Port-Royal-des-Champs

Port-Royal-des-Champs

Port Royal des Champs war ein Frauenkloster im Zisterzienserorden; es liegt südwestlich von Versailles, heute befindet sich dort ein Museum. Es war im 17. Jahrhundert eine bedeutende Hochburg jansenistischen Ideenguts, besonders unter der Äbtissin Angélique Arnauld (1591-1661). Die Schwestern in Port-Royal waren von der Gnadenlehre des hl. Augustinus geprägt. Ihr Zugang zum christlichen Leben basierte auf persönlicher Anspruchslosigkeit und dem Vertrauen auf Gottes Gnade.

Diese Bewegung fand in Frankreich und bis in die Niederlande viele Anhänger. Angezogen von der spirituellen Kraft, die von dieser Lehre ausging, siedelten sich einige Intellektuelle in der Umgebung des Klosters an, unter ihnen der Mathematiker und Philosoph Blaise Pascal und der Dramatiker Jean Racine.

Die Kreise um Port-Royal verstanden sich als streng katholisch und hatten Zulauf von den höheren Schichten des gebildeten Frankreich. Mit den Jesuiten, die von den Schwestern als übertrieben milde Beichtväter gesehen wurden, kam es zu erheblichen Spannungen. Auf Veranlassung Ludwigs XIV. wurde das Kloster 1710 zerstört.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Geist des Klosters. Angélique Arnauld

Das Nonnenkloster wurde 1204 in der Nähe des bereits bestehenden Klosters von Vaux-de-Cernay gegründet und früh in den Orden von Cîteaux aufgenommen.

1602 wird Jacqueline Arnauld unter ihrem Ordensnamen Angélique Äbtissin von Port Royal. Als sie 17 wurde, leitete sie einen Reformprozess ein, der die monastische Askese und Buße mehr betonen sollte. Eine Zeitlang stand sie mit Franz von Sales in Verbindung, dessen neu gegründetem Orden von der Heimsuchung Mariens (Salesianerinnen) sie beitreten wollte, er brachte sie aber wieder davon ab.

Angélique vertrat, dass jede Nonne die Heiligkeit anstreben müsse, wozu die Beobachtung innerer Regungen, Beten, Fasten, Armut, Selbstpeinigung und Werke der Nächstenliebe gehörten.

Weil das feuchte, sumpfige Klima von Port Royal vielen Nonnen nicht zuträglich war - die Malaria forderte sogar Todesopfer -, bezogen die Schwestern 1625 ein neu erworbenes Haus in Paris, Port Royal de Paris. Als es zu klein wurde, kehrte ein Teil 1648 nach Port Royal des Champs zurück. In der Zwischenzeit war viel geschehen.

Der Bischof von Langres hatte die Äbtissin für die Gründung eines Ordens zur Verehrung des Heiligen Sakraments gewonnen. Zwar kam es bald wieder zum Zerwürfnis, weil beide ganz unterschiedliche Auffassungen darüber hatten, wie das in Paris neu zu errichtende Kloster ausgestattet werden sollte - Angéliques Schwester Agnès wurde schließlich dessen Äbtissin. Aber die ununterbrochene Anbetung des Heiligen Sakraments spielte für Port-Royal von da an eine wichtige Rolle.

Saint-Cyran und die Einsiedler

Die Petites Écoles

Als eine erbauliche Schrift von Agnès wegen theologisch problematischer Äußerungen von der Sorbonne verurteilt wurde, erschien eine anonyme Verteidigungsschrift, als deren Verfasser sich Jean Duvergier de Hauranne, der Abt von Saint-Cyran herausstellte - unter dem letzteren Namen ist er auch bekannt. Saint-Cyran, ein Freund und Schüler des Gründers der französischen Oratorianer, Pierre de Bérulle, galt nach dessen Tod als Haupt der dévots, der strenggläubigen Katholiken, und Angélique Arnauld und ihre Nonnen machten ihn zu ihrem geistlichen Führer. Unter dem Eindruck seiner Persönlichkeit ließen sich ab 1638 Antoine Le Maître, ein Neffe Angéliques, und mehrere seiner Brüder und Freunde, darunter Le Maître de Sacy, der spätere Gesprächspartner Pascals, in Port Royal des Champs nieder: Sie bezogen einige Scheunen in der Nähe des Klosters (Les Granges) und gründeten die Petites Écoles, Schulen mit einem anspruchsvollen Ausbildungsprogramm, die zu einem Anziehungspunkt für die französische Oberschicht wurden. U. a. wuchs Racine hier später als Waise auf. Aus der Lehr- und Forschungstätigkeit der "Solitäre von Port-Royal" gingen neben anderen bedeutenden Werken die Grammaire générale et raisonnée von Antoine Arnauld, Angéliques berühmtem jüngerem Bruder, die Logique ou l'Art de penser von Arnauld und Pierre Nicole, und die einzige französische Bibelübersetzung des 17. Jahrhunderts hervor.

Nachdem Frankreich 1635 unter Richelieu auf der Seite der protestantischen Fürsten in den Dreißigjährigen Krieg eingetreten war, sah dieser in den strenggläubigen Katholiken eine erhebliche Bedrohung, vor allem in dem Kreis, der sich in Port-Royal heranbildete, und setzte deshalb 1638 kurzerhand Saint-Cyran gefangen. Obwohl die Prüfung von dessen Schriften keine häretischen Inhalte ergab, blieb die Haft fünf Jahre bestehen. Saint-Cyran starb kurz nach seiner Freilassung 1643 und wurde rasch als Märtyrer gesehen. Die Messieurs von Port-Royal stellten sich im Aufstand der Fronde ab 1648 auf die Seite der Gegner des Königs und seines Kardinals und zogen sich damit eine langdauernde Feindschaft des Hofes zu.

Beginn der Auseinandersetzung um Jansen

Zur selben Zeit entspann sich der Streit um das 1640, zwei Jahre nach dem Tod des Verfassers, veröffentlichte Buch Augustinus des vormaligen Bischofs von Ypern und Professors der Universität Löwen, Cornelius Jansen, eines Freundes von Saint-Cyran. Bereits 1597 bis 1607 war von der päpstlichen Kongregation De auxiliis der Gegensatz zwischen den Ansichten jesuitischer Theologen über die menschliche Willensfreiheit und der orthodox katholischen Lehre von der absoluten Abhängigkeit des Menschen von göttlicher Gnade, die auf Augustinus zurückgeht, verhandelt worden. Die jesuitische Lehre stand lange Zeit vor der Verurteilung, aber weil der Papst (Paul V.) auf die Jesuiten politisch angewiesen war, entschied er stattdessen, dass das Problem nicht mehr diskutiert werden dürfe. Auf diese Entscheidung beriefen sich nun die Jesuiten angesichts des Buches Jansens. 1641 wurde es von Urban VIII. mit der Bulle In eminenti apostolatus specula verurteilt, samt aller Schriften, die sich argumentativ damit beschäftigen sollten.

Antoine Arnauld setzte sich über dieses Verbot hinweg und versuchte ab 1644 in mehreren Schriften zu zeigen, dass Jansen gerade im Sinn der päpstlichen Kongregation von 1597 geschrieben hatte. Von seinen Gegnern wurde ihm jedoch vorgeworfen, er verbreite Gedankengut der Genfer Calvinisten bzw. betreibe überhaupt die Unterminierung des Christentums. In anderen Schriften griff er zur selben Zeit die jesuitische Praxis der Sakramentenspende und die für die damalige Zeit ungeheuer liberalen moralischen Vorstellungen der Jesuiten an – Initiativen, bei denen er nun wiederum zahlreiche Unterstützer hatte.

Die fünf Thesen und das Formular

1649 erklärte der Syndikus (Anwalt) der Sorbonne, er habe in Examensarbeiten fünf häretische Thesen entdeckt, die dem Augustinusbuch Jansens entstammten. Die Thesen waren so formuliert, dass sie sowohl orthodox katholisch wie auch „häretisch“ gelesen werden konnten – was Arnauld in seiner Reaktion sofort herausstrich – , und wörtlich von Jansen stammte nur eine. Als der Fall dem Papst vorgelegt wurde, wandte sich auch Arnauld an diesen, aber Innozenz X. entschied 1653 mit der Bulle Cum occasione gegen ihn und legte fest, dass die Thesen in Jansens Buch enthalten seien, wobei es an ihm, dem Papst, liege, festzustellen, in welchem Sinn sie vom Autor gemeint seien.

Arnauld empfahl zunächst, die päpstliche Verurteilung der fünf Thesen zu akzeptieren, da sie ja nicht in dem Sinn verurteilt würden, in dem Jansen sich ausgedrückt habe. Die Frage spaltete seine Parteigänger, Pascal z. B. wollte sich auf eine solche Spitzfindigkeit nicht einlassen. Während eine andere Stellungnahme Arnaulds von seinen Gegnern benutzt wurde, um ihn in einem umstrittenen Verfahren mitsamt 60 weiteren Doktoren, die ihn unterstützten, aus der Sorbonne auszuschließen, veröffentlichte Pascal 1656 und 1657 – anonym – seine Lettres Provinciales (Briefe in die Provinz), worin er die Auseinandersetzung aus ihrer akademischen und theologischen Sphäre herausholte und die Schachzüge der Jesuiten und der Sorbonne vor einem begeisterten Publikum lächerlich machte.

1656 bestätigte ein neuer Papst, Alexander VII., die Bulle seines Vorgängers und verurteilte die fünf Thesen erneut. Im Jahr darauf beschloss die Versammlung der französischen Kleriker ein Formular mit einem Glaubensbekenntnis, das die Verurteilung der fünf Thesen enthielt und von allen Gläubigen unterschrieben werden sollte. Die meisten Angehörigen des Klosters Port Royal weigerten sich, jetzt auch Antoine Arnauld – worauf der Erzbischof von Paris sie von den Sakramenten ausschloss. 1664 gab Alexander VII. in seinem eigenen Namen ein Formular ähnlichen Inhalts für alle Kleriker und Nonnen zur Unterschrift heraus. Der Widerstand hielt an, selbst einige Bischöfe widersetzten sich. Alexander kündigte an, ein Kirchengericht einzuberufen. Aber dann starb er.

1660 wurden die Schulen von Port Royal geschlossen. Die Äbtissin Angélique, die in ihren letzten Lebensjahren kämpferisch Briefe geschrieben hatte, starb 1661 voller Angst um ihr eigenes Seelenheil und das der ihr anvertrauten Nonnen. Ihre Schwester Agnès überlebte sie um zehn Jahre.

Ausgerechnet die Einsetzung des Kirchengerichts entzweite Ludwig XIV. mit dem Papst, da er bei der Bestimmung der Mitglieder seine eigenen Interessen und die der gallikanischen Kirche nicht gewahrt sah. Außerdem wurde auch am Hof die Unterstützung der Jansenisten stärker. Der neue Papst, Clemens IX., wich vor dieser Front zurück und stimmte bezüglich des päpstlichen Formulars einem Kompromiss zu, der den Jansenisten für einige Jahre Ruhe gewährte.

Die Spätphase

Die Klosterruinen

Zu einem Konflikt mit der Krone kam es erneut, als der König größere Einkünfte aus unbesetzten Kirchenpfründen forderte – nun unterstützten die jansenistischen Bischöfe Rom gegen den König. 1679 wurden die Schulen von Port Royal erneut geschlossen. Antoine Arnauld, der in den Jahren davor ein größeres Werk abgeschlossen hatte, worin er die jansenistische Position gegen den Protestantismus und Calvinismus abgrenzte, emigrierte 1679 nach Belgien und Holland, wo er 1694 starb.

1701 flammte der Streit um den Jansenismus auch in der Kirche wieder auf, als die Frage aufkam, ob einem Kleriker, der sich offen zu jansenistischen Positionen bekannte, die Sakramente gespendet werden dürften. Die kirchlichen Stellen sprachen sich einmütig dagegen aus, die Jansenisten widersetzten sich, worauf Clemens XI. 1705 die Bulle Vineam Domini erließ, in der er ein "respektvolles Schweigen" der Jansenisten, worauf man sich eine Zeitlang mehr oder weniger verständigt hatte, für nicht ausreichend erklärte und erneut ihre Unterschriften forderte. Als die Nonnen von Port Royal sich auch diesmal widersetzten, wurde dem Kloster durch eine weitere päpstliche Bulle der Status als Kloster aberkannt. Der Königshof unterstützte die Maßnahme und ließ die Nonnen im Herbst 1709 auf die umliegenden Klöster verteilen. Im Jahr darauf wurde Port Royal des Champs bis auf die Grundmauern zerstört, selbst die Toten in den Gräbern wurden umgebettet.

Bedeutende Mitglieder und Anhänger

Literatur

  • Grégoire: Les ruines des Port Royal des Champs, 2. Auflage, Paris 1809.
  • Hermann Reuchlin: Geschichte von Port-Royal. Der Kampf des reformirten und des jesuitischen Katholicismus unter Louis XIII und XIV. 2 Bände. Hamburg, Gotha: Perthes 1839 und 1844
  • Ludwig Lekai: Geschichte und Wirken der weißen Mönche (The White Monks. [Deutsch]). Der Orden der Cistercienser. Deutsche Ausg. hrsg. v. Ambrosius Schneider. Mit 126 Illustr. und Bildern. Köln 1958.
  • Karl August Ott: Einleitung, in: Blaise Pascal: Briefe in die Provinz. Les Provinciales (Blaise Pascal: Werke. Heidelberger Ausgabe, hg. v. K. A. Ott, Bd. 3), hg., eingel. u. komm. von K. A. Ott, Heidelberg 1990, S. XV-XCV
  • Die Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG), 3. Aufl., Tübingen 1957-1965, Artikel "Port Royal" (M. Schmidt), "Jansenismus" (P. Honigsheim) und "Antoine Arnauld" (W. Maurer)
  • Reinhold Clausjürgens: Erkenntnis und Sprache in Port-Royal. Rekonstruktion und Geschichte einer Theorie der Repräsentation, Universität Bielefeld, 1984
  • In Peter Handkes Novelle Don Juan (erzählt von ihm selbst) aus dem Jahr 2004 figuriert das Kloster als Schauplatz, an dem der Erzähler – wie so oft bei Handke ein Verehrer des Peripheren, Randständigen − Bekanntschaft mit einem postmodernen Don Juan macht.

Weblinks


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