Ostwaldreifung

Ostwaldreifung

Die Ostwald-Reifung ist ein von selbst ablaufender kolloidchemischer Reifeprozess disperser Materie, der um 1900 vom Universalgelehrten und späteren Nobelpreisträger für Chemie, Wilhelm Ostwald, entdeckt und nach ihm benannt wurde. Sie beruht auf der Krümmungsabhängigkeit des Dampfdrucks bzw. der Löslichkeit eines feinen Pulvers (Zitat: „da nach bekannten Prinzipien ein feines Pulver löslicher sein muss als ein grobes, ebenso wie kleine Tröpfchen einen grösseren Dampfdruck haben als grosse“ = Gibbs-Thomson-Effekt). Der Dampfdruck bzw. Konzentrationsunterschied in einem geschlossenen System wird ausgeglichen, indem ein Materiestrom von den kleinen zu den großen Kolloiden fließt. Folglich schrumpfen die kleinen, die großen aber wachsen weiter. Sobald der Radius eines kleinen Kolloids unter einen kritischen Wert schreitet, wird es energetisch instabil und löst sich vollständig auf (Kelvin-Instabilität). Folglich verringert sich die Zahl der Kolloide mit fortschreitender Evolution (Vergröberung). Während der Ostwald-Reifung wird die freie Energie (Oberflächenspannung) des Systems minimiert. Dies ist von Bedeutung für die praktische Anwendung in der Produktion von Emulsionen oder Salben sowie bei der Bewertung der Stabilität von Schäumen.

Ein gleichartiger Effekt tritt in der Metallkunde beim Überaltern und beim Kornwachstum in polykristallinen Festkörpern auf, besonders während der Kornvergröberung, nachdem das Kornwachstum abgeschlossen ist.

Quellen

  • W. Ostwald (1900): Über die vermeintliche Isomerie des roten und gelben Quecksilberoxyds und die Oberflächenspannung fester Körper, Zeitschrift für Physikalische Chemie, Bd. 34, S. 495.

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