Progressive supranukleäre Ophthalmoplegie

Progressive supranukleäre Ophthalmoplegie
Klassifikation nach ICD-10
G23.1 Progressive supranukleäre Ophthalmoplegie
(Steele-Richardson-Olszewski-Syndrom)
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Die progressive supranukleäre Blickparese (PSP: Progressive supranuclear palsy, auch: Steele-Richardson-Olszewski-Syndrom) ist eine degenerative Erkrankung des Gehirns, speziell der Basalganglien. Die Basalganglien sind Bereiche im Gehirn, die eine wichtige Rolle bei der Steuerung automatischer Bewegungen spielen. Ihre Schädigung kann zu Problemen beim Bewegen und beim Halten des Gleichgewichtes, bei der Augensteuerung, der Schlucksteuerung und der Sprechsteuerung führen. PSP ist verwandt mit der Parkinsonschen Krankheit, die Krankheiten ähneln sich in vielen Symptomen. Nicht selten wird die geringer verbreitete PSP für eine Parkinson-Erkrankung gehalten. PSP wird mit anderen Parkinson-ähnlichen Erkrankungen unter dem Begriff atypische Parkinson-Syndrome oder Parkinson-plus zusammengefasst.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die progressive supranukleäre Blickparese (PSP) wurde erstmals 1964 von John Steele, Clifford Richardson und Jerzy Olszewski beschrieben. Der Neurologe Richardson war von einem Freund konsultiert worden, der über Unbeholfenheit, Sehprobleme und leichte Vergesslichkeit klagte. Richardson beobachtete den Verlauf der Erkrankung und entdeckte ähnliche Symptome auch bei anderen Patienten. Olszewski und Steele, ebenfalls Mediziner, hatten die Läsionen, die sie in den Gehirnen verstorbener Patienten mit vergleichbarer Symptomatik entdeckten, untersucht.

Verbreitung

Die PSP ist eine seltene Krankheit. Trotzdem ist sie nach Morbus Parkinson die zweit-häufigste Bewegungsstörung. Man geht davon aus, dass 6−7 von 100.000 Menschen irgendwann in ihrem Leben an einer PSP erkranken (zum Vergleich Parkinson: 100–200/100.000).

Symptome

Die Symptome der PSP können sehr verschieden sein, sie treten in variierender Reihenfolge auf und verstärken sich zunehmend (progredienter Verlauf) - Symptome können aber auch ganz ausbleiben. Auf eine PSP weisen hin:

  • zunehmende Schwierigkeiten beim Bewegen der Augen, meist nach unten (= Blickparese, Blicklähmung), Doppelt-Sehen, Verschwommen-Sehen, wobei der Augenarzt keinerlei Augenprobleme feststellen kann
  • plötzliche, unvorhersehbare Stürze und Gangunsicherheit
  • Sprechprobleme: zunehmend schlechter verständlich, leise
  • Erkrankungsbeginn in der zweiten Hälfte des Lebens

Im Gegensatz zum verwandten Morbus Parkinson wird das dort charakteristische Zittern oder Schütteln von Armen und Beinen (Tremor) bei PSP nur selten beobachtet.

Behandlung und Verlauf

Die PSP kann derzeit nicht geheilt werden. Auch die für Parkinson typische Behandlung mit L-Dopa, die dort zur Symptomlinderung beiträgt, wirkt bei PSP entweder nur kurz oder gar nicht. Einige andere Medikamente werden eingesetzt; bislang konnte aber für keines ein eindeutig positiver Effekt auf den Verlauf oder die Symptome der PSP nachgewiesen werden. Gerade wegen der begrenzten medikamentösen Möglichkeiten sind Physiotherapie (Gleichgewichtstraining, Gangschule) und Sprechtherapie bei der Behandlung der PSP wichtig. PSP führt im Durchschnitt in 3−10 Jahren zum Tode, wobei schluckstörungsbedingte Lungenentzündungen (Aspirations-Pneumonien), Stürze und Infektionen zu den häufigsten Todesursachen zählen.

Ursachen

Über die Ursachen konnten Steele, Richardson und Olszewski im Jahre 1964 nur spekulieren, und auch heute weiß man noch nicht genau, wie es zu einer PSP kommt. Eine These geht davon aus, dass bei Vorliegen einer genetischen Prädisposition eine giftig wirkende Substanz (Neurotoxin) unter bestimmten Bedingungen PSP auslösen kann. Hinweise auf diese These gab das gehäufte Auftreten von PSP-ähnlichen Erkrankungen auf den Inseln Guam (hier: Lytico-Bodig) und Guadeloupe. Auf beiden Inseln scheinen in der Natur vorkommende Substanzen die Krankheiten auszulösen. Alternative Hypothesen gehen z.B. von einer Infektion mit einem (bislang unbekannten) Virus aus.

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