Pressehütte Mutlangen

Pressehütte Mutlangen

Die Mutlanger Heide ist ein relativ kleines Gelände im Ortsgebiet der Gemeinde Mutlangen im östlichen Baden-Württemberg. Überregional bekannt wurde die Mutlanger Heide durch den Armeestützpunkt, auf dem von 1983 bis 1990 Atomraketen der NATO im Rahmen des NATO-Doppelbeschlusses stationiert waren.

Geschichte

Die Mutlanger Heide wurde schon seit der Römerzeit militärisch genutzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gelände zum Stützpunkt der United States Army. Als die Sowjetunion Ende der 70er Jahre neu entwickelte Atomraketen vom Typ SS-20 stationierte, begann im Westen eine heftige Diskussion darüber, ob man nun den Sowjets unterlegen sei. Die Militärdoktrin vom „Gleichgewicht des Schreckens“ führte dazu, dass letztlich die NATO im Rahmen des Doppelbeschlusses entschied, aufzurüsten. Es sollten zusätzliche Atomraketen vom Typ Pershing II aufgestellt werden.

Als bekannt wurde, dass die NATO beabsichtigte, Raketen auch in Deutschland zu stationieren, brach heftiger Protest der Friedensbewegung hervor. Die Gegner protestierten deutschlandweit und bildeten so genannte „Friedensketten“. In Mutlangen blockierten Demonstranten immer wieder die Zufahrt zum US-Camp. Im Sommer nahmen an den Demonstrationen auch Prominente teil, wie Oskar Lafontaine, der Rhetorikprofessor Walter Jens, sowie die Ikone der damals recht neuen Grünen Partei, Petra Kelly. „Unser Mut wird langen – nicht nur in Mutlangen“, skandierten die Demonstranten damals vor den Toren des Stützpunktes.

Die Pressehütte, eine ehemalige Scheune, wurde 1983 von der Friedensbewegung als Anlaufstelle für Journalisten genutzt, die über die Prominentenblockade berichten wollten. Mit der Stationierung der nuklearen Mittelstreckenraketen Pershing II im November 1983 wurde sie Unterkunft für die Mitglieder der „Dauerpräsenz“. Aus der Pressehütte wurde der Militärverkehr zur Mutlanger Heide beobachtet und sie war Anlaufstelle für die nach Mutlangen angereisten Blockierer.

Am 22. November 1983 gab die Deutsche Bundesregierung unter dem neu gewählten Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) nach einer turbulenten Sitzung grünes Licht für die Stationierung der Raketen an drei Standorten auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland: in Mutlangen, auf der Waldheide in Heilbronn, sowie in Neu-Ulm. Trotz der Enttäuschung gingen die Demonstrationen weiter; auch während des ausgesprochen kalten Winters saßen die Atomgegner frierend und dicht aneinander gedrängt vor dem Tor der Basis auf der Mutlanger Heide.

1984 wurde die Pressehütte vom Verein Friedens- und Begegnungsstätte Mutlangen e.V. von den bisherigen Besitzern, einem Mutlanger Ehepaar, erworben.

Die zahlreichen Proteste und zeitweise in die Hunderte gehenden Demonstranten wurden aber in dem kleinen schwäbischen Ort nicht nur freudig empfangen. Obwohl viele Bewohner besorgt waren über der Gefahr durch die Atomraketen, wurde die plötzlich über den Ort hereinbrechende Medienpräsenz von vielen Mutlangern als Störung der Ortsidylle empfunden. Dazu beigetragen haben dürfte allerdings auch, dass durch die manchmal aufgeheizte Stimmung bei den Demonstranten die Proteste zeitweise recht lautstark verliefen.

Im Jahr 1990 schließlich wurden die Raketen, nach einem Abkommen zwischen der NATO und dem gerade zusammenbrechenden Warschauer Pakt, abgezogen und verschrottet. Die US-Basis wurde aufgelöst und das Gelände an die Gemeinde Mutlangen zurückgegeben.

Diese entschied sich, das Gelände zu einem Wohngebiet umzuwidmen. Die Militäranlagen wurden größtenteils geschleift. Nur zwei Depot-Bunker stehen noch. Sie werden mittlerweile von der Gemeinde als Lager für Streusalz und Altpapier genutzt.

Die Pressehütte wird seit dem Abzug der Perhing-II-Raketen 1991 als Tagungshaus für friedenspolitische Themen benutzt[1].

Die Mutlanger Heide ist heute ein neu bebautes Wohngebiet. An die wechselhafte Geschichte des Geländes erinnert außer den Bunkeranlagen ein Ende 2007 neu eingerichteter Geschichtspfad.

Literatur

  • Manfred Laduch, Heino Schütte, Reinhard Wagenblast: Mutlanger Heide. Ein Ort macht Geschichte. Remsdruckerei Sigg, Schwäbisch Gmünd 1990.

Quellen

  1. http://www.pressehuette.de/

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