Polizeiausbildung in Nordrhein-Westfalen

Polizeiausbildung in Nordrhein-Westfalen

Die Polizeiausbildung in Nordrhein-Westfalen findet nur für den gehobenen Dienst statt. Voraussetzung hierfür ist mindestens die Fachhochschulreife. Die Ausbildung zum Polizeivollzugsbeamten erfolgt durch ein Studium an den Fachhochschulen für öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen.

Juristen mit bestandenem zweitem Staatsexamen können als sogenannte Seiteneinsteiger in den höheren Polizeivollzugsdienst eingestellt werden. Näheres siehe unten.

Inhaltsverzeichnis

Gehobener Polizeivollzugsdienst

Als Kommissaranwärter müssen drei Studienjahre mit anschließendem Bachelor absolviert werden. Aufgrund des Direkteinstieges ist man nach bestandenem Bachelor Kommissar im gehobenen Polizeivollzugsdienst. Zum Beginn des Studiums muss man einen komplexen Aufnahmetest absolvieren.

Seit dem 1. September 2008 erfolgt die Ausbildung der Kommissaranwärter nach einer neuen Prüfungsordnung, die mit einem Bachelor abschließt. Die nachfolgenden Angaben zum Ausbildungsverlauf beziehen sich noch auf den Diplomstudiengang.

Erstes Ausbildungs-/Studienjahr

Das erste Studienjahr unterteilt sich in die Studienabschnitte 1 und 2 sowie die Praktika 1 und 2. In den ersten beiden Studienabschnitten werden erste fachliche und rechtliche Grundlagen erarbeitet. Sie bereiten auf die folgenden Praktika vor.

Gelehrt werden Fächer wie:

Nach diesen Studienabschnitten werden die ersten Klausuren geschrieben. Es handelt sich dabei um 5 Klausuren in den Fächern Kriminalistik/ Kriminaltechnik, Einsatzlehre, Straf- und Strafprozessrecht, Verkehrsrecht/ Verkehrslehre und Eingriffsrecht. Zum erfolgreichen Abschluss des Studienabschnitts 2 müssen mindestens 3 Klausuren mit mehr als 4 Punkten bewertet werden. Dabei gilt das bekannte 15 Punkte-Schema. Bei Nichtbestehen des S 2 gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten: Entweder das gesamte erste Jahr wird wiederholt. Alle erbrachten Leistungen werden dann gelöscht und müssen erneut erbracht werden. Ein erneutes Scheitern im ersten Jahr, egal aus welchem Grund, hat die Kündigung zur Folge.

Die zweite Möglichkeit erlaubt den Übertritt in das zweite Ausbildungsjahr. In diesem Fall müssen die nichtbestandenen Klausuren mit dem Nachfolgejahrgang mitgeschrieben werden. Die bestandenen Klausuren aus dem Vorjahr werden anerkannt. Es müssen so viele Klausuren bestanden werden, dass der Kommissaranwärter auf insgesamt 3 bestandene Klausuren kommt. Gelingt dies, wird das Studium wie vorgesehen fortgesetzt. Gelingt dies nicht, erfolgt die Kündigung. Neben den Klausuren müssen zwei so genannte Fachgespräche absolviert werden. Diese zählen bei Nichtbestehen wie eine nicht bestandene Klausur. Die geprüften Fächer wechseln von Jahr zu Jahr.

Praktika P1 und P2

Die Praktika werden im Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten absolviert. Bereits uniformiert üben die Kommissaranwärter bestimmte Trainingsbausteine. Hierzu zählen unter anderem:

  • Verkehrssicherheitsarbeit/Informations- und Kommunikationstechniken
  • Verkehrsunfallaufnahme
  • Verfolgung ausgewählter Eigentumsdelikte
  • Polizeitechnisches Seminar
  • Situationstraining mit Eingriffstechniken
  • Eingriffstechniken
  • Schieß- und Nichtschießausbildung
  • Lebenserhaltende und -rettende Sofortmaßnahmen
  • Fahr- und Sicherheitstraining
  • Grundlagen für die Verwendung in Polizei-Einsatzeinheiten
  • Sport und Schwimmen

Nach Abschluss des ersten Jahres müssen die Kommissaranwärter zudem eine Sportprüfung absolviert haben. Diese beinhaltet:

  • 3000m-Lauf
  • Hindernisparcours
  • 200m Schwimmen auf Zeit

Zweites Ausbildungs/Studienjahr

Das zweite Studienjahr unterteilt sich in die Studienabschnitte 3.1 und 3.2., das Hauptpraktikum sowie eine Seminararbeit. Die Studienabschnitte vertiefen die rechtlichen Kenntnisse und bereiten auf das Hauptpraktikum vor. Während der Seminararbeit erarbeiten die Kommissaranwärter selbstständig ein Thema und fertigen dazu schriftlich eine Seminararbeit an, die vorgestellt werden kann. Am Ende der Studienabschnitte müssen erneut Klausuren bestanden werden. In diesem Fall werden sieben Klausuren geschrieben. Wie im S 2 dürfen höchstens 2 Klausuren unter 5 Punkten liegen. Es müssen zusätzlich drei Fachgespräche absolviert werden.

Das Hauptpraktikum P3

Das Hauptpraktikum ist rund sechs Monate lang und wird bei einer Polizeibehörde absolviert. Die ersten drei Monate verbringt der Kommissaranwärter im Wachdienst als dritte Person auf den Streifenwagen. Der Kommissaranwärter lernt unter Aufsicht des Tutors das selbstständige Arbeiten und das Lösen polizeitypischer Lagen wie Verkehrsunfallaufnahme, Kriminalitätsbekämpfung oder Anzeigenaufnahme. Dieser Ausbildungsteil bietet den ersten realistischen Einblick in den gewählten Beruf. Nach knapp zwei Jahren der Ausbildung wird diesem Praktikum deshalb gewöhnlich entgegengefiebert. Am Ende der Wachdienstzeit steht eine Bewertung an. Die restlichen drei Monate werden in einem angegeliederten Kriminalkommissariat absolviert. Am Ende dieser Zeit findet eine erneute Bewertung statt.

Drittes Ausbildungs/Studienjahr

Im dritten Ausbildungsjahr wird im Studienabschnitt 4 auf das Staatsexamen vorbereitet. Zudem muss eine Projektarbeit angefertigt werden, dabei erarbeiten die Kommissaranwärter in Zusammenarbeit mit einer Verwaltungs- oder Polizeibehörde ein Projekt. Anschließend folgen Repetitorien.

Abschlusspraktikum P4

Nach dem schriftlichen Staatsexamen folgt das Abschlusspraktikum 4 in einer Kreispolizeibehörde, als zweiter Mann auf dem Streifenwagen. Es wird gezielt der nahestehende Einsatz als Polizist geübt und gefestigt. Daraufhin folgen die mündlichen Prüfungen.

Jeweils zum 1. September jeden Jahres werden die Kommissaranwärter nach bestandenen Staatsexamen zum Polizeikommissar ernannt.

Dienstbezüge

Während des Studiums erhält der Student Anwärterbezüge in Höhe von etwa 900 € (netto) monatlich. Nach bestandenem Staatsexamen werden Bezüge nach der Besoldungsgruppe A 9 gewährt.

Höherer Polizeivollzugsdienst

Volljuristen werden als Seiteneinsteiger zum Polizeirat zur Anstellung (Besoldungsgruppe A 13) ernannt und erhalten anstelle einer „Ausbildung“ eine polizeipraktische Unterweisung. Ein Teil davon findet an der Deutschen Hochschule der Polizei (ehemals: Polizei-Führungsakademie) in Münster statt.

Die Probezeit beträgt in der Regel drei Jahre.

Einstellungsvoraussetzungen sind neben den für den gehobenen Dienst geltenden gesundheitlichen Anforderungen das 2. juristische Staatsexamen, wobei eines der Examina mindestens mit „befriedigend“ abgeschlossen sein muss.

Die Einstellung erfolgt nach Bedarf. Dieser richtet sich wiederum nach Freigabe der entsprechenden Planstellen durch das Landesinnenministerium. Von 1995 bis 2003 wurden alle zwei Jahre 5 Stellen ausgeschrieben. Nach einem darauffolgenden Einstellungsstopp wurde diese Praxis ab 2008 wieder fortgeführt. Zuletzt wurden im Oktober 2010 sechs Volljuristen eingestellt.

Siehe auch


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