Power-Gamer

Power-Gamer

Als Powergamer (kurz: PG) wird unter Rollenspielern ein Typ von Spieler bezeichnet, der das Rollenspiel als einen Konkurrenzkampf untereinander versteht. Er ist vor allem in Online-Rollenspielen wie Ultima Online und World of Warcraft verbreitet. Die Bezeichnung wird häufig abschätzig und beleidigend benutzt. In Computerspielen, die nicht vom Rollenspiel beeinflusst sind (v.a. Egoshooter, z.B. Counterstrike), wird der Begriff meist für eine im Spiel erfahrene und überlegene Person verwendet und ist positiv belegt.

Inhaltsverzeichnis

Regelauslegung

Bei den meisten Spielern herrscht die Ansicht, dass es im Rollenspiel kein klar definiertes Ziel gibt außer dem, Spaß zu haben und durch eigene Beiträge und konsequentes Spiel eine möglichst tiefe und authentische Atmosphäre zu schaffen. Ein Powergamer dagegen sieht es als Spielziel an, sich gegenüber seinen Mitspielern einen Vorteil zu verschaffen. Dieser Vorteil besteht meistens darin, die Fähigkeiten seines Avatars (der Charakterfigur) möglichst zu maximieren und die bestmögliche Ausrüstung zu erlangen. Mittel der Wahl ist dabei entweder das Auslegen der Regeln zum eigenen Nutzen oder das Ausnutzen von Lücken im Regelwerk.[1]

Ein weiterer Unterschied besteht in dem Verhältnis zur Spielfigur. Die meisten Rollenspieler sehen es als reizvoll an, ihren Avatar möglichst authentisch zu spielen, das heißt neben seinen Stärken auch seine Schwächen zu berücksichtigen, und diese glaubhaft in das Verhalten der Figur mit einfließen zu lassen. Ein Powergamer dagegen sieht beim Erstellen seines Avatars in erster Linie die Stärken, und versucht die Schwächen entweder zu ignorieren oder durch Lücken im Regelwerk auszugleichen beziehungsweise "wegzuerklären". Auch andere Grenzen des eigenen Charakters sind für den Powergamer nicht wichtig, es zählen allein die Vorteile.

Bei Online-Rollenspielen versuchen Powergamer auch häufig, bestimmte Bugs, also Fehler in der Systemprogrammierung, ausfindig zu machen, und diese für sich zu nutzen. Wenn das "Powergaming" beginnt Regeln zu brechen (und nicht wie üblich sie bloss zu biegen), also offen zu schummeln, nennt man diese Spieler Munchkin.

Beispiele

Aus dem Rollenspiel "Das Schwarze Auge":

  • Laut dem DSA-Regelwerk kann eine Hexe ein persönliches Stück Holz mit einer speziellen Hexensalbe bestreichen und so flugfähig machen. Am glaubwürdigsten ist dabei der bekannte Hexenbesen. Bekannt sind jedoch auch Fälle, in denen Spieler darauf bestanden, dass ihre Hexe einen speziellen Hartholzharnisch mit Hexensalbe bestreichen dürfe, der ihr beim Tragen einen relativ großen Rüstungsschutz geben würde. In anderen Fällen wollten Spieler eine Lanze bestreichen, um damit im Flug Lanzenreiten zu können.

Aus dem Rollenspiel "Dungeons and Dragons", 3. Edition:

  • Ein oft zitiertes Paradebeispiel für Regelmissbrauch ist der "Bag-o-Rats Fighter". Der Charakter lässt zu Beginn eines Kampfes einen Sack voll Ratten fallen, tötet diese mit einem sog. Wirbelwindangriff, und erhält dank eines weiteren Talents (Great Cleave) für jede getötete Ratte einen freien Angriff gegen jeden weiteren Gegner in Reichweite. Diese Methode entsprach den Buchstaben der Regeln, aber nicht ihrem Geiste. Diese Regellücke wurde in D&D 3.5 durch Änderung des Wirbelwindangriffes geschlossen.

Aus dem Rollenspiel "Shadowrun":

  • In früheren Editionen dieses Systems war es regeltechnisch unmöglich, durch eine einzige Schadensquelle sofort zu sterben; es blieb in jedem Fall noch Zeit für Rettungsmaßnahmen. Technisch gesehen konnte man z. B. inmitten einer großen Ansammlung von Gegnern mit mehreren Kilo Plastiksprengstoff eine gewaltige Explosion auslösen, die Gegner somit auslöschen, und dann den eigenen, tödlich verwundeten Charakter vom (vorerst in Deckung gebliebenen) Zauberer des Teams bequem magisch heilen lassen.

Aus dem Online-Rollenspiel "Ultima Online":

  • Das Umgehen der maximalen Tragkraft eines Avatars, in dem man eine Last nicht in den Rucksack legt, sondern sie mit dem Cursor auf dem Boden nahe dem Avatar hinter ihm her zieht (sog. "Frogging", auf vielen Shards mittlerweile behoben).
  • Das Schmieden von Dolchen, um die Schmiede-Fähigkeiten eines Avatars möglichst schnell hochzutreiben. Da ein Dolch erheblich weniger Metallbarren erfordert als zum Beispiel ein Schwert, können Powergamer mit zum Beispiel 100 Metallbarren erheblich mehr Dolche als Schwerter produzieren. Da die Engine aber nur die geschmiedeten Gegenstände zählt, und nicht den nötigen Aufwand, steigert sie die Schmiede-Fähigkeit erheblich schneller (ebenfalls auf vielen Shards behoben).

Probleme mit anderen Rollenspielern

Die grundsätzlich auf Konkurrenz basierende Denkweise von Powergamern führt häufig zu Unmut und Frustration bei anderen Rollenspielern, die sein Verhalten als egozentrisch und dem Spielvergnügen abträglich empfinden. In der Folge kommt es in Rollenspielrunden und den Foren von Online-Rollenspielen zu Regeldebatten und Streitereien.

Das Powergaming ist weitgehend verpönt und vor allem bei Online-Rollenspielen verboten. Es existieren in den Regelwerken klare Definitionen für einen Powergamer, auf deren Grundlage Administratoren Spieler des Servers verweisen können.

Literatur

  • Robin D. Laws: Robin’s Laws of Good Gamemastering, ISBN 1-55634-629-8
  • Der Spielstil der Powergamer wird in dem Kartenspiel Munchkin parodiert.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.sven-lotz.de/kombinat/article.php?id_article=14

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