- President elect
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Als President-elect (wörtlich: gewählter Präsident) wird in den Vereinigten Staaten eine Person bezeichnet, die in der Präsidentschaftswahl zum kommenden Präsidenten gewählt wurde, dieses Amt aber noch nicht angetreten hat.
Inhaltsverzeichnis
Grundlagen
In den Vereinigten Staaten gilt derjenige als President-elect, der zum Präsidenten gewählt wurde, aber noch nicht in das Amt eingeführt wurde. Da die USA ein mehrstufiges Wahlsystem haben, gilt der Zeitpunkt der Wahl, und damit der Zeitpunkt der Wahl zum President-Elect als nicht eindeutig definiert. Nicht angewendet wird der Begriff für einen amtierenden Präsidenten, der für eine sich direkt anschließende zweite Amtszeit gewählt wurde.
Mehrere Gesetze regeln die besondere Stellung des President-elect. Ihre Intention ist meist die Ermöglichung einer reibungslosen Amtsübernahme vom scheidenden Präsidenten insbesondere in Fragen der nationalen Sicherheit.
Durch die Erwähnung in der Verfassung erhält die Institution des President-elect Verfassungsrang ohne strenggenommen ein wirkliches Amt mit einer zugewiesenen Funktion und formellen Machtbefungnissen zu sein. De facto hat aber der wahrscheinliche, nächste gewählte Präsident ab dem Zeitpunkt seines feststehenden Wahlsieges am nationalen Wahltag einen großen informellen Einfluss auf die amerikanische Politik.
Populäre Betrachtung
Nach weit verbreiteter Praxis wird derjenige als President-elect tituliert, der am nationalen Wahltag Anfang November als Sieger hervorgeht.[1] Als Sieger gilt derjenige, der eine absolute Mehrheit der Wahlmännerstimmen auf sich vereinigen konnte. Diese Betrachtungsweise folgt der populären Vorstellung, dass der Präsident de facto immer am nationalen Wahltag - daher meist auch als Präsidentschaftswahl bezeichnet - durch das Volk gewählt wird und die Wahlmänner de facto kaum eine Rolle bei der Wahl des Präsidenten spielen. Streng nach der Verfassung ist diese Vorstellung jedoch falsch. Kein Verfassungsartikel oder nationales Gesetz bindet die Wahlmänner an das Wahlergebnis vom November. Die Wahlmänner sind frei in ihrer Wahl. Manche Staaten haben jedoch Gesetze verabschiedet, um zu verhindern, dass die Wahlmänner entgegen dem Wählerwillen in ihrem Staat abstimmen. In der Tat haben die Wahlmänner in der Geschichte der USA nur selten eine nicht erwartungsgemäße Stimme abgegeben oder die Wahl entscheidend „verfälscht“.
Dieser weit verbreiteten Vorstellung trägt The Presidential Transition Act[2] (deutsch: Gesetz über die Amtsübergabe des Präsidenten) von 1963 Rechnung. Um eine reibungslose Amtsübergabe zu ermöglichen, weist dieses Gesetz dem „offensichtlichen“ Gewinner der Präsidentschaftswahl ein Budget, Arbeitsräume und weitere Privilegien zu. Erklärt wird der offensichtliche Gewinner frühest möglich durch den Vorsitzenden der General Services Administration. Es ist unter anderem üblich, dass der angehende Präsident Geheimdienstberichte zur Sicherheitslage und Personenschutz erhält. Der offensichtliche Gewinner wird in diesem Gesetz bereits als President-elect betitelt. Konsequenterweise titulierte sich beispielsweise auch der Sieger der Präsidentschaftswahl 2008, Barack Obama, bereits vor Zusammentritt des Wahlmännerkollegiums als President-elect.
Verfassungsgemäße Betrachtung
Aufgrund der Besonderheiten des amerikanischen Wahlsystems kann genau genommen erst die Person als gewählter Präsident bezeichnet werden, die vom Wahlmännerkollegium oder im Ausnahmefall vom Repräsentantenhaus gewählt wurde. Das Wahlmännerkollegium tritt rund sechs Wochen nach dem nationalen Wahltag zusammen. Die Stimmzettel dieser eigentlichen Präsidentenwahl werden aber erst Anfang Januar in einer gemeinsamen Sitzung des Repräsentantenhauses und des Senats ausgezählt und das Ergebnis festgestellt. Strenggenommen wird also erst Anfang Januar ein Kandidat gemäß dem 20. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten President-elect. Der President-elect wird unabhängig von seiner Vereidigung mit Ablauf der Amtszeit des scheidenden Präsidenten zum Präsidenten der Vereinigten Staaten. Ergibt sich im Wahlmännerkollegium keine absolute Mehrheit für einen Kandidaten, so bestimmt das Repräsentantenhaus den nächsten Präsidenten in einer Wahl. Der gewählte Kandidat ist unmittelbar nach Abschluss dieser Wahl der President-elect.
Verschiedene Rechtsgutachten[3][4] des Kongresses haben sich aber mit der Frage des genauen Zeitpunktes der Wahl des President-elect auseinandergesetzt. Sie legen nahe, dass derjenige Kandidat unmittelbar zum President-elect wird, der die absolute Mehrheit der Wahlmännerstimmen erhält bzw. derjenige der im Repräsentantenhaus gewählt wird. Die Wahl erfolgt also demnach in der Regel bereits am Tag des Zusammentritts des Wahlmännerkollegiums.
Nachfolgeregelungen
Eine praktische Folge dieser verschiedenen Vorstellungen zum Zeitpunkt der Wahl zum President-elect tritt im Falle des Ablebens des President-elect ein. Wurde dieser bereits vom Electoral College (oder vom Repräsentantenhaus) gewählt, wird gemäß dem 20. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten automatisch der gewählte neue Vizepräsident am Tag des Amtszeitendes des scheidenden Präsidenten zum neuen Präsidenten. Stirbt ein Kandidat nach seinem Wahlsieg am nationalen Wahltag und vor seiner Wahl durch die Wahlmänner, so könnte das Wahlmännerkollegium nach eigenem Ermessen einen anderen Nachfolger bestimmen. Wahrscheinlicher ist aber die Wahl eines Nachfolgers, der von der Partei des verstorbenen Wahlsiegers vorgeschlagen wird. Die großen Parteien der USA haben sich für einen solchen Fall Regelungen zum Vorgehen der Bestimmung eines neuen Präsidentschaftskandidaten gegeben.
Bisher ist allerdings keiner der beider Fälle jemals eingetreten; jeder Wahlsieger wurde in sein Amt eingeführt.
Einzelnachweise
- ↑ Matthias Roßbach, Katja Gelinsky, FAZ.net: Barack Obama. Heute wird der Präsident gewählt.
- ↑ Presidential Transition Act of 1963 (Public Law 88-277)
- ↑ Presidential and Vice Presidential Succession: Overview and Current Legislation. Congressional Research Service of The Library of Congress. 2004
- ↑ U.S. Kongress, Repräsentantenhaus: Proposing an Amendment to the Constitution of the United States, report to accompany S.J. Res. 14, 72nd Cong., 1st sess., Rept. 345 (Washington, GPO:1932). 1933.
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