- Orycteropus
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Erdferkel Systematik Unterklasse: Höhere Säugetiere (Eutheria) Überordnung: Afrotheria Ordnung: Röhrenzähner (Tubulidentata) Familie: Erdferkel (Orycteropodidae) Gattung: Orycteropus Art: Erdferkel Wissenschaftlicher Name Orycteropus afer (Pallas, 1766) Das Erdferkel (Orycteropus afer) ist die einzige lebende Art der Säugetierordnung der Röhrenzähner (Tubulidentata). Die systematische Stellung des Erdferkels ist bis heute umstritten. Mit hasenartigen Ohren, einem schweineartigen Rüssel und einem Rattenschwanz gleicht es keinem anderen heute lebenden Säugetier. Übereinstimmungen mit den Ameisenbären beruhen auf konvergenter Evolution, nicht auf Verwandtschaft.
Inhaltsverzeichnis
Merkmale
Erdferkel sind plumpe Tiere mit einem dicken Leib, mit krummem Rücken, einem an ein Känguru erinnernden Schwanz, ziemlich dickem Hals, langem, schmächtigem Kopf mit langen, rohrförmigen, sehr beweglichen Ohren und einem langen, schweineartigen Rüssel. Die Schnauze ist röhrenförmig ausgezogen und von einer dehnbaren Haut umschlossen, die dem langen Kiefer genügend Spielraum zum Kauen lässt. Die riemenförmige Zunge ist sehr lang, warzenreich und durch reichliche Speichelabsonderung immer feucht und klebrig. Das Erdferkel ist spärlich mit borstigem Haar bedeckt. Es wird bis zu 1,65 m lang, hat eine Schulterhöhe von 60 cm und wiegt zwischen 50 und 70 kg.
Seine Zähne sind eine Besonderheit, die der Ordnung der Röhren- oder Röhrchenzähner ihren Namen gegeben haben. Sie sind zu säulenartigen Gebilden zurückgebildet und haben keine Wurzel. Während junge Erdferkel noch voll bezahnt sind, tragen ausgewachsene Exemplare nur noch im hinteren Teil des Kiefers Zähne.Verbreitung und Lebensraum
Das Erdferkel ist in ganz Afrika südlich der Sahara verbreitet - überall dort, wo es Termiten gibt. Altägyptische Darstellungen geben starken Anlass zu der Vermutung, dass es einst auch nördlich der Sahara gelebt hat. Die Ägypter kannten das Erdferkel nicht nur, nach Meinung einer Minderheit unter den Ägyptologen war es sogar Symboltier des Gottes Seth. Allerdings halten die meisten Ägyptologen den Kopf der Seth-Bildnisse für den eines Esels und nicht eines Erdferkels.
Verwandte des Erdferkels (Orycteropus depereti, Orycteropus gaudryi) haben im Pliozän auch in Europa gelebt. Hier starben sie aber lange vor der Ankunft der Menschen aus.
Lebensraum des rezenten Erdferkels sind Savannen und offenes Buschland. Es fehlt in dichten Wäldern und in Wüsten.
Lebensweise
Erdferkel leben in offenen Landschaften und legen große Erdhöhlen und -baue an. Nachts kommen sie heraus, um auf Nahrungssuche nach Ameisen und Termiten zu gehen. Mit den starken Klauen reißt das Erdferkel die betonharten Termitenbauten auf und leckt mit seiner langen, klebrigen Zunge die Insekten auf.
Das Tunnelsystem, in dem das Erdferkel seinen Bau hat, hat in seiner Mitte eine 2 bis 3 m große Kammer. Von hier führen bis zu 13 m lange Gänge zu den Ausgängen. Obwohl das Erdferkel ein Einzelgänger ist, legen manchmal mehrere Erdferkel ihre Baue direkt nebeneinander an. Manchmal ruht das Erdferkel in einer Höhlung in einem Termitennest. Seine dicke Haut macht es gegen die Bisse der Insekten vollkommen unempfindlich.
Bei der kleinsten Störung flieht das Erdferkel in seinen Bau. Obwohl es sich meistens sehr langsam bewegt, kann es in diesem Fall hohe Geschwindigkeiten erreichen. Es orientiert sich mit Hilfe seines Gehörs und seines Geruchssinns. Die Augen sind weniger hilfreich. Wird es trotz allem eingeholt, wirft es sich auf den Rücken und schlägt mit seinen scharfen Klauen nach dem Angreifer.
Die Hauptnahrung sind Ameisen und Termiten, doch gelegentlich werden auch andere Insekten verspeist. In seltenen Fällen sah man ein Erdferkel eine Maus erbeuten. In Zoos lassen sich die Tiere auch mit pflanzlicher Nahrung füttern.
Erdferkel bringen nach 5 bis 6 Monaten Tragzeit ein einziges Junges (Gewicht 2 kg), sehr selten auch zwei zur Welt. Das junge Erdferkel bleibt zwei Wochen lang in der Höhle verborgen. Erst dann beginnt es, die Mutter auf ihren nächtlichen Wegen zu begleiten. Mit 6 Monaten macht es sich selbständig und gräbt sich eine eigene Höhle. Mit zwei Jahren ist ein Erdferkel geschlechtsreif. Im Zoo erreichten Erdferkel ein Alter von 25 Jahren; in freier Wildbahn dürfte ihre Lebenserwartung niedriger sein.
Erdferkel und Menschen
In manchen Regionen Afrikas wird Erdferkelfleisch gegessen. Über den Geschmack gibt es mehrere Ansichten: Gilt es mancherorts als Delikatesse, bezeichnen andere das Fleisch als übelriechend und zäh wie Leder. Die dicke Haut wird regional zu Leder verarbeitet.
In der Landwirtschaft erfreut sich das Erdferkel keiner großen Beliebtheit, da es für seine Baue den Boden aufwühlt. Allerdings hatten Ausrottungskampagnen, wie sie zum Beispiel in manchen Gegenden Südafrikas erfolgt sind, die unerwünschte Folge, dass sich die Termiten explosiv vermehrten und umso größere Schäden an den Pflanzungen der Farmer anrichteten.
In den allermeisten Gegenden Afrikas konnten Erdferkel in ihrem Bestand allerdings kaum vermindert werden. Sie gehören zu den häufigsten Säugetieren Afrikas und sind weit davon entfernt, als bedrohte Tierart eingestuft zu werden.
Erdferkel sind in freier Wildbahn extrem schwer zu beobachten. Die wenigen Nationalparks Afrikas, die Nachtsafaris erlauben (z.B. Luangwa Valley in Sambia oder der Liwonde Park in Malawi) beenden ihre Nachtfahrten um etwa 20 Uhr. Erdferkel verlassen ihre Bauten selten vor 22 Uhr und kehren lange vor Morgengrauen in ihre Bauten zurück.
Vielen dürfte die Darstellung eines Erdferkels als Zeichentrick-Figur 'Die blaue Elise' aus den 70ern wohlbekannt sein, in der deutschen Übersetzung fälschlich als Ameisenbär klassifiziert. Thema der Kurzfilme ist die grundsätzlich erfolglose Jagd auf die Ameise. Entgegen der Natur verabscheut 'Elise' die holzfressende Termite, während Ameise und Termite dort Verbündete sind.
Erdferkel ist auch eine Bezeichnung der Verfolger und Helfer am Boden einer Ballonfahrt.
Systematik
Die Position des Erdferkels im System der Säugetiere ist noch immer weitgehend rätselhaft. Grzimeks Tierleben nennt das Erdferkel den letzten überlebenden Vertreter der Urhuftiere. Diese Lehrmeinung war lange Zeit in Ermangelung einer Alternative unbestritten, ehe man mit DNA-Untersuchungen den wahren Verwandtschaftsverhältnissen auf den Grund gehen konnte. Das Ergebnis war wie erwartet: Mit keinem anderen lebenden Säugetier ist das Erdferkel näher verwandt.
Arnason, Gullberg und Janke kamen nach ihren Untersuchungen 1999 zu dem Schluss, dass das Erdferkel die Schwesterart eines Taxons sei, das Zahnarme, Raubtiere, Paarhufer, Unpaarhufer und Wale umfasst. Die Linien des Erdferkels und der anderen Säugetiere hätten sich demnach bereits vor 90 Millionen Jahren voneinander getrennt.
Im Gegensatz dazu kommen Springer, Amrine, Burk und Stanhope zu einem ganz anderen Schluss. Ihren Untersuchungen zufolge ist das Erdferkel in den Afrotheria eingebettet, die unter anderem auch Elefanten, Seekühe und Schliefer umfassen. Diese Sichtweise wird von Nikaido, Nishihara, Hukumoto und Okada unterstützt, nach deren Untersuchungen Erdferkel in ihren Genomen spezifische Retroposons, sogenannte AfroSINEs, tragen, die sie mit anderen Vertretern der Afrotheria gemein haben.
Von Gewissheit über die Position des Erdferkels ist man noch weit entfernt. Gesichert ist momentan nur, dass das Erdferkel einer sehr alten Säugetierlinie entstammt und den Ursprüngen der Höheren Säugetiere zumindest sehr nahe steht.
Gelegentlich werden die folgenden drei Unterarten unterschieden:
- Kap-Erdferkel (Orycteropus afer capensis), das Südafrika südlich der Sahara bewohnt.
- (Orycteropus afer aethiopicus), das in Ost- und Nordafrika zu finden ist
- (Orycteropus afer senegalensis), das im Senegal-Gebiet Westafrikas lebt.
Diese Unterteilung ist allerdings umstritten. Nach gängiger Auffassung hat das Erdferkel keine Unterarten.
Die Gattung Plesiorycteropus, die auf Madagaskar lebte und vor rund 1000 Jahren ausgestorben ist, wird manchmal als „Madagassische Erdferkel“ bezeichnet. Untersuchungen von Ross MacPhee aus dem Jahr 1994 ergaben jedoch, dass Plesiorycteropus kein naher Verwandter des Erdferkels war. Dementsprechend werden diese Tiere heute in eine neue Säugetierordnung, Bibymalagasia, gestellt.
Literatur
- David Macdonald (Hrsg.): ‚Enzyklopädie der Säugetiere‘. S. 452; 453. Könemann, ISBN 3-89731-928-4
- Ronald M. Nowak: Walker's Mammals of the World. Johns Hopkins University Press, 1999 ISBN 0801857899
- U. Arnason, A. Gullberg, A. Janke: The mitochondrial DNA molecule of the aardvark, Orycteropus afer, and the position of the Tubulidentata in the eutherian tree. In: Proceedings of the Royal Society: Biological Sciences Bd. 266, Nr 1417, S. 339.
- Mark S. Springer, Heather M. Amrine, Angela Burk, Michael J. Stanhope: Additional Support for Afrotheria and Paenungulata, the Performance of Mitochondrial versus Nuclear Genes, and the Impact of Data Partitions with Heterogeneous Base Composition. In: Systematic Biology, Bd. 48, Nr. 1, S. 65-75.
- Nikaido M, Nishihara H, Hukumoto Y, Okada N (2003): Ancient SINEs from African endemic mammals. Mol Biol Evol 20: 522–527.
Weblinks
- The Biology of the Aardvark (Orycteropus afer) Diplomarbeit (ohne Bilder)
- The Biology of the Aardvark (Orycteropus afer) dieselbe Diplomarbeit (inklusive der Bilder)
- Orycteropus afer in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2006. Eingestellt von: P. Lindsey et al, 2006. Abgerufen am 11. Mai 2006
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