- Possen
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Der Possen ist ein denkmalgeschütztes Ensemble aus Gebäuden und einer Parkanlage des 18. und 19. Jahrhunderts. Es befindet sich 3,5 km südlich von Sondershausen auf einer Hochfläche (420 m NN) der Hainleite in Thüringen.
Inhaltsverzeichnis
Name
Die Herkunft des Namens Possen ist urkundlich nicht eindeutig belegt. Daher gibt es eine Unzahl von Auslegungen. Sie reichen vom Personennamen „Pozzo“ bis zu einer ständig wiederholten Legende über eine Angehörige des Fürstenhauses, die sich unter Verwendung des Wortes Possen über das neue Jagdschloss geäußert haben soll. Der Name „Zum Possen“ trat erstmalig 1738 nach einem Umbau des Jagdschlosses auf. Eine etymologische Herleitung des Wortes im Zusammenhang mit dem Zeitpunkt seines Auftretens kann eine Erklärung geben. Ausgehend vom frühneuhochdeutschen „posse, bosse“, in der Bedeutung von „Zierrat, Beiwerk“, entlehnt aus dem altfranzösischen „boce“, trat im 16. Jahrhundert ein Bedeutungswandel im Sinne von „Scherz, lustiger Streich“ ein. Auf einer Karte Sondershausens von 1783 findet man die Bezeichnung "Bossen". Daraus wurde das Verb „bossieren, poussieren“ in der Bedeutung „lustig sein, scherzen, Possen treiben“. Daher ist anzunehmen, dass für das renovierte Jagdhaus 1738 der Name „Zum Possen“ gewählt wurde, um lediglich einen Ort zu bezeichnen, wo man - im Gegensatz zur höfischen Etikette – lustig sein, scherzen und allerlei Possen treiben konnte. Der Jagdschlossname wurde dann in verkürzter Form zur Bezeichnung für die Umgebung dieses Hauses. Die Flur „Vogelgesang“ änderte ihre Bezeichnung zu „Possen“.
Geschichte
Mit der Jahreszahl 1670 wird ein Jagdhaus mit dem Namen „Zum neuen Jagdhaus auf dem Oberspierschen Forste“ in Urkunden erwähnt. Bei diesem Namen muss angenommen werden, dass es davor schon ein älteres Haus gab. Wegen baulicher Veränderungen zwischen 1732 und 1738, die Fürst Günther I. von Schwarzburg-Sondershausen veranlasste, trat erneut eine Namensänderung ein. Bis 1737 hieß das Gebäude „Jagdschloss auf dem Vogelgesang“, ein Jahr später, mit Abschluss der Umbauarbeiten, bekam es den Namen „Zum Possen“. Es folgten Ausbauten der Wohn-und Wirtschaftsgebäude von 1760 bis 1762. Dieses Haus nutzte ab1828 das Forstamt Oberspier. Der entthronte Fürst Günther Karl I. fand hier eine Bleibe von 1835 bis 1837. Ab 1867 wurde die Pferdezucht wieder aufgenommen. Ein ständiges Problem war die Wasserversorgung. Das Wasser wurde in Fässern mit dem Pferdegespann vom oberen Spierenbrunnen, der 700 m nordöstlich liegt, geholt. Unter dem Fürsten Günther Friedrich Carl II. (Regierungszeit 1835 – 1880) entstanden die Reithalle, das Wildgehege (für Hirsche und Vögel) und ein Bärenzwinger. Auch begannen zu dieser Zeit die Vorbereitungen zum Bau des Possenturmes. Aus dem nicht kultivierten Gelände wurden eine Parkanlage mit historischer Wegeführung, Sichtachsen und großflächigen Wiesen. Nach der Abdankung des Fürsten 1918 ging das Anwesen in den Besitz des Landes Thüringen über. Mitte der 1960er Jahre wurde das Gebiet zum Naherholungszentrum ausgebaut. Südlich des Possenturms entstanden 1976 bis 1979 eine Bungalowsiedlung sowie eine Gaststätte. Auf den großen Wiesenflächen fanden Betriebssportfeste, Pferdesport- und Musikveranstaltungen statt. Nach der Wende blieb der Possen ein beliebtes Ausflugsziel in Nordthüringen und nennt sich nun „Freizeitpark“.
Gegenwärtige Nutzung
Nach Aussage des Pächters (2007) wird der Possen jährlich von 120 000 bis 150 000 Menschen besucht. Auf dem Gelände des „Freizeit- und Erholungspark Possen“ finden Veranstaltungen wie beispielsweise Hundeschauen statt.
Gebäude
Jagdschloss
Das Jagdschloss ist eine Vierflügelanlage um einen geschlossenen Hof mit Wirtschafts-und Wohngebäuden aus verputztem Fachwerk. Das Hauptgebäude hat auf der Südseite einen übergiebelten Mittelrisalit, der eine Wappentafel, eine Sonnenuhr und Trophäenplastiken trägt. Diese Dekoration ist um 1890 entstanden. Das zweigeschossige Hauptgebäude wird von einem Mansarddach gedeckt. Im Innern ist im Obergeschoss noch die barocke Raumstruktur erhalten. Die ehemalige Hofküche befand sich im Ostflügel. Darunter liegen die Kelleranlagen. Sonst ist das Hauptgebäude nicht unterkellert.
Reithalle
Mit Wiederaufnahme der Pferdezucht 1867 wurde eine Reithalle notwendig. Diese ist ebenfalls ein Achteckbau, wie der Possenturm und das Achteckhaus (1707) in Sondershausen auf dem Schlossberg. Das flach angelegte Pyramidendach besteht aus acht Seitendreiecken. Eine Hallendecke fehlte. Sie wurde erst 1967 aus Energiespargründen eingezogen. Während des 2. Weltkrieges diente die Halle als Kriegsgefangenenlager. Nach der Rekonstruktion 1967 wurde die Reithalle zum „Ringcafé“. Die Wetterfahne auf der Dachspitze trägt den kaiserlichen Doppeladler. Er befindet sich im Wappen der Schwarzburger, nachdem diese 1697 in den Reichsfürstenstand erhoben worden waren. Der Verbindungsbau zum Reitstall wird heute als Gaststätte genutzt. Heute ist die ehemalige Reithalle eine Freizeithalle mit der Möglichkeit, Billard- und Tischtennis zu spielen.
Possenturm
Der Possenturm gilt als der älteste und höchste Aussichtsturm Europas, der in Fachwerk errichtet wurde. Der Aussichtsturm wurde 1781 innerhalb von 11 Monaten erbaut und steht auf einem Hausteinsockel. Die Turmhöhe misst 42,18 m. Er diente auch als Landmarke bei der Vermessung des Schwarzburger Landes. Der Besucher erreicht über 214 Stufen die Aussichtsplattform oberhalb der Turmhaube. Der achteckige, achtgeschossige Fachwerkbau trägt eine spätbarocke, auskragende Schweifhaube mit Aussichtsplattform und Laterne. Die Stockwerke verjüngen sich nach oben. Ein jedes hat 4 Fenster, jeweils nach den Himmelsrichtungen. Ursprünglich war die Aussichtsplattform offen. Sie wurde während des 2. Weltkrieges durch Fenster geschlossen und diente als Luftbeobachtungsstand. Die beim Neubau angebrachte Uhr wurde 1786 auf den Sondershäuser Schlossturm verlegt. Die erste Renovierung des Turmes war bereits 1867 notwendig. Der erneute Verfall sollte 1965 durch das Anbringen von Wellblech an fünf Seiten aufgehalten werden. Unter dem Blech kam es zu Pilz- und Bakterienbefall, sodass im Jahre 2002 wegen akuter Einsturzgefahr der Turm für den Besucherverkehr gesperrt werden musste. Durch die Bauarbeiten bis 2004 ist der Turm renoviert, stabilisiert und mit einem neuen Außenanstrich versehen worden. Das Wellblech wurde durch eine gut belüftete Wetterschutzschale aus Lärchenbrettern ersetzt.
Bärenzwinger
Der Bärenzwinger entstand ebenfalls in der Neugestaltungsphase des Possens nach 1867. Er ist ein nach oben offener Rundturm mit einem Zinnenkranz. Vier höhlenartige Räume auf der Südseite dienten als Futter- und Bärenkammern. Die jungen Bären wurden 1867 von den Prinzen des Fürstenhofes aus einem Jagdgebiet in den Karpaten geholt, nachdem man 3 Muttertiere erlegt hatte. Die Tiere aus dem heute noch vollständig erhaltenen Bärenturm wurden noch zu DDR-Zeiten in einen neuen Käfig an anderer Stelle umgesiedelt. Nach Protesten von Tierschützern wurde dieser 1998 erweitert. Zwei Braunbären leben nun in einem Gehege, das den (heutigen) gesetzlichen Vorgaben entspricht.
Wildgatter
Das Wildgehege entstand in der 2. Hälfte de 19. Jahrhunderts. Heute sind auf einem weiträumigen Gelände Damwild, Rotwild, Muffelwild, Wildschweine und Hängebauchschweine zu beobachten. In den Volieren leben Fasane und andere Vogelarten. Südlich des Parkplatzes gibt es einen Haustierbereich.
Schaubrunnen
Als 1976/77 eine Trinkwasserleitung nach Oberspier gebaut wurde, stieß man bei den Erdarbeiten auf einen alten Brunnen. Er war 1761/62 gebaut worden und in Vergessenheit geraten. Er hatte eine Tiefe von 38 m. Es wurden noch 2 weitere Brunnen gegraben. Einer befand sich am heutigen Spielplatz (1858, 46 m tief), ein anderer lag südlich der Reithalle (1922, 14 m tief). 1987 wurde im Auftrage der Denkmalpflege der älteste Brunnen rekonstruiert. Überdachung und Brunnenbrüstung sind nachempfunden, da die damalige Gestaltung nicht bekannt ist.
Literatur
- Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. Akademie-Verlag, Berlin, 1989, S. 1303
- Architekturführer DDR, Bezirk Erfurt, VEB Verlag für Bauwesen, Berlin, 1979.
- Günther Lutze: Mitteilungen des Vereins für Deutsche Geschichte und Altertumskunde in Sondershausen, Sondershausen, Heft 6, 1921.
- Edmund Döring: Mitteilungen des Vereins für deutsche Geschichts- und Altertumskunde in Sondershausen. 6. Heft, Sondershausen, 1931.
- Denkmalerfassung Kyffhäuserkreis. Thüringisches Landesamt für Denkmalpflege, Erfurt, 1998.
Weblinks
- "Sehlust" am Possenstein, ein Beitrag zum Possenturm bei Monumente Online
- http://www.harz-online.de/index.html?/ridh/sondershausen/fepark_possen/
51.33888888888910.858055555556420Koordinaten: 51° 20′ N, 10° 51′ O
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