- Pentagonpapiere
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Die Pentagon-Papiere (englisch: Pentagon Papers) waren ein streng geheimes Dokument des US-Verteidigungsministeriums. Dessen Veröffentlichung 1971 deckte eine bewusste falsche Darstellung der Ereignisse während des Vietnamkrieges auf und führte indirekt zu dessen Ende.
Das 7.000-seitige Dokument wurde im Sommer 1971 von einem hochrangigen Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums, Daniel Ellsberg, gestohlen und – nach Versuchen der US-Regierung, die Pressefreiheit einzuschränken – von der New York Times und der Washington Post in Teilen publiziert. Vollständig wurden sie nie veröffentlicht; sie liegen mit Geheimvermerk hinter verschlossenen Türen im Lyndon Baines Johnson Library and Museum.
Die Papiere deckten auf, dass bereits beweisbar Kriegsvorbereitungen getroffen wurden, obwohl US-Präsident Johnson behauptete, nicht in Vietnam intervenieren zu wollen. Außerdem sollte der Vietnamkrieg, trotz großer Verluste auf amerikanischer Seite, weitergeführt werden.
Die Pentagon-Papiere selbst wurden im Auftrag des damaligen Verteidigungsministers Robert McNamara erstellt. Ziel war die Entwicklung hin zum Indochina-Krieg aus politischer und militärischer Sicht zu dokumentieren. Der offizielle Titel des Berichtes lautete „History of US Decision-Making Process of Vietnam Policy“. Autoren des Berichts, Mitarbeiter des Pentagons, des State Department und des Weißen Hauses, bleiben anonym.
Als die New York Times am 13. Juni 1971 begann, die Geschichte zu drucken, versuchte die neu gewählte US-Regierung unter Nixon mit allen Mitteln, eine weitere Veröffentlichung zu verhindern. Zu seinem Berater Kissinger soll Nixon gesagt haben: “Let’s get the son-of-a-bitch in jail!” („Bringt diesen Mistkerl [Anm.: gemeint ist Daniel Ellsberg] hinter Gitter!“).
Einen Tag später besprachen Nixon und Justizminister John Mitchell das weitere Vorgehen und kamen zu dem Ergebnis, vor einem Bundesgericht Klage gegen die New York Times zu erheben. Aus „Gründen der nationalen Sicherheit“ sollte eine weitere Veröffentlichung der Dokumente verhindert werden.
Am 18. Juni begann, auf Drängen Ellsbergs, die Washington Post ebenfalls mit einer Publikation der Papiere. Auch diese Veröffentlichung sollte nach einem Anruf William Rehnquists, des stellvertretenden Justizministers, verhindert werden. Jedoch verweigerte dies die Washington Post konsequent, so dass beide Gerichtsverhandlungen schließlich vor dem Obersten Gerichtshof der USA verhandelt wurden. In einer 6:3-Entscheidung wurden die Veröffentlichungsverbote als nicht verfassungsgemäß aufgehoben.
Inhaltsverzeichnis
Presse
Die Veröffentlichung der Pentagon-Papiere wurde durch die Weltpresse wie folgt kommentiert:
- „Die von Robert McNamara in Auftrag gegebene geheime Vietnam-Studie ist der Traum eines Historikers und der Alptraum eines Staatsmannes.” Newsweek, New York
- „Nicht wider Willen und schicksalhaft, sondern zielstrebig und provokativ, von Kommunismus-Angst besessen, haben drei Präsidenten der USA ihr Land in den Vietnamkrieg geführt – das wies Amerikas Presse vier Wochen lang durch Auszüge aus der Vietnam-Studie des Pentagon nach.” Spiegel, Hamburg
- „Die New York Times riskiert damit, dass sie die Konsequenzen tragen muss. In jedem Fall wird sie mit den Ehren des Krieges daraus hervorgehen.” Le Monde, Paris
- „ein Beamter oder Journalist der Sowjetunion, der vertrauliche Dokumente der Regierung an die Öffentlichkeit brächte, würde sich eine sehr strenge Strafe zuziehen.” NZZ, Zürich
- „Dann aber, wenn politische Ziele, Sensationslust oder auch nur die Kassa den Blick auf das Gemeinwohl trüben, schaufeln solche Meinungsmacher sich selbst und der Freiheit, die sie fordern, das Grab.” Die Presse, Wien
- „In Amerika wird die Bewältigung der jüngsten Vergangenheit allmählich zur Vollbeschäftigung ...
Der Hochmut, der in den Redaktions- und Studierstuben residiert, verliert jedes Maß und entbehrt aller Fähigkeit zur Selbstkritik, weil er den Korrektiven des demokratischen Prozesses entnommen ist, dem sich die von ihm Angegriffenen unterwerfen müssen ...
Es ist weit gekommen mit dem Missbrauch der Pressefreiheit und mit der Dekadenz des journalistischen Berufsethos, wenn Amerika einflußreichste und geachtetste Tageszeitung in der Verfolgung ihrer politischen Ziele vor dem offenen Geheimnisverrat nicht mehr zurückschreckt ...
Die Verzerrung des Begriffs Pressefreiheit treibt seltsame Blüten. In ihrem Namen darf der Propagandamaschine Moskaus und Hanois Material geliefert werden, das ihre Mühlen schrecklich fein mahlen werden.” Die Welt, Hamburg - „Die sozialistische Literaturzeitung Literaturnaja Gaseta vermutet, dass hinter der Veröffentlichung der Vietnam-Dokumente handfeste Interessen rivalisierender Industrien in den Vereinigten Staaten stehen. Die Wochenzeitung berichtet, die Zeitungen, die Auszüge aus der Vietnam-Studie des Pentagon veröffentlichten, hätten engste Beziehungen zu Konsumgüterindustrie und zur Rüstungsproduktion für strategische Waffen, die beide von der Fortsetzung des Vietnamkrieges nicht profitieren.” AP , Moskau
Literatur
- Neil Sheehan: The Pentagon Papers as published by the New York Times. Deutsche Ausgabe im Droemer Knaur Verlag, ISBN 3-426-00271-X
- Daniel Ellsberg: Secrets: A Memoir of Vietnam and the Pentagon Papers. Viking, 2002, ISBN 0-670-03030-9
Filme
- Die Pentagon-Papiere, USA 2003, Regie: John Holcomb [1]
Weblinks
- Pentagon Papers (englisch)
- Nixon Tapes & Supreme Court Oral Arguments (englisch)
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