Phosphoreszierende Stoffe

Phosphoreszierende Stoffe

Phosphoreszenz ist die durch die strahlende Desaktivierung hervorgerufene Eigenschaft eines Stoffes, nach einem Beleuchten mit (sichtbarem oder UV-) Licht im Dunkeln nachzuleuchten. Dieses Phänomen beobachteten Alchemisten schon im 17. Jahrhundert.

Phosphoreszierender Wikipedia-Schriftzug

Phosphoreszenz / Fluoreszenz

Phosphoreszenz ist eine besondere Form der Lumineszenz (kaltes Leuchten). Sie unterscheidet sich vom ähnlichen Phänomen der Fluoreszenz darin, dass die Fluoreszenz nach dem Ende der Bestrahlung rasch (meist innerhalb einer millionstel Sekunde) endet, wogegen es bei der Phosphoreszenz zu einem Nachleuchten kommt, das von Sekundenbruchteilen bis hin zu Stunden dauern kann. Phosphoreszierende Stoffe werden auch als Luminophore bezeichnet, da sie das Licht scheinbar speichern.

Phosphor

Phosphoreszenz wurde nach dem chemischen Element Phosphor (Lichtträger) benannt. Die Ursache des Leuchtens von elementarem weißem Phosphor ist allerdings die chemische Umsetzung des Phosphors mit Luftsauerstoff, weshalb man hier von Chemolumineszenz spricht. Diese basiert auf einer chemischen (meist irreversiblen) Reaktion und nicht wie die Phosphoreszenz auf einem physikalischen Effekt. Phosphoreszierende Materialien können jedoch auch aus Phosphor hergestellt werden.

Erklärung

Phosphoreszenz ist ein Vorgang der Quantenphysik. Wird ein phosphoreszierender Stoff mit Lichtquanten (Photonen) beleuchtet, so geben diese Photonen ihre Energie an die Elektronen des Stoffes ab, die in ein höheres Energieniveau wechseln (Quantensprung). Die entsprechenden Moleküle gehen vom Grundzustand in einen angeregten Zustand über unter Wahrung der Spinmultiplizität (Auswahlregeln). Dies wird anschaulich, wenn man es in einem Jablonski-Diagramm darstellt. In diesem werden die einzelnen Energie- und Schwingungsniveaus dargestellt, die die Elektronen annehmen, wenn sie Energie aufnehmen bzw. abgeben.

Das Elektron kann seine hinzugewonnene Energie abgeben, wenn es in seinen unangeregten Zustand zurückkehrt; dies kann geschehen, nachdem das angeregte Molekül mit anderen Teilchen kollidiert und so Teile seiner Energie auf andere Teilchen überträgt. Auf dem Jablonski-Diagramm ist dies durch das Absinken des Elektrons in niedere Schwingungsniveaus eingezeichnet. Die Energie wird normalerweise als Wärme abgegeben, man bezeichnet diesen Vorgang als Schwingungsrelaxation.

Können die Teilchen ihre gewonnene Energie nicht vollständig an ihre Umgebung abgeben, kommt es dazu, dass die Elektronen ihre überschüssige Energie in Form eines Photons abgeben, also als Strahlung (Licht im weiteren Sinne). Bei der Phosphoreszenz läuft dieser Vorgang aber nicht ganz so ab, da die Lichtemission sonst wie bei der Fluoreszenz mit der Bestrahlung enden würde.

Es kommt nämlich nach einer üblichen Verweildauer von etwa 10-8 Sekunden zu einem weiteren Quantensprung der Elektronen in ein metastabiles Energieniveau. Es ändert sich hierbei der Spin der Elektronen, wodurch das Molekül unter Änderung der Multiplizität von einem Singulett- in einen Triplettzustand wechselt; man nennt diesen Vorgang Interkombination (englisch: intersystem crossing). Die Verweildauer in diesem Zustand ist um einiges länger; sie beträgt Millisekunden bis hin zu Stunden.

In diesem Triplettzustand kommt es ebenso zu der Schwingungsrelaxation, jedoch ist das Molekül in diesem angeregten Zustand „gefangen“, da eine Abgabe der Energie an die Umgebung nicht möglich ist. Der Triplettzustand kann im Grunde genommen nicht in einen Singulettzustand überführt werden, da eine Spinumkehr nicht möglich ist. Doch hier kommt es zu einer Ausnahme. Nämlich abermals zu einem verbotenen Interkombinations-Prozess, wie bereits beim Überführen des Singulett- in den Triplettzustand. Durch ihn kann eine schwache Strahlung emittiert werden. Die Energie wird nur allmählich abgegeben, was das typische Nachleuchten erzeugt.

Die Phosphoreszenz ist temperaturabhängig, da sowohl der Energieverlust durch Schwingungsrelaxation verstärkt wird als auch die Interkombination beschleunigt wird, wenn man dem System Wärmeenergie zuführt (siehe RGT-Regel).

Phosphoreszierende Materialien

Phosphoreszierende Materialien sind meist Kristalle mit einer geringen Beimischung eines Fremdstoffes, der die Gitterstruktur des Kristalls stört. Meistens verwendet man Sulfide von Metallen der zweiten Gruppe sowie Zink und mischt geringe Mengen von Schwermetallsalzen bei (z. B. Zinksulfid mit Spuren von Schwermetallsalzen)

Anwendungen

In der Philatelie

Bei der Herstellung von Briefmarken werden dem Papierbrei seit einigen Jahrzehnten phosphoreszierende Stoffe beigemengt oder das Material wird nachträglich aufgeschichtet. Mit UV-Licht bestrahlte Briefmarken leuchten dann im Dunklen nach. Poststempelmaschinen können dadurch erkennen, wo die zu entwertenden Briefmarken auf dem Brief kleben und die Poststempel auf die richtige Stelle abschlagen. Unfrankierte Briefe oder Postkarten lassen sich mit dieser Methode ebenfalls aussortieren.

Sicherheitstechnik

Neben phosphoreszierenden Hinweisschildern werden phosphoreszierende Farben und Klebebänder zur Markierung von Fluchtwegen eingesetzt. Bei Treppen wird hier die erste und letzte Stufe über die ganze Breite markiert. Besonders in nur als Fluchtweg genutzten Tunneln und Fluren ist dies eine wirtschaftliche und deutlich ausfallsicherere Alternative zu Akku-Gestützter Notbeleuchtung. Schon im 2. Weltkrieg waren in vielen Luftschutzbunkern die Wände mit phosphoreszierenden Farben gestrichen, um bei einem Stromausfall eine Panik in den sonst total dunklen, oft stark überbelegten Bunkerräumen zu verhindern. Heute findet man solche phosphoreszierenden Markierungen häufig auch in U-Bahn-Stationen.

Sonstige

Phosphoreszierende Materialien werden weiterhin für Leuchtzeiger bei Uhren, an Lichtschaltern oder bei manchen Aufklebern (Sicherheitsschilder, Deko-Artikel, Autoteilen, PC, Fischereizubehör) verwendet.

Weblinks

http://www2.uni-jena.de/chemie/institute/oc/weiss/phosphoreszenz.htm


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