Pierre Beaumarchais

Pierre Beaumarchais

Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais [ˈpjɛʀ ogysˈtɛ̃ kɑˈʀõ də bomaʀˈʃɛ] (* 24. Januar 1732 in Paris; † 18. Mai 1799 ebenda) war ein französischer Unternehmer und Schriftsteller. Er ist vor allem bekannt als der Autor einer der meistgespielten französischen Komödien, La folle journée, ou Le mariage de Figaro („Der tolle Tag oder Die Hochzeit des Figaro“), die schon bald nach ihrer Uraufführung 1784 von Da Ponte und Mozart zu der Oper Le nozze di Figaro (Figaros Hochzeit) verarbeitet wurde.

Beaumarchais

Inhaltsverzeichnis

Leben und Schaffen

Jugendjahre und erste Erfolge

Beaumarchais (wie er in Frankreich schlicht genannt wird) wurde geboren als einziger Sohn des schöngeistig und musikalisch interessierten Uhrmachermeisters André-Charles Caron und erlernte zunächst das väterliche Handwerk. Zugleich lernte er mehrere Instrumente spielen und machte er mit seinen fünf älteren Schwestern Hausmusik. Mit zwanzig erfand er einen neuen Mechanismus für die Ankerhemmung von Taschenuhren, wodurch der Bau deutlich kleinerer und ganggenauerer Uhren möglich wurde, die so genannte Doppelkommahemmung[1]. Nachdem er dem Hofuhrmacher Lepaute seine Erfindung gezeigt hatte, musste er erleben, dass dieser sie als seine eigene ausgab. Beaumarchais wehrte sich, indem er in der Zeitschrift „Le Mercure de France“ einen geschickt und kenntnisreich argumentierenden offenen Brief an die Akademie der Wissenschaften richtete, die den Streitfall zu seinen Gunsten entschied.

Dank der Affäre wurde er so bekannt, dass er zahlreiche neue Kunden gewann, darunter König Ludwig XV. und dessen einflussreiche Mätresse Madame de Pompadour, womit er selbst den Titel Hofuhrmacher führen durfte. Als eine weitere Kundin – und damit nahm sein Leben einen gänzlich veränderten Lauf – lernte er die 34-jährige Madeleine-Cathérine Franquet kennen und über sie ihren Mann, den schon ältlichen und kranken Hofbeamten, der für die Speisen des Königs zuständig war. Er gab die Uhrmacherei auf und kaufte Franquet sein Amt ab. Als dieser bald darauf starb, heiratete Beaumarchais 1756 die Witwe. Naturgemäß gab es Getuschel und Gerüchte, als sie schon 1757 einer Infektion erlag.

Der Aufstieg

In seinem Hofamt gewann Monsieur Caron de Beaumarchais (wie er sich nach dem kleinen Landsitz Beaumarchet nannte, den seine Frau in die Ehe eingebracht hatte) die Gunst der vier unverheirateten Töchter des Königs. Er avancierte zu ihrem Harfenlehrer (wobei er ein Pedalsystem für die Harfe entwickelte), Hauskonzertorganisator, Gesellschafter und Faktotum und wurde natürlich auch vom König sowie von Mme de Pompadour gekannt. Über diese erhielt er Kontakt zu ihrem Pro-forma-Gatten Lenormant d'Étiolles, einem reichen und geselligen Mann, der ihn in seinen Kreis zog.

Für Lenormants Privattheater verfasste Beaumarchais in den nächsten Jahren erste Stücke, sog. Paraden (parades), heitere, gern auch derbe Sketche um das Thema Liebe, insbesondere die vor und neben der Ehe, wobei er die üblichen Gesangseinlagen selbst komponierte.

1760 nahm sein Leben wieder eine neue Wendung, als es ihm gelang, zunächst die Töchter des Königs und dann diesen selbst zum Besuch und damit zur offiziellen Anerkennung der Offiziersschule zu bewegen, die der Bankier und Heereslieferant Pâris-Duverney errichtet und vorfinanziert hatte (denn Frankreich führte gerade an der Seite Österreichs den Siebenjährigen Krieg gegen Preußen und England). Beaumarchais wurde von dem dankbaren Geschäftsmann zum Juniorpartner gemacht und kaufte 1761 mit seiner Hilfe das sehr teure Amt eines königlichen Sekretärs, das wenig Arbeit bedeutete, aber seinen Käufer unmittelbar in den Adelsstand erhob.

1762 demonstrierte er seinen neuen Adel, indem er mit einem Kredit von Pâris-Duverney das nur Adeligen zugängliche Amt eines Richters für Jagddelikte in den Wäldern und Feldern rund um Paris erwarb, ein Amt, das er jahrzehntelang gewissenhaft ausübte. Des weiteren kaufte er ein schönes Haus in Paris, in das er zwei seiner Schwestern aufnahm sowie seinen verwitweten Vater, den er, als nunmehr Adeliger, dazu bewegte, sein kleinbürgerliches Handwerk aufzugeben.

1764-65 weilte Beaumarchais zehn Monate in Madrid, wo er teils geschäftlich für Pâris-Duverney tätig war, teils aber auch diplomatische Aufträge des Königs erledigen sollte und in besten Kreisen verkehrte. Nebenher versuchte er vergeblich, den Verlobten seiner dort lebenden Schwester Marie, einen gewissen Clavijo, zur Einhaltung seines Eheversprechens zu zwingen (eine undurchsichtige Affäre, die er zehn Jahre später zu einem rührenden Mini-Roman verarbeitete, aus dem Goethe 1774 sein Stück Clavigo machte).

Neben seinen Geschäften und Reisen blieb Beaumarchais auch literarisch tätig. Er wechselte aber von der heiteren Parade in die ernsthafte, gegen 1760 von Diderot lancierte Gattung „drame bourgeois“ (bürgerliches Trauerspiel) und verfasste das Stück Eugénie, das Anfang 1767 mit mäßigem Erfolg an der Comédie Française aufgeführt wurde. In diesem Jahr betätigte er sich auch als Theatertheoretiker im Sinne Diderots, indem er der Druckausgabe von Eugénie einen Essay über die ernsthafte dramatische Gattung voranstellte.

1768 heiratete er die reiche junge Witwe Geneviève-Madeleine Lévêque (die aber schon Ende 1770, bald nach der Geburt eines zweiten Kindes, starb).

Anfang 1770 wurde sein nächstes, etwas eilig verfasstes Drama Les deux amis („Die beiden Freunde“) ein kompletter Misserfolg.

Rückschläge und Prozesse

Im Sommer 1770 nahm sein Leben eine weitere, diesmal unglückliche Wendung: Sein Seniorpartner und Protektor Pâris-Duverney starb, ohne eine formell beglaubigte Bestätigung von Beaumarchais' Anteil (15.000 Francs) am Firmenkapital zu hinterlassen. Ein vorhandenes informelles Papier wurde von dem Urgroßneffen und Alleinerben Pâris-Duverneys, dem Grafen de la Blache, gerichtlich angefochten. Nachdem 1772 Beaumarchais Recht bekommen hatte, legte La Blache 1773 Revision vor dem Obersten Pariser Gerichtshof ein, dem Parlement. Hier lernte Beaumarchais, wie sehr ein bürgerlicher Emporkömmling, und sei er wohlhabend und geadelt, bei der Justiz gegenüber einem reichen, hochadeligen Prozessgegner im Nachteil war. Zugleich musste er feststellen, dass er sich in Paris und am Hof viele Neider und Feinde gemacht hatte, die ihm jetzt zu schaden versuchten.

La Blache hatte den Zeitpunkt für die Revision gut gewählt: Beaumarchais saß Anfang 1773 per königlichem Haftbefehl einige Monate in der Pariser Festung For-l'Évêque, weil er sich von einem hochadeligen Bekannten, dem Herzog de Chaulnes, in eine Rauferei wegen einer gemeinsamen Mätresse hatte verwickeln lassen.

Bei einem Freigang konnte er (wie damals üblich, nach Zahlung einer angemessenen Summe) den Richter (einen gewissen Goëzman) erreichen, aber er fand mit seiner Sicht der Dinge kein Gehör. Ein Versuch, sich durch Geschenke an Goëzmans Gattin eine neue Audienz zu verschaffen, scheiterte. Nachdem er den Prozess verloren hatte (April 1773) und durch Pfändungen sowie die Prozesskosten finanziell ruiniert war, beschuldigte Beaumarchais Goëzman, dieser habe ihn benachteiligt und ihm überdies nur einen Teil seiner Geschenke an die Gattin zurückerstattet. Goëzman zeigte ihn wegen Bestechungsversuchs und Verleumdung an, worauf vor dem Parlement ein weiterer Prozess gegen Beaumarchais begann.

Dieser griff nun zu der Waffe, die ihm schon einmal den Sieg gebracht hatte: er ging an die Öffentlichkeit, diesmal in der Form von Denkschriften (mémoires), wie sie die Anwälte der Epoche für ihre Mandanten verfassten. Zug um Zug publizierte er von September 1773 bis Februar 1774 vier Mémoires, in denen er seine Position sowie auch seine Person geschickt zur Geltung brachte, seine Gegner dagegen ebenso geschickt ins Unrecht setzte und lächerlich machte. Die Mémoires fanden als Broschüren gedruckt große Verbreitung, besserten Beaumarchais' Finanzen auf und gewannen vor allem ganz Paris mitsamt dem Hof und halb Europa (z.B. auch Goethe) für seine Sache. Das Parlement widerstand aber dem Druck der öffentlichen Meinung, rügte Beaumarchais und erklärte ihn seiner Ehre verlustig, d.h. für praktisch rechtlos (Februar 1774).

Das Urteil, das mit nur knapper Mehrheit beschlossen worden war, fiel auf die Richter zurück: Goëzman war zur Witzfigur geworden und das ganze Gericht so in Misskredit geraten, dass Ludwig XV. es auflöste und 1774 die gesamte, überwiegend sehr vernünftige Justizreform rückgängig machte, die er 1771 auf Drängen seines Justizministers Maupeou erlassen hatte. Der Rebell Beaumarchais trug damit ungewollt zur Schwächung der Kräfte bei, die Frankreich zu reformieren versuchten.

Geheimagent und Waffenschmuggler

Als Beaumarchais hiernach ankündigte, er wolle Revision einlegen, wurde er vom König gebeten, dies vorerst zu lassen und statt dessen als Geheimagent nach London zu gehen, um dort eine Schmähschrift gegen die königliche Favoritin Madame Du Barry aus dem Verkehr zu ziehen. Beaumarchais erledigte den Auftrag, fand aber bei seiner Rückkehr den König im Sterben († 10. Mai 1774) und den jungen Ludwig XVI., der ihn nicht mochte, wenig geneigt, ihn zu entlohnen.

Glücklicherweise wusste er (oder gab er es nur vor?) von einer anderen in London drohenden Schrift, die sich mit den Ursachen (einer Phimose?) und den möglichen politischen Folgen der Kinderlosigkeit des neuen Königs beschäftigte. Er ließ sich wiederum nach England schicken, um mit dem Autor der Schrift zu verhandeln. Dieser flüchtete angeblich nach Amsterdam und weiter, wurde angeblich von Beaumarchais verfolgt und bei Nürnberg gestellt, wonach angeblich diesem aber die Schrift von Straßenräubern abgenommen worden sei. Fest steht nur, dass Beaumarchais in Wien auftauchte und bei Kaiserin Maria Theresia, der Schwiegermutter Ludwigs, vorstellig wurde, vom Kanzler Graf Kaunitz aber für einen Hochstapler gehalten und festgesetzt wurde, bis er auf Intervention des französischen Botschafters freikam.

Zurück in Paris, widmete er sich wieder der Literatur und überarbeitete eine Komödie, die er schon 1771/72 verfasst und erfolglos der Comédie Française angeboten hatte, La Précaution inutile ou le Barbier de Séville („Die unnütze Vorsicht oder der Barbier von Sevilla“). Es ist sein erstes Stück, in dem die Figur des Figaro als Typ des intelligenten und tüchtigen Machers kleinbürgerlicher Herkunft auftritt, der hier einem weniger tüchtigen und intelligenten verliebten jungen Adligen bei der Übertölpelung eines ältlichen Rivalen hilft. Die Uraufführung am 23. Februar 1775 war ein Misserfolg, vermutlich weil Beaumarchais den Text mit Anspielungen auf allerlei Politisches und Persönliches überfrachtet hatte. Nachdem er blitzschnell die meisten der Anspielungen gestrichen und das Ganze von fünf auf vier Akte gestrafft hatte, wurde die nächste Aufführung am 26. Februar ein Triumph. Die Druckfassung kam im Juli heraus samt einem längeren Vorwort (Lettre modérée sur la chute et la critique du Barbier de Séville = „Moderater Brief über den Misserfolg des B. de S. und die Kritik daran“), in dem sich Beaumarchais, der soeben die Weihen als Komödienautor empfangen hatte, so witzig wie selbstbewusst über seine Kritiker mokierte.

Er selbst war inzwischen schon wieder als Agent in London, wo er einem Franzosen, der in den Besitz geheimer militärischer Planspiele für einen Angriff Frankreichs auf England gelangt war und sie aufzudecken drohte, die brisanten Papiere abkaufen sollte. Wieder war er erfolgreich und bekam hierauf von der Regierung einen erheblich größeren Auftrag: Er sollte, da er sich in London für die Sache der gegen England revoltierenden Amerikaner interessiert und dem König Ende 1775 in einer Denkschrift darüber berichtet hatte, seine Kontakte nutzen und sollte den Aufständischen heimlich die Unterstützung Frankreichs anbieten, das im Siebenjährigen Krieg von England gedemütigt worden war und z.B. Kanada hatte abtreten müssen.

Anfang 1776 gründete Beaumarchais mit einem Startkapital der Regierung die pseudospanische Reederei Rodrigue Hortalez & Cie und versorgte die Aufständischen effizient und vielleicht kriegsentscheidend mit Waffen und Munition (die die jungen USA allerdings erst seinen Erben, und auch das nur teilweise, bezahlten). Zum Dank für seine diplomatischen Verdienste wurde er noch 1776 gerichtlich rehabilitiert.

Der Höhepunkt des Erfolges

Im selben Jahr übte sich Beaumarchais auch wieder als Autor und begann sein bestes und bekanntestes Werk, die Komödie La folle journée, ou Le mariage de Figaro. Das Stück zeigt in einer so witzigen wie turbulenten Handlung den Hochzeitstag eines jungen bürgerlichen Schlossverwalters (in den sich der einstige Barbier Figaro verwandelt hat), dem es trotz seiner Klugheit und Tüchtigkeit nur mit Glück und Mühe gelingt, seinen Herrn, einen eher dümmlichen, aber arroganten und letztlich auch mächtigen Aristokraten, davon abzuhalten, an seiner Verlobten das jus primae noctis auszuüben.

Beaumarchais selbst wurde allerdings im selben Jahr 1776 das Opfer der klug eingefädelten Bemühungen einer jungen Harfenistin, Marie-Thérèse de Willermaulaz, die Anfang 1777 eine Tochter von ihm bekam und 1786 schließlich seine dritte Ehefrau wurde.

Da Beaumarchais sich über die Comédie Française ärgerte, die seinen Barbier de Séville nach 31 Aufführungen kurzerhand abgesetzt hatte, weil er ein angemessenes Honorar verlangte, gründete er im Sommer 1777 eine „Société des auteurs dramatiques“, deren Vorsitz er übernahm und die das erste Beispiel einer erfolgreichen Interessenvertretung von Autoren ist.

1778 lud er sich ein neues Projekt auf: eine Gesamtausgabe der Werke des jüngst (am 30. Mai 1778) verstorbenen Voltaire, mit der er einer in Russland geplanten Ausgabe zuvorkommen wollte. Er gewann sogar die finanzielle Unterstützung der Regierung. Da jedoch die Schriften Voltaires in Frankreich offiziell verboten waren, installierte Beaumarchais eine Druckerei jenseits des Rheines in Kehl. Die geplanten 70 Bände erschienen in der Tat ab 1783, allerdings endete das Unternehmen finanziell im Minus.

Im selben Jahr 1778 war das Stück um Figaros Hochzeit fertig, doch wirkten (obwohl die Handlung vorsichtshalber nach Spanien verlegt war) viele Passagen und vor allem Figaros langer, quasi Beaumarchais' eigene schwierige Biografie resümierender Monolog im letzten Akt so revoluzzerhaft, dass Ludwig XVI. nach einer Lesung jegliche Aufführung empört verbot. Erst nach vielen Änderungen und jahrelangen Demarchen, bei denen er von zahlreichen Höflingen sowie der Königin unterstützt wurde, erlangte Beaumarchais die Freigabe.

Gleich die Uraufführung am 27. April 1784 war ein triumphaler Erfolg. Offensichtlich wirkte das Stück beim bürgerlichen Publikum wie eine Bestätigung seiner anti-aristokratischen Ressentiments, ohne adlige Zuschauer unnötig zu verschrecken. Der Name des Protagonisten Figaro ging ins franz. Lexikon ein als (eher spaßhafte) Bezeichnung eines Frisörs; seine Figur wurde zum Prototyp eines Menschen, der an Macht zwar unterlegen, aber im Bewusstsein seines Rechtes aufsässig, dazu blitzgescheit und witzig ist. Die 1826 gegründete, damals satirische Zeitschrift (und heutige Tageszeitung) Le Figaro trägt seinen Namen.

Der Erfolg von Le Mariage de Figaro war aber auch der Eigenwerbung zu verdanken, auf die sich Beaumarchais so gut verstand. So sollte der Erlös der fünfzehnten Aufführung einer wohltätigen Einrichtung zugute kommen. Als deren Auswahl zahlreiche Epigramme provozierte, war Beaumarchais so unklug, sich mit Hilfe von Leuten zu revanchieren, die von seinen Gegnern als Feinde des Königs und der Königin denunziert werden konnten. Er wurde deshalb durch königliche Order 1785 kurz inhaftiert.

Die letzten Jahre

Beaumarchais' war nun auf dem Gipfel seines Ruhmes. Auch war er inzwischen wieder reich, denn 1778 hatte er einen nochmaligen Prozess gegen La Blache gewonnen. Der Höhepunkt seiner Karriere war jedoch überschritten. Viele der zahlreichen um und nach 1780 von ihm initiierten Projekte blieben in den Kinderschuhen stecken. Andere, so die Gründung einer Firma zur Wasserversorgung von Paris 1785 oder der Versuch, die junge Frau eines Bankiers namens Kornmann vor dessen Nachstellungen zu schützen, gelangen zwar, trugen ihm aber Verleumdungskampagnen ein, bei denen sich u.a. der spätere Revolutionsredner Mirabeau profilierte. Die von ihm verfasste und von Antonio Salieri vertonte Oper Tarare wurde 1787 ein Erfolg, doch stießen sich zeitgenössische Kritiker an zahlreichen Schwächen des Librettos und der „ungeschliffenen“ Sprache. Ein 1787/88 nahe der Bastille erbautes prächtiges Haus mit Park brachte Beaumarchais mehr Ärger als Freude.

Die Revolution von 1789 hatte er zunächst begrüßt und den Gang der Dinge als Deputierter und Stadtverordneter zu beeinflussen versucht. Auch wurde 1792 ein neues Stück mit Figaro, L'autre Tartuffe ou la Mère coupable („Der neue Tartuff oder die schuldige Mutter“) ein passabler Erfolg, obwohl es später kaum mehr gespielt werden sollte. Bald jedoch fand sich Beaumarchais, wie so viele anfängliche Sympathisanten der Revolution, auf der Verliererseite. Als er im selben Jahr 1792 versuchte, mit dem Konvent ins Geschäft zu kommen und Gewehre aus Holland zu importieren, wurde dies nicht nur ein finanzieller Misserfolg, sondern er wurde auch beschuldigt, Waffen und Getreide in seinem Haus versteckt zu halten. Obwohl bei einer Hausdurchsuchung außer einigen Tausend unverkauften Exemplaren der Voltaire-Ausgabe nichts Verdächtiges an den Tag kam, wurde er des Verrats an der Republik beschuldigt und am 20. August 1792 inhaftiert. Zwar kam er rasch dank der Fürbitte einer Ex-Geliebten frei und konnte emigrieren, doch wurde er enteignet und lebte 1794/95 ärmlich in Holland, England und schließlich in Hamburg, ohne Kontakt zu Frau und Tochter, die zeitweise ebenfalls in Haft waren.

1796 konnte er heimkehren und wurde von der neuen Regierung, dem Direktorium (directoire), rehabilitiert und entschädigt. 1797 wurde La Mère coupable wieder aufgenommen und Beaumarchais noch einmal etwas gefeiert.

In den Memoiren, die er nun verfasste (Mes six époques), schilderte er seine Leiden unter der Republik. Zwar war er nun schwerhörig und gesundheitlich angeschlagen, genoss aber endlich sein schönes Haus. Hier starb er 1799 nach einem guten Abendessen nachts an Herzversagen.

Schriften

Beaumarchais war ein typisches Kind seiner Epoche: ein Spieler in einer Zeit, die sich vom Spieler in jeglicher Verkleidung gern faszinieren ließ, ein galanter Emporkömmling in einer Umgebung des fast schon herbeigesehnten Untergangs. Wie seine Zeitgenossen Cagliostro, der Graf von Saint Germain oder Giacomo Casanova benützte er den kränkelnden Absolutismus, um – immer am Rande der Legalität – seine Chancen wahrzunehmen. Jedoch: Anders als Cagliostro war Beaumarchais kein Hochstapler, sondern ein Glücksritter; anders als Casanova wollte er nicht Wechsel um der Abwechslung willen, sondern von der Lostrommel des Schicksals in eine gesicherte bürgerliche Position gelangen. Dass ihm dies nicht auf Dauer gelang, ist die Tragik seines abenteuerlichen Lebens.

Er trat erstmals 1767 als Bühnenautor mit dem sentimentalen Drama Eugénie in Erscheinung, in dem er wesentlich aus den Begebenheiten um Clavijo schöpfte. Zwei Jahre später folgte Les Deux Amis ou Le Négociant de Lyon, beide hatten nur moderaten Erfolg. Er war zwar als Theaterautor ein Dilettant, konzentrierte sich jedoch sehr gründlich auf seine Liebhaberei: Er wollte nicht weniger, als in der Nachfolge von Molière und Denis Diderot Lorbeeren ernten.

Kaum bekannt ist, dass Beaumarchais um 1763 für das Privattheater von Charles Lenormant d’Étiolles (pro-forma-Ehemann der Pompadour) als Gelegenheitsarbeiten eine Reihe von parades schrieb, kurze Lustspielstücke, wie sie damals auf Jahrmärkten, aber auch bei der gelangweilten haute volée in Mode waren. Es handelte sich um Sketche, die in der Commedia dell’arte wurzelten: In rasanter Folge wurde Wortwitz der Gosse gemischt mit Sexualkomik und Zeitkritik. Hier übte er für die Stücke, die ihn später berühmt machen sollten; bereits hier entwickelte sich auch das Personal des Barbiers und des Figaro.

Während er als Geheimagent und Schmuggelorganisator tätig war, schrieb er seine beiden berühmten Komödien. Die erste, Le barbier de Seville ou La précaution inutile (dt. Der Barbier von Sevilla oder Die unnütze Vorsicht), ist eine lediglich auf Verwirrung und Verwicklung aufgebaute Komödie, in der – anders als bei den Vorbildern Molière und Marivaux – die Intrigen wichtiger sind als die Charaktere, die Effekte der Bühnengegenwart wichtiger als die Motivation.

Die Intrigen, die nötig waren, um von der Zensur die Erlaubnis für seine zweite und bekanntere Komödie, La folle journée ou Le mariage de Figaro (Der verrückte Tag oder Figaros Hochzeit), zu bekommen, sind höchst amüsant und werfen ein Licht auf den instabilen Zustand der Machtverhältnisse in Frankreich. Das Stück wurde zwar schon 1778 vollendet, aber der Widerstand von seiten Ludwigs XVI. erst 1784 endgültig besiegt. Die Komödie hatte sofort einen beispiellosen Erfolg. Anders als im Barbier leben hier die handelnden Personen mit der Erinnerung an Vergangenes und dem Gefühl der Vergänglichkeit. Obwohl die Intrigen noch gut ausgehen, ist die Untergangsstimmung des späten ancien régime unterschwellig vorhanden.

Die Hauptfigur in beiden Stücken, Figaro, ist eine originale Erfindung Beaumarchais'. (Es ist gut möglich, dass er mit dem Namen Figaro ein Wortspiel getrieben hat: „Fils Caron“, gespr. FiCaro = Caron Sohn.) In der Tat porträtierte er sich hier in mancherlei Hinsicht selbst als den vielseitigen Abenteurer, der es an Intelligenz und Witz mit gutbürgerlichen bzw. adeligen Gegenspielern (in den beiden Stücken Bartolo bzw. Almaviva) leicht aufnehmen kann. Obwohl die Komödie später als Aufruf zur Revolution gewertet wurde, ist sie das nicht: Der aufmüpfige Figaro arrangiert sich – wie sein Autor im wirklichen Leben – mit den Verhältnissen und macht das Beste daraus, indem er die richtige Karte spielt. An der Unterordnung unter seinen adligen Mit- und Gegenspieler Almaviva ändert sich während der ganzen Figaro-Trilogie nichts.

Der „Barbier“ diente 1782 als Vorlage für eine Oper von Giovanni Paisiello (Il Barbiere di Siviglia ossia L'inutile precauzione), die seinerzeit so beliebt war, dass man Gioacchino Rossini, als er sich 1816 daran machte, eine eigene Version zu erarbeiten, vor einem drohenden Misserfolg warnte. Dem heutigen Publikum sind beide Stücke hauptsächlich durch die Opern-Adaptionen Mozarts (Le Nozze di Figaro) und Rossinis bekannt, in Frankreich behielten sie aber auch als Schauspielstücke lange ihre Popularität.

1787 verfasste Beaumarchais das Libretto zur Oper Tarare, das Antonio Salieri in engster Zusammenarbeit mit dem Dichter vertonte. Mit diesem außerordentlichen Werk voller satirischer Spitzen und politischer Anspielungen wollten beide ein neues Genre des Musiktheaters schaffen. Salieri entwickelte hierfür einen ganz eigenen deklamatorischen Stil, der es ihm ermöglichte, einen fließenden Übergang zwischen gesungenen und auf bestimmten Tonhöhen gesprochenen Passagen zu schaffen. Ende 1787 unter dem Titel Axur, Re d'Ormus durch Lorenzo da Ponte bearbeitet und von Salieri nahezu komplett neu vertont, wurde Beaumarchais' Libretto zur Grundlage einer der erfolgreichsten Opern des ausgehenden 18. Jahrhunderts.

1790 verfasste Beaumarchais noch einen Zusatz zu Tarare, in dem er zur neuen politischen Situation in Frankreich Stellung bezieht; Le Couronnement de Tarare wurde ebenfalls von Salieri vertont.

1792 wurde der letzte Teil der Figaro-Trilogie L’autre Tartuffe ou La Mere coupable uraufgeführt; diese ging jedoch in den Wirren der Revolution unter. Nach seiner Rückkehr aus dem Exil bemühte sich Beaumarchais mit hohem finanziellem Einsatz um die Wiederaufnahme. Sie wurde im Mai 1797 verwirklicht und ein Erfolg. Der Autor plante sogar zusammen mit André Grétry die Umarbeitung in eine weitere Oper, wozu es jedoch nicht mehr kam. Erst mit Darius Milhauds La Mère coupable gelangte auch das dritte Figaro-Stück 1966 auf die Opernbühne.

Großen Erfolg hatte Beaumarchais mit seinen Mémoires à consulter in der Goëzman-Affäre; mit diesen Pamphleten entpuppte er sich als der wortgewaltigste Polemiker seit Voltaire. Das ganze gebildete Europa (Voltaire und Goethe eingeschlossen) bewunderte sie und amüsierte sich.

In der ausführlichen Vorrede zur gedruckten Ausgabe seines Rührstücks Eugénie schließlich entwarf er eine eigene Theorie des bürgerlichen Dramas: Die Helden sollten nicht mehr dem blinden Zufall unterworfen sein, sie sollten aus eigener Entscheidung handeln können. (Figaro – sein alter ego – demonstrierte später exakt dies auf der Bühne.) Das Drama solle auch nicht mehr – wie von Aristoteles gefordert – durch das Mitleiden des Zuschauers dessen seelische Reinigung befördern. Vielmehr behindere das Erschrecken die Teilnahme des verstörten Publikums, und von sittlicher Wirkung könne keine Rede mehr sein. (Zu dieser Anschauung kehrte Beaumarchais – nach den zufallsgesteuerten Abläufen im Barbier und im Figaro – in der heute eher weniger geschätzten Mere coupable zurück, und das Publikum folgte ihm darin gern.) Mit seinen Forderungen ging er – der Schriftsteller aus Liebhaberei – noch über die der Fachleute Diderot und Lessing (den er naturgemäß nicht kannte) hinaus.

Literatur

  • Manfred Flügge: Figaros Schicksal, Das Leben des Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais. Deutscher Taschenbuch Verlag, München, ISBN 3-423-24235-3.
  • Lion Feuchtwanger: Die Füchse im Weinberg, Aufbau Tb, ISBN 3746656125.
  • Heinrich Eduard Jacob: Beaumarchaise und Sonnenfels. Schauspiel in vier Akten. München: Georg Müller Verlag, 1919.

Einzelnachweise

  1. Fritz von Osterhausen: Callweys Uhrenlexikon. Callwey, München 1999, ISBN 978-3766713537, S.187.

Weblinks


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