege 28
Niederlagen 8
Unentschieden 3
Keine Wertung

Hans Orsolics (eigentlich Johannes Orsolics, * 14. Mai 1947 in Wien) ist ein populärer ehemaliger österreichischer Profiboxer, dessen Karriere nach frühen Erfolgen (jüngster Europameister, zwei EM-Titel) einen unglücklichen Verlauf nahm und dessen weiteres Leben zunächst durch einen steilen sozialen Abstieg gekennzeichnet war, ehe ihm doch noch der Wiedereinstieg in eine gesicherte Existenz gelang und er durch einen überraschenden Erfolg als Sänger sogar zeitweise zu einer Art österreichischer Kultfigur avancierte.

Inhaltsverzeichnis

Boxkarriere

Der gelernte Rauchfangkehrer Orsolics wurde vom Boxtrainer Karl Marchart für den Sport entdeckt und startete seine Profikarriere am 30. Juli 1965 mit einem KO-Sieg in der ersten Runde über Mario Batzu. Nach zehn weiteren Erfolgen wurde er am 6. Juni 1967 durch einen knappen Punktesieg über den Deutschen Conny Rudhof Europameister im Halbweltergewicht. Mit erst knapp 20 Jahren war er zudem der jüngste europäische Titelträger. Nach zwei erfolgreichen Titelverteidigungen wurde er am 7. Mai 1968 vom Italiener Bruno Acari entthront (Niederlage durch Technisches KO in der zwölften Runde), gewann jedoch schon im Jahr darauf, am 25. September 1969, den EM-Gürtel in der nächsthöheren Gewichtsklasse, dem Weltergewicht, durch einen KO-Sieg in der vierten Runde gegen den Franzosen Jean Josslin.

Der Triumph über Josslin, der vorher noch nie vorzeitig verloren hatte sowie zwei weitere erfolgreiche Titelverteidigungen brachten Orsolics an die Spitze der Weltrangliste und eröffneten ihm die Chance auf einen WM-Kampf gegen José Napoles. Obwohl dieser Kampf bereits weitgehend ausverhandelt und für den 20. November 1970 in Wien geplant war, entschloss sich Orsolics' Management aus fragwürdigen Motiven vorher noch einen „Testkampf“ gegen den weithin gefürchteten und von vielen Spitzenboxern gemiedenen US-amerikanischen Exweltmeister Eddie Perkins durchzuführen. Dieser letzthin völlig überflüssige Kampf endete am 3. September 1970 mit einer schweren KO-Niederlage Orsolics' in der vierten Runde, die alle WM-Pläne zunichte machte und zum Wendepunkt seiner Karriere werden sollte. Denn nur zweieinhalb Monate später und von der Niederlage gegen Perkins noch nicht erholt, verlor er am 20. November 1970 trotz guter Leistung auch seinen EM-Titel gegen den Engländer Ralph Charles durch eine KO-Niederlage in der zwölften Runde. Allerdings protestierten Orsolics' Betreuer gegen den Kampfausgang, da der entscheidende Schlag angeblich nach einem „Break“-Kommando des Ringrichters erfolgt war, woraufhin beide Boxer eigentlich einen Schritt zurück gehen hätten müssen. Die Europäische Boxunion (EBU) wies jedoch den Protest ab, da der Ringrichter ein derartiges Kommando bestritt. Zum Zeitpunkt des Abbruchs hatte Orsolics nach Punkten deutlich in Führung gelegen.

Drei Versuche, den Titel - diesmal im Halbmittelgewicht - zurück zu gewinnen, scheiterten in den folgenden Jahren. Am 15. März 1973 verlor er gegen den Italiener Juan Carlos Durán umstritten nach Punkten, was nach Meinung vieler - nicht nur österreichischer - Beobachter ein klares Fehlurteil darstellte. Am 1. Februar 1974 endete der Kampf gegen der Franzosen Jacques Kechichian mit einer Abbruchniederlage in der neunten Runde, wobei Orsolics in einer früheren Phase des Kampfes Kechichian an den Rand eines KO gebracht, es dabei aber verabsäumt hatte, entscheidend nachzusetzen. Eine weitere Niederlage (Technisches KO in der 14. Runde) gegen Jose Manuel Durán am 5. November 1974 bedeutete schließlich auch das Ende von Orsolics' Boxkarriere.

Als Orsolics' Stärken galten sein beachtliches boxerisches Talent, seine guten Reflexe und sein enormes Kämpferherz. Als Schwachpunkt wurde vor allem die mangelnde Fähigkeit angesehen, bei einem bereits angeschlagenen Gegner den entscheidenden KO-Schlag anzubringen („Killerinstinkt“), was manchmal sogar zu dem Vorwurf führte, Orsolics sei „zu weich“ für den Boxsport. Oftmals hatte er Schwierigkeiten, das Kampfgewicht zu bringen. Außerdem litt er, wie erst später bekannt wurde, unter einem zunehmend stärker werdenden Alkoholproblem.

Unbestritten war seine enorme Popularität, die mehrmals für eine restlos ausverkaufte Wiener Stadthalle sorgte und den TV-Übertragungen seiner Kämpfe sensationelle Einschaltquoten bescherte - allerdings bei fehlender Konkurrenz. Umgekehrt trug die endgültige Etablierung des Fernsehens als Massenmedium in Österreich auch ihren Teil zur Popularität Orsolics' bei, hatte es doch vorher kaum TV-Übertragungen von Boxkämpfen - noch dazu mit österreichischer Beteiligung - gegeben. Da aber das österreichische Fernsehen für die Übertragungsrechte nur geringe - aus heutiger Sicht grotesk niedrige - Preise zu zahlen bereit war, kam es immer wieder zu Konflikten mit den Veranstaltern, die um die für sie ertragreicheren Einnahmen aus den Kartenverkäufen fürchteten.

Inwieweit Fehlentscheidungen von Orsolics' Management seiner Karriere geschadet haben, muss letztendlich Spekulation bleiben, sicher ist aber, dass ihn sein Festhalten an einigen als dubios eingeschätzten Personen in seinem Umfeld, die er jedoch als persönliche Freunde betrachtete, um eine Reihe finanzieller Möglichkeiten - wie z.B. einen gut dotierten Vertrag mit der Wiener Stadthalle - brachte. Unerfahrenheit gepaart mit grober Fahrlässigkeit in finanziellen Angelegenheiten sorgten zudem dafür, dass ihm nach dem Ende seiner Boxlaufbahn trotz Kampfbörsen von insgesamt rund 4 Millionen Schilling (300.000 Euro) ein Schuldenstand von rund 600.000 Schilling (43.000 Euro) verblieb.

Sozialer Abstieg

Orsolics, nach dem Ende seiner Boxkarriere erst 28 Jahre alt, versuchte zunächst einen Einstieg in die Gastronomie. Mangelnde Erfahrung auf diesem Gebiet und eine zunehmende Alkoholabhängigkeit ließen jedoch das von ihm betriebene Lokal „Zum Rauchfangkehrer“ in den Konkurs schlittern. Die daraus resultierenden Kosten, eine teure Scheidung und Steuernachforderungen des Finanzamtes wuchsen bald zu einer immensen Schuldenlast an, die von Orsolics nicht mehr bewältigt werden konnte. Hinzu kam, dass er immer öfter in Raufereien verwickelt war (häufig nach Provokationen und/oder unter Alkoholeinfluss) und zu einer Reihe von anfangs bedingten, später unbedingten Haftstrafen wegen Körperverletzung verurteilt wurde. Orsolics, der auch massive psychische Probleme hatte, war schließlich gezwungen von Sozialhilfe zu leben und wurde nur durch eine Wohnmöglichkeit im Hause seines Vaters im Burgenland vor der Obdachlosigkeit bewahrt. Seine früheren „Freunde“ hatten jeden Kontakt zu ihm abgebrochen.

Eine Art von Comeback

Die Wende brachte 1986 eine vom ORF-Boxexperten Sigmund Bergmann gestaltete anrührende und aufrüttelnde Dokumentation, in der Orsolics' große Erfolge seiner gegenwärtigen tristen Situation gegenübergestellt wurden und die eine Vielzahl von Reaktionen sowie eine Welle der Hilfsbereitschaft auslöste. Am folgenreichsten erwies sich dabei das Angebot des Wiener Liedermachers Charly Kriechbaum, der Orsolics einen unter dem Eindruck der TV-Dokumentation verfassten Song zur Verfügung stellte, der die Situation des Exboxers genau beschrieb und in dem Refrain „I hob valuan, wie nur ana verliern kann, der a Herz statt an Hirn hat“ („Ich habe verloren, wie nur einer verlieren kann, der ein Herz statt eines Hirns hat“) auf den Punkt brachte. Die daraus resultierende Single „Mei potschertes Leben“ („Mein ungeschicktes Leben“) wurde trotz oder gerade wegen Orsolics' mangelnder gesanglicher Fähigkeiten ob ihrer Authentizität zu einer Art Kultplatte, erreichte den Spitzenplatz der österreichischen Hitparade und war insgesamt derart lukrativ, dass es Orsolics gelang - zusammen mit den Erträgen aus Liveauftritten in Diskotheken etc. und einer nachfolgenden LP „Come Back“ - einen Großteil seiner Schulden abzuzahlen. Ein von Sigmund Bergmann (laut Orsolics ein „echter Freund“) vermittelter Job als Lagerarbeiter in der ORF-Druckerei, eine erfolgreiche Alkoholentziehungskur, die ärztliche Behandlung seiner psychischen Probleme (Stimmenhören, Paranoia- und Eifersuchtsattacken) und eine neue Ehe machten schließlich Orsolics' persönliches „Comeback“ perfekt.

Zitate

„Ich war immer entweder ganz oben oder ganz unten. Die Mitte hat mich nie interessiert.“

„Viele Boxer sind nach ihrer Karriere Alkoholiker geworden. Ich habe schon früher angefangen.“

„A Wauhnsinn, normal“

  • Die aus dem Wiener Dialekt stammende und von Orsolics häufig gebrauchte Phrase (wortwörtliche „Übersetzung“ ins Hochdeutsche: „Ein Wahnsinn, normal“; sinngemäß: „Eigentlich ein Wahnsinn“) fand durch ihn Eingang in die österreichische Umgangssprache.
  • Legendär waren Orsolics' Kommentare in Radio und Fernsehen - vor allem wenn er einen Kampf verloren hatte. Eine seiner bekanntesten Aussagen:

„Ich konnte mich auf meinen Gegner nicht einstellen, er war sehr schwer zu boxen.“

Literatur

  • Sigi Bergmann: Orsolics Hansi k.o. Triumphe und Leiden eines Boxers (2007)

Weblinks


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