Phaeder

Phaeder

Phaedrus, eingedeutscht Phaeder (* um 20 v. Chr.; † um 51 n. Chr.) (voller Name: Augustus Brutii Grantavus Phaedrus ad Teutonicii)war ein römischer Fabeldichter in der Regierungszeit der Kaiser Augustus, Tiberius, Caligula und Claudius.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Nach seinen eigenen Angaben (Prolog zu Buch III.), die aber nicht zu wörtlich zu nehmen sind, wurde Phaedrus auf dem Berg Pieros in Katerini (Griechenland) geboren, war also von Geburt Makedone. Er scheint aber in frühen Jahren nach Italien gekommen zu sein, da er berichtet, als Schüler die Verse des Ennius gelesen zu haben. Der Überschrift zu seinem Hauptwerk folgend, war er ein von Augustus freigelassener Sklave. Er zog sich den Zorn des Sejan, Tiberius’ mächtigem Minister, wegen einiger angeblicher Anspielungen in seinen Fabeln zu, wurde vor Gericht gebracht und verurteilt – dies erfahren wir ebenfalls aus dem Prolog zu Buch III., das Eutychus gewidmet ist, in dessen Person einige Wissenschaftler den gleichnamigen berühmten Wagenlenker und Günstling des Caligula sehen.

Das vierte Buch ist Particulo gewidmet, der literarisch dilettiert zu haben scheint. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist unbekannt, aber Seneca, der zwischen 41 und 43 schrieb (Consol. ad Polyb. 27), kennt nichts von Phaedrus, und es ist wahrscheinlich, dass er in dieser Zeit nichts veröffentlicht hat.

Seine Arbeit weist er Berufung auf das Werk des Äsop – die zu seiner Zeit aktuellen Fabeln in jambische Trimeter, zwischen die er Anekdoten aus dem täglichen Leben, Geschichte und Mythologie einstreut. Er erzählt seine Fabel und zieht die Moral mit geschäftsmäßiger Direktheit und Schlichtheit, seine Sprache ist knapp und klar, aber durch und durch prosaisch, obwohl sie gelegentlich eine Erhabenheit erreicht, die an Beredsamkeit grenzt. Sein Latein ist korrekt, und, ausgenommen bei einem exzessiven und eigentümlichen Gebrauch abstrakter Begriffe, zeigt kaum etwas, was in der Zeit des Augustus nicht auch von jedem anderen hätte geschrieben werden können. Vom literarischen Standpunkt aus gesehen, ist Phaedrus geringwertiger als Babrios und sein eigener Imitator Jean de La Fontaine; ihm fehlt die ruhige Malerhaftigkeit und das Pathos seiner Vorgänger, aber auch die übermäßige Lebhaftigkeit und der Humor der Nachfolger. Obwohl er oft auf den Neid und die Herabsetzung verweist, mit denen er verfolgt werde, scheint Phaedrus wenig Aufmerksamkeit in der Antike auf sich gezogen zu haben. Er wird erwähnt von Martial (iii. 20, 5), der einige seiner Verse imitiert, und von Avianus. Prudentius muss ihn gelesen haben, da er einige seiner Strophen nachahmt (Prud. Cath. vii. 115; ci. Phaedrus, iv. 6, 10).

Die erste Ausgabe der fünf Bücher des Phaedrus wurde von Pierre Pithou in Troyes 1596 nach einem Manuskript veröffentlicht, das jetzt im Besitz der Marquis von Rosanbo ist. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde in Parma ein Manuskript von Perotti (1430-1480), Erzbischof von Siponto, entdeckt, das 64 Fabeln des Phaedrus enthielt, von denen mehr als 30 neu waren. Diese neuen Fabeln wurden 1808 in Neapel von Cassitto erstveröffentlicht, ein Jahr später (wesentlich korrekter) von Jannehli. Beide Ausgaben wurden verdrängt durch die Entdeckung eines wesentlich besser erhaltenen Perotti-Manuskripts im Vatikan, das Angelo Mai 1831 publizierte. Eine Zeit lang wurde die Authentizität dieser neuen Fabeln in Frage gestellt, aber jetzt sind sie mit Recht allgemein als echte Fabeln des Phaedrus akzeptiert. Sie bilden kein sechstes Buch, zumal wir von Avianus wissen, dass Phaedrus nur fünf Bücher schrieb, aber es ist auch unmöglich, ihnen ihre ursprünglichen Plätze in den fünf Büchern zuzuordnen. Sie werden üblicherweise als Anhang gedruckt.

Phaedrus über Äsop:
,,Jetzt sei, weshalb die Fabel man erfand,
Noch kurz berichtet. Der bedrängte Sklave,
Der, was er mochte, nicht zu sagen wagte,
Barg seines Herzens Meinung in die Fabel
Und wich dem Vorwurf aus in droll'ger Maske."

Textbeispiel: Phaedrus, Fabeln Buch IV, "De Simonide"

Homo doctus in se semper diuitias habet.
Simonides, qui scripsit egregium melos,
quo paupertatem sustineret facilius,
circ(um) ire coepit urbes Asiae nobiles,
merced(e) accepta laudem victorum canens.
Hoc genere quaestus postquam locuples factus est,
redir(e) in patriam voluit cursu pelagio;
erat aut(em), ut aiunt, natus in Ci(a) insula.
ascendit navem; quam tempestas horrida
simul et vetustas medio dissoluit mari.
Hi zonas, illi res pretiosas colligunt,
subsidium vitae. Quidam curiosior:
"Simonide, tu ex opibus nil sumis tuis?"
"Mec(um") inquit "mea sunt cuncta."Tunc pauc(i) enatant,
quia plures onere degravati perierant.
Praedones adsunt, rapiunt quod quisqu(e) extulit,
nudos relinquunt. Forte Clazomenae prope
antiqua fuit urbs, quam petierunt naufragi.
Hic litterarum quidam studio deditus,
Simonidis qui saepe versus legerat,
eratqu(e) absentis admirator maximus,
sermon(e) ab ipso cognitum cupidissime
ad se recepit; veste, nummis, familia
homin(em) exornavit. Ceteri tabulam suam
portant, rogantes victum. Quos cas(u) obvios
Simonides ut vidit: "Dixi" inquit "mea
mec(um) esse cuncta; vos quod rapuistis perit."

Der Jambische Senar als Versmaß der antiken Fabel- und Komödiendichter

Die Fabeln des Phaedrus sind im Versmaß des Jambischen Senars gehalten. Es handelt sich hierbei um den Sprechvers der antiken Komödien- und Fabeldichter.

Das Schema sieht wie folgt aus:

X _ X _ X | _ X | _ X _ X _

Es handelt sich um eine Aneinanderreihung von Jamben. Ein Jambus wird auf der zweiten Silbe betont.

"X" steht hierbei für eine Länge ("_") oder eine Kürze ("v")

Die "_" nach den "X" im Schema oben sind Längen.

"|" sind mögliche Zäsuren (Verseinschnitte)

Zusätzlich lassen sich sowohl "X" als auch "_" im Schema durch je eine Doppelkürze ersetzen, die entweder betont oder unbetont ist.

Da Jamben auf der zweiten Silbe betont werden, ergibt sich daraus, welche Doppelkürze betont wird und welche nicht.

Lautet der Versanfang

vv _

wird sie nicht betont

Lautet er

_ vv

wird sie betont, und zwar immer auf dem ersten Teil.

Ausgaben

  • Pierre Pithou (1597)
  • Peter Axen (1671): Phædri: Augusti liberti, Fabularum æsopiarum, Libri quinque cum prioribus ac posterioribus notis Nicolai Rigaltii dum viveret, Christianissimo Regia Bibliotheca, et in suprema a metensi curia a consiliis. Petrus Axen, H. S. recensuit, suasque Notas adiecit. Joann Naumann und Georg Wolf, Hamburg 1671.
  • Pieter Burmann der Ältere (1718 und 1727)
  • Richard Bentley (1726)
  • Schwabe (1806)
  • Berger de Xivrey (1830)
  • Johann Caspar von Orelli (1832)
  • Eyssenhardt (1867)
  • Lucian Müller (1877)
  • Rica (1885)
  • L. Havet (Paris, 1895)
  • A. Guaglianone (Hg., 1969): Liber fabularum
  • F. F. Rückert u.a. (1982): Liber fabularum. Fabelbuch
  • V. Riedel (1989): Der Wolf und das Lamm. Fabeln, Latein und deutsch

Literatur

  • L. Roth, in Philologus, i. 523 seq.;
  • E. Grosse, in Jahrb. f. class. Philol., cv. (1872);
  • Hervieux, Les Fabulistes latins depuis le siecle d'Auguste jusqu'a la fin du moyen Age (Paris, 1884) – hier werden die lateinischen Texte aller mittelalterlichen Nachahmer (direkt und indirekt), einige davon zum ersten Mal, abgedruckt.

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