Panegyrisch

Panegyrisch

Ein Panegyricus (Panegyrikos) war in der Antike eine prunkvolle Rede aus festlichem Anlass. Aus Griechenland sind festliche Vorträge etwa von Lysias oder Isokrates überliefert, die man als „Panegyriken“ bezeichnete. Im Römischen Reich verstand man unter einem Panegyrikus eine Laudatio, insbesondere eine lobende Rede zur Ehrung des Kaisers.

Im heutigen Sprachgebrauch versteht man unter einer Panegyrik eine distanzlose, lobhudelnde Schmeichelrede. In negativer Bedeutung kam das Wort panegyrisch schon in der Antike vor: der Historiker und Rhetoriklehrer Dionysios von Halikarnassos verstand darunter einen auf Effekte berechneten und das Publikum damit verführenden Stil.

Inhaltsverzeichnis

Die Panegyrici Latini

Eine Sammlung von zwölf lateinischen Reden dieser Art ist unter dem Titel XII Panegyrici Latini erhalten. Die älteste Rede darin ist der Panegyricus, den Plinius der Jüngere im Jahr 100 anlässlich seines Konsulats auf den Kaiser Trajan gehalten hat. Darin lobt er dessen Leben, militärische Fähigkeiten und Herrschertugenden. Die Rede beginnt mit Trajans Werdegang, zeigt ihn als Herrscher, anschließend sein Privatleben und endet mit dem Dank für die Verleihung des Konsulats und einem Gebet an Jupiter.

Die weiteren elf Reden der Sammlung stammen aus der frühen Spätantike (Ende 3. Jahrhundert bis Ende 4. Jahrhundert) und stellen eine nicht unwichtige Quelle dar. Geehrt werden unter anderem die Kaiser Konstantin I. und Theodosius I. Verfasser waren hohe Beamte und Rhetoren, von denen einige unbekannt sind.

Übersicht:

  • I. Panegyricus Plinii Secundi Traiano Augusto – Rede des Jüngeren Plinius auf Trajan aus dem Jahr 100.
  • II. Panegyricus Latini Pacati Drepani dictus Theodosio – Rede des Pacatus auf Theodosius I. aus dem Jahr 389.
  • III. Gratiarum actio Mamertini de consulatu suo Iuliano imperatori – Rede des Claudius Mamertinus aus dem Jahr 362, mit der er Kaiser Julian für sein Konsulat dankt.
  • IV. Panegyricus Nazarii dictus Constantino imperatori – Rede des Nazarius auf Konstantin den Großen zu dessen Quinquennalia im Jahr 321.
  • Incipiunt panegyrici diversorum septem
    • V. Incipit primus dictus Constantino – Rede auf Konstantin I. aus dem Jahr 311/312.[1]
    • VI. Incipit secundus – Rede auf Konstantin I. aus dem Jahr 310, gehalten vermutlich in Trier.
    • VII. Incipit tertius – Rede auf Konstantin I. und seinen Mitkaiser Maximian aus dem Jahr 307, aus Anlass von Konstantins Heirat mit Maximians Tochter Fausta.
    • VIII. Incipit quartus – Rede auf Constantius I., Konstantins Vater, aus dem Sommer 297.
    • IX. Incipit quintus – Rede des Eumenius aus dem Jahr 297, in dem er die Einrichtung einer Schule in seinem Heimatort Augustodunum fordert. Es handelt sich hierbei eigentlich nicht um einen Panegyrikus, sondern vielmehr um eine Suasorie, eine Überzeugungsrede.
    • X. Incipit sextus – Festrede auf Maximian zur Feier des natalis urbis Romae (Geburtstag der Stadt Rom) vom 21. April 289, gehalten vermutlich in Trier.
    • XI. Item eiusdem magistri Mamertini genethliacus Maximiani Augusti – Rede zur Feier der Geburtstage der beiden Kaiser Diokletian und Maximian aus dem Jahr 290/291.
    • XII. hic dictus est Constantino filio Constantii – Rede auf Konstantin I. aus dem Jahr 313, gehalten während der Spiele, die Konstantin nach seinem Sieg über Maxentius ausrichten ließ, vermutlich in Trier.

Weitere antike Panegyriken

Der berühmteste Panegyrikus in griechischer Sprache ist vermutlich die Romrede des Aelius Aristides (155), in der der Redner weniger einen speziellen Kaiser als vielmehr die römische Herrschaft insgesamt preist.

Nicht alle panegyrischen Werke waren Reden; zu den ungewöhnlichsten zählt das Werk Über die Bauwerke Justinians von Prokop, der die Bauten dieses Kaisers preist. Oft verfolgten die Verfasser die Absicht, den Herrscher zu beeinflussen und durch Schmeichelei zu einer Korrektur seiner Politik zu bewegen.

Zur Panegyrik zählt man auch Gedichte der römischen Kaiserzeit, die von hofnahen Dichtern verfasst wurden, um den Herrscher oder eine mächtige Persönlichkeit zu verherrlichen. Panegyrisch in diesem Sinne waren schon die Verkündung des neuen Goldenen Zeitalters unter Kaiser Augustus durch Vergil (Aeneis 6, 791–805), einzelne Oden des Horaz, die Verse Lucans zum Ruhme des Kaisers Nero und die des Statius zur Verherrlichung des Kaisers Domitian. In der Spätantike traten dann besonders der Hofdichter Claudian und der von ihm beeinflusste Corippus auf diesem Gebiet hervor. In der sprachlich meisterhaften, aber inhaltlich vor keiner Maßlosigkeit zurückschreckenden Dichtung Claudians erreichte die panegyrische Epik einen Höhepunkt, zugleich aber auch die Grenzen des auf diesem Gebiet dem Publikum inhaltlich Zumutbaren.

Literatur

  • C. E. V. Nixon, B. S. Rodgers: In Praise of Later Roman Emperors. The Panegyrici Latini. Introduction, Translation, and Historical Commentary with the Latin Text of R. A. B. Mynors. Berkeley–Los Angeles–Oxford 1994. (Beinhaltet die elf spätantiken Panegyrici.)
  • Werner Kühn: Plinius der Jüngere. Panegyricus. Herausgegeben, übersetzt und mit Erläuterungen versehen von Werner Kühn (Lateinisch-Deutsch). Texte zur Forschung 51. Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1985.
  • Hans Gutzwiller: Claudius Mamertinus. Die Neujahrsrede des Konsuls Claudius Mamertinus vor dem Kaiser Julian. Text, Übersetzung und Kommentar. (Lateinisch-Deutsch). Basel 1942.
  • Konrat Ziegler: Panegyrikos. In: Der Kleine Pauly. Lexikon der Antike in fünf Bänden. Band 4, Sp. 455–457.

Weblinks

Anmerkungen

  1. Otto Seeck, Eumenius 1), in: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft, Band VI,1 (1907), Sp. 1107f. plädiert wohlbegründet für 312; Konrat Ziegler im Kleinen Pauly, Band 4, Sp. 456, gibt nicht weiter begründet 311 an.

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