Panicum miliaceum

Panicum miliaceum
Rispenhirse
Rispenhirse

Rispenhirse

Systematik
Klasse: Einkeimblättrige (Liliopsida)
Unterklasse: Commelinaähnliche (Commelinidae)
Ordnung: Süßgrasartige (Poales)
Familie: Süßgräser (Poaceae)
Gattung: Rispenhirsen (Panicum)
Art: Rispenhirse
Wissenschaftlicher Name
Panicum miliaceum
L.

Die Rispenhirse oder Echte Hirse (Panicum miliaceum) ist eine Hirsenart aus der Gattung Panicum. Sie ist eine alte Getreidepflanze. In Europa von Kartoffel und Mais verdrängt, wird sie heute noch in weiten Teilen Asiens angebaut.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Die Rispenhirse ist eine einjährige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von 30 bis 100, selten bis 150 cm. Ihre Stängel sind aufrecht, meist an den unteren Knoten verzweigt, gerieft, 2 bis 5 mm dick und unterhalb der Knoten 2 bis 3 mm lang behaart. Die vier bis acht Knoten sind 1 bis 2 mm lang behaart. Die Blattscheiden sind deutlich gerippt und zwischen den Rippen rauhaarig. Das Blatthäutchen ist häutig und 1 bis 2 mm lang bewimpert. Die Blattspreiten sind 10 bis 40 cm lang und 8 bis 25 mm breit. Sie sind flach, gerippt, im unteren Bereich rauhaarig, ansonsten zerstreut kurz behaart, Rippen und Rand sind rau.

Der Blütenstand ist 10 bis 30 cm lang, aufrecht bis überhängend, locker bis dicht. Gegen den Grund hin ist er häufig von der obersten Blattscheide eingehüllt. Die Seitenäste sind rau und kantig. Die Ährchen sitzen auf 2 bis 6 mm langen Stielen, sind 4,5 bis 5 mm lang und zugespitzt. Die untere Hüllspelze ist fünf- bis siebennervig, zwei Drittel so lang wie das Ährchen und zugespitzt. Die obere Hüllspelze ist neun- bis elfnervig und zugespitzt. Das untere Blütchen ist steril, seine Deckspelze ist neun- bis elfnervig. Die Deckspelze des oberen, zwittrigen Blütchens ist rund einen mm kürzer als das Ährchen, hellgelb, schwärzlich oder weiß, glänzend und knorpelig verdickt. Die Staubbeutel sind 1,2 bis 1,5 mm lang und dunkelviolett. Blütezeit ist Juni bis September, die Art ist selbstbestäubend.

Die Karyopse ist etwas kleiner als die Deckspelze, hat einen kreisförmigen Umriss und ist rund 3 mm lang. Ihre Farbe reicht von strohfarben über rötlichbraun, olivbraun bis schwärzlich, kann aber auch weiß sein. Das Tausendkorngewicht liegt zwischen 4 und 8 Gramm[1]. Der Eiweißgehalt beträgt bis zu 10 (selten sogar bis 18) Prozent, der Fettgehalt rund 4 Prozent. Manche Sorten sind sogar Kleber-haltig und liefern somit backfähiges Mehl[1].

Die Chromosomenzahl ist 2n = 36.

Verbreitung und Standorte

Die ursprüngliche Heimat der Rispenhirse liegt in Zentral-Asien. Sie wird seit Jahrtausenden als Getreidepflanze in der Alten Welt angebaut und ist vielfach verwildert. Sie ist weniger wärmebedürftig als andere Hirse-Arten.

Sie wächst in Mitteleuropa wild auf Schuttplätzen, Bahnanlagen und in Häfen. In Gärten verwildert sie meist aus Vogelfutter. Sie kommt vor allem auf nährstoffreichen, leichten und sandigen Lehmböden der collinen, seltener auch der montanen Höhenstufe vor. collin (montan).

Systematik

Innerhalb der Art werden drei Unterarten unterschieden:

  • Kulturhirse (Panicum miliaceum subsp. miliaceum): Die Ährchen fallen zur Fruchtreife nicht aus- oder ab, die Ährchenachse zerbricht nur unter Druck. In Mitteleuropa gibt es hier drei (Con)Varietäten:
    • var. effusum, die Flatter-Rispenhirse, mit ausgebreiteter und sehr lockerer Rispe. Sie ist die ursprünglichste Kultursippe.
    • var. contractum, die Klump-Rispenhirse, mit zusammengezogener Rispe, die oben dichter ist als am Grund. Die Zweige sind überhängend.
    • var. compactum, die Dicke Hirse, mit zusammengezogener, überall gleich dichter Rispe, alle Zweige stehen aufrecht.
  • Unkraut-Hirse (Panicum miliaceum subsp. ruderale (Kitagawa) Tzvelev): Die Rispe steht aufrecht, ihre Äste stehen steif ab. Die Ährchenachse zerfällt unter der oberen Blüte, auch der Ährchenstiel ist gegliedert. Zur Reife fallen die Scheinfrüchte und auch die Spelzen ab. Die Spelzfrüchte sind dunkel gefärbt. Diese Unterart wächst in Maisfeldern und auf Schuttplätzen. In Deutschland ist sie seit 1982 nachgewiesen.
  • Unechte Unkraut-Hirse (Panicum miliaceum subsp. agricolum Scholz & Mikolas): Die Rispe ist stärker zusammengezogen und nickend. Die Ährchen fallen zur Reife aus den stehenbleibenden Hüllspelzen aus, die häutigen Spelzen bleiben aber stehen. Sie ist aus Kärnten, Steiermark, Tschechien und dem Elsass bekannt.

Anbau und Nutzung

Bestand unreifer Rispenhirse.

Die Rispenhirse wird vor allem in Zentralasien, Nordchina, Japan und Indien angebaut. Die Vegetationszeit beträgt je nach Standort und Sorte 60 bis 90 Tage, der Wasseranspruch ist relativ gering. Die nördliche Anbaugrenze ist die 20 °C-Juli-Isotherme. Im Himalaya wird die Rispenhirse bis in 3000 m Seehöhe angebaut.[2] Die Körner reifen in den Rispen nicht gleichzeitig, durch hohe Ausfallgefahr erfolgt die Ernte vor der Vollreife. Die Erträge liegen meist bei rund einer Tonne pro Hektar und kann unter günstigen Bedingungen bis 5 Tonnen betragen.[1]

Die Früchte werden als Korn, Brei und Brot verzehrt oder auch zu Hirsebier verarbeitet.[3] Das Stroh ist als Futter für Wiederkäuer gut geeignet.[1]

Geschichte

Die Rispenhirse ist eine der am frühesten domestizierten Getreidearten, ihr Ursprung liegt in Zentralasien. Die ältesten Funde stammen aus dem Alt-Neolithikum.

In Europa wurde sie bis in die Eisenzeit recht wenig angebaut, breitete sich jedoch in vorrömischer Zeit deutlich aus, in Deutschland kommt sie in rund 30 % aller Fundstellen aus dieser Zeit vor. Das Anbaugebiet in Europa umfasste besonders Mittel-, Nord- und Osteuropa. In den ersten drei nachchristlichen Jahrhunderten wurde die Rispenhirse teilweise durch die Gerste verdrängt.

Die Römer nannten die Rispenhirse milium und verwendeten sie zu Brot und Brei

Im Mittelalter war sie in Mitteleuropa ein wichtiges Nahrungsmittel und galt als das Brot des armen Mannes. Der Schwerpunkt verlagerte sich jedoch Richtung Osteuropa. Sie wurde nur als Brei gegessen, da es keine kleberhaltigen Sorten gab. Sie wurde in Mitteleuropa später von der Kartoffel weitgehend verdrängt, in Südeuropa vom Mais. Der Anbau wurde in sandigen Gebieten bis Anfang des 20. Jahrhunderts betrieben, so etwa in Pommern, Posen, Thüringen, Brandenburg, in den unteren Donauländern und im südlichen Russland. In Österreich wird sie zur Vogelfutterproduktion angebaut, teilweise auch wieder als Getreide.

Belege

  • H. J. Conert: Pareys Gräserbuch. Die Gräser Deutschlands erkennen und bestimmen. Blackwell Wissenschafts-Verlag, Berlin, Wien 2000, S. 428. ISBN 3-8263-3327-6
  • Siegmund Seybold (Hrsg.): Schmeil-Fitschen interaktiv (CD-Rom), Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2001/2002, ISBN 3-494-01327-6
  • Udelgard Körber-Grohne: Nutzpflanzen in Deutschland von der Vorgeschichte bis heute. Theiss, Stuttgart 1995 (Nachdruck ISBN 3-933203-40-6) (Geschichte)

Einzelnachweise

  1. a b c d Gunther Franke (Hg.): Nutzpflanzen der Tropen und Subtropen. Band 2: Spezieller Pflanzenbau. Ulmer, Stuttgart 1994, S. 107f. ISBN 3-8252-1768-X
  2. Udelgard Körber-Grohne: Nutzpflanzen in Deutschland von der Vorgeschichte bis heute. Theiss, Stuttgart 1995, S. 330-339 (Nachdruck ISBN 3-933203-40-6).
  3. Wolfgang Franke: Nutzpflanzenkunde. Nutzbare Gewächse der gemäßigten Breiten, Subtropen, und Tropen. 4. Auflage, Thieme, Stuttgart 1989, S. 101. ISBN 3135304043

Weblinks


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