Peel Session

Peel Session

John Peel (* 30. August 1939 in Heswall, Großbritannien; † 25. Oktober 2004 in Cuzco, Peru; bürgerlich John Robert Parker Ravenscroft, OBE) war ein britischer Radio-Moderator und DJ. Bei BBC Radio 1 von 1967 bis zu seinem Tode 2004 tätig, war er dort der dienstälteste DJ.

Inhaltsverzeichnis

Bedeutung

Peel galt als einer der einflussreichsten Experten für Popmusik. Seine Radiosendungen, die eine seltene Vielfalt von Rock über Metal und Folklore bis Techno boten, wurden in zahlreichen Ländern ausgestrahlt.

Studio im BBC Broadcasting House

John Peels Konzept lautete: „A balance between things that you know people will like and things that you think people will like.“ (Eine Balance zwischen Stücken, von denen man weiß, dass die Leute sie mögen werden, und Stücken, von denen man denkt, dass die Leute sie mögen werden). Es gelang ihm immer wieder, neue Talente und Musikrichtungen zu entdecken und sie als erster in englischen und international ausgestrahlten Sendungen zu spielen, bekannt zu machen und damit neue Trends, vor allem im Independentbereich, auszulösen.

In Deutschland konnte seine Sendung John Peel’s Music on BFBS dreißig Jahre lang auf dem britischen Soldatensender BFBS Radio 1 im norddeutschen Raum (insbesondere Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bremen, Hamburg) und in Berlin empfangen werden, was ihm viele Anhänger brachte. Zeitweise wurde John Peel’s Music auch von Radio Bremen 4 und DT64 ausgestrahlt. In Österreich war John Peel von 1989 bis 1994 monatlich im "Ö3-Nachtexpress" zu hören.

Peels Ohr für extreme und dabei hochqualitative Musik gilt im Radio als bisher einzigartig, verbunden mit dem Verständnis seines Arbeitgebers BBC für diese „Minderheitensendungen“. Das wusste auch Peel zu schätzen, der in einem Interview sagte: All of the time I have been working there they never attempted to interfere with the musical content of the programme. (In der ganzen Zeit, in der ich bei der BBC gearbeitet habe, haben sie nie versucht, in das Musikprogramm einzugreifen.)

Leben

Die Anfänge

John Peel wurde in dem Dorf Heswall bei Liverpool geboren und besuchte die Schule in Shrewsbury. Nach Ende seines Militärdienstes ging er 1962 in die USA, wo er anfangs beim Radiosender WRR in Dallas als Aushilfe arbeitete. Sein nordenglischer Akzent machte ihn zu einer Zeit, in der der Erfolg britischer Bands in den USA gerade begann, zu einem „Beatles-Experten“ mit eigener Sendung. Später arbeitete er für die Sender KOMA in Oklahoma City und für KMEN im kalifornischen San Bernardino. Im Frühjahr 1967 kehrte er wegen Problemen mit den US-Behörden und den Mediengewerkschaften nach England zurück, wo er für den Piratensender Wonderful Radio London (genannt Big L) arbeitete und die Sendung The Perfumed Garden moderierte. In dieser Zeit nahm er das Pseudonym John Peel an. Als im August 1967 die Piratensender verboten wurden, wurde Peel von der BBC unter Vertrag genommen und begann für den neu gegründeten Popsender BBC Radio 1 zu arbeiten.

1969 gründete Peel Dandelion Records, um das Debüt-Album von Bridget St John zu veröffentlichen. Insgesamt erschienen in den drei Jahren seiner Existenz auf dem Label 27 Alben von 18 verschiedenen Künstlern, darunter Medicine Head und Kevin Coyne. In einer seiner Sendungen erzählte Peel, dass er kurz davor gestanden hatte, Black Sabbath unter Vertrag zu nehmen, und er fragte sich, wie sein Leben wohl dann verlaufen wäre.

Peel Acres

Radio-DJ

Peels Sendung bei der BBC hieß zuerst Top Gear (später: John Peel) und spiegelte von Anfang an seinen eigenen Geschmack wider. In den folgenden Jahren war er es, der als Erster die Musikbewegungen Punk, Reggae und Hip-Hop über Radiofrequenzen verbreitete. Ende der 1970er Jahre wurde die Band The Fall seine Lieblingsband, der er bis zu seinem Tod treu blieb. In späteren Jahren wurde seine Sendung oft aus seinem Landhaus in Suffolk übertragen, wo er sich ein Studio eingerichtet hatte. Dies führte dazu, dass man gelegentlich Außengeräusche hören konnte, die er stets in die Sendung mit einband und kommentierte.

Ebenfalls charakteristisch für seine Sendungen waren kurze Ansagen: Interpret, Titel, kurzer Kommentar und knallharte Wechsel von Musikrichtungen. John Peels Auswahl war dennoch stimmig.

Trotz seiner über vierzigjährigen Radiolaufbahn ließ sein Interesse für neue, qualitative Musik nie nach, sondern wuchs noch über die Jahre. Durch die Ausstrahlung auf BBC World Service und BFBS bekam er aus aller Welt Unmengen an Demotapes und Platten (zirka 250 pro Woche) zugeschickt - viel mehr als er auch nur hätte anspielen können. Viele Bands erhofften sich, von ihm entdeckt und durch Ausstrahlung in seinen Sendungen geadelt zu werden. Etwa 85 Prozent der von ihm gespielten Musik war zuvor noch nie im Radio zu hören gewesen.

Ein wichtiger Teil von Peels Sendung waren die Peel Sessions, für die er an die 4.000[1] mal Bands ins Studio einlud, um ohne aufwändige Produktion in kurzer Zeit live die Stücke einzuspielen. Viele Peel Sessions wurden als Tonträger veröffentlicht. Die erste Session spielte am 21. September 1967 die Gruppe Tomorrow, die zweite Session eine Woche später spielte Pink Floyd. Auf die höchsten Zahlen an Peel Sessions brachten es The Fall (32 Mal) und seine deutsche Lieblingsband FSK. FSK spielten noch nach seinem Tode am 10. November 2004 die letzte Session ein. Für die Veröffentlichung ausgewählter Sessions gründete Peel 1986 das Independent-Label Strange Fruit Records.

Regelmäßig spielte Peel auch alte Aufnahmen in seiner Sendung, womit er viel zur Wiederentdeckung von Bands und Interpreten aus den 1940er, 1950er und 1960er Jahren beitrug. Der Anlass war meist die Wiederveröffentlichung im Rahmen von Compilations.

Er produzierte exklusiv Programme für viele Radiostationen, unter anderem für BBC World Service, VPRO Radio3 in den Niederlanden, die Hansawelle und Radio Bremen 2 (ab 1985), Radio Bremen Vier (ab 1987) sowie später auch Radio Eins in Deutschland, Ö3 (Österreich) und Radio Mafia, Helsinki (Finnland).

Seine Sendungen bei BBC Radio 1 waren weltweit auch im Internet zu hören. Durch die Sendungen auf BBC World Service erreichte er über das normale Radio Hörer in aller Welt und generierte eine weltumspannende Fangemeinde.

Heimstudio Peel Acres

Seit 1998 moderierte er neben drei wöchentlichen Sendungen auf BBC Radio 1 zusätzlich die Magazinsendung Home Truths auf BBC Radio 4, die sich mit Gesellschaftsthemen beschäftigte.

Zuletzt trat er beruflich etwas kürzer, gab beispielsweise die für Radio Eins exklusiv produzierte Sendung ab, um seine Memoiren zu schreiben, die 2005 posthum erschienen.

Wirkung

John Peel hat viele ganz unterschiedliche Bands und Musikrichtungen gefördert. Zu den Künstlern und Bands, die ihm viel zu verdanken haben, gehören unter anderem Atari Teenage Riot, Aphex Twin, Bolt Thrower, Marc Bolan, David Bowie, Carcass, The Clash, The Cure, The Fall, FSK, Joy Division, Half Man Half Biscuit, Killing Joke, Laibach, Napalm Death, New Order, New Model Army, Nirvana, Pink Floyd, P J Harvey, Pulp, Roxy Music, Sex Pistols, The Smiths, The Sugarcubes und Björk, Rod Stewart, T. Rex, U2, The Undertones, The Velvet Underground, The Wedding Present, The Shins sowie The White Stripes.

Andy Parfitt, Chef von BBC Radio 1, würdigte Peel mit folgenden Worten: "Johns Einfluss hat die Entwicklung der Popmusik nahezu vier Jahrzehnte lang überragt. Sein Beitrag zur modernen Musik und zur Musikkultur ist unermesslich". [2]

Peels Förderung von extremer Musik in jeglicher Form begründet seinen bis heute anhaltenden Ruhm in der Indie-, Metal- und elektronischen Musikszene.

Auszeichnungen

Von den Lesern des Melody Maker wurde Peel elfmal zum DJ des Jahres gewählt. 1993 war er Sony Broadcaster of the Year. Im selben Jahr verlieh ihm der NME den Godlike Genius Award, und 2002 erhielt er den Sony Gold Award. Peel war außerdem Mitglied der Radio Academy Hall of Fame. Neben mehreren Ehrendoktortiteln wurde ihm 1998 auch der Order of the British Empire für seine Verdienste um die britische Musik verliehen.

Tod und Reaktionen

John Peel erlag am 25. Oktober 2004 im Alter von 65 Jahren während eines Urlaubs im peruanischen Cuzco einem Herzinfarkt. Er hinterließ seine Ehefrau Sheila und vier Kinder.

Peels stetige Lieblingssingle war „Teenage Kicks“ von The Undertones. Peel hatte 2001 im Interview mit der britischen Zeitung The Guardian [3] verlautet, dass auf seinem Grabstein neben seinem Namen nur die Textzeile „Teenage Dreams, So Hard To Beat“ aus diesem Song stehen solle. John Peel wurde am 12. November 2004 in Bury Saint Edmunds in Suffolk beigesetzt. Mehrere tausend Menschen, BBC-Kollegen und viele von ihm geförderte Musiker waren zuvor zum öffentlichen Gottesdienst gekommen, um Abschied zu nehmen.

Am 16. Dezember 2004 wurde sein Schaffen durch eine sechsstündige Tribute Show („Keep It Peel“) [4] gewürdigt, die live aus den Maida Vale Studios der BBC in London in mehr als zehn angeschlossene europäische Funkhäuser übertragen wurde. Für Deutschland wurde die Sendung von Radio Eins übertragen.

John Peels Sendung wurde zuerst allein von DJ Rob Da Bank übernommen, der Peel schon im Urlaub vertreten hatte. Später wurde Peels alter Sendeplatz in „One Music“ umbenannt, den neben Rob Da Bank (donnerstags) die DJs Huw Stephens (dienstags) und Ras Kwame (mittwochs) übernommen haben. 2005 rief die BBC den 13. Oktober 2005 zum ersten internationalen „John-Peel-Day“ aus und forderte seine Fans in aller Welt auf, Veranstaltungen in seinem Gedenken zu organisieren. Dieser Tag soll von nun an jeden zweiten Donnerstag im Oktober gefeiert werden, um an Peels letzte Sendung am 14. Oktober 2004 zu erinnern.[5]

Am 17. Oktober 2005 erschien die von Peel begonnene und von seiner Frau Sheila, seinen Kindern und dem Journalisten Ryan Gilbey vollendete Autobiografie Margrave Of The Marshes.

Primärliteratur

  • John Peel/Sheila Ravenscroft: Margrave of the Marshes. Bantam Press, 2005. ISBN 0-552-55119-8
    • John Peel/Sheila Ravenscroft, Christoph Hahn (Übersetzer): John Peel. Memoiren des einflussreichsten DJs der Welt. München: Rogner & Bernhard, 2006. ISBN 3-8077-1021-3 (480 Seiten; Übersetzung von Margrave of the Marshes)
  • John Peel: The Olivetti Chronicles. Kolumnen für The Observer, Sounds, The Guardian u.a., ausgewählt von seiner Frau Sheila und seinen Kindern. Bantam Press 2008. ISBN 9780593060612

Sekundärliteratur

  • Oliver Zöllner: John Peel. Nachruf in: Rundfunk und Geschichte, Jg. 30, Nr. 3/4 (Oktober 2004), S. 128 f.
  • Michael Heatley: John Peel. A Life in Music. O'Mara Books Ltd, 2004. ISBN 1-84317-157-0

Einzelnachweise

  1. http://www.bbc.co.uk/radio1/johnpeel/sessions/
  2. http://news.bbc.co.uk/1/hi/entertainment/tv_and_radio/3955289.stm
  3. http://www.guardian.co.uk/arts/news/story/0,11711,1336872,00.html
  4. http://www.bbc.co.uk/radio1/alt/johnpeel/keepitpeel/
  5. For the Record, The Observer 23. Oktober 2005.

Weblinks


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