Oststadt (Hildesheim)

Oststadt (Hildesheim)
Oststadt
Koordinaten: 52° 9′ N, 9° 58′ O52.1551388888899.9641666666667Koordinaten: 52° 9′ 19″ N, 9° 57′ 51″ O
Postleitzahl: 31135
Vorwahl: 05121

Die Oststadt ist ein Stadtbezirk von Hildesheim, der sich unmittelbar östlich an die Neustadt anschließt und ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden ist.

Inhaltsverzeichnis

Größe

Der Stadtbezirk Hildesheim-Ost bedeckt eine Fläche von rund 5,07 km². Zu ihm rechnet man neben der Oststadt im engeren Sinne auch die Siedlung Stadtfeld sowie das Wohngebiet Fahrenheit. Die größte Nord-Süd-Ausdehnung der bebauten Fläche (Südende der Sedanstraße im Süden bis Fahrenheitstraße im Norden) beträgt rund zwei Kilometer, ihre größte Ost-West-Ausdehnung (Kennedydamm im Westen bis Triftäckerstraße im Osten) 1,7 km. In diesem Gebiet wohnten 2003 12.319 Menschen. Am 31. Dezember 2005 betrug die Einwohnerzahl 11.875, darunter 12,1% mit Migrationshintergrund.

Geschichte

Das gesamte Gebiet östlich der vor der Hildesheimer Altstadt gelegenen Sülte wurde im Mittelalter "Creyenbergh" genannt, dieser Flurname wurde 1240 zum ersten Mal in einer Urkunde erwähnt. Hier befanden sich im Mittelalter das 1270 gegründete Katharinenhospital, ein Pflegeheim für Aussätzige und andere Kranke, sowie der Katharinenkirchhof, der 1321-1850 benutzt wurde, und die Steingrube, ein 1324 zum ersten Mal erwähnter Steinbruch. Er diente auch als Richtstätte für die Verbrennung von Hexen und andere Hinrichtungen. Im Bereich der heutigen Teichstraße lag der jüdische Friedhof, der heute noch existiert, sowie ein Teich mit dem Namen "Judenteich".

Entscheidend für die Entstehung der Oststadt waren die Abtragung der mittelalterlichen Stadtbefestigung Hildesheims sowie der Bau der Eisenbahn und des Ostbahnhofs: Gegen 1810 wurden Wall und Graben zwischen Friesentor und Ostertor, den beiden Stadttoren im östlichen Bereich der Hildesheimer Altstadt, abgetragen und an ihrer Stelle eine Straße angelegt, die den Namen "Zingel" erhielt" und ab 1868 bebaut wurde. Der Wall zwischen dem heutigen Hindenburgplatz und dem Braunschweiger Tor im Verlauf der heutigen Goslarschen Straße wurde 1825 eingeebnet. Zwischen Braunschweiger Tor und Goschentor wurde der Wall 1819-1820 beseitigt und der Graben erst 1866 aufgefüllt, hier entstand ab 1873 die Sedanstraße. Der sog. "Sandgraben" zwischen Braunschweiger und Ostertor wurde ebenfalls 1866 aufgefüllt, an seiner Stelle wurde 1872 die Gartenstraße angelegt. Einer Ausdehnung Hildesheims nach Osten stand nun nichts mehr im Wege.

Wohnhaus aus der Gründerzeit am Krähenberg.
Häuser aus der Gründerzeit in der Moltkestraße.

Als erste entstanden die Nebenstraßen der Goslarschen und der Sedanstraße. Am Anfang der Goslarschen Straße wurde 1865-69 das Gymnasium Andreanum gebaut und 1876 gegenüber die Höhere Töchterschule eröffnet, die später in "Goetheschule" umbenannt wurde. Die Wörthstraße wurde 1876 als Zufahrt von der Hildesheimer Neustadt zum gerade eröffneten Ostbahnhof angelegt.

Ein wichtiger Impuls für die Entwicklung der Oststadt war auch der Bau der Steingrubenkaserne (1874-76) an der Steingrube, die nun endgültig eingeebnet wurde und als Exerzierplatz diente. Die Kaserne lag an der Moltkestraße unmittelbar südlich der heutigen Eichendorffstraße, die ursprünglich "Kasernenstraße" hieß.

Bis 1899 bildete die Einumer Straße, die schon im Mittelalter als ein nach Braunschweig führender Handelsweg existiert hatte, die nördliche Begrenzung der Bebauung der Oststadt. Erst nach 1899 wurden Katharinen-, Moltke- und Orleanstraße nach Norden hin verlängert. Wegen der starken Bevölkerungszunahme wurde auch der Bau neuer Kirchen erforderlich. Die St. Elisabethkirche wurde 1905-07 von Dombaumeister Richard Herzig erbaut. Eine evangelische Kirche wurde für die Oststadt nicht neu errichtet, die bereits vorhandenen Gemeinden in Hildesheim erweiterten ihre Gemeindebezirke entsprechend dem Wachstum des neuen Stadtteils. Am Rand der Steingrube wurde 1873 ein Restaurant eröffnet, das über einen Saal für Theateraufführungen verfügte. Auf dem Grundstück wurde 1908-09 das Stadttheater erbaut.

Im Zweiten Weltkrieg blieb die Oststadt - im Gegensatz zur Hildesheimer Altstadt und Neustadt - von flächenhaften Zerstörungen verschont, wenngleich sie auch mehrmals von Luftangriffen heimgesucht wurde. Am 22. Februar 1945 wurden vor allem das Gebiet um die Altenbekener und die Gravelottestraße sowie der Bereich zwischen Goslarscher Straße und Steingrube von Bomben getroffen. Am 3. März 1945 entstanden Schäden insbesondere zwischen Gartenstraße und Zingel, an der Sülte und am Theater, in der Eichendorff- und Orleansstraße. Auch am 22. März 1945 wurde die Oststadt bei dem schwersten Luftangriff auf Hildesheim getroffen, doch war es möglich, an vielen Stellen die entstandenen Brände zu löschen. Zerstört wurden z.B. die Steingrubenkaserne an der Steingrube, die Goetheschule und das Gymnasium Andreanum. Das Theater wurde stark beschädigt, doch wurden viele andere Gebäude - wie z.B. St. Elisabethkirche, Waterloo-Kaserne und Ostbahnhof - nur leicht beschädigt oder blieben ganz unversehrt.

Die Siedlung Stadtfeld entstand ab 1921 an der heutigen Bundesstraße 1, während das Wohngebiet Fahrenheit in den fünfziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts angelegt wurde.

Architektur und Sehenswürdigkeiten

Elisabethkirche (1907) von Westen.
Elisabethkirche (1907) von Osten.
Lindemannsche Villa (1855-56).
Jüdischer Friedhof an der Teichstraße.

Bedingt durch die relativ geringen Zerstörungen, die die Oststadt im Zweiten Weltkrieg erlitt, findet man hier noch heute Wohn- und Geschäftshäuser im Stil des Klassizismus, Historismus und der Gründerzeit mit Türmen, Erkern und reich verzierten Fassaden. Interessante Beispiele aus diesen Epochen sind z.B. in der Sedanstraße, im Immengarten, in der Goethe-, Lessing- oder Schillerstraße zu besichtigen. Aber auch zahlreiche für die damalige Zeit typische Ziegelbauten der einkommensschwächeren Bevölkerungsschichten sind erhalten, beispielsweise in der Augusta-, Kamp- und Weißenburger Straße.

Markanteste Gebäude der Oststadt sind die 1907 im Stil der Neoromanik fertiggestellte Kirche St. Elisabeth mit ihren zwei weithin sichtbaren Türmen, sowie das 1909 eingeweihte Theater.

Erwähnenswert ist auch die Lindemannsche Villa, Einumer Straße Ecke Bahnhofsallee, die Kaufmann Conrad Lindemann 1855-56 im Stil des Klassizismus errichten ließ. Sie wurde 1872 von der benachbarten damaligen "Heil- und Pflegeanstalt" erworben und dient seit 1979 als Musikschule. Das Haus Moltkestraße 9, 1885 als Wohnhaus des Dombaumeisters Richard Herzig (1851-1934) errichtet, ist ein einprägsames Beispiel des Historismus. Nach Herzigs Plänen wurden in der Stadt Hildesheim St. Bernward in der Innenstadt und St. Elisabeth in der Oststadt gebaut, im Bistum Hildesheim zwischen 1885 und 1913 insgesamt 21 Kirchen.

An der Teichstraße befindet sich einer der beiden jüdischen Friedhöfe Hildesheims, dessen Größe 1 841 m² beträgt. Die ältesten Gräber stammen vom Beginn des 18. Jahrhunderts. Im Zweiten Weltkrieg blieb er von Bombenschäden verschont.

Im Fahrenheitgebiet wurde 1969/70 die katholische Kirche Guter Hirt gebaut, die vor allem durch den angegliederten Sozialen Mittagstisch bekannt ist.

Verkehr

Der Stadtteil erfreute sich schon immer einer verkehrsgünstigen Lage. Durch ihn verläuft die Eisenbahnlinie Hildesheim-Goslar mit dem seit 1875 bestehenden Bahnhof Hildesheim-Ost. Der Hauptbahnhof Hildesheim ist von keiner Straße des Stadtteils mehr als 3 km entfernt und über die häufig verkehrende Stadtbuslinie 3 mit der Oststadt verbunden. Marktplatz und Fußgängerzone der Innenstadt sind wegen der geringen Entfernung von vielen Straßen aus gut zu Fuß zu erreichen. Im nördlichen Teil verläuft die Bundesstraße 1, über die man nach weniger als 2 km die Autobahnanschlussstelle "Hildesheim" der 1960 fertig gestellten Autobahn A 7 erreicht. Durch die Hildesheimer Straßenbahn wurde die Oststadt von 1907 bis 1945 auf zuletzt drei verschiedenen Linien erschlossen. Heute wird der Stadtteil von mehreren Stadtbuslinien bedient: Linie 3 durchfährt die Oststadt in nordsüdlicher Richtung und stellt die Verbindung zum Hauptbahnhof und zur Universität Hildesheim sowie zu mehreren anderen Stadtteilen her. Die Linien 4 und 5 verkehren in ost-westlicher Richtung und verbinden die Oststadt mit der Innenstadt, der Siedlung Stadtfeld, mehreren anderen Stadtteilen und ebenfalls mit der Universität.

Oststadt heute

Die Oststadt ist heute nicht zuletzt wegen der guten Infrastruktur ein beliebtes Wohngebiet. Vor allem im Bereich von Einumer Straße und Moltkestraße befinden sich zahlreiche Einzelhandelsgeschäfte, Handwerks- und andere Dienstleistungsbetriebe, in der Gravelotte- und Frankenstraße sind Lebensmittelmärkte zu finden. Außerdem bietet die Oststadt neben zahlreichen Arbeitsplätzen:

  • sieben Kindergärten
  • drei Kinderhorte
  • zwei Kinderkrippen
  • zwei Grundschulen
  • ein Gymnasium
  • eine Musikschule
  • zwei Sportanlagen
  • 15 Dauerkleingärtenanlagen
  • zahlreiche Vereine und Verbände

Im 1909 eingeweihten ehemaligen Stadttheater hat das Theater für Niedersachsen seinen Sitz. Ihm ist ein großes Kino mit über 1150 Plätzen angeschlossen, genannt Thega.

In unmittelbarer Nähe der Oststadt erstreckt sich das Naherholungsgebiet Galgenberg mit Ausflugslokal und dem Bismarckturm, einem 1905 erbauten Aussichtsturm. In der Mitte des Stadtteils dehnt sich die vielseitig genutzte Grünanlage "Steingrube" aus.

Weitere Entwicklung: Planungen und Ziele

Für die nahe Zukunft ist eine erhebliche Vergrößerung der Oststadt in östlicher Richtung geplant. Da Hildesheim nicht mehr Sitz einer Garnison ist, können die ausgedehnten Kasernenanlagen der Oststadt einer neuen Nutzung zugeführt werden. Nach dem Abriss der Ledebur-Kaserne wird an der Bundesstraße 6 ein neues Klinikum mit Facharztzentrum entstehen, für die Mackensen-Kaserne an der Senator-Braun-Allee ist eine Umgestaltung in ein Wohngebiet vorgesehen. Die Waterloo-Kaserne in der gleichnamigen Straße wird bereits seit mehreren Jahren als Musikschule genutzt. Einige der ehemaligen Kasernenbauten könnten auch für eine Nutzung durch die Universität Hildesheim oder einer anderen Hochschule umgebaut werden. Am Nordhang des Galgenberges ist ein Wohngebiet geplant, das sich bis zum ehemaligen Landeskrankenkenhaus hin erstrecken soll. Ganz im Osten soll an der Autobahn A 7 das Gewerbegebiet "Wellenteich" entstehen, mit dem Bau wurde bereits begonnen.

Für das Jahr 2020 geht man für die Oststadt von einer Einwohnerzahl von 11 982 aus.

Literatur

Meier-Hilbert, Gerhard: Die Hildesheimer Oststadt - geographische Strukturen eines Stadtteils. - In: HildesheimerJahrbuch 82 (2010), Seite 179 - 227. Hildesheim: Gerstenberg 2010.



Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Oststadt — heißen folgende Orte und Stadtteile: Oststadt (Göttingen), Stadtteil von Göttingen Oststadt (Hannover), Stadtteil von Hannover Oststadt (Hildesheim), Stadtbezirk von Hildesheim Oststadt (Karlsruhe), Stadtteil von Karlsruhe Oststadt (Mannheim),… …   Deutsch Wikipedia

  • Hildesheim-Ost — Der ehemalige Bahnhof Hildesheim Ost am Immengarten in der Hildesheimer Oststadt (Ostbahnhof) ist heute ein Haltepunkt der Bahnstrecke Hildesheim–Goslar. Die Anfang der 1870er Jahre als Bahnhof der Hannover Altenbekener Eisenbahn Gesellschaft… …   Deutsch Wikipedia

  • Hildesheim Ost — Der ehemalige Bahnhof Hildesheim Ost am Immengarten in der Hildesheimer Oststadt (Ostbahnhof) ist heute ein Haltepunkt der Bahnstrecke Hildesheim–Goslar. Die Anfang der 1870er Jahre als Bahnhof der Hannover Altenbekener Eisenbahn Gesellschaft… …   Deutsch Wikipedia

  • Historischer Marktplatz (Hildesheim) — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Bahnhof Hildesheim Ost — Hildesheim Ost Heutiger Haltepunkt Daten Kategorie 6 Bahnsteiggleise …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Kirchen in Hildesheim —  Karte mit allen Koordinaten: OSM, Google oder …   Deutsch Wikipedia

  • Ergebnisse von Kommunalwahlen in Hildesheim — Stadtratswahl 2011 (in %)[1] …   Deutsch Wikipedia

  • Luftangriffe auf Hildesheim — Während des Zweiten Weltkrieges war Hildesheim Ziel mehrerer alliierter Luftangriffe. Inhaltsverzeichnis 1 Hildesheim während des Zweiten Weltkrieges 2 Luftangriffe 3 Nach dem Krieg 4 …   Deutsch Wikipedia

  • St. Bernward (Hildesheim) — St. Bernward, Südostansicht – Die Turmfront ähnelt dem Westwerk des Hildesheimer Doms …   Deutsch Wikipedia

  • Stadtverkehr Hildesheim — Basisinformationen Unternehmenssitz Hildesheim Webpräsenz www.svhi hildesheim.de Bezugsjahr …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”