- Palme d'or
-
Mit der Goldenen Palme (Palme d'or) wird bei den jährlich veranstalteten Filmfestspielen von Cannes der beste Spielfilm im offiziellen Wettbewerb prämiert. Sie gilt damit als wichtigste Auszeichnung des Festivals, noch vor dem Großen Preis der Jury. Das Motiv wurde wie der Goldene Löwe der Filmfestspiele von Venedig oder der Goldene Bär der Berlinale aus dem Stadtwappen Cannes’ entnommen. Über die Vergabe des Preises stimmt eine Wettbewerbsjury ab, die sich meist aus internationalen Filmschaffenden zusammensetzt.
Die Bezeichnung existiert seit 1955, zuvor war der Filmpreis, unter dem Namen „Großer Preis der Internationalen Filmfestspiele“ (Grand Prix du Festival International du Film beziehungsweise Grand Prix) bekannt. Bis 1954 erhielten die Gewinner Preistrophäen, die von bekannten zeitgenössischen Künstlern entworfen wurden. Erst Ende des Jahres 1954 lud das Organisationskomitee auf Initiative von Robert Favre Le Bret mehrere Juweliere ein, um einen an das Palmen-Motiv angelehnten Siegespreis zu kreieren. Es setzte sich der Entwurf der bekannten französischen Designerin Lucienne Lazon durch, der Pate für eine Trophäe stand, die man erstmals bei der achten Auflage des Filmfestivals im Jahr 1955 an den US-Amerikaner Delbert Mann (Marty) verlieh.
Die Preistrophäe wurde in der Geschichte der Filmfestspiele mehrfach umgestaltet, stets am Kunstgeschmack der Zeit orientiert, während von 1964 bis 1974 aus rechtlichen Gründen zwischenzeitlich der Grand Prix wieder eingeführt wurde. Die letzte Neugestaltung erfuhr der Preis im Jahr 1997, zum 50. Geburtstag der Filmfestspiele, auf Anregung von Caroline Gruosi-Schäufele aus dem Hause Chopard. In Filigranarbeit gestaltete die Designerin den neunzehnblättrigen Palmwedel aus 24-karätigem Gold und setzte diesen auf einen schlichten, zum Rechteck handgeschliffenen Solitär aus Bergkristall.[1] Der Materialwert der Trophäe, die in einer Schatulle aus blauem Marokkoleder enthalten ist, wird auf 25.000 Euro geschätzt.[2]
Inhaltsverzeichnis
Preisträger
Am häufigsten mit dem Hauptpreis in Cannes ausgezeichnet wurden die Werke US-amerikanischer Filmregisseure (20 Siege), gefolgt von ihren Kollegen aus Frankreich und Italien (je 12) und Großbritannien (9). Je zweimal triumphieren konnten der Schwede Alf Sjöberg (1946 und 1951), der US-Amerikaner Francis Ford Coppola (1974 und 1979), der Japaner Shōhei Imamura (1983 und 1997), der bosnisch-serbische Filmemacher Emir Kusturica (1985 und 1995), der Däne Bille August (1988 und 1992) und das belgische Regisseur-Duo Luc und Jean-Pierre Dardenne (1999 und 2005). Zudem konnte sich die Wettbewerbsjury in der Vergangenheit mehrfach nicht auf einen Siegerfilm einigen, so beispielsweise 1993 geschehen, als sich der Chinese Chen Kaige (Lebewohl, meine Konkubine) die Goldene Palme mit Jane Campion (Das Piano) teilte. Die Neuseeländerin gehört gemeinsam mit der Dänin Bodil Ipsen (1946 als Koregisseurin von Rote Wiesen mit dem Grand Prix geehrt) zu den beiden einzigen Filmregisseurinnen, die in Cannes den Hauptpreis erringen konnten.
Regisseure aus dem deutschsprachigen Kino waren erstmals 1946 erfolgreich, als Die letzte Chance des Schweizers Leopold Lindtberg gemeinsam mit zehn weiteren Produktionen prämiert wurde. Ihm folgten 1979 und 1984 die Deutschen Volker Schlöndorff (Die Blechtrommel) und Wim Wenders (Paris, Texas). 1956 und 2004 konnten sich mit Jacques-Yves Cousteaus und Louis Malles Die schweigende Welt beziehungsweise Michael Moores Fahrenheit 9/11 Dokumentarfilme durchsetzen.
Jahr Preisträger Deutscher Verleihtitel Regie 1946* Brief Encounter Begegnung David Lean Hets Die Hörige Alf Sjöberg Die letzte Chance Die letzte Chance Leopold Lindtberg The Lost Weekend Das verlorene Wochenende Billy Wilder María Candelaria Maria Candelaria Emilio Fernández Muži bez křídel nicht bekannt Frantisek Cap नीचा नगर (Neecha Nagar) nicht bekannt Chetan Anand Roma, città aperta Rom, offene Stadt Roberto Rossellini De røde enge Rote Wiesen Bodil Ipsen
Lau LauritzenLa Symphonie pastorale Und es ward Licht Jean Delannoy Великий перелом (Weliki perelom) Die große Wende Friedrich Ermler 1947* Antoine et Antoinette Zwei in Paris Jacques Becker Crossfire Im Kreuzfeuer Edward Dmytryk Dumbo Dumbo Ben Sharpsteen Les Maudits Das Boot der Verdammten René Clément Ziegfeld Follies Broadway Melodie 1950 Lemuel Ayers
Roy Del Ruth
Robert Lewis
Vincente Minnelli
Merrill Pye
George Sidney
Charles Walters1948 Filmfestspiele nicht veranstaltet 1949* The Third Man Der dritte Mann Carol Reed 1950 Filmfestspiele nicht veranstaltet 1951* Fröken Julie Fräulein Julie Alf Sjöberg Miracolo a Milano Das Wunder von Mailand Vittorio De Sica 1952* Due soldi di speranza Für zwei Groschen Hoffnung Renato Castellani The Tragedy of Othello: The Moor of Venice Orson Welles' Othello Orson Welles 1953* Le salaire de la peur Lohn der Angst Henri-Georges Clouzot 1954* 地獄門 (Jigokumon) Das Höllentor Teinosuke Kinugasa 1955 Marty Marty Delbert Mann 1956 Le monde du silence Die schweigende Welt Jacques-Yves Cousteau
Louis Malle1957 Friendly Persuasion Lockende Versuchung William Wyler 1958 Летят журавли (Letjat schurawli) Wenn die Kraniche ziehen Michail Kalatosow 1959 Orfeu Negro Orfeu Negro Marcel Camus 1960 La dolce vita Das süße Leben Federico Fellini 1961 Une aussi longue absence Noch nach Jahr und Tag Henri Colpi Viridiana Viridiana Luis Buñuel 1962 O Pagador de Promessas Fünfzig Stufen zur Gerechtigkeit Anselmo Duarte 1963 Il Gattopardo Der Leopard Luchino Visconti 1964* Les Parapluies de Cherbourg Die Regenschirme von Cherbourg Jacques Demy 1965* The Knack ...and How to Get It Der gewisse Kniff Richard Lester 1966* Un homme et une femme Ein Mann und eine Frau Claude Lelouch Signore & signori Aber, aber, meine Herren... Pietro Germi 1967* Blowup Blow Up Michelangelo Antonioni 1968 Filmfestspiele aufgrund der Mai-Unruhen abgebrochen 1969* If.... If... Lindsay Anderson 1970* MASH M.A.S.H. Robert Altman 1971* The Go-Between Der Mittler Joseph Losey 1972* Il Caso Mattei Der Fall Mattei Francesco Rosi La classe operaia va in paradiso Der Weg der Arbeiterklasse ins Paradies Elio Petri 1973* The Hireling Botschaft für Lady Franklin Alan Bridges Scarecrow Asphalt-Blüten Jerry Schatzberg 1974* The Conversation Der Dialog Francis Ford Coppola 1975 Chronique des années de braise Chronik der Jahre der Glut Mohamed Lakhdar-Hamina 1976 Taxi Driver Taxi Driver Martin Scorsese 1977 Padre padrone Padre Padrone – Mein Vater, mein Herr Paolo Taviani
Vittorio Taviani1978 L'Albero degli zoccoli Der Holzschuhbaum Ermanno Olmi 1979 Apocalypse Now Apocalypse Now Francis Ford Coppola Die Blechtrommel Die Blechtrommel Volker Schlöndorff 1980 All That Jazz Hinter dem Rampenlicht Bob Fosse 影武者 (Kagemusha) Kagemusha – Der Schatten des Kriegers Akira Kurosawa 1981 Człowiek z żelaza Der Mann aus Eisen Andrzej Wajda 1982 Missing Vermißt Constantin Costa-Gavras Yol Yol – Der Weg Şerif Gören
Yılmaz Güney1983 楢山節考 (Narayama bushiko) Die Ballade von Narayama Shōhei Imamura 1984 Paris, Texas Paris, Texas Wim Wenders 1985 Otac na službenom putu Papa ist auf Dienstreise Emir Kusturica 1986 The Mission Mission Roland Joffé 1987 Sous le soleil de Satan Die Sonne Satans Maurice Pialat 1988 Pelle erobreren Pelle, der Eroberer Bille August 1989 Sex, Lies, and Videotape Sex, Lügen und Video Steven Soderbergh 1990 Wild at Heart Wild at Heart – Die Geschichte von Sailor und Lula David Lynch 1991 Barton Fink Barton Fink Joel Coen 1992 Den goda viljan Die besten Absichten Bille August 1993 霸王別姬 (Bàwáng Bié Jī) Lebewohl, meine Konkubine Chen Kaige The Piano Das Piano Jane Campion 1994 Pulp Fiction Pulp Fiction Quentin Tarantino 1995 Подземље (Podzemlje) Underground Emir Kusturica 1996 Secrets & Lies Lügen und Geheimnisse Mike Leigh 1997 طعم گيلاس (Ta'm-e gilass) Der Geschmack der Kirsche Abbas Kiarostami うなぎ (Unagi) Der Aal Shōhei Imamura 1998 Μια αιωνιότητα και μια μέρα (Mia aioniotita kai mia mera) Die Ewigkeit und ein Tag Theo Angelopoulos 1999 Rosetta Rosetta Jean-Pierre Dardenne
Luc Dardenne2000 Dancer in the Dark Dancer in the Dark Lars von Trier 2001 La stanza del figlio Das Zimmer meines Sohnes Nanni Moretti 2002 The Pianist Der Pianist Roman Polański 2003 Elephant Elephant Gus Van Sant 2004 Fahrenheit 9/11 Fahrenheit 9/11 Michael Moore 2005 L'Enfant Das Kind Jean-Pierre Dardenne
Luc Dardenne2006 The Wind That Shakes the Barley The Wind That Shakes the Barley Ken Loach 2007 4 luni, 3 săptămâni şi 2 zile 4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage Cristian Mungiu 2008 Entre les murs Die Klasse Laurent Cantet * = Von 1946 bis 1954 und von 1964 bis 1974 wurde anstatt der Goldenen Palme der Grand Prix vergeben
Preisträger des Jahres 1939
Während der 55. Filmfestspiele im Jahr 2002 fand eine Retrospektive statt, die sich zwölf Spielfilmen widmete, die bei der ursprünglich geplanten ersten Auflage des Filmfestivals im Jahr 1939 hätten gezeigt werden sollen, darunter die folgenden sieben im Wettbewerb:
Jahr Preisträger Deutscher Verleihtitel Regie 1939 Boefje nicht bekannt Douglas Sirk The Four Feathers Vier Federn Zoltan Korda Goodbye, Mr. Chips Auf Wiedersehen, Mr. Chips Sam Wood Ленин в 1918 году (Lenin w 1918 godu) Lenin im Jahr 1918 Michail Romm La Loi du nord Das Gesetz des Nordens Jacques Feyder Union Pacific Union Pacific Cecil B. DeMille The Wizard of Oz Der Zauberer von Oz Victor Fleming Eine sechsköpfige Jury um die Israelin Lia Van Leer, dem französischen Historiker Raymond Chirat, dem Deutschen Dieter Kosslick, dem Italiener Alberto Barbera und dem Tunesier Férid Boughedir wählte, unter Vorsitz des französischen Autors Jean d'Ormesson, nachträglich Cecil B. DeMilles Film Union Pacific als besten Film des Jahres 1939 aus, der ehrenhalber mit einer Goldenen Palme prämiert wurde.
Siehe auch
Weblinks
- Geschichte der Goldenen Palme bei festival-cannes.com (englisch)
Einzelnachweise
Wikimedia Foundation.