Playfair-Verfahren

Playfair-Verfahren
Der Erfinder der Playfair-Verschlüsselung Sir Charles Wheatstone

Die Playfair-Verschlüsselung ist ein klassisches Verschlüsselungsverfahren, bei dem jedes Buchstabenpaar des Klartextes durch ein anderes Buchstabenpaar ersetzt wird. Sie gehört damit zur Klasse der bigraphischen Verfahren und wurde 1854 von Sir Charles Wheatstone erfunden. Sein guter Bekannter, Lord Lyon Playfair, unter dessen Namen sie berühmt wurde, empfahl diese Methode zur Benutzung beim britischen Militär. Sie wurde erstmals im Krimkrieg eingesetzt und war bis zum Ersten Weltkrieg, in modifizierter Form sogar noch während des Zweiten Weltkriegs, in Gebrauch.

Zum Zeitpunkt ihrer Erfindung war die Playfair-Verschlüsselung im Vergleich zu den damals üblichen auf der Verschlüsselung von Einzelzeichen basierenden Methoden ein sehr sicheres Verfahren. Dies änderte sich jedoch im frühen 20. Jahrhundert. So konnten ab Mitte 1915 die von den Briten mit Playfair verschlüsselten Nachrichten von der deutschen Gegenseite häufig entziffert werden, umgekehrt brachen britische Codeknacker im englischen Bletchley Park die von deutschen Militärs etwas abgewandelten Playfair-Verschlüsselungen im Zweiten Weltkrieg.

Inhaltsverzeichnis

Verfahren

Lord Lyon Playfair, unter dessen Namen diese Verschlüsselungs-Methode bekannt wurde

Bei der Playfair-Methode handelt es sich um eine Substitution, die monoalphabetisch und bigraphisch ist, das heißt, es kommt nur ein einziges (mono von griechisch monos für „allein“ oder „einzig“) festes Alphabet zur Anwendung (Gegensatz: Polyalphabetische Substitution) und als zu verschlüsselnde Symbole werden Bigramme, also jeweils ein Paar (zwei) Buchstaben benutzt (Gegensatz: Monographische Verfahren, die auf Einzelzeichen beruhen).

Vorbereitung des Klartextes

Als Beispiel wird der Klartext aus dem amerikanischen Spielfilm Das Vermächtnis des geheimen Buches verschlüsselt, der wie folgt lautet:

Laboulaye lady will lead to Cibola temples of gold“.

(Deutsch: „Die Laboulaye-Dame wird [dich] zu den Cibola-Tempeln aus Gold führen.“)

Mit „Laboulaye lady“ ist die Freiheitsstatue gemeint. Sie wurde auf Anregung des französischen Politikers Édouard Laboulaye den Vereinigten Staaten von Amerika zum Geschenk gemacht. Hier ist jedoch nicht die große Statue in New York gemeint, sondern ein kleineres Exemplar, das sich in Paris befindet. Bei den „Cibola temples“ handelt es sich um Tempel in einer der sagenhaften sieben Städte aus Gold, genannt Cibola, die sich irgendwo in Amerika befinden sollen.

Der obige Klartext wird zum Zwecke der Verschlüsselung in Bigrammen geschrieben. Man verwendet nur Großbuchstaben, etwaige Umlaute werden aufgelöst und Leerzeichen sowie Satzzeichen werden weggelassen. „J“ wird zu „I“ umgewandelt. Bei der Bildung der Bigramme wird darauf geachtet, dass keine aus zwei identischen Buchstaben entstehen, wie beispielsweise „LL“. Um dies zu vermeiden, wird gegebenenfalls ein „X“ eingefügt. Tritt am Ende des Textes ein einziger Buchstabe allein auf, so wird er durch Anhängen eines weiteren „X“ zu einem Bigramm erweitert:

LA BO UL AY EL AD YW IL LX LE AD TO CI BO LA TE MP LE SO FG OL DX

Playfair-Quadrat

Aus einem Schlüsselwort oder -satz wird ein permutiertes Alphabet mit 25 Buchstaben (ohne J) gewonnen. Dieses wird in 5er–Reihen aufgeschrieben. Dabei wird das Schlüsselwort zeilenweise in eine 5×5-Matrix eingetragen, wobei bereits eingetragene Buchstaben übersprungen werden. Danach werden die zum kompletten Alphabet (ohne J) fehlenden Zeichen in alphabetischer Reihenfolge ergänzt. So erhält man eine quadratische Anordnung von 25 Buchstaben, genannt das Playfair-Quadrat.

Als Beispiel zur Erzeugung eines Playfair-Quadrats wird das im genannten Spielfilm benutzte Schlüsselwort „DEATH“ (deutsch: „Tod“) benutzt, zu dem die folgende Aussage als Hinweis existiert: „The debt that all men pay.“ (deutsch: „Die Schuld, die jeder Mensch begleicht.“)

Schlüssel: DEATH
D E A T H
B C F G I
K L M N O
P Q R S U
V W X Y Z

Verschlüsselung

Grundlage für die Verschlüsselung ist das mithilfe des Kennworts (hier: DEATH) erzeugte Playfair-Quadrat und der in Bigramme zerlegte Klartext. Es werden immer Klartext-Bigramme in Geheimtext-Bigramme umgewandelt, also Buchstabenpaare als Buchstabenpaare verschlüsselt.

Stehen beide Buchstaben in der gleichen Spalte oder in der gleichen Zeile, werden jeweils die unteren beziehungsweise rechten Nachbarbuchstaben als Geheimbuchstaben genommen. Sollten die Buchstaben am Rand des Playfair-Quadrats stehen, wird einfach am anderen Rand fortgesetzt. Das Quadrat ist also links und rechts sowie oben und unten als verbunden anzunehmen, also topologisch auf einem Torus aufgewickelt zu denken.

Aus dem Klarbigramm EL wird so, wie unten zu erkennen, das Geheimbigramm CQ (die beiden unteren Nachbarn von E und L). Analog wird AD als TE verschlüsselt (die beiden rechten Nachbarbuchstaben zu A und D).

* E * * *         D E A T *
* C * * *         * * * * *
* L * * *         * * * * *
* Q * * *         * * * * *
* * * * *         * * * * *

EL → CQ           AD → TE 

Stehen die beiden Buchstaben des Klartext-Bigramms hingegen in unterschiedlichen Zeilen und Spalten, so ersetzt man den ersten Klarbuchstaben durch den in derselben Zeile aber in der Spalte des zweiten liegenden. Der zweite Klarbuchstabe wird durch den in derselben Zeile aber in der Spalte des ersten Klarbuchstabens ersetzt. Das Klartextpaar bildet also die diagonal gegenüber liegenden Ecken eines Rechtecks. Das Geheimtextpaar wird aus den übrigen beiden Ecken dieses Rechtecks erzeugt. Zum Beispiel bilden die beiden ersten Buchstaben LA des Klartextes im Playfair-Quadrat, wie unten zu erkennen, zwei Ecken eines Rechtecks, in dessen beiden übrigen Ecken die Buchstaben M und E stehen. Dies sind die gesuchten Geheimtext-Buchstaben.

* E A * *
* * * * *
* L M * *
* * * * *
* * * * *

LA → ME

Insgesamt ergibt sich im Beispielfall folgende Playfair-Verschlüsselung:

Klartext:   LA BO UL AY EL AD YW IL LX LE AD TO CI BO LA TE MP LE SO FG OL DX 
Geheimtext: ME IK QO TX CQ TE ZX CO MW QC TE HN FB IK ME HA KR QC UN GI KM AV

Entschlüsselung

Die Entschlüsselung ist die Umkehrung der Verschlüsselung. Ebenso wie der Verschlüssler erzeugt auch der Entschlüssler mithilfe des ihm bekannten Kennworts, das den Schlüssel repräsentiert, das identische Playfair-Quadrat. Anschließend wird zur Entschlüsselung des Geheimtextes sinngemäß die gleiche Methode wie bei der Verschlüsselung des Klartextes verwendet. In den Fällen, bei denen beide Geheimtextbuchstaben in derselben Spalte oder Zeile des Quadrats stehen, wird allerdings der obere beziehungsweise linke Nachbar ausgewählt, um so den Verschlüsselungsschritt umzukehren. Im Fall des Überkreuz-Schrittes ist das Verfahren für die Entschlüsselung identisch zur Verschlüsselung.

Entzifferung

Die Playfair-Verschlüsselung stellt eine Substitution für Buchstaben-Paare dar. Es handelt sich um eine bigraphische monoalphabetische Methode. Ähnlich wie bei der einfachen (monographischen) Buchstabensubstitution, beruhen Methoden zur Entzifferung von Playfair im Wesentlichen auf einer Analyse der Häufigkeitsverteilung hier der Buchstabenpaare (Bigramme). In der deutschen Sprache beispielsweise sind die Bigramme „er“, „en“ und „ch“ sehr häufig. Im Beispieltext fallen die „Doppler“ (also Bigramm-Wiederholungen) ME…ME, IK…IK, QC…QC und TE…TE sowie die „Reversen“ (Wiederholung eines umgedrehten Bigramms) CQ…QC auf, die sich in gleicher Weise im englischen Klartext wiederfinden.

Da kein Buchstabe mit sich selbst gepaart wird, gibt es nur 600 (25×24) mögliche Buchstabenkombinationen, die substituiert werden. Überdies gibt es eine Reihe von Symmetrien, die teilweise schon am obigen Beispieltext erkannt werden können. So hilft der erwähnte Klartext-Geheimtext-Zusammenhang EL ↔ CQ und LE ↔ QC beim Bruch des Textes. Ist nämlich ein Bigramm geknackt, dann ist auch sofort das reverse (umgedrehte) Bigramm bekannt. In den Fällen des Überkreuz-Schrittes gibt es darüber hinaus noch weitere Beziehungen zwischen den vier auftretenden Buchstaben in der Art (vgl. beispielsweise obere linke Ecke des Quadrats) DC ↔ EB, CD ↔ BE, EB ↔ DC sowie BE ↔ CD, die der Angreifer zur Entzifferung ausnutzen kann. Ferner hat auch die geschilderte Methode zur Erzeugung des Playfair-Quadrats Schwächen, denn es endet häufig – wie auch im Beispiel – auf „XYZ“.

Die Playfair-Verschlüsselung ist somit weit entfernt von einer allgemeinen bigraphischen Methode mit völlig willkürlicher Zuordnung der Buchstabenpaare und stellt in der heutigen Zeit kein sicheres Verschlüsselungsverfahren mehr dar. So lassen sich mit modernen Mitteln auch relativ kurze Playfair-Texte in sehr kurzer Zeit brechen.

Die erste Veröffentlichung zur Entzifferung von Playfair stammt aus dem Jahr 1914 und wurde vom US-amerikanischen Kryptoanalytiker Joseph O. Mauborgne verfasst.

Eine literarische Darstellung der Playfair-Verschlüsselung und ihrer Entzifferung findet sich im Kriminalroman „Have His Carcase“ (deutsch: „Zur fraglichen Stunde“) von Dorothy L. Sayers.

Weblinks

  • Handbuch 34-40-2 der US-Armee enthält in Kapitel 7 auch Anleitungen zur Entzifferung der Playfair-Verschlüsselung und verwandter Verfahren (englisch)

Literatur

  • Rudolf Kippenhahn: Verschlüsselte Botschaften, Geheimschrift, Enigma und Chipkarte. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1999, ISBN 3-499-60807-3
  • Fred B. Wrixon: Codes, Chiffren & andere Geheimsprachen – Von den ägyptischen Hieroglyphen bis zur Computerkryptologie. Könemann, Köln 2000, S. 217ff. ISBN 3-8290-3888-7

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