Pocci

Pocci
Franz Graf von Pocci, Foto von Franz Hanfstaengl, 1857
Franz Graf von Pocci

Der „Kasperlgraf“ Franz Graf von Pocci (gesprochen "Potschi") (* 7. März 1807 in München; † 5. Juli 1876 ebd.) war ein deutscher Zeichner, Radierer, Schriftsteller und Musiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Franz von Pocci war der Sohn des italienischen Offiziers Fabrizio, der an den bayerischen Königshof zu Kurfürst Karl Theodor gerufen wurde. Seine Mutter war eine Dresdner Baronin. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften wurde er mit 23 Jahren Zeremonienmeister König Ludwigs I. von Bayern. Dieser berief ihn 1847 zum Hofmusikintendanten und ernannte ihn 1864 zum königlich-bayerischen Oberstkämmerer.

Pocci unterstützte den Marionettentheater-Gründer Josef Leonhard "Papa" Schmidt beim schwierigen Genehmigungsverfahren für das Münchner Marionettentheater. Auf seinen Rat hin beantragte Schmidt das Theater für Kinder und Erwachsene.

Werk

Der „Kasperlgraf“ verfasste mehr als 40 Kasperlstücke für das Marionettentheater mit Themen aus der Märchen- und Sagenwelt sowie Beiträge für die Münchener Bilderbogen. Er war sehr kreativ und produktiv und hinterließ der Nachwelt unzählige Karikaturen und rund 600 Musikstücke, so zum Beispiel das Lied "Wenn ich ein Vöglein wär".

Seine Kasperlgeschichten ranken sich um den Kasperl Larifari, der jedoch kein netter Held, sondern eine eher ambivalente Figur ist. Larifari weist auch dunkle Seiten auf und ist als ein nie erwachsen gewordener Erwachsener zu verstehen. Larifari hat keine Eltern, sondern wird von einem Zauberer in ein goldenes Ei hineingezaubert und einer Henne zum Ausbrüten gegeben. Er hatte so nie die Chance, in einer intakten Familie aufzuwachsen und wird zum Blender, Trickser und Narzissten.

Gleichwohl ist Pocci nicht der Erfinder des Kasperltheaters. Beispielsweise existierten davor schon in England der Mr. Punch oder im deutschsprachigen Raum der Hanswurst. Entstanden ist die Figur des Larifari im Salzburger Land als derbes Vergnügen, das Pocci in seinen Werken kultivieren wollte.

Ehrungen

Ritter, Bild von Pocci aus Lustige Gesellschaft (1867)

In München ist nach ihm die Poccistraße und die anliegende U-Bahnhaltestelle benannt, in Landshut der Graf-Pocci-Weg.

Am 11. März 2006 wurde ihm zu Ehren in Münsing ein Denkmal errichtet: Poccis Sommerresidenz für mehr als die letzten drei Jahrzehnte seines Lebens war sein zu Münsing gehörendes Schloss Ammerland gewesen.

Zusätzlich soll in München vor dem Marionettentheater noch 2007 anlässlich seines 200. Geburtstages ein weiteres Denkmal neben dem Eingang in der Blumenstraße aufgestellt werden. Geschaffen wird es vom Künstler Ernst Grünwald. Seine Form soll an eine kleine transportable Bühne erinnern. Vor einem großen Porträt Poccis steht das Münchner Kindl, das den sich verneigenden Kasperl Larifari vorstellt.

Anlässlich des 200. Geburtstages des Künstlers zeigte die Bayerische Staatsbibliothek von 27. Juli bis 14. Oktober 2007 eine Ausstellung des Schriftstellers, Zeichners und Komponisten Pocci: Lebensdokumente, Briefe, Originalzeichnungen und Druckgrafiken.

Literatur

  • Der Allitera Verlag, München, bringt zusammen mit Monacensia, Bayerischer Staatsbibliothek und Internationaler Jugendbibliothek 2007 eine Gesamtausgabe in der edition monacensia heraus.
  • Marianne Bernhard (Hrsg.): Franz Graf von Pocci. Die gesamte Druckgraphik. Rogner und Bernhard, München 1974, ISBN 3-8077-0022-6, ISBN 3-8077-0025-0
  • Annemarie Czettritz: Franz Graf Pocci. Freund der Kinder und der Musen. Bayerische Vereinsbank, München, 1979
  • Michael Dirrigl: Franz Graf Pocci. Der Kasperlgraf; "drîer künege getriuwer kameraere". Lectura, Nürnberg 2001, ISBN 3-934772-32-3
  • Johannes Glötzner: Der nackerte Larifari - Franz Graf von Poccis Nudität-Satire. Edition Enhuber, München, 2007
  • Günter Goepfert: Franz von Pocci. Vom Zeremonienmeister zum "Kasperlgrafen". Lebens- und Schaffenswege eines universellen Talents. Verlagsanstalt Bayerland, Dachau 1999, ISBN 3-89251-265-5
  • Anna Lucas: Franz Pocci und das Kinderbuch. Mit einer Bearbeitung der Schattenspiele. Regensberg, Münster in W. 1929
  • Eckart Sackmann: "Der Staatshämorrhoidarius". In: ders. (Hg.): Deutsche Comicforschung 2007. Comicplus, Hildesheim 2006, ISBN 3-89474-168-6, S. 16-32.
  • Reinhard Valenta: Franz von Poccis Münchener Kulturrebellion. Alternatives Theater in der Zeit des bürgerlichen Realismus. Ludwig, München 1991, ISBN 3-7787-2117-8 (zugleich Dissertation der Universität Konstanz)
  • Franz Wolter: Franz von Pocci als Simplizissimus der Romantik. Schmidt, München, 1925

Weblinks


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