Phutu

Phutu

Ugali (Aussprache wie im Deutschen, mit Betonung auf dem langen "a") ist die in Ostafrika am meisten verzehrte Speise. Sie besteht aus zerstoßenen oder zermahlenen stärkehaltigen Feldfrüchten (Getreidesamen oder Wurzelknollen), die zu einem Brei gekocht und nach Aufquellen zu einer festeren Konsistenz serviert werden. Unter anderen Namen ist das Gericht auch in anderen Teilen Afrikas weit verbreitet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Verbreitung

Die stärkehaltigen Teile verschiedener Feldfrüchte bilden weltweit für die meisten Menschen ackerbautreibender Völker die Grundlage ihrer Ernährung. In Afrika werden diese zu einem großen Teil traditionell in Form von Brei zubereitet, der auch in Europa lange eine vorherrschende Speiseform war [1]. Verschiedene Arten von Hirse wurden früh in Afrika selber in Kultur genommen und angebaut. Sie lieferten als erste die Grundlage für das Gericht, das heute als Ugali bekannt und in Ostafrika - in den Ländern Tanzania, Kenia und Uganda - das insgesamt meistverzehrte ist. Daneben finden sich - je nach Anbauverhältnissen und Handelsmöglichkeiten - stattdessen auch Reis, Kochbananen (beides aus Asien stammende Pflanzen), lokal Yams, Kartoffeln (über Europa aus Amerika importiert) und vereinzelt Backwaren aus Weizen oder auch Roggen (v.a. in Städten); weiterhin werden zu Morgen- und Abendmahlzeiten manchmal Süßkartoffeln/Bataten (ebenfalls aus Asien stammende Pflanze) gegessen.

Die Maispflanze wurde von Europäern in der Kolonialzeit in Afrika eingeführt. Sie stammt ursprünglich aus Amerika. In den Ländern und Landesteilen des östlichen und südlichen Afrikas, wo sie gedeiht (d.h. z.B., die nicht zu trocken sind), hat sie seitdem wegen der höheren Erträge (Energieausbeute pro Einheit von Anbaufläche und Arbeitsaufwand) alle anderen Feldfrüchte weit zurückgedrängt. Auch Ugali wird heute ganz überwiegend auf Maisgrundlage zubereitet, teilweise weiterhin aus Sorghum. Diverse Arten der Hirse werden in Ostafrika - im Gegensatz zu trockeneren, nördlicheren Teilen des Kontinenets - überwiegend nur noch zum privaten Brauen von Bier verwendet, obwohl sie ernährungsphysiologisch wertvoller sind.

Lokal wird Ugali stattdessen auch aus Maniok oder seltener seit dem 20. Jahrhundert aus Weizen zubereitet (in heißen bzw. hochliegenden Anbaugebieten).

Von Ugali spricht man nur dann, wenn die stärkehaltigen Pflanzenteile (Getreidesamen oder Wurzelknollen) recht fein zu einer Konsistenz von Mehl, Schrot, Grieß o.ä. zerkleinert bzw. zerstampft und anschließend zu einem Brei gekocht werden. Werden die gleichen Ernteprodukte auf andere Weise zubereitet (als ganzes gekocht, geröstet, grob zerschnitten o.a.), trifft der Name nicht zu.

Das gleiche Gericht ist in den südlich an Ostafrika angrenzenden Ländern als Nsima (Malawi), Nshima (Sambia und Botsuana), Sadza (Simbabwe), Phutu (Zulu, in einer Region des Staates Südafrika) bekannt. Das Wort Ugali und die genannten Namen entstammen afrikanischen Sprachen aus der Bantu-Familie. In Südafrika und dem benachbarten Namibia ist der Name Mealie Meal (und Schreibvarianten) bzw.Mealie Pap (als kulinarische Variante davon) geläufig, die aus dem Englischen stammen.

In Westafrika und Zentralafrika sind die verwandten Gerichte Fufu (auch nach französischer Lesart Foufou geschrieben), Akple ( Volta-Region) und Tô (Benin) bekannt. Ugali ist vor allem in Tanzania in vielen Landesteilen, außerhalb von Reisanbaugebieten, so allgegenwärtig, dass das Wort teilweise als Synonym für "Speise" überhaupt verwendet wird. Auch in Städten gehört er in von Afrikanern betriebenen und frequentierten Gaststätten zu den üblichen Gerichten oder stellt zum Teil überhaupt das einzige Angebot dar.

Die Zubereitung

Zur klassischen Zubereitung werden Maiskörner im Mörser mit Salz und wenig Wasser zerstoßen und anschließend unter Zugabe von Wasser gekocht. Eine modernere Methode ähnelt der zur Zubereitung der europäischen Polenta. Dazu wird etwas Maismehl in Wasser verrührt und auf der Feuerstelle bzw. dem Herd aufgekocht. Anschließend fügt man unter Rühren nach und nach mehr Maismehl hinzu. Unter häufigem Rühren und bei Bedarf unter Zugabe von etwas Wasser wird der Brei etwa eine halbe Stunde (oder kürzer) gekocht, bis die Masse immer zäher wird und sich zu einer Kugel ballt. Es ist dann kein fließfähiger Brei mehr, sondern ähnelt in der Konsistenz eher einer Speise, die an Festigkeit etwa zwischen einem "fest geratenen" Kartoffelbrei und Knödeln läge. -

Für Europäer wird Ugali von Einheimischen englisch mit Stiff Porridge übersetzt, also als Steife Getreidegrütze in Anlehnung an das in Großbritannien beliebte Gericht aus Haferflocken, Porridge. Für ein noch fließfähiges Breigericht ist im Swahili dagegen der Name Uji ("j" gesprochen wie im Englischen, betont auf dem langen "U") üblich.

Die Mahlzeit

Serviert wird der ungewürzte Ugali mit den unterschiedlichsten Beilagen - je nachdem, was den Menschen zur Verfügung steht: Saucen, Eintöpfen oder Ragouts, an der Küste des Meeres oder großer Seen oft mit Fisch, selten mit Fleisch (in Ostafrika meist von Huhn oder Ziege), fast immer mit Gemüse, häufig Hülsenfrüchten. Eine Sauce kann z. B. aus einheimischem spinatartigem Blattgemüse oder Kürbisblättern, Zwiebeln, Pflanzenöl und gemahlenen Erdnüssen bestehen. Regional wird Ugali auch - allein - mit (stark säuerlicher) Dickmilch als Mahlzeit serviert.

Traditionell werden die Mahlzeiten mit den Händen eingenommen. Für Gäste wird aus diesem Grund zu Beginn Waschwasser und Seife gereicht. Der Maisbrei wird verzehrt, indem man mit den Fingern der rechten Hand mundgerechte Stücke formt, bei Bedarf mit dem Daumen eine "grubenartige" Vertiefung eindrückt und diese Portion dann zum Aufnehmen der Beilage(n) verwendet bzw. in die Sauce tunkt und zum Mund führt. Besteck ist meist nur bei europäischen Gästen oder in Gaststätten größerer Städte üblich.

Nach afrikanischem Verständnis und Sprachgebrauch stellt Ugali selbst bei üppigerem Speiseangebot keineswegs eine "Beilage" dar (etwa zu einem "Hauptgericht" wie Fleisch oder Fisch), sondern umgekehrt wird er als die "Speise" (Swahili: chakula / "ch" gesprochen wie im Englischen, betont auf dem langen "u") angesehen, zu der dann Beilagen (Swahili: mboga, gesprochen "m-bo-ga" mit Betonung auf dem langen "o", d.h. wörtlich "Gemüse") gereicht werden [2]. Auch in Gaststätten bestellt man entsprechend Ugali nyama (gesprochen "n-ya-ma", betont auf dem ersten - kurzen - "a") oder Ugali maharagwe (betont auf der vorletzten Silbe, "w" wie im Englischen) für eine Portion "Ugali (mit) Fleisch" bzw. "Ugali (mit) Bohnen".

Sozioökonomische Wirklichkeit

Bücher oder Internetportale über Afrikanische Küche, die in Europa oder Nordamerika veröffentlicht werden, vermitteln leicht - auch wenn sie keine falschen Informationen enthalten - ein unpassendes Bild von der kulinarischen Realität "in Afrika". Wie bei solchen Veröffentlichungen üblich, wird das dargestellt, was die Leser als interessant, evtl. als überraschend, auch als sympathisch empfinden oder empfinden sollen.

Doch gehören viele Länder Afrikas zu denen mit dem - nach offiziellen Statistiken und Kategorien - niedrigsten materiellen Lebensstandard der Erde und zudem sind materielle Ressourcen auch noch innerhalb eines Landes sehr ungleich verteilt. Die meisten Menschen leben von Subsistenzlandwirtschaft, die Landwirtschaftlichen Erträge sind aus Gründen von Klima, Betriebsgröße, Methodik und Technik und Umweltdegradierung im Vergleich zu anderen Weltteilen meist sehr gering, Finanzmittel und Handelsmöglichkeiten sehr beschränkt, soziale Sicherungen nicht ausreichend. So besteht für die meisten Menschen Ostafrikas die tägliche Ernährung aus zwei mal Ugali mit etwas braunen Bohnen (was aus ernährungsphysiologischer Sicht allerdings eine günstige Kombination darstellt, da sich die in Mais und Bohnen enthaltenen Aminosäuren in vorteilhafter Weise ergänzen). Auch für viele Schüler ist das üblich.

Die Finanzmittel reichen oft nicht, um für alle Familienmitglieder ausreichend eiweißhaltige Beilagen anzubieten, so dass meist an den kleineren Kindern gespart werden muß. Zudem müssen Bohnen (die an sich billigste Alternative) sehr lange gekocht werden; das überwiegend noch praktizierte Garen auf offenem Feuer ist sehr energieverschwendend und in Zeiten fortschreitender Entwaldung und weltweit steigender Energiepreise können sich in manchen Regionen manche Menschen auch diese nicht mehr leisten. Für sie ist dann Ugali das einzige Essen überhaupt. Da Mais alleine nicht reich an Nährstoffen ist, führt dies über längere Zeit selbst bei ausreichender Nahrungsenergiezufuhr unweigerlich zu Mangelernährung und damit Beeinträchtigungen von Gesundheit, Arbeitskraft, Kindesentwicklung und Lernfähigkeit.

Eine Besonderheit: Mealie-Pap in Namibia

Mealie-Pap (auch Mielie-Pap) wird aus Mealie-Mehl und Wasser, Milch bzw. Omaere hergestellt und wird meistens aus der Hand gegessen. Mealie-Pap dient als Hauptbestandteil des Frühstücks; es wird dann solange gelagert, bis es sauer wird und ist noch nach Tagen genießbar. Die Herero benutzen zur Zubereitung meist Kuhmilch, bei den Damara ist es meist Ziegenmilch. In ländlichen Gebieten wird der Maisbrei auch mit Zucker, Honig oder Butter angereichert. Weitere Variationen des Mealie-Pap sind Maheei und Maxau. In den letzten Jahren ist selbstgebackenes oder gekauftes Brot zu einer beliebten Alternative des Mealie-Pap geworden.

Nachweise

  1. "Brei war bis zum Mittelalter (und darüber hinaus) die wichtigste Speise der germanischen Völker, ähnlich wie der anderen agrarischen Völker Europas. ... Bei der Landbevölkerung Skandinaviens und Mitteleuropas überwogen die Breispeisen bis zum 18. Jh. ..., und zwar in der Morgen- und Abendmahlzeit." Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Bd. 3, 1978, Artikel Brei, S.429.
  2. Vgl. The Oxford Companion to Food, p.265f.

Literatur

  • Handbuch der Landwirtschaft und Ernährung in den Entwicklungsländern, Band 4, Sigmund Rehm: Spezieller Pflanzenbau in den Tropen und Subtropen. 2. neubearbeitete Auflage. E.Ulmer, Stuttgart 1989.
  • Alan Davidson: The Oxford Companion to Food. Oxford University Press 1999 (892 Seiten); Artikel "East Africa".

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