Petaurus breviceps

Petaurus breviceps
Kurzkopfgleitbeutler
Ein Kurzkopfgleitbeutler

Ein Kurzkopfgleitbeutler

Systematik
Unterklasse: Beutelsäuger (Metatheria)
Überordnung: Australidelphia
Ordnung: Diprotodontia
Familie: Gleitbeutler (Petauridae)
Gattung: Gleithörnchenbeutler (Petaurus)
Art: Kurzkopfgleitbeutler
Wissenschaftlicher Name
Petaurus breviceps
Waterhouse, 1839

Der Kurzkopfgleitbeutler (Petaurus breviceps) ist eine in Australien und Neuguinea verbreitete Art der Gleitbeutler (Petauridae). In manchen Regionen Australiens zählt er zu den häufigsten Säugetieren überhaupt, wird aber wegen seiner nächtlichen Lebensweise trotzdem nur selten gesehen.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Kurzkopfgleitbeutler erreichen Kopf-Rumpf-Längen zwischen 16 und 21 cm, hinzu kommt noch der Schwanz, der etwa die gleiche Länge besitzt. Ihr Gewicht liegt beim Männchen im Mittel bei 130 g, während das Weibchen mit nur etwa 90 g deutlich leichter ist.

Die Unterseite dieser Gleitbeutler ist hell- bis mittelgrau gefärbt und manchmal gelblich angehaucht; die Oberseite ist grau oder braun. Von der Schnauze über den Scheitel und Rücken bis zur Schwanzbasis führt ein braunschwarzes Band, allerdings gibt es hier zwischen den einzelnen Unterarten gewisse Differenzen. Die Innenseiten der Ohren sowie die Nase sind rosa, die Augen tiefschwarz. Wie bei allen Diprotodontia (die Beutelsäugerordnung, zu denen auch die Gleitbeutler gehören) sind die zweiten und dritten Zehen der Hinterfüße miteinander verwachsen, während die erste Zehe opponierbar und krallenlos ist. Die Vorderbeine haben fünf Finger, wobei der vierte verlängert ist und eine besonders scharfe Kralle trägt, mit der das Tier beispielsweise Insekten unter Baumrinden hervorholt.

Die dünne, behaarte Flugmembran reicht von den Handgelenken bis zu den Knöcheln und hat beim Gleiten eine rechteckige Form. Wenn das Tier auf einem Ast sitzt, wellt sich die Membran und lässt den Gleiter dicklich erscheinen. Der lange, buschige Schwanz ist an der Spitze weißgrau gefärbt und mit durchschnittlich 4 cm langen Haaren besetzt. Er kann nicht als wirkliches Greifwerkzeug benutzt werden, wohl aber als Hilfsmittel beim Einsammeln von Blättern und beim Festhalten an Ästen.

Beide Geschlechter haben eine Sekretdrüse am After, das Männchen hat zwei weitere auf Stirn und Brust, während das Weibchen noch eine Drüse im Beutel trägt, die nur aktiv wird, wenn Junge vorhanden sind, und dann eine bräunliche Flüssigkeit absondert. Der Beutel befindet sich auf der Bauchseite und enthält vier Zitzen.

Wie die meisten nachtaktiven Tiere hat auch der Kurzkopfgleitbeutler ein gutes Gehör sowie einen ausgeprägten Geruchssinn, mit dem er die Mitglieder seiner Gruppe erkennen kann. Er verfügt des Weiteren über gute und leicht herausstehende Augen, die ihm einen relativ guten Rundblick ermöglichen. Zum Tasten benutzt er seine 10 bis 15 weißlichen Vibrissen (Schnurrbarthaare). Zur Kommunikation zwischen Gruppenmitgliedern werden verschiedene kreischende Rufe verwendet. Der Alarmruf ist ein schrilles Kläffen („wok-wok-wok“), der Angstruf dagegen ein hohes Kreischen.

Lebensweise

Kurzkopfgleitbeutler sind gesellige und nachtaktive Baumbewohner, die in Gruppen von bis zu zwölf Tieren leben. Zu solchen Gruppen schließen sich meistens sechs Alttiere mit ihren Jungen zusammen. Die Gruppe spaltet sich manchmal im Sommer auf. Innerhalb der Gruppe wird die Rangordnung nicht durch Kämpfe, sondern durch die Duftstärke des Sekrets geregelt. Auch sonst haben die Sekrete große Bedeutung: Gruppenmitglieder reiben sich oft gegenseitig mit ihren Pfoten den Kopf oder die Brust mit den Sekreten ein. Die größte Aktivität in dieser Hinsicht übt das dominante Männchen des Verbandes aus, dessen Duft alle Mitglieder tragen und an dem sich Mitglieder einer Gruppe erkennen können. Treffen die dominanten Männchen verschiedener Gruppen aufeinander, kommt es zu heftigen Kämpfen, die von Fauchlauten begleitet werden. Die einzelnen Verbände unterhalten Reviere, deren Ausdehnung im Schnitt 0,5 ha beträgt.

Kurzkopfgleitbeutler benutzen ihren Schwanz, um sich an Ästen festzuhalten

Die Lebenserwartung der Tiere liegt in Gefangenschaft bei etwa zwölf Jahren, in Freiheit dagegen bei vier bis fünf, höchstens aber sieben Jahren. Die besondere Fähigkeit aller Gleithörnchenbeutler stellt ihre Gleitfähigkeit dar. Dabei gleiten sie mit ihren Flugmembranen je nach Absprunghöhe bis zu 60 m weit, und steuern mit ihrem Schwanz die Flugrichtung. Tagsüber schlafen sie als Gruppe in ihrem Nest aus Blättern, das meist in einem Astloch versteckt ist. Die Nester riechen faulig, da die Gleiter die Blätter mit Urin anfeuchten, damit diese nicht zusammenfallen. Die für den Nestbau benötigten Blätter werden kopfüber hängend gesammelt.

Fortpflanzung

Die Paarung findet in Neuguinea und im tropischen Australien ganzjährig statt, während sie im Südosten Australiens in die Zeit zwischen Juni und November, meistens aber in den August fällt. Ein Weibchen paart sich oft mit mehreren Männchen, die ausgesuchten Weibchen mit Stirnsekret die Brust einreiben, während diese wiederum ihre Willigkeit durch das Reiben des Kopfes an der Brust des Männchens demonstrieren. Vor der Paarung ist der Beutel des Weibchens klein und dünnwandig. Nach der Paarung wird die Beutelwand dicker, die Blutgefäße und Sekretdrüsen im Beutel vergrößern sich.

Nach der Geburt, der eine 16-tägige Tragzeit vorausgeht, verkleinert sich der Beutel mit den vier Zitzen wieder. Die ein bis drei Jungen (meistens zwei) sind zum Zeitpunkt ihrer Geburt nur etwa 190 Milligramm schwer, sowie blind und hilflos. Sie klettern in den Beutel ihrer Mutter und verbringen dort etwa 70 Tage, wobei ihre Hinterbeine in den letzten zehn Tagen schon über den Rand hervorragen. Im Nest verbringen sie noch weitere 30 bis 50 Tage, in denen sich ihre Augen öffnen. Danach können sie selbstständig auf Nahrungssuche gehen, allerdings kommen sie oft immer wieder zum Nest zurück. Ihre Geschlechtsreife erreichen sie mit acht bis 15 Monaten.

Nahrung

Die bevorzugte Nahrung der Gleitbeutler sind Baumsäfte, vor allem von Eukalyptusbäumen und Akazien, die viele Kohlenhydrate enthalten. Um an den Saft zu kommen, beißen sie die Rinde von Bäumen auf und lecken den austretenden, süßen Saft. Da Eukalyptusbäume für viele Tierarten eine Nahrungsquelle darstellen und somit hohe Konkurrenz herrscht, werden die Bäume vehement verteidigt. Dank seiner Flugmembran kann der Gleitbeutler bei Gefahr schnell fliehen und auch sonst schnell zwischen den zur Nahrungsaufnahme geeigneten Bäumen wechseln. Des Weiteren fressen die Tiere Nektar und Pollen sowie proteinreiche Insekten und Larven, deren Eiweiß sie besonders während der Fortpflanzungszeit benötigen. Steht während dieser Zeit nicht genügend von der benötigten Nahrung zur Verfügung, werden die Fortpflanzungsaktivitäten oft eingestellt.

Verbreitung und Bedrohung

Das Verbreitungsgebiet des Kurzkopfgleitbeutlers:
· Rot: P. b. breviceps
· Blau: P. b. longicaudatus
· Dunkelgrün: P. b. ariel
· Gelb: P. b. flavidus
· Violett: P. b. papuanus
· Hellgrün: P. b. tafa
· Schwarz: P. b. biacensis

Das geografische Verbreitungsgebiet der Kurzkopfgleitbeutler erstreckt sich von Tasmanien und einigen Inseln der Bass-Straße über den Norden und Osten Australiens und Neuguinea zu den Inseln der östlichen Molukken, u. a. Halmahera. Die Art war ursprünglich nicht auf Tasmanien heimisch, wurde aber dort 1835 eingeführt.

Sie wurden in Höhen zwischen 0 und 2400 m beobachtet und sind eines der häufigsten Säugetiere Australiens, werden allerdings, auf Grund ihrer Nachtaktivität, nur selten gesehen. Die Rodung der lichten Wälder, die ihren Lebensraum darstellen, wirkt sich negativ auf die Populationen der Kurzkopfgleitbeutler aus. Ihre wichtigsten natürlichen Feinde sind Eulen wie die Buschkäuze und in jüngerer Zeit auch verwilderte Hauskatzen.

Unterarten

Unterschieden werden sieben Unterarten, von denen drei in Australien und vier auf Neuguinea und angrenzenden Inseln verbreitet sind:

  • Petaurus breviceps breviceps Waterhouse, 1839; Victoria, östl. New South Wales, südöstl. Queensland
  • Petaurus breviceps longicaudatus Longman, 1924; nördl. und nordöstl. Queensland
  • Petaurus breviceps ariel (Gould, 1842); nördl. Northern Territory, äußerster Nordosten von Western Australia
  • Petaurus breviceps flavidus Tate & Archbold, 1935; südl. Neuguinea; östl. Molukken (z. B. Aru)
  • Petaurus breviceps papuanus Thomas, 1888; nördl. Neuguinea; Inseln: nördl. Molukken (Halmahera, Bacan, Misool), Bismarck-Archipel (Neubritannien, Neuirland, New Hanover), D'Entrecasteaux-Inseln
  • Petaurus breviceps tafa Tate & Archbold, 1935; Hochland im Osten Neuguineas (Owen-Stanley-Gebirge)
  • Petaurus breviceps biacensis Ulmer, 1940; endemisch auf der Insel Biak, nordwestl. von Neuguinea
Kurzkopfgleitbeutler

Die Nominatform ist die größte Unterart. Die nördlichen Unterarten sind kleiner und haben für gewöhnlich kürzeres Fell, ausgenommen tafa, die mit etwa 12 mm am Rücken die längsten Haare hat. Die Oberseite hat bei den Unterarten verschiedene Farbtöne; zum Beispiel ist sie bei der Nominatform mausgrau, bei flavidus eher beigefarben und bei tafa schwärzlichgrau. Ganz abweichend ist biacensis gefärbt, die ober- wie unterseits fuchsrot ist und auf dem Rücken einen weißen Fleck trägt.

Die Unterarten Neuguineas wurden früher auch als eigene Art Petaurus papuanus angesehen; heute ist es unstrittig, dass die uneingeschränkt untereinander fruchtbaren Populationen Australiens und Neuguineas eine gemeinsame Art bilden.

Dagegen wird die Unterart biacensis von dem australischen Zoologen Timothy Flannery als eigenständige Art eingestuft. Die Unterart tafa wird von ihm nicht anerkannt, sie sei lediglich eine abweichende Morphe. Weitere eigenständige Arten oder Unterarten nimmt Flannery auf Karkar und den D'Entrecasteaux-Inseln an.

Mensch und Kurzkopfgleitbeutler

Gelegentlich essen die australischen Aborigines das Fleisch des Kurzkopfgleitbeutlers und nutzen sein Fell. Die Tiere können leicht erbeutet werden, indem man sie tagsüber aus ihren Nestern holt, in denen sie schlafen. Eine andere Methode ist das Anlocken durch Einschmieren von Baumstämmen mit Honig (ob ihrer Vorliebe für Süßes heißen die Tiere im Englischen Sugar Gliders).

In Zentral-Neuguinea hält sich bei manchen Papua-Völkern der Glaube, dass sich Zauberer in Kurzkopfgleitbeutler verwandeln, um potenzielle Opfer auszuspähen.

Heute bedrohen die Menschen die Lebensräume der Kurzkopfgleitbeutler durch die stete Abholzung der Wälder, konnten bisher aber die Art insgesamt nicht gefährden.

Der Kurzkopfgleitbeutler wird bei Züchtern exotischer Kleintiere immer beliebter und findet sich schon in einigen Wohnungen Europas. Diese Sitte hat in den USA ihren Anfang genommen. Kritiker bemängeln, dass die Haltung eines nachtaktiven, geselligen und platzbedürftigen Tiers in einer Wohnung niemals artgerecht möglich sein kann. Vor allem die scharfen Krallen und die streng riechenden Drüsenabsonderungen sind Argumente, die gegen eine Haltung sprechen dürften.

Sonstiges

Fossil ist der Kurzkopfgleitbeutler seit dem Pleistozän nachgewiesen. Die ältesten Funde stammen aus einer Höhle bei Buchan, Victoria, und wurden auf 15.000 v. Chr. datiert.

Es sind relativ wenige Parasiten des Kurzkopfgleitbeutlers bekannt. Für die Milbe Androlaelaps calypso ist er der Hauptwirt. Auch die normalerweise an Nasenbeutlern schmarotzende Milbe Mesolaelaps antipodianus findet sich oft im Fell der Gleitbeutler.

Literatur

  • Birgit Gollmann, Georg Gaßner: Sugar Gliders. Kurzkopfgleitbeutler. Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3592-2
  • Ronald M. Nowak: Walker’s Mammals of the World. Johns Hopkins University Press, Baltimore 1999 (6. Aufl.), ISBN 0-8018-5789-9
  • Meredith J. Smith: Petaurus breviceps. In: Mammalian Species. Washington DC 1973,30, S. 1–5. ISSN 0076-3519
  • Timothy Flannery: Mammals of New Guinea. Brown, Carina 1990, ISBN 1-86273-029-6
  • Caroline MacPherson: Sugar Gliders – everything about Purchase, Care, Nutrition, Behaviour, and Breeding. Barron’s Educational Series. Hauppauge, New York 1997, ISBN 0-7641-0172-2
  • Helen O’Reilly: A New Owner’s Guide to Sugar Gliders. T.F.H. Publications, Neptune City NJ 1999, 2002, ISBN 0-7938-2825-2
  • Peter Puschmann: Der Sugar-Glider (Petaurus breviceps) Natur und Tier Verlag, Münster 2008, ISBN 978-3-86659-045-8

Weblinks


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