Paul Ritter Vitezovic

Paul Ritter Vitezovic
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Paul Ritter, genannt Vitezović (* 1650 in Zengg (Senj); † 17. Dezember 1713 in Wien) war ein kroatischer Schriftsteller. Vitezović ist nur die kroatische Übersetzung des Namens Ritter.

Pauls Vater war k. Beamter; Paul wurde in Belgien erzogen, wie er dahin kam, wird von seinem Biographen nicht mitgeteilt, aber von dort brachte er Geschmack an Wissenschaft nach Kroatien, das damals durch viele Priester und Mönche weiter verbreitet wurde.

Im Jahre 1681 erschien R. als Deputierter seiner Vaterstadt Zengg (heute Senj) auf dem ungarischen Reichstag, der damals in Ödenburg (Sopron) stattfand, und in den zwei folgenden Jahren begab er sich als Abgesandter der Stadt Zengg an den kaiserlichen Hof nach Wien. Sein Auftreten selbst wird folgendermaßen geschildert und charakterisiert: „Um in seinem Vaterland seine literarisch-politischen Zwecke besser verfolgen zu können, musste er seinen wahren Vorsatz anfangs unter der Maske literarischer Scharlatanerie verstecken. Da er sah, dass der Familienstolz sehr weit ausgebreitet war, fing er mit der Heraldik an und stellte Stammbäume zusammen, aus etymologischer Wortdeutung, aus der Poesie und Redekunst. Als er mit diesen rhetorischen Fähigkeiten die interessierten Familien aufmerksam gemacht und an sich gefesselt hat und es daraufhin zu scharfen juristischen Beweisen kommen sollte, so ließ er sich die Archive zeigen, brachte dieselben in Ordnung und machte sich Notizen. Besonders beliebt machte er sich in Wien durch Lobgedichte und Anagramme auf den Kaiser und seine Minister, und so gewann er auch die Gunst des einflussreichen Bischofs Ladislaus Grafen Kollonitsch.“

Nach längerem Aufenthalt in Wien kehrte er in das Königreich Ungarn zurück, wo er sich ein Haus und das Gut Šćitarjevo kaufte, aber von Zeit zu Zeit in Privatgeschäften als Vertreter Anderer nach Wien reiste. Im Jahre 1687, zur Zeit des Pressburger Reichstages, wohnte er der Krönung Josephs I. bei und wurde selbst zum Ritter vom goldenen Sporn geschlagen; im Jahre 1691 wurde er Vizegespan der Lika und Krbava, dann königlicher Rat und zuletzt Freiherr.

Er überredete die Stände der drei Reiche zur Errichtung einer Druckerei in Agram (Zagreb). Unter Kaiser Leopold I. erhielt er den Auftrag zu Nachforschungen in den Archiven nach allem, was zum Erweis der Rechte des ungarischen Reiches auf die illyrischen Länder dienlich wäre. Aber so schnell, wie sein Glücksstern aufgestiegen war, ebenso schnell begann er zu sinken. Die Ursachen, die diesen plötzlichen Glückswechsel hinreichend erklären, sind nicht bekannt. Kurz, sobald Kaiser Leopold I. gestorben war (am 5. Mai 1705), brachen die Unwetter über den bisher Begünstigten los, er musste Haus und Gut in Kroatien verkaufen und das Land verlassen. Indem er in Wien Zuflucht vor seinen Verfolgern suchte, hatte ihn dort, bevor er seine Geschäfte in Ordnung bringen konnte, der Tod ereilt (wie Kercelić berichtet, „prius finem vitae quam negotiorum suorum sortitus“.) Die nächsten Ursachen dieses auffälligen Glückwechsels sind in den Umtrieben des Adels und der Geistlichkeit zu suchen. Sein Verhältnis zum Hofe und zu den Würdenträgern der Krone wurde von den Wortführern und dem Adel im Lande mit scheelen Blicken betrachtet; seine Aufklärungsversuche, insbesondere aber die Errichtung einer Druckerei in Agram, die Ausübung der Schriftstellerei in der Nationalsprache der Weltlichen, welches Befugnis die Mönche und Priester als ein ihnen allein zustehendes ansahen, ferner die Ausdehnung der Literatur auf profane Gegenstände, in einem Lande, in welchem die Geistlichkeit sich ihren wissenschaftlichen Nimbus nicht so leicht rauben ließ, machten ihm die im Lande herrschende geistliche Partei zum Widersacher, wozu noch manch anderes gekommen sein mag, was nicht geeignet war, sein Ansehen zu stärken und den offenen und heimlichen Angriffen seiner Widersacher energisch zu begegnen.

Eine vollständige Übersicht seiner Schriften findet sich in den in den Quellen angeführten Werken von Engel, Pavel Jozef Šafárik und im „Catalogus Bibliothecae hungaricae Francisci com. Széchényi“, Bd. II, S. 259. Ritter schrieb in kroatischer und lateinischer Sprache. Die Titel seiner wichtigeren Schriften, und zwar der kroatischen, lauten:

  • „Oddilenye Szigetsko“, d. i. die Erstürmung von Sziget (erste Ausgabe Wien 1684; 2. Ausg. ebd. 1685; 3. Ausg. vermehrt mit der Biographie Nikolaus Zrinyis, herausgegeben von Prof. Monjes, Agram 1836, Zupan 8°.);
  • „Kalendarium aliti misečnik hervatski za leto 1695“, d. i. Kalender oder croatisches Zeitbuch auf das Jahr 1695 (Agram 1695, 4°.), herausgegeben unter dem Pseudonym Ljubmir Zelenlugović;
  • „Prirečnik aliti razlike mudrosti cvetje“, d. i. Spruchbuch oder einige Sprüche der Weisheit (Agram 1703, 12°.);
  • „Kronika aliti spomen svega svieta vikov“, d. i. Chronik oder Geschichte der Jahrhunderte (1. Ausg. Agram 1696; 2. Ausg. ebd. 1744; 3. Ausg. ebd. 1762. 4°.) (vergleiche über diese später von Stephan Rafflay [B. XXIV, S. 223, Nr. 2], von Nikolaus Laurenchich und Balthasar Adam Kercelich [Bd. XI, S. 171] fortgesetzte Chronik das, was Šafaříks, von Jireček herausgegebene „Geschichte der südslavischen Literatur, II. Croatisches und illyrisches Schriftthum, S. 336 und 337, darüber enthält);
  • „Lado horvacki iliti Sibilla zverka mnejia …“, d. i. Croatische Sybille (1. Ausg. (?); 2. Ausg. Agram 1783; 3. Ausg. ebd. 1801; 4. Ausg. ebd. 1837, 4°.), ein gesellschaftliches Spiel mit Wahrsagereien; ob dieses von Ritter ursprünglich in primorischer Mundart verfasste Büchlein noch bei seinen Lebzeiten erschienen, ist nicht bekannt, die Ausgaben der Jahre 1783 u. d. f. sind von einem Ungenannten croatisirt;
  • in Handschrift hinterließ Ritter in croatischer Sprache eine Grammatica croatica und ein Lexicon latino illyricum, wo erstere sich jetzt befindet, ist nicht bekannt, letztere wird in der bischöflichen Bibliothek zu Agram aufbewahrt;

Ritter Schriften in lateinischer Sprache lauten:

  • „Stemmatographia sive Armorum Illyricorum delineatio descriptio et restitutio“. Cum icon. (s. 1. eta. 4°.);
  • „Stemmatographiae Illyricanae liber I. Editio nova auctior“ (Zagrabiae 1702, 4°.);
  • „Croatia rediviva regnante Leopoldo M. Caesare deducta“ (ibid. 1700, 4°.), die Einleitung eines größeren Werkes, das nach dem Catalogus Bibliothecae Széchénianae sich in Handschrift befinden soll;
  • „Plorantis Croatiae Secula duo carmine descripta“ (Zagrabiae 1703, 4°.);
  • „Ungaria pullata ad manes Josephi I. regis sui occinens etc.“ (s. l. 1711, 4°.);
  • „Bosna captiva, sive Regnum et interitus Stephani ultimi Bosniae regis (anno 1463, cum Glossario)“ (Tyrnaviae 1712, 4°.);
  • „Fata et Vota sive Opera Anagrammaton. Partes duae“ (s. l. et a., 8°.)

Ritters literarische Wirksamkeit bestand angeblich nicht gerade aus Gründlichkeit und Verlässlichkeit; er war wohl ein fleißiger und unermüdlicher Sammler von Materialien, die er aber mehr zu persönlichen Zwecken ausbeutete, als für die Wissenschaft. Überdies war er ein Patriot, der sich vornehmlich um die Förderung seiner Muttersprache, sowie durch die erwähnte Errichtung der Druckerei ein um so größeres Verdienst erwarb, als er in dieser Beziehung manche Hindernisse zu beseitigen und mit mönchischem Zelotismus der gröbsten Art zu kämpfen hatte.

Vieles ist noch nicht aufgeklärt im Leben dieses Mannes, der in seiner Zeit eine bedeutende Rolle gespielt und wohl ein Opfer ebenso seines ungebändigten Ehrgeizes, wie fremder rücksichtsloser Kabalen geworden ist.

Literatur

  • Pavel Jozef Šafárik: Geschichte der südslavischen Literatur. Aus dessen handschriftlichem Nachlasse herausgegeben von Jos. Jireček (Prag 1865, Friedr. Tempsky, 8°.) II. Illyrisches und croatisches Schriftthum, S. 307, 312, 326, 227, 334, 336, 341.
  • Franz Sartori, historisch-ethnographische Uebersicht der wissenschaftlichen Cultur, Geistesthätigkeit und Literatur des österreichischen Kaiserstaates u. s. w. (Wien 1830, Carl Herold, 8°.) I. (u. einziger) Theil, S. 94.
  • Johann Christian Engel, Geschichte des ungarischen Reichs und seiner Nebenländer (Halle 1797 u. f., 4°.) Theil I, S. 288-290; Theil II, S. 146, 155-157.
  • Gliubich de Città vecchia (Simeone Abb.), Dizzionario biografico degli uomini illustri della Dalmazia (Vienna e Zara 1856, 8°.) p. 268.
  • Constantin Wurzbach: Ritter, Paul. In: Biographisches Lexikon des Kaisertums Österreich Bd. 26, Wien 1874, 189–192.



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