- Phallokratie
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Das Patriarchat, auch Androkratie genannt, ist eine Herrschaftsform, die durch die Vorherrschaft von Männern über Familien, Sippen, Gemeinden, Diözesen oder Völker gekennzeichnet ist.
Inhaltsverzeichnis
Wortherkunft
Das Wort ‚Patriarchat‘ ist ein aus dem Kirchenlatein stammendes, sekundär gebildetes Abstraktum zu Patriarch πατριάρχης patriarchos ‚Erster unter den Vätern‘ bzw. ‚Stammesführer‘ oder ‚Führer des Vaterlandes‘ (aus πατήρ patér „der Vater“ und ἄρχων archon ‚Erster, Führer‘), später übertragen auf ‚Führer (Erste) einer von Männern (Vätern) dominierten Gemeinschaft‘, und mit der Neubildung Androkratie ‚Herrschaft des Mannes‘ zu ἀνήρ ‚Mann‘, Gentiv ἀνδρός andros mit -kratie ‚Herrschaft‘.
Gegenbegriff dazu ist das Matriarchat (Analogbildung lat. mater „Mutter“ zu pater) bzw. die Gynaikokratie (zu γυνή ‚Frau‘). Im Sinne ‚Herschaft der Alten [Männer]‘ steht Gerontokratie (γέρων géron ‚Greis‘).
Merkmale
Das Patriarchat hat in der Regel folgende Merkmale:
- Patrilinearität (Verwandtschaft entsteht durch die Stammbaumlinie des Vaters, wie auch Erbfolge und Namensgebung (Patronymie))
- Patrilokalität (Wohnsitz junger Ehepaare beim Vater des Mannes bzw. der Herkunftsfamilie des Mannes; Gegensatz: Matrilokalität) und Virilokalität (Wohnsitz der Ehefrau beim Ehemann; Gegensatz: Uxorilokalität)
- Androzentrismus (gesellschaftliche Fixierung auf den Mann, dessen Geschlechtszugehörigkeit eine geschlechtsgebundene Machtposition legitimieren soll und der entsprechende Rollenerwartungen zu erfüllen hat)
- Gottesbilder: zahlreiche Pantheonvorstellungen mit einer dominierenden männlichen Gottheit, in Juden- und Christentum ein transzendenter Gottvater
- Kontrolle über weibliche Sexualität zur Sicherstellung der gesellschaftlich bedeutsamen Abstammung des Kindes von einem Mann
Kennzeichnend für patriachalische Gesellschaften ist, dass die Vaterschaft zuvorderst über die biologische Abstammung festgelegt wird. Demgegenüber tritt die soziale Vaterschaft in den Hintergrund. Weil es für die biologische Abstammung, abgesehen von den neu entwickelten genetischen Vaterschaftsfeststellungsverfahren, keine mit der Mutterschaft vergleichbaren augenscheinlichen Beweise (Austritt der Leibesfrucht aus dem Mutterleib) gibt, muss in patrilinear-abstammungsgeleiteten Gesellschaften die Geschlechtlichkeit der Frau an die Ehe gebunden werden, um sicherzustellen, dass der Ehemann der Mutter auch biologisch der Vater ist. Verstöße gegen die Eingrenzung der weiblichen Sexualiät werden mit strafrechtlichen (→ Ehebruch) und zivilrechtlichen Sanktionen und gesellschaftlicher Ächtung geahndet.
Diskussion über die Entstehung des Patriarchats
Die Entstehung des Patriarchats ist nach wie vor umstritten.
Je stärker die Merkmale des Patriarchats ausgeweitet sind, desto schwieriger ist es zu bestimmen, wie alt es sei. Marija Gimbutas (Archäologie), Humberto Maturana (Neurobiologie) und Wilhelm Reich (Psychiatrie) - siehe auch James DeMeo und dessen auf Wilhelm Reichs Arbeit aufbauende Saharasia-Theorie) - haben - unabhängig voneinander - Beweisführungen vorgelegt, denen zufolge patriarchale Herrschaftsstrukturen vor ca. 7000 Jahren entstanden sind, und zwar auf Grund von Klimaveränderungen, die zu Wanderungen der Menschen führten. Anhand von archäologischen, paläoklimatischen, sprachwissenschaftlichen und soziologischen Studien gehen diese Forscher davon aus, dass der Übergang von egalitären, als friedlich angenommenen Verhältnissen zu gewaltsamen, kriegerischen in besonderen Gegenden der Alten Welt, in Nordafrika, im Nahen Osten und in Zentralasien stattgefunden habe: Diese relativ feuchten Gebiete trockneten allmählich aus und wurden mit der Konsequenz verlassen, dass durch den Zusammenfall der Umwelt- und Kulturbedingungen die Bindungen zwischen Mutter und Kind sowie zwischen Frau und Mann in traumatisch prägender Weise zerstört worden seien, so wie es aktuelle Vergleichsstudien aus den Hungergebieten Afrikas plausibel gemacht hätten.
Sollte die - weiter gehende - Hypothese eines „Ur-Matriarchates“ zutreffen (→Urgesellschaft), so gelten die vorliegenden Forschungsergebnisse zur Entstehung des Patriarchats heute als die wahrscheinlichsten. Ein „Ur-Patriarchat“ wird zwar von zahlreichen Mythen nahe gelegt (siehe auch Adam), sie spiegeln aber lediglich eine persönliche Weltsicht im Kontext ihrer Entstehungszeit wider und stellen darüber hinaus allenfalls Hypothesen ohne beweisende Kraft dar.
Die Theorien der Matriarchatstheoretikerinnen wurden von der Feministin Cynthia Eller kritisiert. Ihr zufolge gibt es keine Beweise, dass es ein Patriarchat in Europa erst nach der Einwanderung indogermanischer Völker gegeben habe, sie zieht allerdings oben genannte Studien nicht heran, sondern beschränkt sich auf die 'Göttin-Bewegung' in den USA.
Politik
In zeitgenössischen Gesellschaften werden die meisten Regierungen von Männern geführt. Die beginnende Frauenbewegung des 20. Jahrhunderts öffnete Frauen den Weg zur Verhütung und verbesserte deren Gleichberechtigung, dies ermöglichte es Frauen, sich der Herausforderung der traditionellen Hegemonie der androkratischen Strukturen zu stellen. Jedoch zeigen Studien aus Afrika, Australien und Europa, dass immer noch deutlich mehr Männer leitende Positionen innehaben als Frauen. Die skandinavischen Länder haben mit fast 40% die größte Zahl an Frauen in leitenden Positionen, wohin gegen die arabischen Länder nur einen Anteil von rund 6% aufweisen.
Gynokratie/Matriarchat
Die logisch entgegengesetzte Herrschaftsform zu Androkratie wäre die Frauenherrschaft (Gynokratie), die es allerdings nach übereinstimmender Auffassung von Historikern und Feministinnen nie gegeben hat. Mit dem Begriff Matriarchat werden dagegen Gesellschaften bezeichnet, in dem die Frauen kulturschöpferisch und prägend tätig gewesen sind, aber nicht geherrscht haben.
Literatur
Deutschsprachig
- Pierre Bourdieu: Die männliche Herrschaft, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2005
- Ernest Bornemann: Das Patriarchat, Fischer, Frankfurt am Main 1991 (Erstauflage 1975), ISBN 3-596-23416-6
- Robert W. Connell: Der gemachte Mann. Konstruktion und Krise von Männlichkeiten. Opladen 1999
- Cynthia Eller, The Myth of Matriarchal Prehistory: Why an Invented Past Won't Give Women a Future, Paperback Ausgabe, Beacon Press, 2001, ISBN 0-8070-6793-8
- Heide Göttner-Abendroth: Für Brigida. Göttin der Inspiration. Neun patriarchatskritische Essays und Thesen zum Matriarchat, Frankfurt am Main 1998.
- Gerda Lerner: Die Entstehung des Patriarchats, München: dtv 2002
- Gerda Lerner: Die Entstehung des feministischen Bewußtseins, Frankfurt/ New York 1993
- Horst Herrmann, Vaterliebe. Ich will ja nur dein Bestes, Reinbek 1989, ISBN 3-499-18248-3
- Frank Lohscheller: Typisch Junge? Kommunikations- und Konflikttraining für Jungen an Schulen. ISBN 3-89771-355-1
- Maria Mies, Patriarchat und Kapital: Frauen in der internationalen Arbeitsteilung, Zürich: Rotpunktverlag, 3. Auflage 1990
- Frank Wichert (2004): Der VorBildliche Mann. Die Konstituierung moderner Männlichkeit durch hegemoniale Print-Medien, ISBN 3-89771-736-0
Englischsprachig
Bücher
- Flanders, Laura. (2004). Bushwomen: Tales of a Cynical Species. Verso. ISBN 1-85984-587-8.
- Flanders, Laura (ed). (2004). The W Effect: Bush's War on Women. The Feminist Press at CUNY. ISBN 1-55861-471-0
- Martin, Mart. (2001). The Almanac of Women and Minorities in American Politics 2002. Westview Press. ISBN 0-8133-9817-7
- Matland, Richard E. Montgomery, Kathleen A. (2003). Women's Access to Political Power in Post-Communist Europe. Oxford University Press. ISBN 0-19-924685-8
- Melich, Tanya. (1996). The Republican War Against Women: An Insider's Report from Behind the Lines. Bantam. ISBN 0-553-37816-3
- Pusey, Michael. (1989). Economic Rationalism in Canberra: A Nation-Building State Changes its Mind. Cambridge University Press. ISBN 0-521-33661-9
Aufsätze
- Studler, Donley T. Welch, Susan. (1987). Understanding the Iron Law of Andrarchy: The Effects of Candidate Gender on Voting Scotland. Comparative Political Studies. 20. Juli. 174-191.
- Hakim, C. (2003). Family Matters. Australian Institute of Family Studies. 52. September
- Boris, E. Kleinberg, S.J. (2003). Mothers and other workers: (re)conceiving labor, maternalism, and the state. Journal of Women's History. 15. März 1990. September
- Maddison, Sarah. (2003). Bombing the patriarchy or outfitting a cab: challenges facing the next generation of feminist activists. Women in Action. August
Filme
- L’aggettivo donna, Annabella Misuglio, Italien 1971, Dokumentarfilm - Kritik des Patriarchats in Italien. L’aggettivo donna analysiert die doppelte Ausbeutung der Arbeiterinnen, die Isolation der Hausfrauen und die Abrichtung der in die Schulen einsperrten, von den anderen Menschen getrennten Kindern.
- Padre Padrone – Mein Vater, mein Herr, Paolo Taviani & Vittorio Taviani, Italien 1977, 114 min, "Meisterwerk der Tavianis über die Unterdrückung eines Sohnes durch seinen Vater" [1]
Siehe auch
Quellen
- ↑ Programm des Kino Arsenal Juni 2008 - http://www.fdk-berlin.de/de/arsenal/kalender.html
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