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Prime Computer, auch Pr1me geschrieben, war ein in Natick, Massachusetts beheimateter Hersteller von 32bit-Superminicomputern. Prime agierte von 1972 bis 1992.
Die 32-Bit-Rechnersysteme dieses Anbieters waren seit den späten 1970er Jahren gängig geworden, vor allem im Universitätsbereich und in der Technik bei der Einführung der CA-Techniken (CAD, CAM, CAQ, FEM und anverwandte Gebiete).
Inhaltsverzeichnis
Gründung
Die Gesellschaft wurde von sieben Gründern aus der Taufe gehoben. Einige von ihnen hatten an dem Multics-Projekt am MIT mitgewirkt:
- Robert Baron (President)
- Sidney Halligan (Vice President Sales)
- James Campbell (Director Marketing)
- Joseph Cashen (Vice President Hardware Engineering)
- Robert Burkeweitz (Vice President Manufacturing)
- William Poduska (Vice President Software Engineering)
- John Carter (Personalchef / Director of Human Resources)
Die Gesellschaft startete mit dem Motto Software First.
Poduska verließ Prime 1980, um Apollo Computer zu gründen.
Das Betriebssystem der Prime-Rechner, PrimOS, ist ein Derivat von Multics. Dieses Betriebssystem war im Original zu weiten Teilen in der Programmiersprache Fortran realisiert worden. In weiterer Folge wurde auch PL/P- und Modula-2–Sprachen im Kernel verwendet. Eine gewisse Anzahl neuer Hilfsprogramme im PrimOS wurden in SP/L geschrieben, das zu PL/P ähnlich ist.
Die Originalprodukte waren zunächst Nachbauten der Honeywell-Minicomputer 316 und 516 aus der Serie 16. Die Prime 400 war zu ihrer Zeit (späte 1970er Jahre) ein erfolgreicher Minicomputer, und die Prime 750 (1979) war ein Wettbewerber zur VAX 11/780 von DEC, einer der ersten 32-Bit-Superminicomputer.
Die Firma Prime war in den 1970er und 1980er Jahren erfolgreich und hatte ihren Höhepunkt 1988, als sie an 334. Stelle der Fortune 500-gelisteten Firmen stand. Sämtlichen Prime-Computertypen war nach der CoCom-Liste verboten, in den Ostblock exportiert zu werden.
In den späten 1980er Jahren bekam Prime Probleme, weil immer mehr Kunden zu Unix-Systemen abwanderten. Zusätzlich wurde es für Prime immer schwieriger, im Kampf um die schiere Rechenleistung mitzuhalten.
Prime versuchte sich in die Richtung einer CAD-Firma zu entwickeln, unter anderem als sie für 300 Millionen US-Dollar den CAD-Anbieter ComputerVision kaufte. Dieser kostenträchtige Kauf hinterließ die Firma angreifbar für eine feindliche Übernahme. Einen dementsprechenden Versuch unternahm Bennett S. LeBow mit seiner Basic4 Corporation. Um die Übernahme abzuwehren, ließ Prime sich in private Eigentümerschaft durch den New Yorker Risiko-Kapitalgeber J. H. Whitney zurückkaufen. Schließlich wurden die Rechner-Entwicklungen und -Fertigungen eingestellt, und die Prime-Firma in ComputerVision umbenannt.
Büro-Automationssysteme
Prime kaufte Ende der 1970er oder Anfang der 1980er Jahre die OAS-Applikation von Lincoln National, einer großen Versicherungsgesellschaft. Es ist unklar, ob das System eine gemeinsame Entwicklung der Versicherung mit Prime gewesen war. Das System war eine der Pionieranwendungen auf diesem Gebiet, man kämpfte lange, vor allem in Großbritannien, um eine führende Position zu erlangen, scheiterte aber schließlich.
OAS bestand aus folgenden Anwendungen:
- Electronic Mail, anfangs beschränkt auf einen einzelnen, nicht vernetzten Minicomputer, und erst viel später zu einem synchronisierten, globalen System ausgebaut, das jedoch lediglich proprietär, das heißt zwischen verschiedenen PrimOS-Maschinen im Prime-Netzwerk funktionierte.
- Textverarbeitung, entweder auf dummen Terminals wie PT25, PT45 und PST100, oder auf dem teilintelligenten PT65-Terminal, das seine Software vom Zentralrechner laden musste. Es war ein seiten-basiertes Textsytem. Dieses Workstation-Konzept ähnelte sehr den Maschinen von Wang, aber die Ausführungsgeschwindigkeit war weitaus langsamer als bei Wang, weil die Verarbeitung über serielle Schnittstellen RS-232 C lief, hingegen die Wang-Maschinen über schnelle Koaxialkabel-Verbindungen verfügten. Die Textverarbeitung war nicht von höchster Qualität, und das PT65-Gerät verschrottete oft den Text bei der Verarbeitung.
Als Prime den Rückzug der Kunden von den Download-Workstations erkannte, schloss Prime ein Arrangement mit Convergent Technologies für deren AWS–System, das Prime umbenannte in Prime Producer 100 (Mitte 1983 gestartet), und später für Convergents modulares NGEN-System, das dann Prime Producer 200 genannt wurde und 1984 herauskam. Jedes dieser Systeme war der ursprünglichen Prime-Textverarbeitung weit überlegen, und sie funktionierten Dokument-basiert.
Prime hatte in Großbritannien eine sehr aktive OAS-Nutzergruppe, deren Vorschläge zur Produktentwicklung aufgegriffen wurden. Die britischen Pioniere schlossen die Grundstücks-Entwicklungsgesellschaft London Docklands Development Corporation ein, und die Oxford Brookes University.
Prime Information
Sehr ähnlich im Konzept und Ausführung zu der Pick-Umgebung, entwickelt von Richard Pick, war auch das Prime Information genannte Datenbank-Konzept, das eine schnelle, 4GL–ähnliche Entwicklung von eigenen Anwendungen mittels relationaler oder quasi-relationaler Datenbank-Strukturen erlaubte.
Prime Information Connection
Um 1984 herum entwickelte Prime ein System, das mit OAS ins Gehege kam und den Markt in Verwirrung stürzte. Prime Information Connection verband Textverarbeitung und das Datenbank-Programmiermodell und bewirkte so das doppelte Angebot konkurrierender Office-Pakete, auf einem Markt, der zu jener Zeit in den USA dominiert war von Wang Laboratories.
Wettbewerber
Größerer und letztlich erfolgreicherer Konkurrent von Prime war die Firma DEC. Vor allem das Betriebssystem VAX-VMS wurde seitens der Nutzer im Komfort und in der einfachen Erlernbarkeit vorne gesehen; das Betriebssystem PrimOS von Prime stand dem ein wenig nach.
Ein anderer früher Konkurrent von Prime war Data General. In späteren Jahren kamen diverse Rechneranbieter auf, die sich auf leistungsfähige Hardware-Entwicklung konzentrierten und sich in der Software auf die immer ausgefeiltere Unix-Welt abstützten. Hierzu gehörte in den frühen 1980er Jahren auch die Firma Nixdorf Computer.
Modellentwicklung
Erstes gut verkauftes 32-Bit-Modell von Prime war die Prime 400, die um 1979 am Markt erschien. Sie hatte der Konkurrenz ein durchgängig auf 32-Bit-Verarbeitung basierendes Konzept voraus, derweilen die Konkurrenz noch ausschließlich in der 16-Bit-Welt operierte. Pr1me blieb jedoch nicht lange allein im 32-Bit-Markt; schnell drängte der große Konkurrent DEC hinterher.
Die ungefähr doppelt so leistungsstarke Prime 750 erschien etwa zwei Jahre später. Auf der 750er Prime aufbauend entstanden auch Doppel-Versionen (8750, 8850) und immer schnellere, taktratengesteigerte Versionen.
CAD/CAM
Prime war neben den DEC-Maschinen über lange Jahre hinweg eine der wichtigen Ziel-Umgebungen für die Anbieter von CAD-CAM-Software. Hier ist insbesondere die Verbindung zu dem CAD-System MEDUSA des Software-Herstellers zu nennen, welches in Deutschland durch die Firma AGS exklusive vertrieben wurde. Durch die Übernahme von AGS erwarb Prime die Vertriebsrechte für MEDUSA. Die Einigung mit ComputerVision sah vor, dass Prime die MEDUSA-Version 4.06 im Quellcode erhielt, beide Firmen ab da MEDUSA selbstständig weiterentwickelten und auch weltweit vertreiben durften. ComputerVision wechselte kurz darauf zur Version 5.0, während Prime mit der Version Prime Medusa 1.0 auf den Markt trat.
Ende der 1980er Jahre übernahm Prime die Softwarefirma ComputerVision. Prime gliederte sich in die zwei Säulen Prime Hardware, die für die proprietären Rechner zuständig war, sowie Prime Computervision, die für das CAD/CAM-Geschäft mit MEDUSA und CADDS zuständig war.
Nach Einstellung der proprietären PrimOS-Rechnerproduktion und Abgabe der Wartungsverpflichtungen an einen anderen Hersteller folgte eine Konzentration auf das CAD-CAM-Softwaregeschäft mit Umbenennung in ComputerVision. Mitte der 1990er Jahre erfolgte die Übernahme von ComputerVision durch die Parametric Technology Corporation (PTC).
Aber auch heute noch gibt es aktive Internet-Foren und hartnäckige Fans der 32-Bit-Superminis von Prime.
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