Otto Heinrich (Pfalz)

Otto Heinrich (Pfalz)
Georg Pencz: Porträt des Pfalzgrafen Ottheinrich

Ottheinrich von der Pfalz (* 10. April 1502 in Amberg; † 12. Februar 1559 in Heidelberg) aus der Familie der Wittelsbacher war Pfalzgraf von Pfalz-Neuburg von 1505 bis 1559 und Kurfürst von der Pfalz von 1556 bis 1559.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft

Ottheinrichs Eltern waren Ruprecht der Tugendhafte (1481–1504) und Elisabeth von Bayern-Landshut (1478–1504), eine Tochter von Georg dem Reichen (1455–1503). Sein Großvater väterlicherseits war somit Kurfürst Philipp der Aufrichtige von der Pfalz.

Leben

1518 nahm er am Reichstag in Augsburg teil. Nach dem Tod von Kaiser Maximilian begleitete Ottheinrich seinen Onkel und Vormund Pfalzgraf Friedrich 1519 nach Spanien, um dem neugewählten deutschen König Karl V. die Wahlnachricht zu überbringen. Danach bereiste er Kastilien, Aragon, Burgund und die Spanischen Niederlande. Kurz nach seiner Rückkehr nach Deutschland brach Ottheinrich zu einer Reise in den Nahen Osten ins Gelobte Land auf, über die er Tagebuch führte. Am 5. Juni 1521 brach er in Venedig auf und erreichte am 10. Juli 1521 auf dem Seeweg Jaffa. Es folgte ein vierwöchiger Aufenthalt in Palästina. Ottheinrich und sein Gefolge erreichten am 19. Juli 1521 Jerusalem, wo sie dem osmanischen Statthalter huldigten. Es folgten Besuche der heiligen Stätten in Betlehem, am Jordan, am See Genezareth, am Kalvarienberg, am Ölberg und in der Grabeskirche, wo Ottheinrich zum Ritter geschlagen wurde. Am 6. August 1521 traf die Reisegesellschaft wieder in Jaffa ein, um die Heimreise anzutreten.

Am 2. Juni 1522 wurden Ottheinrich und sein Bruder Philipp im Rittersaal der Burg Burglengenfeld anlässlich eines hier abgehaltenen Neuburger Landtags für großjährig erklärt. Ottheinrich übernahm daraufhin mit seinem Bruder Philipp die Regierung des 1504 in Folge des Landshuter Erbfolgekriegs gegründeten Fürstentums Pfalz-Neuburg (Junge Pfalz), das aber 1535 wieder unter ihnen aufgeteilt wurde. Er nannte sich nun Ottheinrich von Pfalz-Neuburg und baute in den Folgejahren die Burg Neuburg zu seinem Renaissance-Residenzschloss um – immer in dem Bemühen, mangelndes Standesprestige im eigenen Land sowie auf dem Parkett des fürstlichen Hochadels zu kompensieren.

Ottheinrich beteiligte sich an einigen Kriegszügen, wie etwa der Sickingen-Fehde 1523 oder dem Bauernkrieg 1525. Auf Grund seiner aufwändigen Lebensführung drohte Ottheinrich schon bald der Bankrott, den er durch ständig neue Kreditaufnahmen abzuwenden versuchte. In seinen Besitz kam auch ein Schuldschein aus dem Nachlass seiner Großmutter Hedwig. Dieser Schuldschein über 32.000 Gulden, ausgestellt von König Kasimir IV. von Polen aus Anlass der Heirat seiner Tochter Hedwig mit Georg dem Reichen, war vom polnischen Königshof jedoch nie ausgezahlt worden. Ottheinrich ließ Zins und Zinseszins errechnen und kam auf die stolze Summe von 200.000 Gulden, die ihm der polnische König schuldete. So brach Ottheinrich am 27. November 1536 zu seinem Großonkel, dem polnischen König Sigismund I. nach Krakau auf, wo er am 24. Dezember 1536 eintraf. Während der dreiwöchigen Verhandlungen konnte Ottheinrich zwar die Ausbezahlung des Schuldscheins erreichen, nicht jedoch die Auszahlung der Zinsen. Die Finanzkrise Ottheinrichs blieb also ungelöst.

Barthel Beham: Porträt des Pfalzgrafen Ottheinrich von 1535

Während seiner Polenreise ließ Ottheinrich fünfzig Aquarellansichten der besuchten Städte anfertigen, die überwiegend die frühesten heute erhaltenen Darstellungen dieser Städte sind. Dieses lange verkannte Reisesouvenir Ottheinrichs bringt erstaunlich neue und moderne Bildmotive in die europäische Kunstgeschichte ein und wurde erst kürzlich in seiner kulturhistorischen Brisanz erkannt und gewürdigt.

1541 erhielt Ottheinrich von seinem Bruder Philipp dessen Landesteil mitsamt seinen Schulden zurück. Er führte am 22. Juni 1542, beeinflusst von dem Theologen Andreas Osiander, per Erlass den protestantischen Glauben in seinem Fürstentum ein. Seine 1543 fertiggestellte Schlosskapelle in Neuburg gilt als erster Kirchenbau für den protestantischen Ritus.

Im Jahr 1544 belaufen sich Ottheinrichs Schulden auf über 1 Million Gulden. Über 600 Gläubiger erschienen auf Schloss Neuburg. In den folgenden Verhandlungen übernahmen schließlich die Landstände die Schulden Ottheinrichs. Sie übernahmen im Gegenzug die Regierungsgewalt und verkauften zur Schuldendeckung seinen Besitz. Im September 1546 wurde Neuburg schließlich von Truppen des Kaisers besetzt, da Ottheinrich im (begründeten) Verdacht stand, die protestantische Bewegung im Reich zu unterstützen. Ottheinrich wurde gebannt und geächtet. Er ging zunächst zu seinem Onkel nach Heidelberg ins Exil. Später siedelte er nach Weinheim ins dortige Karmeliterkloster um. Dort richtete er ein alchemistisches Labor ein, um Gold herzustellen und den Stein der Weisen zu finden, was beides nicht gelang.

Am 4. Juli 1548 starb sein Bruder Philipp an den Folgen einer früher erlittenen Verwundung. Ottheinrich begann wieder für seine Bibliothek zu sammeln, die im alten Bestand ja in Neuburg für ihn verloren gegangen war. So schaffte er um 1548 die Bibliothek des Klosters Lorsch auf das Heidelberger Schloss. Auch gelang ihm der kostspielige Rückerwerb der 1539 bis 1546 in Neuburg von Christian de Roy gefertigten Wandteppiche, die im Wesentlichen dem Lob von Ottheinrichs Herrschaft hatten dienen sollen.

Nach dem Tod seines Onkels Kurfürst Friedrich II. von der Pfalz im Jahr 1556 konnte Ottheinrich endlich die lang angestrebte Herrschaft als Kurfürst der Kurpfalz antreten, auf die er aufgrund der Erbfolge auch Anspruch hatte. Gesundheitlich war der fast 200 kg wiegende Ottheinrich zu diesem Zeitpunkt schon schwer angeschlagen. Als Kurfürst war er nun Vikar und Erztruchsess des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation und als erster weltlicher Kurfürst Stellvertreter des Kaisers bei Thronvakanz. Er führte 1557 den Protestantismus in der Kurpfalz und ihren Kondominien ein, förderte die Wissenschaft, schaffte den Lehrstuhl für die päpstliche Theologie an der Heidelberger Universität ab und verpflichtete angehende Mediziner zum Sezieren von Leichen. Seine Bibliothek, die Bibliotheca Palatina, galt als eine der bedeutendsten seiner Zeit. 26 Bände befinden sich heute in der Staatlichen Bibliothek Neuburg an der Donau. Er ließ die berühmte Ottheinrich-Bibel 1530/32 illuminieren bzw. vervollständigen.

Nach ihm ist der bekannte, unter seiner Regierung errichtete Ottheinrichsbau des Heidelberger Schlosses benannt.

Heirat

Kurfürst Ottheinrich heiratete am 16. Oktober 1529 in Neuburg an der Donau die Witwe des Markgrafen Kasimir von Brandenburg-Kulmbach, Prinzessin Susanna von Bayern-München (1502-1543). Susanna war die Tochter des Herzog Albrecht IV. von Bayern-München und seiner Gattin Erzherzogin Kunigunde von Österreich. Die Ehe blieb kinderlos.

Ottheinrich starb schon im dritten Regierungsjahr im Alter von 56 Jahren. Sein Grab in der Heiliggeistkirche in Heidelberg wurde im Pfälzer Erbfolgekrieg geplündert und zerstört.

Namensgeber

Ottheinrich ist zudem Namensgeber des Ottheinrich-Gymnasiums in Wiesloch sowie der Ottheinrich-Medaille in seiner Residenzstadt Burglengenfeld und des VCP-Stammes Ottheinrich von der Pfalz in Ingelheim am Rhein.

Literatur

  • Salzer: Otto Heinrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 24, Duncker & Humblot, Leipzig 1887, S. 713–719.
  • Andreas Edel: Ottheinrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, S. 655 f.
  • Fritz Grosse: Image der Macht. Das Bild hinter den Bildern bei Ottheinrich von der Pfalz (1502–1559). Imhof, Petersberg 2003, ISBN 3-937251-17-0 (zugleich Diss., Halle/Wittenberg 2002).
  • Neuburg an der Donau (Hrsg.): Pfalzgraf Ottheinrich. Politik, Kunst und Wissenschaft im 16. Jahrhundert. Pustet, Regensburg 2002, ISBN 3-7917-1802-9.
  • Angelika Marsch (Hrsg.): Die Reisebilder Pfalzgraf Ottheinrichs aus den Jahren 1536/37. Von seinem Ritt von Neuburg a.d. Donau über Prag nach Krakau und zurück über Breslau, Berlin, Wittenberg und Leipzig nach Neuburg. 2 Bände, Konrad, Weißenhorn 2000, ISBN 3-87437-440-8.
  • Folker Reichert: Die Reise des Pfalzgrafen Ottheinrich zum Heiligen Land 1521. Pustet, Regensburg 2005, ISBN 3-7917-1964-5 (Neuburger Kollektaneenblatt, 153).
  • Klaus Reichold: Der Himmelsstürmer. Ottheinrich von Pfalz-Neuburg (1502–1559). Pustet, Regensburg 2004, ISBN 3-7917-1911-4.
  • Susanne Wagini: Ottheinrichs Porträtgalerie in der „Runden Stube“ des Schlosses Neuburg an der Donau. tuduv, München 1987, ISBN 3-88073-247-7 (Schriften aus dem Institut für Kunstgeschichte der Universität München, Bd. 20).

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