- Priesterehe
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Der Zölibat (von lat. caelebs „allein, unvermählt lebend“; umgangssprachlich manchmal auch das Zölibat) bezeichnet das Versprechen, für das weitere Leben die Verpflichtung zur Ehelosigkeit zu übernehmen. Neben der römisch-katholischen kennen auch die orthodoxe, anglikanische und evangelische Kirche für Ordensfrauen und und -männer, geweihte Jungfrauen, Eremiten und Diakonissen das Versprechen bzw. Gelübde der Ehelosigkeit.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Römisch-katholische Kirche
- 2 Evangelische Reaktion und Tradition
- 3 Zölibat in der Ökumene
- 4 Siehe auch
- 5 Literatur
- 6 Weblinks
- 7 Einzelnachweise
Römisch-katholische Kirche
Der Begriff Zölibat wird insbesondere innerhalb der römisch-katholischen Kirche verwendet. Dort ist der Zölibat vor der Weihe zum Diakon durch den Canon 277 des kirchlichen Gesetzbuchs Codex Iuris Canonici vorgeschrieben. Ordensleute sind vom Tag ihres Ordenseintrittes implizit zur Ehelosigkeit verpflichtet, explizit nach der zeitlichen Profess. Es handelt sich formal um keine „auferlegte“ Verpflichtung, sondern um eine freiwillig gewählte; sie stellt jedoch eine Vorbedingung für die Priesterweihe dar. Dies gilt jedoch nicht in allen Riten der römisch-katholischen Kirche; so gibt es in den mit Rom unierten Kirchen des östlich-orientalischen Ritus keinen Pflichtzölibat.
Der Zölibat, der auch als Befolgung eines Evangelischen Rates verstanden wird, beruht auf der frei gewählten Lebensform der Ehelosigkeit „um des Himmelreiches willen“, von der Mt 19,12 EU spricht.
Die römisch-katholische Kirche kennt zudem den verheirateten Diakon im (ständigen Diakonat). Der ständige Diakon muss sich vor seiner Weihe für die Ehe oder für ein zölibatäres Leben entscheiden. Eine erneute Eheschließung nach der Weihe (etwa beim Tod der Frau oder Annullierung der Ehe) ist nur mit Erlaubnis des Papstes möglich.
In der lateinischen Teilkirche der katholischen Kirche ist für Bischöfe und Priester der Zölibat in der Regel verpflichtend, in den orientalischen Teilkirchen der katholischen Kirche wie auch in den orthodoxen Kirchen gilt er nur für Bischöfe, die meist dem Mönchsstand entstammen (wobei hin und wieder auch verwitwete Priester zum Bischof geweiht werden). Priester müssen hier ebenfalls vor ihrer Diakonatsweihe entscheiden, ob sie verheiratet oder zölibatär in den Weihestand treten wollen. Nach dem Tod der Frau scheidet eine neue Heirat auch hier aus.
Geschichte des Zölibats in der römisch-katholischen Kirche
Neuere Forschungen haben ergeben, dass es eine Zölibatsverpflichtung schon viel länger gibt, als bisher angenommen. Vor allem die Entlarvung der Aussagen eines Bischofs Paphnutius in Nicäa (325) als Fiktion hat Historiker angeregt, neu zu forschen. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen einem Ehelosigkeitszölibat und einem Enthaltsamkeitszölibat. Unter Ehelosigkeitszölibat versteht man, dass Kleriker nicht verheiratet sein dürfen; unter Enthaltsamkeitszölibat ist es durchaus möglich, dass Verheiratete die Weihen empfangen, allerdings müssen sie ab dem Tag der Weihe enthaltsam leben. Der Enthaltsamkeitszölibat wurde erstmals auf der Synode von Elvira (ca. 306) als Gesetz aufgeschrieben. Allein die Tatsache, dass in dieser Zeit etwas allgemeingültig war, bevor es rechtlich festgelegt wurde, weist darauf hin, dass die rechtliche Festlegung nicht der Beginn einer Zölibatsverpflichtung war, sondern schon eine längere Tradition bestand. Einige Historiker (Cochini, Heid et al.) sind sogar der Ansicht, der Zölibat gehe auf die apostolische Zeit zurück.
Das Nichteinhalten der Verpflichtung zum Enthaltsamkeitszölibat führte zum Übergang in den Ehelosigkeitszölibat im hohen Mittelalter. Hierdurch entstand die gängige, aber irrige Meinung, der Zölibat habe seinen Ursprung im Mittelalter.
Im Jahre 1022 ordnete Papst Benedikt VIII. auf der Synode zu Pavia gemeinsam mit Kaiser Heinrich II. an, dass alle Geistlichen künftig nicht mehr heiraten durften. Da es für Priester üblich wurde, die Heilige Messe täglich zu zelebrieren, spielte dabei vor allem die kultische Reinheit eine Rolle, aber auch die Tatsache, dass sonst Kirchenbesitz an die Kinder der Geistlichen vererbt worden wäre. Verstöße gegen den Zölibat wurden mit Kirchenstrafen belegt, und bereits verheirateten Geistlichen wurden Amt und Besitz entzogen.
Zur Zeit von Nikolaus II. wurde durch die Lateransynode von 1059 jenen Priestern die Zelebration der Heiligen Messe verboten, denen ein notorisches Konkubinat nachgewiesen werden konnte.
In Deutschland wagten nur drei Bischöfe, die römischen Dekrete zu verkünden. Der Bischof von Passau wäre vom Klerus beinahe gelyncht worden und wurde schließlich vertrieben. Gerade Geistliche des niederen Klerus waren besonders betroffen, und zu tausenden protestierten sie gegen die neuen Gesetze. Allein in der Diözese Konstanz waren 3600 Geistliche auf einer Synode.[1]
Bis zum Zweiten Laterankonzil 1139 gab es sowohl verheiratete als auch unverheiratete Priester, die vom Zeitpunkt ihrer Weihe an zur sexuellen Enthaltsamkeit aufgerufen waren. Bei jenem Konzil wurde festgelegt, dass „höhere Kleriker, die geheiratet haben oder eine Konkubine halten, [...] Amt und Benefizium [verlieren]“ (in Kanon 6) und die Messen von Priestern, die eine Ehefrau oder Konkubine haben, „nicht mehr gehört werden“ dürfen (in Kanon 7). Im gleichen Zuge wurde die Priesterweihe im Rechtsverständnis der römisch-katholischen Kirche zu einem trennenden Ehehindernis – was sie bis heute ist.
Seither stellt der Zölibat eine unabdingbare Zugangsvoraussetzung (conditio sine qua non) für den Empfang der Priesterweihe in der Lateinischen Kirche (im Unterschied zu den meisten Unierten Kirchen) der römisch-katholischen Kirche dar. Der Papst kann allerdings ohne nähere Begründung Dispens von der Ehelosigkeit auch für Angehörige des Lateinischen Ritus erteilen (can 1049 CIC), wovon er aber nur in seltenen Fällen Gebrauch macht – derzeit ausschließlich bei zum Lateinischen Ritus der römisch-katholischen Kirche konvertierten, verheirateten evangelischen oder anglikanischen Geistlichen, die von einem Bischof zur Priesterweihe zugelassen werden (s. Zölibatsdispens).
Erfolglose Initiativen zur Aufhebung des Pflichtzölibats wurden noch im 15. Jahrhundert sowohl auf dem Konzil von Konstanz als auch auf dem Konzil von Basel unternommen.
Bis zum Konzil von Trient (1545–1563) kam es jedoch vor, dass Priester mit Konkubinen zusammenlebten. Ihnen wurde dafür in der Regel eine hohe Geldstrafe auferlegt; oft machten die zu zahlenden Beträge mehr als ein Jahresgehalt aus. So wuchs etwa der Zürcher Reformator Ulrich Zwingli bei einem Onkel auf, der als Priester im Bistum Konstanz mit Konkubine und Kindern zusammenwohnte. Auch Zwingli selbst lebte während seines priesterlichen Dienstes in Zürich in einer festen Beziehung. Später heiratete er dann seine Konkubine.
Die Einführung des priesterlichen Zölibats wurde im Mittelalter jedoch nicht nur von der kirchlichen Obrigkeit gefordert und durchgesetzt: Auch das einfache Volk forderte unverheiratete Priester. Diese Forderung durch Laien war Teil einer innerkirchlichen Reformbewegung, die gleichfalls gegen Missstände wie Machtmissbrauch, Korruption (Simonie und Vetternwirtschaft) in der Kirche kämpfte.
Seit der Trullanischen Synode 691 gingen die Teilkirchen im Osten im Hinblick auf die Priesterehe einen anderen Weg als die des Westens, wo sich die Entwicklung hin zu einer allgemeinen Verpflichtung der Priester zur Ehelosigkeit, wie sie denn auch 1139 tatsächlich kam, immer weiter verfestigte. So kommt es, dass bis heute in der orthodoxen Kirche und in den katholischen Ostkirchen nur Bischöfe zum Zölibat verpflichtet sind – Priester jedoch nur, wenn sie zum Zeitpunkt ihrer Priesterweihe unverheiratet waren. In der Regel treten diese dann in den Mönchsstand ein.
Begründungen
Die Begründungen für die Einführung des Zölibatsgesetzes damals und das Festhalten daran bis zur Gegenwart waren und sind vielfältig. Die Kirche ist sich bewusst, dass der Zölibat kein göttliches Gebot ist.
Der Ruf Jesu
Der Ruf zur Nachfolge in einem Leben nach den Evangelischen Räten geht auf Jesus Christus selbst zurück.
Kultische Reinheit
Zunächst ist hier der Aspekt der kultischen Reinheit zu nennen, der bereits im Alten Testament bei den jüdischen Priestern in Bezug auf ihren Tempeldienst eine Rolle spielte (wobei diesen jedoch nach den Mosaischen Gesetzen die Heirat erlaubt war (3. Buch Mose Kapitel 21)). So hat sich das Argument der kultischen Reinheit wegen der täglichen Zelebration des Heiligen Messopfers zwar seit der frühen Kirche bis hin zum 2. Vatikanischen Konzil als Aspekt offizieller Denk- und Lesart vatikanischer Verlautbarungen erhalten, wurde aber letztlich unter dem Eindruck der Rückbesinnung dieses Konzils auf die biblischen Aussagen fallengelassen.
Ökonomische Gründe
Einen weiteren Beweggrund, der zur Festschreibung des verpflichtenden Zölibats im 11. Jahrhundert führte, sieht man in dem Versuch der römischen Kirche, die Reduzierung der von Priestern verwalteten kirchlichen Pfründen zu verhindern. Diese Pfründen wurden durch den notwendigen Lebensunterhalt der Familie verheirateter Priester sowie durch Erbschaft dezimiert. Die in der mittelalterlichen Gesellschaft übliche Vererbung der Ämter des Vaters auf den Sohn führte zu Konflikten mit dem zentralistischen Selbstverständnis der Kirche. Durch die Bekräftigung der Zölibatsverpflichtung für Priester wurde verhindert, dass legitime Söhne das Priester- oder Bischofsamt übernehmen konnten. Zugleich erfolgte mit dieser Regelung eine Sicherstellung der Gleichheit des Zugangs zum Priesteramt, insofern prinzipiell und im Idealfall jeder männliche Laie, der die nötigen Bedingungen erfüllte, unabhängig von der gesellschaftlichen Stellung oder von Reichtum und Besitz dieses Amt übernehmen konnte.
Gesellschaftliche Stellung
Ein weiterer Aspekt ist die gesellschaftliche Stellung des Priesters, verbunden mit entsprechendem Prestige. Im Christentum bildete sich alsbald eine Zwei-Stände-Kirche (Klerus und Laien) heraus, innerhalb derer der Klerus die gesellschaftlich höhere Position sowie (über viele Jahrhunderte damit verbunden) Macht und Besitz innehatte. Hinzu kam die höhere Bildung der Kleriker und ihr damaliges Ansehen als „bessere Christen“, das durch den Zölibat noch untermauert werden sollte. Relativiert wurde dieser Aspekt freilich durch das biblische Ideal des Dienens statt des Herrschens, dem insbesondere die Amtsträger in der Kirche folgen sollen.
Einsatzfähigkeit
Als eine weitere Begründung wird die völlige Einsatzfähigkeit und Verfügbarkeit für die Tätigkeiten im priesterlichen Dienst genannt. Ehelose Priester können sich mehr für ihre Gemeinde einsetzen und brauchen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit keine Rücksicht auf eine Ehefrau oder eigene Kinder zu nehmen. Dies gilt insbesondere für die Konfrontation mit anti-klerikalen Staaten (alleinstehende Priester sind weniger erpressbar), aber auch für das Spannungsfeld beispielsweise zwischen Familie und Beichtgeheimnis in familienrelevanten Angelegenheiten. Außerdem soll durch die Ehelosigkeit die nicht genuin befriedigte Sexualität sublimiert und in seelsorgliche Energie umgewandelt werden. Kritiker des Zölibats meinen jedoch, dass es wiederum Kraft braucht, die von Priestern in die Aufrechterhaltung der zölibatären Lebensform und das Sublimieren der darin nicht erwünschten Gefühle und Gedanken investiert werden muss, die ihrerseits dem pastoralen Engagement abhanden kommt. Von seiten der Laien kommt eine Kritik, die eine andere Form der Beschränkung zölibatär-priesterlichen Wirkens anzusprechen glaubt: ehelos lebende Priester besäßen demnach nicht genügend Empathie für die Sorgen und Nöte der Laien, weil ihnen die eigene Erfahrungen eines Ehelebens fehlten.
Zeichenhaftigkeit
Als entscheidend wird von der römisch-katholischen Kirche die Zeichenhaftigkeit des Zölibats als Verweis auf das Himmelreich angesehen, wo es nach kirchlicher Lehre jedenfalls die Gottes- und Nächstenliebe geben wird, jedoch nicht mehr die Ehe und die sexuelle Vereinigung von Mann und Frau (vgl. Mt 22,30 EU). Wer die heilige Bindung der Keuschheit um des Himmelreiches willen lebt [2], legt dadurch Zeugnis ab für die im Glauben erwartete zukünftige Welt, in der die menschliche Liebe für Frauen und Männer ihre definitive Erfüllung finden wird. Zugleich wird gegenüber einem einseitig spiritualistischen oder dualistischen Verständnis betont, dass in diesem künftigen Lebensstand auch die eheliche Liebe ihre Vollendung erfährt und in diese Vollendung mit der Auferstehung auch die leibliche Herrlichkeit eingeschlossen ist. Ehe und Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen werden so jeweils zu einem Zeichen der alles übersteigenden Liebe Gottes zu den Menschen.
Charisma
Unter den theologischen Argumenten spielt insbesondere das Verständnis des Zölibats als Charisma, als Geschenk Gottes eine Rolle. Gegner des Zölibats meinen jedoch, dass denjenigen, denen die charismatische Ehelosigkeit tatsächlich gegeben worden ist, keine Verpflichtung bräuchten, da sie freiwillig diese Lebensform wählten. Außerdem betonen sie, dass die Berufung zum Priestertum von der Berufung zur Ehelosigkeit zu trennen sei, und verweisen unter anderem auf das Zweite Vatikanische Konzil, das die Ehelosigkeit für das Priestertum zwar nicht als notwendig, jedoch als „angemessen“, bezeichnet und für den Bereich der lateinischen Kirche daran festhält:
„Die Kirche hat die vollkommene und ständige Enthaltsamkeit um des Himmelreiches willen, die von Christus dem Herrn empfohlen, in allen Jahrhunderten bis heute von nicht wenigen Gläubigen gern angenommen und lobenswert geübt worden ist, besonders im Hinblick auf das priesterliche Leben immer hoch eingeschätzt. Ist sie doch ein Zeichen und zugleich ein Antrieb der Hirtenliebe und ein besonderer Quell geistlicher Fruchtbarkeit in der Welt. Zwar ist sie nicht vom Wesen des Priestertums selbst gefordert, wie die Praxis der frühesten Kirche und die Tradition der Ostkirchen zeigt, wo es neben solchen, die aus gnadenhafter Berufung zusammen mit allen Bischöfen das ehelose Leben erwählen, auch hochverdiente Priester im Ehestand gibt.“
– Presbyterorum Ordinis, 16
Bibelstellen
Folgende Bibelstellen beziehen sich auf die Ehelosigkeit:
„Manche sind von Geburt an zur Ehe unfähig, manche sind von den Menschen dazu gemacht und manche haben sich selbst dazu gemacht – um des Himmelreiches willen.“
– Matthäus 19,12 EU: Diese Stelle wurde teilweise wörtlich genommen, so etwa von Origenes, der sich deswegen selbst entmannt haben soll.
„Ich wünschte, alle Menschen wären (unverheiratet) wie ich [(Paulus)].“
– 1. Korinther 7,7 EU
„Was die Frage der Ehelosigkeit angeht, so habe ich kein Gebot vom Herrn. Ich gebe euch nur einen Rat als einer, den der Herr durch sein Erbarmen vertrauenswürdig gemacht hat. Ich meine, es ist gut wegen der bevorstehenden Not, ja, es ist gut für den Menschen, so zu sein.“
– 1. Korinther 7,25f EU
„Ich wünschte, ihr wäret ohne Sorgen. Der Unverheiratete sorgt sich um die Sache des Herrn; er will dem Herrn gefallen. Der Verheiratete sorgt sich um die Dinge der Welt; er will seiner Frau gefallen. So ist er geteilt. Die unverheiratete Frau aber und die Jungfrau sorgen sich um die Sache des Herrn, um heilig zu sein an Leib und Geist. Die Verheiratete sorgt sich um die Dinge der Welt; sie will ihrem Mann gefallen. Das sage ich zu eurem Nutzen: nicht um euch eine Fessel anzulegen, vielmehr, damit ihr in rechter Weise und ungestört immer dem Herrn dienen könnt.“
– 1. Korinther 7,32–35 EU
„Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, ja sogar sein Leben gering achtet, dann kann er nicht mein Jünger sein.“
„Wenn nämlich die Menschen von den Toten auferstehen, werden sie nicht mehr heiraten, sondern sie werden sein wie die Engel im Himmel.“
Den Zölibat mit der Bibel zu begründen ist allerdings nicht überzeugend, denn es gibt auch Bibelstellen über die Ehe von Geistlichen:
„Er soll nur eine Jungfrau heiraten. Eine Witwe, eine Verstoßene oder eine Entehrte, eine Dirne, darf er nicht heiraten; nur eine Jungfrau aus seinem Stamm darf er zur Frau nehmen; sonst würde er seine Nachkommenschaft unter seinen Stammesgenossen entweihen; denn ich, der Herr, bin es, der ihn heiligt.“
„Wegen der Gefahr der Unzucht soll aber jeder seine Frau haben und jede soll ihren Mann haben.“
– 1. Korinther 7,2 EU
„Deshalb soll der Bischof ein Mann ohne Tadel sein, nur einmal verheiratet, nüchtern, besonnen, von würdiger Haltung, gastfreundlich, fähig zu lehren; er sei kein Trinker und kein gewalttätiger Mensch, sondern rücksichtsvoll; er sei nicht streitsüchtig und nicht geldgierig. Er soll ein guter Familienvater sein und seine Kinder zu Gehorsam und allem Anstand erziehen.“
– 1. Timotheus 3,2–4 EU
Nichtbiblische Kritik
Karl Herbst meint in seinem Buch „Der wirkliche Jesus“: Die Geschlechterliebe ist in ihrer Wurzel eine begehrende. Die Liebe Gottes dagegen ist eine schenkende Liebe (Agape). Wenn jemand die Gottesherrschaft so annimmt wie Jesus, „verschenkt“ er sich selbst an alle, anstatt irgendeinen begierig zu lieben und erotisch zu beherrschen. Die Leute, die Liebe Gottes nicht kennen, meinen dann, er mache sich zum „Eunuchen“.
Bruch des Zölibatsversprechens
Trotz Zölibatsverpflichtung gibt es römisch-katholische Priester, die Beziehungen eingehen und im Rahmen solcher Beziehungen auch Kinder zeugen. Aufsehen erregte 1995 der Fall von Hansjörg Vogel, der als Bischof von Basel zurücktrat, als bekannt wurde, dass er Vater würde.
Da Priester kirchenrechtlich zur Ehelosigkeit und damit implizit zum Leben in Enthaltsamkeit verpflichtet sind, werden solche Beziehungen von den Betroffenen meist geheimgehalten. Es existieren keine zuverlässigen Quellen über die Zahl solcher Beziehungen und der in ihnen geborenen Kinder. Manche Quellen sprechen von einigen Tausend betroffenen Kindern in Deutschland.[3]
Hamburgs Weihbischof Hans-Jochen Jaschke empfahl der katholischen Kirche, nachdem er von der Deutschen Bischofskonferenz um Stellungnahme in einem Interview zu diesem Thema gebeten worden war, offener mit der Situation von Priestern umzugehen.[4]
Diskussion innerhalb der römisch-katholischen Kirche
Die Regelung der verpflichtenden Ehelosigkeit wurde durch die gesamte Kirchengeschichte hindurch kontrovers diskutiert, und in der Gegenwart werden die Stimmen – auch von kirchlichen Amtsträgern – lauter, die eine Abschaffung des Zölibatsgesetzes fordern. Man betont, dass es biblisch keine Verankerung der Ehelosigkeitsverpflichtung für Priester gibt, sondern verheiratete Amtsträger vorausgesetzt werden (1 Kor 9,5 EU; 1 Tim 3,2 EU). Vor allem, da in den Evangelien von der „Schwiegermutter des Petrus“ gesprochen wird (Matthäusevangelium 8,14 EU; Markusevangelium 1,30 EU; Lukasevangelium 4,38 EU). Die Frage, inwieweit sexueller Missbrauch durch Priester mit der Zölibatsverpflichtung oder aber mit der affektiven Unreife der betroffenen Priester zusammenhängen, heizt die Diskussion um den Zölibat gelegentlich an.
Die Diskussion um den Zölibat wird auch durch die in vielen Ländern stark zurückgehende Zahl katholischer Priester angeregt.[5][6] In vielen Gemeinden (der westlichen Welt) kann wegen dieses Priestermangels keine sonntägliche Eucharistiefeier mehr stattfinden. Als Folge des Priestermangels kommt es in den Bistümern zu Fusionen der Kirchengemeinden und zur Schaffung von Pfarrverbänden. Gegen den „angemessenen“, aber nicht notwendigen Zölibat stehe das Recht der Gläubigen auf den Empfang der Sakramente, zumal der Eucharistie, wenden Kritiker ein.
In der Bischofssynode in Rom von 2005 wurde der Zölibat zwar thematisiert, aber eine Mehrheit zur Reform unter den Bischöfen fand sich nicht.[7] 2006 bestätigt der Präfekt der Kongregation für den Klerus Kardinal Claudio Hummes, dass der Zölibat kein Dogma sei.[8] Im Nachsynodalen Apostolischen Schreiben vom 13. März 2007 bestätigt Papst Benedikt XVI. den Zölibat der Priester. [9]
Evangelische Reaktion und Tradition
Johann Eberlin von Günzburg
Eine der ersten reformatorischen Schriften, die sich kritisch mit dem Zölibat auseinandergesetzt haben, stammt von Johann Eberlin von Günzburg. Eine Schrift von 1522, die in Augsburg verlegt wurde, trägt den vielsagenden Titel: Wie gar gefährlich es sei, wenn ein Priester keine Ehefrau hat! Er greift dort mit biblischen und historischen Gründen den Zölibat an und schildert dessen öffentliche Schädlichkeit. Er appelliert an die Bischöfe, ihren Widerstand gegen die Priesterehe aufzugeben.
Martin Luther
Bereits 1520 fordert Martin Luther in seiner Schrift An den Christlichen Adel deutscher Nation von des Christlichen standes besserung,[10] dass der Zölibat abgeschafft werden solle.
Schon im Juni 1525 verabschiedete sich Martin Luther vom Mönchsgelübde (Augustiner) und vom Zölibat, indem er Katharina von Bora heiratete und Kinder zeugte. Es war eine Ehe zwischen einem Priester und einer Nonne. In einem Brief an Georg Spalatin schreibt er am 16. Juni 1525: „Ich habe mich durch diese Heirat so verächtlich und gering gemacht, dass alle Engel, wie ich hoffe, lachen und alle Teufel weinen mögen. Die Welt und ihre Klugen verstehen dieses fromme und heilige Werk Gottes noch nicht und machen es an meiner Person gottlos und teuflisch“.[11]
Einen Tag später schreibt Luther an Michael Stiefel: „Bete Du für mich, dass Gott meinen neuen Lebensstand segne und heilige. Denn die Klüglinge sind mächtig erzürnt, auch unter den Unseren. Sie müssen erkennen, dass die Ehe Gottes Werk sei“.[12]
Unter den „Unseren“ befand sich beispielsweise auch Philipp Melanchthon, der den Bruch Luthers mit dem Zölibat zunächst nicht verstand und nicht billigte.
Justus Menius
Die Oeconomia christiana vom "thüringischen Reformator" Justus Menius, zu der Luther eine dreizehn Seiten lange Vorrede schrieb, gehört zum lutherischen Eheschrifttum, das sich im 16. Jahrhundert kritisch mit dem Zölibat auseinandersetzte. Die zölibatären Stände der Mönchsorden und des katholischen Klerus haben in dieser Ordnung keinen Platz mehr. Daher rührt die hohe Bedeutung, die die Lutheraner dem Ehe- und Hausstand in den Auseinandersetzungen mit dem Papsttum zumaßen: Er war das Gegenmodell zum "widernatürlichen" Zölibat, mit dem ihrer Ansicht nach die katholischen Geistlichen in selbstüberheblicher Weise ihre Gottgefälligkeit beweisen wollten.
Confessio Augustana
Artikel 23 der Confessio Augustana von 1530 bündelt dann die Überlegungen der Reformation. Der Bekenntnistext formuliert: Der Priester darf heiraten, weil Gottes Schöpfungsordnung die Ehe vorsieht (1. Mose 1,27LUT). Fernerhin ist es sogar seine Pflicht zu heiraten, wenn er anderenfalls in Unzucht fallen würde (1. Kor 7,2LUT.9LUT).
Zölibat in der Ökumene
Neue Überlegungen zum Zölibat formulierte Frère Roger Schutz aus Taizé für seine ökumenisch geprägte Communauté de Taizé. In seiner Regel aus Taize schreibt er: "Wenn das Zölibat eine größere Verfügbarkeit dafür schafft, für Gottes Sache zu sorgen, kann man es nur annehmen, um sich noch mehr dem Nächsten hinzugeben mit der Liebe Christi selbst".[13]
Siehe auch
- Kirchenreformen des 11. Jahrhunderts
- Nikolait, Lehrerinnenzölibat, Zölibatsklausel, Josefsehe, Misogamie, Vita consecrata, Evangelische Räte
- Dekret Presbyterorum Ordinis über Dienst und Leben der Priester (Zweites Vatikanisches Konzil, vom 7. Dezember 1965)
Literatur
- Pierre Bourdieu: Le Bal des célibataires: Crise de la société paysanne en Béarn, Paris, Seuil, 2002, ISBN 2-02-052570-4
- Johannes Bours und Franz Kamphaus: Leidenschaft für Gott. Ehelosigkeit, Armut, Gehorsam. Freiburg 1991, ISBN 978-3451194351
- Christian Cochini: Apostolic Origins of Priestly Celibacy. San Francisco 1990.
- Georg Denzler: Die Geschichte des Zölibats. Herder, Freiburg 2002, ISBN 3-451-04146-4
- Antje Flüchter: Der Zölibat zwischen Devianz und Norm. Kirchenpolitik und Gemeindealltag in den Herzogtümern Jülich und Berg im 16. und 17. Jahrhundert, Böhlau 2006, ISBN 3-412-34105-3
- Stefan Heid: Zölibat in der frühen Kirche. 3. Auflage. Schöningh, Paderborn 2003, ISBN 3-506-73926-3
- Horst Herrmann: Die Heiligen Väter. Päpste und ihre Kinder. Aufbau Taschenbuch-Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-7466-8110-3
- Hubertus Mynarek: Eros und Klerus. Vom Elend des Zölibats. Econ, Wien und Düsseldorf 1978, ISBN 3-426-03628-2
- Uta Ranke-Heinemann: Eunuchen für das Himmelreich. Katholische Kirche und Sexualität., Hoffmann und Campe, Hamburg 1988: aktuelle, wesentlich erweiterte Taschenbuch-Neuausgabe: Heyne, München 2003, ISBN 978-3-453-16505-2
- Agoston Roskovány: Coelibatus, et Breviarium. Duo gravissima clericorum officia, e monumentis omnium seculorum demonstrata. Tomus IV. Literatura de coelibatu. Beimel & Kozma, Pest 1861 (Digitalisat) – Bibliographie der Literatur zum Zölibat vom 1. Jh. n. Chr. bis 1859
- A. W. Richard Sipe: Sexualität und Zölibat. Schönigh, Paderborn/München/Wien/Zürich 1992, ISBN 3-506-78559-1
- Alfons Maria Stickler: Der Klerikerzölibat. Maria Aktuell, Abensberg 1994, ISBN 3-930309-08-4
- Marc Trémeau: Der gottgeweihte Zölibat. Sein geschichtlicher Ursprung und seine lehrmäßige Rechtfertigung. Das Neue Groschenblatt, Wien 1981, ISBN 3-900378-01-0
- Vereinigung katholischer Priester und ihrer Frauen e. V. (Hrsg.): Lebenswege – Hoffnungswege. Pro Business, Berlin 2004, ISBN 3-937343-41-5
- Heinz-Jürgen Vogels: Priester dürfen heiraten. Biblische, geschichtliche und rechtliche Gründe gegen den Pflichtzölibat. Köllen, Bonn 1992, ISBN 3-88579-060-2
- Hans Conrad Zander: Zehn Argumente für den Zölibat. Ein Schwarzbuch. Patmos, Düsseldorf 1997, ISBN 3-491-72375-2
- Hartmut Zapp: Zölibat II. Kanonisches Recht. In: Lexikon des Mittelalters, Bd. 9, Sp. 665
- Jacobsen, Friedberg: Cölibat. In: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche (RE). 3. Auflage. Band 4, Hinrichs, Leipzig 1898, S. 204–208.
- „Gottes heimliche Kinder, Töchter und Söhne von Priestern erzählen ihr Schicksal.“, von Annette Bruhns und Peter Wensierski, 239 Seiten, Verlag Dtv, 2006, ISBN 978-3423342742
- …weil mein Vater Priester ist, von Karin Jäckel und Thomas Forster, 398 Seiten, Verlag Lübbe, 2002, ISBN 978-3404615032
- Sag keinem, wer dein Vater ist. Das Schicksal von Priesterkindern. von Karin Jäckel, 285 Seiten, Verlag Lübbe, 2004, ISBN 978-3404605439
- Bernhard Schimmelpfenning: Zölibat und Lage der „Priestersöhne“ vom 11. bis zum 14. Jahrhundert, in: Historische Zeitschrift Bd. 227, Heft 1, August 1978, S. 1-44, Neudruck in: Ders.: Papsttum und Heilige. Kirchenrecht und Zeremoniell. Ausgewählte Aufsätze, hrsg. v. Georg Kreuzer und Stefan Weiß, ars et unitas, Neuried 2005, S. 133-176, ISBN 3-936117-62-4
Weblinks
Zölibat in der römisch-katholischen Kirche
- „Zölibat – Pflicht oder Liebe?“ – Informationen der Karl-Leisner-Jugend
- Papst Johannes Paul II. über den Zölibat
- Schwieriges Reden über den Zölibat
- Der Zölibat – sinnvolle oder überkommene Tradition?
- Vereinigung katholischer Priester und ihrer Frauen (VkPF)
- „Priester ohne Amt“ (Österreich)
- Initiativgruppe der vom Zölibat betroffenen Frauen (Deutschland)
- Verein der vom Zölibat betroffenen Frauen (Schweiz)
- Vatikan bekräftigt Wert des Zölibats
- Lexikon: "Kirche & Glauben - Kurz & Bündig"
Zölibat in evangelischer Sicht
Einzelnachweise
- ↑ Hans Küng: Das Christentum - Wesen und Geschichte, Piper, München 1994, ISBN 3-492-03747-X.
- ↑ Nachsynodales Apostolisches Schreiben Vita Consecrata, 1996
- ↑ Wenn Priester Väter werden. Das Leiden der verbotenen Kinder., Spiegel vom
- ↑ Welt: Priesterkinder - Kirche bricht Tabu
- ↑ „Katholische Priestervereinigung sieht Anzeichen zur Abschaffung des Zölibats“, ShortNews vom 14. September 2005
- ↑ „Zölibat ist ein unmenschliches, überholtes Kirchenrecht“, Wiesbadener Kurier vom 10. September 2005
- ↑ „Bischofssynode besteht auf Zölibat“, Netzeitung vom 15. Oktober 2005
- ↑ Kostenpflichtiger Bereich des Standards"
- ↑ Vatikan:Sacramentum Caritatis
- ↑ Martin Luther: An den Christlichen Adel deutscher Nation von des Christlichen standes besserung
- ↑ Brief Martin Luthers an Georg Spalatin vom 16. Juni 1525, zitiert in der deutschen Ausgabe Albrecht Beutel (Hg.): Martin Luther – Briefe an Freunde und an die Familie; München 1987; ISBN 3-406-32054-6; S. 18–19.
- ↑ Martin Luther an Michael Stiefel, Brief vom 17. Juni 1525, zitiert in der deutschen Ausgabe Albrecht Beutel (Hg.): Martin Luther – Briefe an Freunde und an die Familie; München 1987; ISBN 3-406-32054-6; S. 20.
- ↑ zitiert nach: "Ehelosigkeit in christlichen Gruppen", in: Evangelischer Erwachsenenkatechismus. Kursbuch des Glaubens, hrsg. von der Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands, Güterloh 1977, 3. Auflage, S.655-656 ISBN 3-579-04900-3, Zitat von Frère Roger auf Seite 656
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