Otto Rudolf von Brentano di Tremezzo

Otto Rudolf von Brentano di Tremezzo
Otto von Brentano di Tremezzo

Otto Rudolf von Brentano di Tremezzo (* 9. Dezember 1855 in Darmstadt; † 21. Juli 1927 ebenda) war ein deutscher Politiker (Zentrum).

Inhaltsverzeichnis

Familie

Otto von Brentano di Tremezzo entstammte der bekannten deutsch-italienischen Politiker- und Künstlerfamilie Brentano, die seit dem 18. Jahrhundert in Frankfurt am Main und Hessen-Darmstadt ansässig war. Sein Vater Gustav Brentano war seit 1864 Thurn- und Taxis´scher Postmeister in Friedberg und wurde 1871 in den Reichsdienst übernommen. Erst kurz vor seinem Tod nahm dieser 1883 den Namenszusatz di Tremezzo an. Seine Söhne, darunter Otto, ließen sich in Rom den italienischen Adel bestätigen, der 1889 auch durch das Großherzogtum Hessen anerkannt wurde.

Drei von Otto von Brentanos Söhnen wurden zu bekannten Persönlichkeiten: Heinrich von Brentano di Tremezzo war von 1955 bis 1961 Bundesaußenminister. Clemens von Brentano di Tremezzo war der erste Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Italien und San Marino nach dem Zweiten Weltkrieg. Bernard von Brentano war Schriftsteller.

Beruflicher Werdegang

Otto Rudolf Brentano studierte nach dem Besuch der Gymnasien in Büdingen und Gießen von 1874 bis 1877 in Gießen und München Rechtswissenschaften. Er war Mitglied der Corps Teutonia Gießen und Franconia München. Im Anschluss an das Referendariat am Landgericht Mainz und die Assessorenzeit ließ er sich als Rechtsanwalt in Friedberg nieder. 1891 verlegte er seine Kanzlei nach Offenbach am Main und begründete eine Sozietät mit dem aus einer Offenbacher Kaufmannsfamilie stammenden Anwalt Dr. Siegfried Guggenheim. 1900 erfolgte zusätzlich die Bestallung zum Notar. 1902 wurde er zum Justizrat und 1913 zum Geheimen Justizrat ernannt.

Öffentliche Ämter

Seit 1893 gehörte Brentano dem Kirchenvorstand der katholischen Gemeinde in Offenbach anund hatte maßgeblichen Anteil an der Einrichtung einer zweiten Pfarrei in der Offenbacher Oststadt. Im Juni 1896 fand unter seinem Vorsitz der 4. Hessische Katholikentag statt.

Mehrere Jahre gehörte von Brentano di Tremezzo der Stadtverordnetenversammlung von Offenbach am Main an, wo er als Wortführer der antisozialistischen Gemeinschaftsliste aus Zentrum und bürgerlicher Mittelstandspartei auftrat. Sein Hauptkontrahent im Stadtparlament war der spätere sozialdemokratische Staatspräsident Carl Ulrich. Von 1897 bis 1918 war Brentano außerdem Mitglied der II. Kammer der hessischen Landstände für den Wahlkreis Bingen-Land. 1919 bis 1927 gehörte er dem Landtag des Volksstaats Hessen an.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Brentano auch in der Reichspolitik aktiv. 1919/20 gehörte er zunächst der Weimarer Nationalversammlung an und beteiligte sich rege an den Debatten über den Verfassungsentwurf. Anschließend war er Reichstagsabgeordneter, ein Mandat, das er 1924 wegen der Doppelbelastung durch seine Ministerämter in Hessen niederlegte.

Von 1918 bis 1927 war Brentano hessischer Minister der Justiz und ab 1921 – als Nachfolger von Heinrich Fulda (SPD) – zugleich Minister des Inneren im Kabinett Ulrich. Kritik handelte er sich mit seiner Idee eines mittelrheinischen Bundesstaates, bestehend aus Hessen-Darmstadt, Nassau, der Pfalz und dem oldenburgischen Birkenfeld, ein, über den er sogar mit dem Separatisten Dorten verhandelte.

Als Justizminister wandte er sich gegen eine zu weitgehende Liberalisierung des Strafvollzugs. Als Innenminister betrieb er eine engagierte Politik gegen rechts- und linksextremistische Bestrebungen und verbot 1923 den Deutsch-Völkischen Schutz- und Trutzbund und – nach dem Hitlerputsch – die NSDAP und ihre Gliederungen in Hessen. 1925 ließ er sich bei der Neuwahl des hessischen Staatspräsidenten gegen Ulrich aufstellen, konnte sich aber nicht durchsetzen.

Ostern 1927 unternahm Brentano eine Reise nach Rom. Nach seiner Rückkehr verzichtete er auf Grund eines akuten Gallenleidens auf seine öffentlichen Ämter. Am 22. Juli 1927 erlag er einem Schlaganfall.

Literatur

  • Eckhart G. Franz: Otto Rudolf von Brentano (1855–1927). In: Bernd Heidenreich (Hrsg.): Geist und Macht. Die Brentanos. Wiesbaden 2002

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