- Ostrock
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Musik der DDR bezeichnet die Musik, die in der Deutschen Demokratischen Republik zwischen 1949 und 1990 geschaffen wurde.
Inhaltsverzeichnis
Klassische Musik
Klassische Musik (E-Musik) hatte in der DDR einen breiten Raum. Wichtige Opernhäuser wurden nach dem Krieg wieder aufgebaut, so die Staatsoper Unter den Linden in Berlin, die Semperoper in Dresden und das alte Gewandhaus in Leipzig, wo 1981 das wegen seiner hervorragenden Akustik weltberühmte neue Gewandhaus eröffnet wurde. Kein anderes Land hatte so viele Sinfonieorchester im Vergleich zur Einwohnerzahl wie die DDR. Fast jedes Stadttheater besaß sein eigenes Orchester.
Neben anderen Stilrichtungen der klassischen Musik wurde die Barockmusik besonders gepflegt. In Leipzig fanden die Bachfestspiele statt, in Halle die Händelfestpiele und in Magdeburg die Telemannfesttage. Zu großem Ruhm kamen der Dresdner Kreuzchor und der Thomanerchor in Leipzig.
In Ost-Berlin fand jährlich das Festival der Neuen Musik statt.
Komponisten
- Max Butting (1888–1976)
- Paul Dessau (1894–1979)
- Hanns Eisler (1898–1962)
- Fritz Geißler (1921–1984)
- Ottmar Gerster (1897–1969)
- Günter Kochan (1930–2009)
- Siegfried Matthus (* 1934)
- Ernst Hermann Meyer (1905–1988)
- Leo Spies (1899–1965)
- Ruth Zechlin (1926–2007)
- Udo Zimmermann (* 1943)
Siehe auch: Liste klassischer Komponisten in der DDR
Dirigenten
- Herbert Kegel (1920–1990)
- Franz Konwitschny (1901–1962)
- Kurt Masur (* 1927)
- Heinz Rögner (1929–2001)
- Kurt Sanderling (* 1912)
- Otmar Suitner (* 1922)
Künstler
- Theo Adam (* 1926)
- Ludwig Güttler (* 1943)
- Carola Nossek (* 1949)
- Peter Schreier (* 1935)
- Reiner Süß (* 1930)
- Dieter Zechlin (* 1926)
Regisseure
- Ruth Berghaus (1927–1996)
- Walter Felsenstein (1901–1975)
- Harry Kupfer (* 1935)
Auch zahlreiche Künstler der Unterhaltungsmusik beschäftigten sich mit der Klassik, was nicht zuletzt daran lag, dass jeder von ihnen Musik studieren musste, um eine Berufserlaubnis zu bekommen und öffentlich auftreten zu dürfen. Holger Biege setzte viele klassische Stilelemente in seinen Liedern ein, Scherbenglas von Lift wurde ausschließlich von Streichern begleitet, und der Rockmusiker Ed Swillms (Karat) spielte Cello in Und ich liebe dich. Die Gruppe Bayon verband klassische Elemente mit europäischem und kambodschanischem Folk, während electra und Stern-Combo Meißen klassische Musik adaptierten und mit Elementen der Rockmusik versetzen.
Unterhaltungsmusik
Die Unterhaltungsmusik in der DDR versuchte einen Spagat zwischen den verschiedenen Ansprüchen:
- das Verlangen der Zuhörer nach westlich orientierter Musik
- die Ablehnung der Beatmusik besonders von der Ulbricht-Regierung
- das Verarbeiten von Themen, mit denen die Menschen sich beschäftigten
- die staatliche Zensur der Texte.
Da aber der kommerzielle Erfolg der Musik viel weniger wichtig war als im Westen, konnte sie aus den üblichen Schubladen ausbrechen. Dadurch entstanden fließende Übergänge zwischen Stimmungsliedern, Schlagern, Beatmusik, Rockmusik, Jazz, Chanson und Klassik. Für den öffentlichen Auftritt benötigten Amateurmusiker eine Spielerlaubnis, die die Kulturbehörden der Kreise und Bezirke an Bands und Einzelmusikern vergab, die ein Minimum an musikalischem Können vorweisen konnten. Die Vergabe einer Spielerlaubnis für Berufsmusiker (Berufsausweis) setzte eine solide musikalische Ausbildung voraus. Musiker ohne Hochschulabschluss mussten eine Prüfung bestehen, die von einer Kommission des Bezirkskomitees für Unterhaltungskunst abgenommen wurde. Teilweise war eine dem DDR-Regime unpassende politische Haltung von Musikern jedoch ein Hinderungsgrund für die Vergabe einer Spielerlaubnis.
Schlager und Stimmungslieder
Die Schlagerszene der DDR ist untrennbar mit dem Namen Heinz Quermann verbunden. Der Intendant und Redakteur moderierte von 1958 bis 1994 die legendäre Sendung Schlagerrevue, die wöchentlich von Radio DDR 1 ausgestrahlt wurde. Redakteur war von 1960 bis 1988 Siegfried Jordan. Heinz Quermann betätigte sich dabei auch als Talentsucher und -förderer mit der Sendung Herzklopfen kostenlos. Unter anderen verdanken ihm Dagmar Frederic, Frank Schöbel, Chris Doerk sowie Helga Hahnemann ihre Karrieren.
Beiderseits der Grenze wurden gern Ausländer „importiert“, um Schlager auf Deutsch zu singen. Im Westen wurden France Gall aus Frankreich, Graham Bonney aus Großbritannien oder Wencke Myhre aus Norwegen bekannt, im Osten handelte es sich beispielsweise um Václav Neckář aus Tschechien, Ivica Šerfezi aus Jugoslawien, Maryla Rodowicz aus Polen sowie Gjon Delhusa und Zsuzsa Koncz aus Ungarn. Im Westen und im Osten machte sich sehr schnell die Sängerin Lili Ivanova aus Bulgarien einen Namen. Namhafte Autoren schrieben für sie, unter anderem Nick Munro und Ralf Arnie.
Bei den verschiedensten Interpreten tauchen immer wieder dieselben Namen auf:
- Komponisten: Arndt Bause, Ralf Petersen, Michael Heubach, Gerd Natschinski, Thomas Natschinski, Siegfried Schulte, Gerhard Siebholz, Siegfried Jordan
- Texter: Ingeburg Branoner, Kurt Demmler, Fred Gertz, Burkhard Lasch, Dieter Lietz, Dieter Schneider, Gisela Steineckert
- Begleitorchester: Günter Gollasch, Günther Kretschmer.
Das DDR-Plattenlabel Amiga brachte regelmäßig Kompilationen der bekanntesten Schlager heraus, zum Beispiel Star-Parade, Amiga-Express und Die großen Erfolge.
Die Interpreten können nicht immer streng einem Genre zugeordnet werden. Zum Beispiel hat Schlagersängerin Chris Doerk mit Die Hängematte ein Stimmungslied gesungen, während Romanze eher dem Chanson zuzuordnen ist - beide Titel waren 1974 auf der LP Chris Doerk 2 vereint. Nina Hagen kann eigentlich wohl kaum als Schlagersängerin bezeichnet werden, aber Du hast den Farbfilm vergessen und einige weitere Titel aus dieser Zeit sind eindeutig Schlager.
- Die bekanntesten Schlagersänger:
Beatmusik
Vor dem Aufkommen von Beatmusik in der DDR gab es eine Zeit des vorsichtigen Auslotens der Möglichkeiten, eine halbwegs modern, aber nicht zu westlich klingende Tanzmusik zu etablieren. In den frühen 1960er-Jahren entstanden in der DDR eine Reihe von Instrumentalmusik-Schallplatten mit tanzbarer, aber im Vergleich zur westlichen weniger „wilden“ Musik. Dass es sich um Instrumentalmusik handelt, liegt daran, dass Musik in englischer Sprache von der DDR-Kulturbürokratie abgelehnt wurde, die deutsche Sprache aber den meisten Musikern für diese Art von Musik als unpassend erschien. Eine große Rolle spielten hierbei die Rundfunk-Tanzorchester. So wurden z. B. mehrere von dem kambodschanischen Staatschef Prinz Norodom Sihanouk komponierte Stücke vom Rundfunk-Tanzorchester Leipzig eingespielt und auf Amiga-Singles veröffentlicht.
Im Jahre 1959 wurde mit dem Lipsi ein eigener Tanz kreiert, der den westlichen Tänzen (z. B. Rock ’n’ Roll und Twist) Paroli bieten sollte, aber nur mäßig erfolgreich war.
Zu Beginn der 1960er Jahre existierten in der DDR 4.500 Amateurtanzkapellen, die auf Tanzabenden musizierten. Die Erwähnung dieser Zahl ist wichtig, da ein großer Teil dieser „Kapellen“ sich mit der neuen Musizierweise, der Beatmusik, beschäftigten, welche auf die Jugend, trotz der englischen Texte, eine große Wirkung ausübte. Die jungen Musiker bastelten Instrumente und Verstärker und erzeugten somit einen neuen Klang. Es wurden Titel der Beatles, aber auch amerikanischer Gruppen nachgespielt. Die Einflüsse aus den Quellen der afroamerikanischen Musik, dem Blues und auch der Country-Musik waren unüberhörbar.
Die Reaktion der Medien setzte 1964 und 1965 ein. Es fand ein so genanntes „Deutschlandtreffen der Musik“ statt, es traten Beatgruppen auf wie die Sputniks, die Butlers und das Diana Show Quartett. Durch die Gründung des Rundfunkprogramms DT64 setzten neue Anforderungen bei der Musikprogrammgestaltung ein. Es kam 1965 zu ersten Produktionen mit dem Michael Fritzen Quartett und der Theo Schumann Combo.
Nach den Krawallen im Anschluss an ein Konzert der Rolling Stones in der Westberliner Waldbühne, im September 1965, änderte die DDR-Führung ihre Haltung zur Beatbewegung, die sie bis dahin toleriert hatte, grundlegend. Noch im selben Jahr beklagte sich Walter Ulbricht: „Ich denke, Genossen, mit der Monotonie des Je-Je-Je, und wie das alles heißt, ja?, sollte man doch Schluss machen. (...) Ist es denn wirklich so, dass wir jeden Dreck, der vom Westen kommt, kopieren müssen?“. In Leipzig, wo die örtlichen Partei- und Kulturfunktionäre besonders drastisch gegen die Beatbewegung vorgingen, kam es zur Leipziger Beatdemo.
Die ersten beiden Schallplatten Big Beat I und II wurden mit den Sputniks, den Butlers und dem Franke Echo Quintett produziert. Es handelte sich dabei um reine Instrumentalmusik die dem amerikanischen Surf sehr ähnlich war. (Die Aufnahmen wurden 1982 in der Amiga-Reihe „Frühe Jahre“ wieder zugänglich gemacht).
Die Produktionen in diesem Zeitraum waren eintönig und sehr beschränkt. Es fand keine gezielte Talentsuche bzw. Förderung unter den zahllosen Amateurgruppen statt.
Eine Veränderung dieser Situation trat 1967 bis 1969 ein, wobei es zu einem kontinuierlichen Anwachsen von Rundfunkproduktionen kam. Es wurden die Bands Theo Schumann Band (LP 1969), Gerhard Stein Combo, Günther Fischer Quintett, Manfred Ludwig Septett, Ulrich Gumpert Quintett, Horst Krüger Sextett, Alexanders, Joco-Dev-Sextett, Dresden Sextett, Reinhard Lakomy Combo, Music-Stromers und Thomas Natschinski und seine Gruppe (LP Die Straße, 1968) produziert, wo erste deutsche Texte in Beatmusiktiteln gesungen wurden.
Technisch hielt in diesem Zeitraum das Stereo-Verfahren seinen Einzug in die Produktionsräume von Rundfunk und Schallplatte, was neue Klangformen und musikalische Ideen hervorbrachte.
In den späten 1960er Jahren entstanden eine Reihe von musicalähnlichen Musikfilmen unter der Regie von Joachim Hasler, von denen Heißer Sommer (1968, mit Frank Schöbel und Chris Doerk) der bekannteste ist.
Jazzmusik
Der Jazz kam nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ausschließlich als amerikanische Musik in den damals aktuellen Stilrichtungen (Swing, Rhythm 'n' Blues, aber auch schon als Bebop) bis nach Ostdeutschland und wurde von einheimischen Musikern reproduziert.
Bereits 1946 entstand das „Radio Berlin Tanzorchester“ unter der Leitung von Horst Kudritzki und Erwin Lehn. Der wohl bekannteste Solist des RBT war der Geiger Helmut Zacharias. Das spätere DDR-Label Amiga begann 1947 mit Aufnahmen des RBT die breite Palette seiner Jazzproduktionen. Von internationaler Bedeutung war das „Tanzorchester Leipzig“ unter Leitung von Kurt Henkels. Ihm gehörten namhafte Solisten wie Walter Eichenberg (Trompete, Arrangements), Günther Oppenheimer (Klavier, Arrangements), Rolf Kühn (Klarinette, der sich als erster mit dem Bebop auseinandersetzte) und Fips Fleischer (Schlagzeug), die später selber bedeutende Orchesterleiter wurden, an. In Dresden gründete in den 1950er Jahren Günter Hörig die „Dresdner Tanzsinfoniker“ mit dem Trompeter Günter Karpa und dem Saxophonisten und Klarinettisten Friwi Sternberg.
Erst in den 1960er Jahren setzte bei den einheimischen Musikern eine aktive Auseinandersetzung mit dem Jazz ein; sie begriffen sich teilweise als Jazzmusiker und entwickelten zunehmend den Anspruch, sich durch die Musik selbst auszudrücken. Um 1970 gab die DDR-Staatsmacht ihre reservierte Haltung gegenüber der Jazzmusik auf und „erklärte“ den Jazz zu einem festen Bestandteil der DDR-Kulturpolitik. Unter diesen Bedingungen entwickelte die Jazzmusik in der DDR eine gewisse Eigenständigkeit.
Anders als beispielsweise der Modern Jazz blieb der Dixieland in der DDR eine Domäne der Amateurmusiker. Zu den bekanntesten Vertretern dieser Stilrichtung gehörten die 1961 gegründete Papa Binne's Jazz Band. Während die Band anfangs eine jazzige Tanzmusik spielte, gewannen später der Swing und Dixieland mehr und mehr die Oberhand. Etwa zeitgleich entstand die Band Jazz Optimisten Berlin, die bis 1968 gemeinsam mit Ruth Hohmann auftrat und auch mit Manfred Krug zusammen arbeitete. Die „First Lady of Jazz“ der DDR erhielt ein Auftrittsverbot, trat aber ab 1972 regelmäßig mit dem neu gegründeten Jazz-Collegium Berlin auf. Das Entstehen weiterer exzellenter Bands wie die Blue Wonder Jazzband, die Jazz-Makers Berlin, die Tower Jazz Band sowie die Jena Oldtimers mit Klaus Schneider und ein wachsendes Publikum führten zu einem wahren Dixieland-Revival in der DDR.
Im professionellen Bereich entwickelte sich ein breitgefächertes Spektrum, welches vom Mainstream Jazz (Manfred Ludwig Sextett, Klaus Lenz Big Band) über Free Jazz (Ernst-Ludwig Petrowsky, Ulrich Gumpert, Manfred Hering) und freie Musik (Hermann Keller, Manfred Schulze) bis hin zu Jazzrock/Pop-Jazz (Günther Fischer, Hansi Klemm, Uschi Brüning, Modern Soul Band mit Regine Dobberschütz, Wolfgang Fiedlers Band Fusion und der Kompositionen von Hanns Eisler und Paul Dessau aufgreifenden Hannes Zerbe Blechband reichte. Die professionelle Jazzmusik in der DDR erreichte einen hohen künstlerischen Standard und hat eine Reihe auch international geachteter Spitzenmusiker hervor gebracht. Dazu zählen zweifelsohne der „Altmeister“ Ernst-Ludwig Pewtrowsky, „Ulli“ Gumpert, Friedhelm Schönfeld und Conny Bauer.
Neben Amiga (VEB Deutsche Schallplatten) trug vor allem der DDR-Rundfunk, der neben diversen Jazzsendungen ab 1971 regelmäßig Mitschnitte vom Internationalen Dixieland-Festival in Dresden und ab 1977 von der „Internationalen Jazz-Bühne-Berlin“ sendete, wesentlich zur Verbreitung der Jazzmusik in der DDR bei. Beide Veranstaltungen entwickelten sich zu Höhepunkten im Jazzleben der DDR. Nicht zu vergessen sind die legendären Jazzworkshops in Peitz, welche neben Jazzenthusiasten auch die „DDR-Blueserszene“ anlockten und auf denen auch Musiker aus dem Ausland (Ost und West) auftraten. Die wachsende Popularität solcher Veranstaltungen führte Anfang der 1970er Jahre zur verstärkten Gründung von „Jazzklubs“ – der älteste war der 1959 gegründete Jazzklub Eisenach – und sogenannter Interessengemeinschaften Jazz beim Kulturbund der DDR. Aber auch Veranstaltungsreihen wie Jazz in der Kammer (ab 1965 im Deutschen Theater Berlin), Jazz im tip (im Berliner Palast der Republik) und die Leipziger Jazztage trugen wesentlich zur Verbreitung dieser Musik in der DDR bei.
- Siehe auch: Jazz in Deutschland
Bluesmusik
In der DDR fanden Jazzliebhaber schon frühzeitig Interesse am Blues. In Fanzirkeln und Jazzklubs beschäftigten sie sich mit dieser Musik. Der Jazzklub in Eisenach, 1959 offiziell als Arbeitsgemeinschaft gegründet, gab sogar ein eigenes Informationsblatt „Die Posaune“ heraus und förderte so die Verbreitung der Musik in der Öffentlichkeit. Doch mit dem wachsenden Interesse am Blues wuchs auch die Kritik der offiziellen Kulturpolitik. Mit der Diffamierung als dekadente und korrupte Musik versuchte der Staat in den 1950er Jahren die wachsende Popularität zu verhindern.
Doch zu Beginn der 1960er Jahre wandte sich das Verhältnis grundlegend und der Blues erlangte offiziell Anerkennung in der DDR. Künstler und Veranstalter gewannen an Popularität und wurden sogar vom Staat gefördert. Amateurbands wie das Diana Show Quartett, die Lunics und die Butlers spielten vorwiegend britische Bluessongs nach, ohne bis zu den Wurzeln des Blues vorzudringen. Das sollte sich erst ändern, als der Ost-Berliner Jazzexperte Karlheinz Drechsel 1964 das American Folk Blues Festival in die DDR holte. Das Festival gastierte gleich fünf Mal in der DDR (1964, 1966, 1982, 1983 und 1985) und hatte einen großartigen Erfolg, so dass Amiga VEB Deutsche Schallplatten Mitschnitte des 1966er Festivals veröffentlichte. Fortan zählten Auftritte internationaler Bluesmusiker in der DDR zum Kulturalltag.
1966 veröffentlichte der Theologe Theo Lehmann das erste Bluesbuch der DDR und trug zur Verbreitung dieser Musik bei. Blues & Trouble erschien 1966 im Berliner Henschel-Verlag.
Mitte der 1960er Jahre begann sich ein neues Publikum für den Blues zu interessieren. Rockliebhaber fanden über die Coverversionen der populären Bands Rolling Stones, Yardbirds und The Animals zu den afroamerikanischen Originalen. Es entstand die erste „Bluesergeneration“ in der DDR und mit ihr die ersten einheimischen Bluesbands. Ihren Höhepunkt erreichte die Blueser- oder Kundenszene in der Mitte der 1970er Jahre. Als „Motor“ dieser DDR-spezifischen Jugendkultur fungierten Bands wie Engerling, Freygang, Monokel, Passat, die Hof-Blues-Band, Mama Basuto, Zenit, Jonathan Blues Band und Musiker wie Jürgen Kerth, Stefan Diestelmann, Hansi Biebl und Bernd Kleinow. In der Blues-Szene der DDR entwickelten sich zwei Zentren. Die Bands aus dem Berliner Raum spielten vorwiegend City Blues und orientierten sich an Johnny Winter und Stevie Ray Vaughan. Der „Berliner Blues“ besaß, wie bei Hansi Biebl oder Engerling, eine unverwechselbare deutsche Note. Die Bands aus dem Thüringer Raum und Leipzig dagegen spielten ursprünglichen schwarzen Blues, der sich wesentlich vom „Berliner Blues“ unterschied. Fernab vom Mainstream in der DDR und der offiziellen Kulturpolitik, von der Staatsmacht argwöhnisch beobachtet, begeisterten diese Bands ein vorwiegend jugendliches Publikum. Nur wenige Bands (beispielsweise Engerling, Kerth und Diestelmann) erhielten Ende der 1970er Jahre die Möglichkeit zu Rundfunkproduktionen, Schallplattenaufnahmen und Auftrittsmöglichkeiten in den Jugendsendungen des DDR-Fernsehens.
In den 1980er Jahren, mit dem Entstehen einer Heavy-Metal-Szene und der Verbreitung des Punk in der DDR, war auch die Blütezeit des Blues in der DDR vorbei, obwohl einige dieser Bands die Wende unbeschadet überstanden haben und bis heute dem Blues frönen.
Rockmusik
Zu Beginn der 1970er Jahre machten die Rockmusikproduktionen bei Rundfunk und Amiga einen gewaltigen Sprung. Mit der Durchführung der „Rhythmus“-Initiative ab 1970 wurde eine zielgerichtete Talentsuche und Förderung eingeleitet. In diesem Zusammenhang entstanden erste Wertungssendungen im Rundfunk mit „Franks Beatkiste“, dem „DT64 Musikstudio“ (später DT Metronom) und der „Radio DDR Tip-Parade“. Amiga veröffentlichte 1970 bis 1973 25 Langspielplatten mit Rockmusik (z. B. Theo Schumann Combo, Rhythmus 71-73, hallo Nr. 1–12, Panta Rhei, Reinhard Lakomy und Uve Schikora).
Bei Rundfunkproduktionen tauchten neue Namen auf wie Electra-Combo, Puhdys, Klaus-Renft-Combo, Peter Holten Septett, Scirocco, Lift, Wir, Jürgen Kerth, Eckerhard Sander-Septett, Bürkholz Formation, und Modern Soul Band. Importe aus den „Bruderländern“ Ungarn und Polen hatten Hochkonjunktur. In der Publikumsgunst standen Namen wie Omega (Ungarn) sowie Skalden und Czesław Niemen (Polen) ganz weit vorn.
Anfangs wurde noch sehr viel aus dem Westen kopiert, denn das war die Musik, die das Publikum hören wollte. Die Puhdys mussten sich vorwerfen lassen, sich sehr stark an Uriah Heep anzulehnen, und die Ähnlichkeit ihres Titels Wenn ein Mensch lebt mit Spicks And Specks von den Bee Gees ist unverkennbar. Ebenso erinnert das Streichorchester in Scherbenglas von der Gruppe Lift deutlich an Eleanor Rigby von den Beatles. Doch bald entwickelte sich die Rockmusik in der DDR zu etwas Eigenständigem. Während im Westen nur wenige Wagemutige der allgemeinen Devise „Rock auf Deutsch ist nicht möglich“ trotzten, entstand im Osten eine große Vielfalt von deutschsprachiger Rock- und artverwandter Musik wie Soul, Blues oder Jazz. Auch inhaltlich deckte die Musik ein breites Spektrum von Themen ab: Sagen und Legenden erwachten zum Leben (Ikarus, Hildebrand oder die Bernsteinhexe), geschichtliche Ereignisse wurden behandelt (Der Kampf um den Südpol), aber auch eher folkloristische Themen bekamen ein rockiges Gesicht (Heuernte). Besonders die Gruppe electra (die vormalige Electra-Combo) ließ Rock und Kirchenorgel verschmelzen, während die Gruppe Bayon Klassik mit folkloristischen Elementen aus Kambodscha mixte.
Diese Vielfalt und Musikalität auf hohem Niveau wurde nicht zuletzt dadurch erreicht, dass nur Profis eine Auftrittserlaubnis bekamen. Auch die Mitglieder der Puhdys, eigentlich Handwerker wie beispielsweise Schleifer oder Bauzeichner, mussten ein mehrjähriges Musikstudium absolvieren, um den Beruf eines Musikers ausüben zu dürfen. So ist zu verstehen, dass so viele Bands klassische Elemente in ihre Musik einbauen konnten und beispielsweise Ed Swillms (Karat) Cello spielte. Ebenso wurden viele Texte nicht von der jeweiligen Band geschrieben, sondern von professionellen Textern. Beispielsweise wurden viele Titel der Puhdys von Burkhard Lasch oder Wolfgang Tilgner getextet.
Mit den Weltfestspielen 1973 wurden die Zügel und Zensur für Rockmusik scheinbar gelockert. Durch viele Bands ging ein Ruck. So entstanden engagierte Songs, die produziert wurden, jedoch im Nachhinein der Zensur zum Opfer fielen.
Mitte der 1970er Jahre kam es zu vielen Bandauflösungen. Ursache waren teils politische, teils auch künstlerische Gründe. Nina Hagen ging in den Westen, die Gruppe Renft wurde 1975 aufgrund allzu rebellischer Songtexte verboten. Aus Panta Rhei entstand Karat, während die Sängerin Veronika Fischer mit eigener Band auftrat. Aus den Klosterbrüdern entwickelten sich die Gruppen Magdeburg und Reform, aus der Thomas Natschinski-Gruppe entstand Brot & Salz.
Wieder gab es Bands, die auf den Markt drängten: Stern-Combo Meißen, Berluc, Transit, Bayon, Winni II, Prinzip, Schubert-Formation, Kreis, SET, Express, Karussell und College Formation. Die Puhdys kamen wie Karat mit ihren ersten LPs auf den Markt und wurden nach und nach die populärsten Gruppen des Landes.
Es gab die ersten Gastspielauftritte im westlichen Ausland, beispielsweise von den Puhdys. Die Vielfalt an Musik nahm weiter zu.
Jede Branche wurde abgedeckt und produziert. Die Bands präsentierten sich live und waren auf Grund fehlender Instrumente und überteuerter Technik zu vielen Kompromissen gezwungen. Dem Ideenreichtum, dem Engagement waren keine Grenzen gesetzt. Die Gruppe Renft soll bei der Aufnahme ihres Liedes Gänseliesel ihre Rassel vergessen haben, woraufhin schnell Ersatz geschaffen wurde, indem man draußen eine Handvoll Steinchen sammelte und in einen „Plastebecher“ füllte. Die Gruppe Karat hatte Probleme mit einem altersschwachen Minimoog, der mindestens eine halbe Stunde vor einem Auftritt eingeschaltet sein musste, um die richtige Betriebstemperatur und damit die richtige Tonhöhe zu erreichen.
1977 bis 1979 kam es zur Gründung zahlreicher neuer Gruppen: 4 PS, Entropie, City, Neue Generation, Fritzens Dampferband, Gruppe Drei, Peter & Paul, Eva Maria Pieckert, Obelisk, Familie Silly und Brigitte Stefan seien stellvertretend genannt.
Die Beliebtheit und Nachfrage unter dem Publikum nahm zu. Es gab zu der Zeit nicht nur „Lizenzschallplatten“ westlicher Künstler, die unter dem Tisch gehandelt wurden, auch einige Alben von Bands aus dem eigenen Land wurden Mangelware.
Es entstanden neben der Pop- und Rockmusik weitere stilistisch eigenständige Musikrichtungen, wie Rockmusik für Kinder, in der Singebewegung, für Film, Theater und Hörspiel sowie Chansons.
Die Palette wurde immer breiter, die Ansprüche der Bands an sich selbst stiegen mit den Wünschen ihres Publikums. Der Anspruch und die Qualität der Songinhalte nahmen stetig zu.
Schon zu Beginn der 1980er Jahre befand sich die „Jugendtanzmusik“ auf einem beachtlichen künstlerischen Niveau mit ganz eigenständigen musikalischen und textlichen Merkmalen. Rundfunk und Schallplatte forcierten in einem ungewohnten Maße die Produktion und Veröffentlichung der etablierten Künstler sowie neuer, aufstrebender Bands. So wurden von 1980 bis 1983 über 500 neue Titel produziert.
1980 kamen mit Neumis Rock Circus und Dialog neue Töne in die breite Palette des Musikangebotes. In diesem Zeitraum nahm auch die Verbreitung Pop-orientierter Titel zu. Namhafte Bands wie electra blieben ihrem musikalischen Stil in Form ausgereifter Werke noch treu (1980: Die Sixtinische Madonna). Die große Beliebtheit liedhafter Songs spiegelte sich weiter in den jährlichen Spitzenparaden-Auswertungen wider.
Ab 1981/82 war ein Zuwachs an neuen Gruppen mit anderen als bisher gewohnten musikalischen Richtungen deutlich spürbar. Bands wie Petra Zieger & Band, Pankow, Keks, Primaner und Metropol praktizierten geradlinige Rockmusik mit ungeschnörkelter Straßensprache. Hervorzuheben ist Silly, die ab diesem Zeitraum mit ihren Veröffentlichungen alle nationalen Erfolgsrekorde schlug. Petra Zieger & Band veröffentlichten 1984 das erste Album und erhielten auf Anhieb Gold. Die produzierten Amiga-Alben wurden Jahr für Jahr als beste Jahresproduktion geehrt.
Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Rock für den Frieden“, welche von Januar 1982 bis 1987 im Berliner Palast der Republik stattfanden, entstanden viele Songs, die heute noch Ohrwürmer sind. Erinnert sei an Der blaue Planet (Karat), Das Buch von den Puhdys und Superfrau von Petra Zieger.
Und wieder bereicherten neue Bands das Rockmusikangebot. Rockhaus kam ab 1982 mit einer völlig neuen Art an Musik und Bühnenpräsentation auf das Publikum zu. Formel I, Regenbogen, Babylon, Metall, MERLIN, Feuerstein, Mephisto und Biest bedienten die Freunde des Hard Rocks. Viele namhafte Bands begannen ihren musikalischen Stil trendorientiert zu verändern. Drastischstes Beispiel dafür ist das Album Computerkarriere von den Puhdys mit viel Sprechgesang und elektronischen Klängen, von dem sie aber schon beim nächsten Album zum Rock zurückkehrten.
Ein Meilenstein ist das City-Album Casablanca aus dem Jahr 1987, neben den Produktionen von Silly das Album der DDR-Rockgeschichte, konzeptionell eine Einheit aus Text und Musik. Es ist erstaunlich, dass diese Inhalte durch die strenge Zensur durchrutschten. Überhaupt war Amiga in Fragen der inhaltlichen Gestaltung etwas offener als die Rundfunkanstalten der DDR.
Ob nun Rock, Lied oder Schlager – in den 1980er Jahren war ein enormer Zuwachs an qualitativ hochwertigen Produkten zu verzeichnen, die auch im (westlichen) Ausland anerkannt wurden.
Als sich 1989 eine politische Umkehr abzeichnete, gingen viele Rockbands unbequeme Wege. Die verfasste „Resolution der Rockmusiker und Liedermacher“ an die Regierung der DDR mit der Forderung politischer Veränderungen im Land wurde verboten. Viele Bands verlasen die Resolution vor ihren Live-Auftritten und bekamen damit Probleme.
Folkmusik
Etwa 1976, einige Jahre nach dem Aufkommen der Folkmusik in der Bundesrepublik Deutschland, bildeten sich auch in der DDR Bands, die alte Volkslieder modern vertonten und arrangierten. Bis dahin spielten Folkmusiker vor allem ausländische Lieder. So wurden in der Folge des Umsturzes 1973 in Chile mehrere LPs mit chilenischen Liedern produziert. Die Gruppe Bayon nahm kambodschanische Elemente in ihrer Musik auf. Daneben gab es bereits Gruppen, die deutsche Volkslieder auf volkstümliche Art sangen. Im Oktober 1976 fand in Leipzig die erste Folkwerkstatt der DDR-Geschichte statt. In der Folge wurde die Folkmusik recht populär. Teilweise gab es Probleme mit der Staatsmacht, da viele der Lieder einen politischen Inhalt hatten, der auf aktuelle Verhältnisse aufmerksam machte. Als Hauptquelle dienten die Volksliedsammlungen des Ostberliner Völkerkundlers Wolfgang Steinitz, der bereits 1967 gestorben war.
Ab 1979 konnten Folkbands in der DDR Langspielplatten produzieren. Die Anzahl der Veröffentlichungen bis 1989 blieb jedoch gering. De Plattfööt machten unpolitische Musik und veröffentlichten drei Alben. Piatkowski & Rieck aus Rostock spielten ebenfalls niederdeutsche Lieder. Wie die Gruppen Folkländer, Horch und Wacholder waren sie mit zwei Alben vertreten. Außer je einem Album der Gruppe Liedehrlich (mit Stephan Krawczyk) und des Folk-Kabaretts Duo Sonnenschirm sowie der Lizenzausgabe einer LP der westdeutschen Folkband Liederjan gab es bis zur Wende keine weiteren deutschsprachigen Folkschallplatten.
Trotz der geringen Anzahl von geförderten Bands war die Folkmusik bei jungen, teilweise aufmüpfigen Leuten recht populär. Noch heute findet mit dem TFF.Rudolstadt das bedeutendste Folkfest Deutschlands in Thüringen statt.
Nach der Wende
Im Zuge der Wende wurden die ersten Auflösungserscheinungen des alten Systems schnell deutlich: kaum waren die ersten Trabis im Westen aufgetaucht, konnte man plötzlich im Radio z.B. auch wieder Lieder von Veronika Fischer hören. Unter dem Titel Beat-Radio D wurde eine deutsch-deutsche Hitparade mit alten und neuen Rocktiteln aus Ost und West ausgestrahlt. Doch dieses gleichberechtigte Nebeneinander hatte eine nur kurze Lebensdauer.
Besonders zu Anfang der 1990er-Jahre wurden zahlreiche Amiga-Platten wieder neu als CDs herausgebracht, außerdem entstanden viele Sampler wie beispielsweise Rock aus Deutschland Ost (1991, 20 CDs) oder Jugendliebe - Das waren unsere Hits (1993, 4 Doppel-CDs).
In einem Begleittext zu „Rock aus Deutschland Ost“ schrieb der Publizist und Kulturjournalist Olaf Leitner, dass hier ein Schatz verborgen sei, der für viele Menschen noch zu heben ist. Jedoch wurde dieser Schatz nicht gehoben, sondern weitgehend ignoriert - hier wurde die sogenannte „Mauer in den Köpfen“ besonders deutlich. Die Sendeanstalten der DDR wurden nach und nach von westdeutschen Betreibern übernommen (siehe Rundfunk der DDR) und spielten dann die gleiche Musik wie im Westen. Musik aus der DDR wurde überwiegend als Kuriosum der Geschichte belächelt und als Ostalgie abgetan. Sie wurde nur noch sehr selten gespielt. Vor allem am Tag der Deutschen Einheit waren ein paar DDR-Titel zu hören. Typisch dafür ist die 1989er deutsch/deutsche Hymne von Petra Zieger „Das Eis taut“. Der kommerzielle Erfolg dieses Titels war in den USA überragend.
Nicht wenige Künstler und Bands traten und treten auch weiterhin auf, vorwiegend jedoch in Ostdeutschland.
Im Jahre 2000 kam es zu einem spektakulären Rock-Konzert der Rockgruppe Karat, das in der Wuhlheide in Berlin stattfand. Peter Maffay sang bei einigen Stücken mit. Hier wurden neben bekannten Klassikern auch erfolgreich post-DDR-Stücke gespielt, die nach der Wende entstanden.
In der am 25. November 2005 von ZDF ausgestrahlten Sendung „Unsere Besten - Jahrhundert-Hits“ kamen fünf DDR-Titel auf die obersten 16 Plätze:
- 2. Über sieben Brücken musst Du geh’n (Karat)
- 6. Alt wie ein Baum (Puhdys)
- 13. Am Fenster (City)
- 15. Als ich fortging (Karussell)
- 16. Jugendliebe (Ute Freudenberg & Gruppe Elefant)
Die Musik der DDR beeinflusste die Entwicklung der deutschen Musikszenen nach der Wiedervereinigung genauso wie die Musik der BRD. Ein besonders prominentes Beispiel stellen Rammstein dar, die erfolgreichste deutschsprachige Band außerhalb Deutschlands, die selbst in Interview mehrfach geäußert haben, dass sie ohne ihre DDR-Vergangenheit nie ihren typischen Stil entwickelt hätten.
Zensur
Sämtliche Produktionen unterlagen der Zensur. Texte mussten vorgelegt und Shows im voraus abgenommen werden, Auftritte wurden beobachtet. Davon war niemand ausgenommen, nicht einmal berühmte Künstler mit Verbindungen zu den höchsten Kreisen der SED-Regierung. Unter diesem Druck wurden Strategien entwickelt, um kritische Texte trotz Zensur ans Publikum zu bringen. So baute Heinz Quermann immer absichtlich einen extremen Gag in sein Unterhaltungsprogramm ein, damit die Zensoren etwas zum Streichen hatten und die übrigen Gags weniger kritisch unter die Lupe nahmen. In der Unterhaltungsmusik schmuggelte man Botschaften zwischen den Zeilen an der Zensur vorbei, in Bilder und Metaphern verpackt, wie beispielsweise in dem Lied Am Fenster von City.
Anfang der 1960er-Jahre stand auch die Jugend der DDR unter dem Einfluss der Beatles und ihrer Musik. Anfangs wurde diese Musik von der DDR-Führung noch geduldet und unterstützt, besonders mit Hilfe der FDJ. Der Höhepunkt dieser Epoche war 1965, als DDR-Bands nicht nur Radio- und Fernsehauftritte bekamen, sondern sogar Schallplattenaufnahmen machen durften. Zudem brachte Amiga eine LP von den Beatles heraus. Die SED erkannte jedoch, dass sie diese im Grund rebellische und auf den Westen ausgerichtete Bewegung nicht kontrollieren und in ihr genehme Bahnen lenken konnte. Die meisten Bands wurden deshalb einfach verboten, die übrigen wurden streng kontrolliert. So musste beispielsweise die Band von Thomas Natschinski ihren englischen Namen „Team 4“ in den deutschen Namen „Thomas Natschinski Gruppe“ ändern. Andere Bands waren nicht so angepasst. Besonders Renft bekam immer wieder Auftrittsverbote und später auch die Bluesrock-Band Freygang, deren Mitglieder untertauchten und dann unter Pseudonymen spielten.
Selbst überzeugte Sozialisten wie der Liedermacher Wolf Biermann hatten Auftrittsverbote, denn sie hatten andere Vorstellungen vom Sozialismus, als die SED ihn verwirklichte. 1976 wurde Wolf Biermann eine Tournee in den Westen gestattet und diese sogleich zum Anlass genommen, ihn auszubürgern und die Rückreise zu verweigern. Zahlreiche Künstler protestierten dagegen und wurden - teilweise nach Haftstrafen - zur Ausreise gezwungen, darunter auch Mitglieder von Renft, sowie Manfred Krug und Nina Hagen. Andere Künstler gingen freiwillig. So kehrte Veronika Fischer 1981 von einem Auftritt in West-Berlin nicht wieder zurück, woraufhin ihre Lieder auch nicht mehr von DDR-Sendern gespielt werden durften.
Aber auch westdeutsche Produktionen unterlagen der Zensur. So kam beispielsweise das Lied von Udo Jürgens Es war einmal ein Luftballon wegen der Zeile „Sie kennen keine Grenzen, die Luftballons der Welt“ auf den Index. Erst 1987 durfte Udo Jürgens wieder in der DDR auftreten. Ähnliche Probleme hatte beispielsweise auch Udo Lindenberg, dem vor dem Fall der Mauer trotz aller Bemühungen (Sonderzug nach Pankow) nur ein einziger Auftritt im Palast der Republik anlässlich der Veranstaltung „Rock für den Frieden“ gelang (25. Oktober 1983).
In den 1980er Jahren schien die Zensur lockerer zu werden. Texte über die Sehnsucht nach Freiheit (Albatros von Karat) wurden möglich. Doch erst nach dem Zusammenbruch der DDR im Oktober 1989 hörte man wieder Lieder von Veronika Fischer im Radio - allerdings auch nur so lange, bis die DDR-Sender von westdeutschen Anstalten übernommen und „abgewickelt“ worden waren.
Offiziöses Liedgut
In den 1950er Jahren wurden in Ministerien, Betrieben, NVA-Einheiten usw. Orchester und Chöre eingerichtet (z. B. Erich-Weinert-Ensemble), die Lieder mit offiziösen politische Texten aufführten und zum Teil auch beim staatlichen Label Eterna auf Schallplatte aufnahmen. Daneben wurden derartige Lieder von Chören und Orchestern des Rundfunks, aber auch von Kabarett-Ensembles interpretiert. Diese Lieder reichten inhaltlich vom Personenkult (z. B. Stalin, Freund, Genosse (1949, deutscher Text: Alexander Ott), mehrere Thälmann-Lieder, etc.) über Lieder, die allgemein das politische System der DDR und die SED propagierten (z. B. das Lied der Partei (1950, Komposition und Text Louis Fürnberg), bis hin zu aktuellen politischen Ereignissen (z. B. mehrere Lieder zum Mauerbau, u. a. aus der Feder von Heinz Kahlau).
Bei den Jungen Pionieren und der FDJ war das Singen von zum Teil politisch-propagandistischen Liedern Teil der organisierten Freizeitgestaltung. Es wurden mehrere Liederbücher für die Jungen Pioniere und die FDJ veröffentlicht. Bekannt ist beispielsweise das Lied von der blauen Fahne, das von Hanns Eisler und Johannes R. Becher als Auftragsarbeit für das 1. Deutschlandtreffen der Jugend zu Pfingsten 1950 geschrieben wurde.
In den 1960er Jahren entstand in der DDR die Singebewegung. Kleine Gruppen aus Amateurmusikern und Sängern spielten Lieder, die musikalische Einflüsse aus dem US-amerikanischen Folk aufnahmen und deutschsprachige Texte hatten. Die Singegruppen wurden durch die Eingliederung in die FDJ kanalisiert; am bekanntesten war der Oktoberklub, aber auch Betriebe sowie Einheiten der NVA hatten eigene Singegruppen. Die Texte dienten nun größtenteils der Propaganda für das politische System der DDR. Zahlreiche Singegruppen traten auf dem jährlich stattfindenden Festival des politischen Liedes auf.
Ein Kuriosum des offiziösen Liedgutes ist der 1976 aufgenommene Gruß an die Partei: Zu avantgardistisch klingender Musik von Paul Dessau (mit der mehrmals auftretenden Tonfolge Es-E-D) wurden von einem Sänger die von Heiner Müller ausgewählten Zitate aus einer Rede von Erich Honecker gesungen.
Siehe auch
- Portal:Musik der DDR
- Liste klassischer Komponisten in der DDR
- Punk in der DDR
- Die anderen Bands
Literatur
- Musikgeschichte der Deutschen Demokratischen Republik 1945-1976, von einem Autorenkollektiv unter Leitung von Heinz Alfred Brockhaus und Konrad Niemann. Verlag Neue Musik, Berlin 1979. (Sammelbände zur Musikgeschichte der Deutschen Demokratischen Republik; Bd. 5) (behandelt alle Musikstile und enthält zahlreiche Abbildungen)
- Olaf Leitner: Rockszene DDR – Aspekte einer Massenkultur im Sozialismus. Reinbek 1983, ISBN 3-499-17646-7
- Michael Rauhut: Rock in der DDR. 1964 bis 1989. Bonn 2002, ISBN 3-89331-459-8
- Birgit und Michael Rauhut: Amiga. Dis Diskographie aller Rock- und Pop-Produktionen 1964–1990. Berlin 1999, ISBN 3-89602-189-3
- Herbert Schulze: Melodie & Rhythmus. Bilder aus 20 Jahren DDR-Rock. Berlin 2001, ISBN 3-89602-374-8
- Lutz Kirchenwitz: Folk, Chanson und Liedermacher in der DDR. Dietz Verlag, Berlin 1993, ISBN 3-320-01807-8
- Daniel Zur Weihen: Komponieren in der DDR. Böhlau, Köln/Weimar/Wien 1999, ISBN 3-412-09399-8 (umfasst die Zeit bis 1961)
- Peter Wicke: Popmusikforschung in der DDR. in: Popularmusik und Musikpädagogik in der DDR. Herausgeber G. Maas und H. Reszel. Berlin 1997, S. 52–68, ISBN 3-89639-071-6
- Michael Rauhut, Thomas Kochan: Bye, Bye, Lübben City. Bluesfreaks, Tramps und Hippies in der DDR. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2004, ISBN 3-89602-602-X
- Werner Sellhorn: Jazz-DDR-Fakten. Berlin 2005, ISBN 3-936033-19-6
- Rainer Bratfisch: Freie Töne. Berlin 2005, ISBN 3-86153-370-7
Weblinks
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