Piefkesaga

Piefkesaga
Filmdaten
Deutscher Titel: Die Piefke-Saga
Produktionsland: Österreich, Deutschland
Erscheinungsjahr: 1990 / 1993 (4. Teil)
Länge: 4 Episoden: 384 Minuten
Originalsprache: Deutsch
Stab
Regie: Wilfried Dotzel
Felix Mitterer
Werner Masten (Episode 4)
Drehbuch: Felix Mitterer
Produktion: Satel Film
Musik: Wilhelm Dieter Siebert
Kamera: Helmut Nocar
Michael Thiele
Schnitt: Mona Bräuer
Ursula Höf
Besetzung

Die Piefke-Saga ist ein zunächst dreiteiliger, satirischer Fernsehfilm des österreichischen Drehbuchautors und Regisseurs Felix Mitterer aus dem Jahr 1990 unter der Regie von Wilfried Dotzel. Die Serie entstand als Gemeinschaftsproduktion des NDR und des ORF. Ein vierter Teil wurde 1993 gedreht. Das Drehbuch wurde 1991 im Haymon Verlag veröffentlicht.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

In dem Film wird auf satirische und tragikomische Weise das Verhältnis zwischen Deutschen und Österreichern beleuchtet. Hauptcharaktere der Serie sind die Mitglieder der deutschen Unternehmersfamilie Sattmann, die seit Jahren im fiktiven Ort Lahnenberg (gedreht wurde in Mayrhofen) im Tiroler Zillertal ihren Urlaub verbringt. Der Film greift damit ein Hauptmotiv zahlreicher Heimatfilme aus den 1950er und 60er Jahren auf: Preußen mit finanziellem Einfluss sind auf Sommerfrische in Österreich, wobei es zu sprachlichen und amourösen Missverständnissen und Verwicklungen kommt.

Mit beißendem Sarkasmus werden sowohl Eigenheiten von bundesdeutschen Touristen, wie auch die Verhaltensweisen der Einheimischen entlarvt, wobei keine Partei sonderlich gut wegkommt. Die teilweise massive gesellschaftskritische Implikation der Filmserie führte zu heftigen Diskussionen.

Die Geschichte fängt mit einer Ausgabe der Fernsehshow „Auf Los geht's los“ von 1982 an, bei der Showmaster Joachim Fuchsberger unter anderem neun „Geschworenen“ aus dem Publikum Fragen stellt und die Kandidaten die Antworten der Geschworenen erraten müssen. In einer in Wien produzierten Sendung mit österreichischem Publikum stellt er die verhängnisvolle Frage: „Wieviele der neun Geschworenen nennen die Deutschen prinzipiell Piefke?“ Sechs der neun Geschworenen antworten mit ja. Von Fuchsberger befragt erklären sie, die Piefkes wären die eingebildeten Deutschen, die mit ihrer Mark um sich schmissen und glaubten, sie seien etwas Besseres. Diese Fernsehshow hat es tatsächlich gegeben; im Film werden reale Ausschnitte aus der Show verwendet.

Ein weiteres reales Ereignis, das in der Serie verarbeitet wurde, war eine Titelschlagzeile des Wiener Magazins Wochenpresse (im Film als fiktives Wochenmagazin Die Woche dargestellt) aus den 1980ern: „Wer braucht die Piefkes?“

Diese – realen – Ereignisse sind der Aufhänger für die fiktionale Geschichte der Hassliebe zwischen der Tiroler Hoteliersfamilie Wechselberger und der Bauernfamilie vom Rotterhof auf der einen Seite und der Berliner Unternehmerfamilie Sattmann auf der anderen. Diese Geschichte wird über mehrere Jahre hinweg erzählt, wobei sich die Familien immer mehr miteinander verstricken.

Der vierte Teil, der in der nahen Zukunft spielt (und drei Jahre nach der ursprünglichen Miniserie gedreht wurde), überhöht die Satire ins Absurde und beinhaltet unter anderem mechanische Kühe, chirurgisch genormte Biobauern und gegen die Verkitschung kämpfende Terroristen/Freiheitskämpfer.

Aus nicht abschließend geklärten Gründen wird dieser vierte Teil seit Jahren in TV-Wiederholungen der Miniserie ausgelassen. Maßgeblich hierfür sind offenbar Szenen mit überdurchschnittlichem Provokationspotential wie Waffengewalt, Andeutung von Pornographie sowie die Darstellung von terroristischen Aktionen im Allgemeinen. Im August 2005 wurde der vierte Teil vom ORF schließlich doch gezeigt, nachdem ursprünglich wiederum nur die ersten drei Teile auf dem Programm standen.

Die wichtigsten Personen der Handlung

Die deutsche Unternehmerfamilie Sattmann:

Die Tiroler Familie Wechselberger:

Die Tiroler Bauernfamilie Krimbacher vom Rotterhof:

  • Andreas, Großvater (Peter Kluibenschädl)
  • Olga, Bäuerin (Doris Goldner)
  • Thomas, Hoferbe (Ludwig Dornauer)
  • Maria, seine Frau (Barbara Weber)
  • Anna, seine Schwester (Brigitte Jaufenthaler)
  • Joe, sein Bruder (Tobias Moretti)
  • Peter, Josef, Leni, Erwin: Kinder von Thomas und Maria

Andere:

  • Max Niederwieser, Chef des Tourismusverbands (Josef Kuderna)
  • Manfred Hollescheck, Journalist Die Woche (Sascha Scholl)
  • Gendarm (Josef Griesser)
  • Kantner-Lena (Else Anderka)
  • österreichischer Handelsminister (Jaromír Borek)

Die vier Teile der Piefke Saga

Teil 1: Der Skandal Die Sattmans erfahren von dem oben genannten Artikel in der Woche und verlassen aus Empörung das Hotel. Sie übernachten stattdessen bei einer einheimischen Familie auf deren Bergbauernhof, bis am Ende die Versöhnung stattfindet und der Urheber des Artikels, ein Wiener Journalist, von der Dorfbevölkerung krankenhausreif geprügelt wird.

Teil 2: Die Animation Der zweite Teil handelt hauptsächlich von den verschiedenen Aktivitäten der Familie Sattmann im Urlaub. Karl-Friedrich setzt sich in den Kopf, die Silberne Wandernadel am Band zu erhalten. Gunnar wird festgenommen, weil er zusammen mit Stefan auf dessen Hanfplantage erwischt wird. Am Ende besticht der völlig ungeübte Karl-Friedrich Thomas, damit er ihm als Bergführer hilft, einen möglichst hohen Gipfel zu erklimmen, und bringt damit beide in Gefahr.

Teil 3: Das Geschäft Im dritten Teil baut Karl-Friedrich eine Schneekanonenfabrik in Lahnenberg, die dort viele Arbeitsplätze schafft. Im Gegenzug spricht ihm der Bürgermeister das Jagdrecht im Forst zu, was für böses Blut bei den Einheimischen sorgt. Durch einen Trick versuchen sie außerdem, Karl-Friedrich illegal zum versprochenen Grundstück zu helfen, da er dieses als ausländischer Staatsbürger nicht erwerben darf. Das Ganze fliegt auf, der Bürgermeister schiebt die ganze Schuld vor dem versammelten Dorf auf Sattmann, und dieser schwört, nie wieder in Tirol Urlaub zu machen und die Fabrik nach Bayern zu verlegen. Schließlich kommt die halbe Lahnenberger Dorfbevölkerung zur Versöhnung nach Berlin.

Teil 4: Die Erfüllung Die Sattmanns stehen 5 Tage im Stau, um nach Tirol zu kommen, wo sie schon an der Grenze mit einem Begrüßungsschnaps empfangen werden. Sie finden ein Tirol vor, das zumindest oberflächlich zu den alten Traditionen zurückgekehrt ist – die Menschen laufen in Tracht herum, die Dörfer sehen aus wie vor 100 Jahren, usw. Im Laufe der Handlung wird jedoch aufgedeckt, dass ganz Tirol auf Müll gebaut ist, die Kühe und Rehe aus Plastik sind, und die Einwohner von japanischen Wissenschaftlern zugunsten des Tourismus in seelenlose "typische Tiroler" umgebaut wurden. Als entdeckt wird, dass die Familie Sattmann hinter das Komplott gekommen ist, werden sie festgenommen um selbst umoperiert zu werden. Karl-Friedrich wird zum Tiroler umoperiert, der Rest kann vorerst mit Hilfe der Guerilla-Bewegung, die sich in den Bergen verschanzt hat, fliehen. Am Ende des Filmes lassen sich der Bürgermeister Wechselberger und seine Frau, zwei der wenigen noch verbliebenen gewöhnlichen Menschen in Tirol, freiwillig umoperieren.

Der Gemeindesekretär und Obmann des Tourismusverbandes verbleibt als einziger "normaler Mensch". Ihm allein ist es somit gegeben, klaren Verstandes die "Erfüllung" der kühnsten Träume seiner Branche zu erleben: Tirol ist – mit geringen Einschränkungen – zum perfekt durchorchestrierten Urlaubsgebiet geworden. Trotz des ultimativen Triumphs der Tourismus-Maschinerie empfindet er seinen Sieg jedoch sichtlich als schal und mit bitterem Beigeschmack. Sein lustloses, geknickt wirkendes Auftreten in der Abschlussszene ist eine Reminiszenz an eine Szene ganz zu Beginn des Serienteils: Vollkommen desillusionierte deutsche Zollbeamte am Rande der totalen Apathie symbolisieren die überspitzt als menschenunwürdig porträtierten Zustände in der Bundesrepublik. Unausgesprochen steht die Aussage im Raum, dass es gerade diese widrigen Umstände sind, welche die Deutschen urlaubsreif und immun für soziale Kompetenz machen. "Die Erfüllung" bringt die Ironie auf, dass es im "heiligen Land Tirol" um nichts menschlicher zugeht – einzig die Bewohner vermögen die Illusion von der heilen Welt überzeugend aufrecht zu erhalten. Hierin ist auch Mitterers Abschlussbotschaft zu suchen: Das vom Fremdenverkehr angestrebte Paradies beruht auf der Entmenschlichung und Ausschlachtung der einheimischen Bevölkerung.

Zitate

  • Karl-Friedrich Sattmann bei jeder Gelegenheit, bei der er mit dem Urlaub unzufrieden ist: „Wir reisen ab!“
  • Karl-Friedrich Sattmann im Chefbüro zu seinem in Nahost erfolglosen Verkaufschef: „Wissen Sie, was Sie sind? Ein blöder, bornierter Deutscher! (steht auf) Man muss sich hineinfühlen können in fremde Mentalitäten! Die haben eben andere Verhandlungsmethoden als wir! Darauf muss man eingehen! (setzt sich) Sie sind gefeuert!“ Der Verkaufschef verlässt den Raum. „Unfähige Bande! Alles muss man selber machen!“
  • Sattmann senior nach der Fernsehsendung: „Diese Österreicher können’s nicht lassen. Ständig müssen sie uns ans Bein pinkeln.“
  • Fotograf: „Sodala, Herr Mrkwitschka, jetzt schaun's no a bissl deppert drein...a ned sooo! A bissl deppert.....Wissen's was, Herr Mrkwitschka, schaun's einfach so wie immer!"
  • Franz Wechselberger (blättert in der Zeitschrift mit dem Piefke-Artikel): „Wer håt denn den Artikel verbrochen? Hollescheck. Manfred Hollescheck.“
    Sattmann senior: „Ein Slawe? Natürlich!“

Kritik

Die Filmreihe wurde häufig kritisiert, weil sie gängige Klischees bedient und überzeichnet. Ihr wurde vorgeworfen, zu einer Deutschfeindlichkeit in Österreich einen nicht unerheblichen Anteil beigetragen zu haben, wobei allerdings gerne übersehen wird, dass die Handlungen der österreichischen Charaktere genauso kritisch dargestellt werden wie die der deutschen. Im Verlauf der Gesamthandlung findet zudem ein Paradigmenwechsel statt: Anfangs werden die Deutschen als Zielscheibe von Spott und Verachtung, d. h. "die Bösen" präsentiert. Mit fortschreitender Handlung werden sie jedoch zunehmend zu Opfern der eiskalt taktierenden Tiroler, was sie zu "den Guten" werden lässt. Diese ironische Wendung wird jedoch erst mit dem umstrittenen - vom ORF selten ausgestrahlten - vierten und letzten Teil deutlich.

Fortsetzung

Felix Mitterer schreibt derzeit am Drehbuch einer Fortsetzung unter dem Arbeitstitel "Die Russen Saga", die 2009 produziert und 2010 ausgestrahlt werden soll. Der Schauplatz ist diesmal Kitzbühel, wo Dietrich Mattausch alias Karl-Friedrich Sattmann auf eine reiche russische Familie trifft. Weitere Darsteller aus der Piefke Saga wie Tobias Moretti und Gregor Bloéb (sowie ursprünglich auch Kurt Weinzierl, der jedoch am 10.Oktober 2008 verstarb) sollen, so der Wunsch des Autors, ebenfalls vorkommen.[1] [2]

Weblinks

Literatur

Mitterer, Felix: Die Piefke-Saga. Komödie einer vergeblichen Zuneigung. Innsbruck: Haymon Verlag, 1991. ISBN 978-3-85218-089-2

Einzelnachweise

  1. Presseaussendung: Austria Presse Agentur [1]
  2. Interview Felix Mitterer in den OÖ Nachrichten [2]

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