Pausanias (Geograph)

Pausanias (Geograph)

Pausanias (zur Unterscheidung von anderen Trägern des Namens mitunter Pausanias Periegetes „der Perieget“ genannt; * um 115 n. Chr. in Kleinasien; † um 180 n. Chr.) war ein griechischer Schriftsteller und Geograph, wird aber aufgrund vieler entsprechender Informationen auch zu den Historikern gerechnet.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Das Wenige, das über das Leben des Pausanias ausgesagt werden kann, muss seinem Werk entnommen werden. Sowohl Geburtsjahr als auch Todesjahr sind unbekannt. Aus wenigen Andeutungen ist zu schließen, dass er in Kleinasien um 115 n. Chr. geboren wurde, wahrscheinlich in der Gegend des Sipylosgebirges, eine Gegend, die er „seine eigene“ nennt. Seine sehr gute und umfangreiche Bildung (paideia) kann er folglich eigentlich nur in Magnesia am Sipylos erhalten haben. Außerdem entstammte er wohl einer vermögenden Familie, da er sich seine ausgedehnte Reisetätigkeit in jungen Jahren leisten konnte. Seinem Werk nach zu urteilen, vor allem an den Stellen, bei denen er auf seine Augenzeugenschaft hinweist, scheint er nicht nur ganz Griechenland und Westkleinasien, sondern auch Galatien und das südliche Kleinasien bereist zu haben. Des weiteren kam er bis zum Euphrat, durch Syrien und Palästina. In Ägypten kam er südlich bis Theben. Darüber hinaus kannte er Rom, Kampanien und Süditalien aus eigener Anschauung. Zeitpunkt und Reihenfolgen der einzelnen Reisen sind ebenso unbekannt wie der Ort, an dem er wohl kurz vor 180 n. Chr. verstarb.

Werk

Erhalten ist seine Beschreibung Griechenlands Ἑλλάδος Περιήγησις (Helládos Periēgēsis) in zehn Büchern. Allerdings gibt es Hinweise auf ein weiteres Buch. Das erste Buch entstand offenbar um 160 n. Chr., das zehnte Buch gegen 175 n. Chr. – ob es eine abschließende Endredaktion aller zehn Bücher gab und ob das zehnte das jüngste war, ist umstritten. In Buch I behandelt Pausanias Athen, Attika und das Gebiet von Megara; dem Gebiet von Korinth und der Argolis sowie der Insel Ägina ist Buch II gewidmet; Buch III beschreibt Lakonien; Buch IV Messenien; Buch V und Buch VI sind Elis und einer ausführlichen Beschreibung Olympias gewidmet; Buch VII behandelt Achaia; Buch VIII Arkadien; Buch IX Böotien; Buch X behandelt Phokis unter Einschluss von Delphi und zum Teil Lokris.

Offenkundig hatte Pausanias vor allem gebildete römische Leser vor Augen. Allerdings erreichte Pausanias in der Antike zunächst kein großes Publikum. Erst in der ausgehenden Spätantike, in frühjustinianischer Zeit, also um 530 n. Chr., zitiert ihn Stephanos von Byzanz, der sich für die von Pausanias beschriebenen griechischen Städte interessiert. Aus dem 15. Jahrhundert stammt die älteste erhaltene Handschrift des Werkes.

Pausanias’ Darstellung stützt sich sowohl auf seine eigenen Anschauungen und Beobachtungen vor Ort (Autopsie) als auch auf die Studien von zahlreichen älteren antiken Autoren. Pausanias trug mit seinen Schriften wesentlich zu unserem Bild des antiken Griechenlands bei.

Er beschreibt nicht nur die Landschaft sehr genau, indem er teils sogar die Beschaffenheit der Böden charakterisiert und recht genaue Wegbeschreibungen liefert, sondern auch jegliche Arten von Bauwerken, angefangen mit Tempelanlagen bis hin zu Stadtmauern und Friedhöfen. All dies stellt er für seine Leser möglichst plastisch dar, allerdings nicht immer ganz korrekt oder gar vollständig.

Rezeptionsgeschichte

Zu seiner Zeit wie auch später war Pausanias keineswegs der anerkannte Name, der er heute ist. Er war keiner der gefeierten Schriftsteller seiner Zeit. Darum ging es ihm aber wohl auch nicht, sondern um eine möglichst zutreffende Beschreibung des von ihm Gesehenen für andere gebildete Reisende. Noch im 19. Jahrhundert zweifelte etwa kein Geringerer als der berühmte Altphilologe Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff – der der Legende nach schlechte Erfahrungen gemacht haben soll bei dem Versuch, Pausanias als Reiseführer zu benutzen – die Glaubwürdigkeit von Pausanias an. Er ging davon aus, dass Pausanias gar nichts selbst gesehen, sondern nur von älteren Quellen Überliefertes zitiert habe. Heute besteht jedoch trotz mancher Fehler kein Zweifel mehr an der Authentizität der meisten Beschreibungen des Pausanias. Namentlich die Archäologie hat im wesentlichen die überwiegende Richtigkeit der Beschreibungen aufgrund der entsprechenden Ausgrabungen festgestellt.

Da mittlerweile vieles von dem, was Pausanias detailliert beschrieben hat, zerstört, verschüttet oder vergessen ist, ist sein Werk nach wie vor ein wichtiges Hilfsmittel für die Archäologie. Mit Hilfe seiner Darstellung wurden und werden nicht selten interessante Überreste ‚wiederentdeckt‘; zugleich aber sind auch einige eindeutige Irrtümer des antiken Autors aufgedeckt worden, die zu einer gewissen Vorsicht bei der Auswertung seines Werkes raten lassen. Auch ist Pausanias’ Beschreibung hilfreich, um sich anhand einiger gefundener und ausgegrabener Ruinen ein Gesamtbild von bestimmten Städten oder Tempelanlagen zu machen.

Unschätzbaren Wert haben seine zehn Bücher auch für die Kunstgeschichte, da er viel Mühe darauf verwandte, Statuen und Bilder möglichst detailgetreu zu beschreiben. Auch wenn seine Authentizität oft bestritten wurde, so kommt man doch letztlich nicht umhin, seine Autorität anerkennen zu müssen. Beispielsweise bei dem Hermes von Olympia des Praxiteles, den er beschreibt, wissen wir durch seine Schilderungen, dass der 1877 im Heratempel von Olympia gefundene Hermes sich dort am ursprünglichen Aufstellungsort befand.

Sein Werk bedeutet auch im Hinblick auf ansonsten verloren gegangene antike Autoren eine wahre Schatztruhe, da er vielfach seine literarischen Vorgänger und Zeitgenossen zitiert.

Ebenso ist seine Darstellung für die Bereiche der Sozialwissenschaft wichtig, da er den Lebensstil der damaligen Griechen nicht unerwähnt lässt. So wissen wir dank ihm, dass im 2. Jahrhundert noch der Wildpark bestand, den Xenophon auf seinem Landgut Skillous bei Olympia anlegte, nachdem er auf dem Zug der Zehntausend die persischen Königsgärten kennen gelernt hatte.

Auch für die Religionswissenschaft und die Mythologieforschung liefert sein Werk wichtige Anhaltspunkte, da Pausanias sehr oft lokale Mythen und Göttersagen wiedergibt.

Literatur

  • Christian Habicht: Pausanias und seine „Beschreibung Griechenlands“. Beck, München 1985, ISBN 3-406-30829-5.
  • Maria Pretzler: Pausanias. Travel Writing in Ancient Greece. Duckworth, London 2007, ISBN 978-0-7156-3496-7 (Classical literature and society).

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Pausanias (Geograf) — Pausanias (zur Unterscheidung von anderen Trägern des Namens mitunter Pausanias Periegetes „der Perieget“ genannt; * um 115 n. Chr. in Kleinasien; † um 180 n. Chr.) war ein griechischer Schriftsteller und Geograph, wird aber aufgrund vieler… …   Deutsch Wikipedia

  • Pausanias Periegetes — Pausanias (zur Unterscheidung von anderen Trägern des Namens mitunter Pausanias Periegetes „der Perieget“ genannt; * um 115 n. Chr. in Kleinasien; † um 180 n. Chr.) war ein griechischer Schriftsteller und Geograph, wird aber aufgrund vieler… …   Deutsch Wikipedia

  • Pausanias — (griechisch Παυσανίας; zur Unterscheidung von anderen Trägern des Namens mitunter Pausanias Periegetes „der Perieget“ genannt; * um 115 n. Chr. in Kleinasien; † um 180 n. Chr.) war ein griechischer Schriftsteller und Geograph, wird aber… …   Deutsch Wikipedia

  • Pausanias [2] — Pausanĭas, griech. Geschichtschreiber und Geograph, aus Magnesia in Kleinasien, schrieb zwischen 160 und 180 n. Chr. einen Reisebericht über Griechenland (»Periegesis«, hg. von Spiro 1893, Hitzig und Blümner, 1896 fg., und Frazer, 6 Bde., 1898;… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Liste der Biografien/Pas–Paz — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Strabo — Strabon Geographe (Gravur von André Thevet; Illustration im Buch Les vrais pourtraits et vies des hommes, Paris 1584) Strabon (* etwa 63 v. Chr. in Amaseia in Pontos, † nach 23 n. Chr.), altgr. Στράβων, lateinisch Strabo („der …   Deutsch Wikipedia

  • Hyperborea — Weltkarte nach Herodot. Rechts oben sind die Länder der Issedonen und Arimaspen, dahinter im äußersten Nordosten die Hyperboreer. Hyperborea (griechisch Ὑπερβορέα „jenseits des Nördlichen“, Boreas war der Gott des Nordwinds) ist ein… …   Deutsch Wikipedia

  • Phormion (Stratege) — Phormion (gr. Φορμίων; † um 428 v. Chr.), der Sohn des Asopios (auch: Asopichos), war ein athenischer Stratege (Militärbefehlshaber) zur Zeit des Perikles und in den Anfangsjahren des Peloponnesischen Krieges. Der antike Schriftsteller und… …   Deutsch Wikipedia

  • Chronologische Liste der griechisch-sprachigen Geschichtsschreiber — Inhaltsverzeichnis 1 Vorläufer: „Logographen“ 2 Griechische Klassik (500–336 v. Chr.) 3 Hellenismus (336–30 v. Chr.) 4 Römisches Imperium (30 v. Chr.–300 n. Chr.)[1] 5 …   Deutsch Wikipedia

  • Chronologische Liste der griechischsprachigen Geschichtsschreiber der Antike — Inhaltsverzeichnis 1 Vorläufer: „Logographen“ 2 Griechische Klassik (500–336 v. Chr.) 3 Hellenismus (336–30 v. Chr.) 4 Römisches Imperium (30 v. Chr.–300 n. Chr.)[1] 5 …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”