- Prokurist
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Prokura (ital. procura, Vollmacht, von lat. procurare, für etwas Sorge tragen, zu pro, für, und cura, Sorge) ist eine handelsrechtliche Vollmacht mit gesetzlich festgelegtem Inhalt (Formalvollmacht), die ausdrücklich und persönlich erteilt werden muss. Sie ermächtigt nach deutschem Handelsrecht gemäß § 49 Abs. 1 HGB „zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt“.
Handelsgewerbe meint hier jede gewerbliche Tätigkeit, also auch Produktion oder Dienstleistungen. Gewöhnliche Geschäfte und Rechtshandlungen sind beispielsweise der Abschluss von Lieferverträgen oder die Einstellung von Personal. Außergewöhnliche Geschäfte und Rechtshandlungen sind bsp. betriebliche Strafanzeigen, Rechtsprozesse führen, Prozessvollmachten erteilen, Darlehen aufnehmen oder Spenden vergeben. Durch die Formulierung „eines Handelsgewerbes“ deckt der Gesetzgeber sogar die Rechtsgeschäfte ab, die nicht direkt etwas mit dem Betrieb zu tun haben, bis hin zu z. B. Spekulationsgeschäften.
Die Prokura kann nur durch einen Kaufmann oder die Geschäftsführung des Formkaufmanns erteilt werden. Die Erteilung von Prokura sowie die Anmeldung der Prokura beim Handelsregister ist dem Inhaber des Handelsgeschäfts vorbehalten (vgl. §§ 48 Abs. 1, 53 Abs. 1 HGB). Die Unterschrift des Prokuristen enthält gewöhnlich einen Zusatz, typischerweise „ppa“ (per procura). Eine Beschränkung der Prokura im Innenverhältnis ist Dritten gegenüber unwirksam, da der Umfang nach außen gesetzlich definiert ist und somit Vertrauensschutz genießt. Zur Erteilung ist es notwendig, diese ausdrücklich zu erklären (vgl. § 48 HGB Abs. 1), z. B. durch eine Formulierung wie „Ich erteile [...] Prokura“. Auch die Erlaubnis, von nun an mit „ppa“ zu zeichnen (s.u.), oder die Erteilung einer Vollmacht „gem. § 49df HGB“ (s.u.) sind ausreichend. Die Erteilung der Prokura ist eine eintragungspflichtige Tatsache und muss vom Kaufmann zur Eintragung ins Handelsregister angemeldet werden (§ 53 Abs 1 Satz 1 HGB). Die Prokura gilt aber schon nach Erteilung (sog. deklaratorische Wirkung), nicht erst nach Eintragung in das Handelsregister. Es empfiehlt sich für den Prokuristen, eine schriftliche Bestätigung über die erteilte Prokura zum Beweis vorlegen zu können, bevor die Eintragung erfolgte.
Inhaltsverzeichnis
Vertretungsmacht des Prokuristen
Ein Prokurist darf etwa:
- den gesamten Geschäftsverkehr führen,
- Wechsel zeichnen,
- Prozesse anstrengen,
- Verbindlichkeiten eingehen,
- Vergleiche schließen,
- Handlungsvollmachten erteilen, die in der Regel einen geringeren Umfang als die Prokura haben,
Sofern er zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt ist, gilt für ihn selbst das Kündigungsschutzgesetz nur eingeschränkt (grundlose Beendigung gegen Abfindung, § 14 Abs. 2 KSchG, 9 Abs. 1 S. 2 KSchG).
Er darf hingegen nicht höchstpersönliche Geschäfte des Betriebsinhabers ausführen, also
- Geschäfte tätigen, die darauf ausgerichtet sind, den Betrieb einzustellen,
- den Jahresabschluss unterzeichnen,
- Prokura erteilen,
- Handelsregistereintragungen beantragen,
- Eide für den Kaufmann leisten,
- Insolvenz beantragen,
- Steuererklärungen unterschreiben.
Nur mit einer besonderen Befugnis (die ebenfalls ins Handelsregister eingetragen wird) darf der Prokurist
- Grundstücke veräußern oder belasten.
Unbeschränkbarkeit der Prokura nach außen
Innenverhältnis: Beschränkung der Prokura dem Umfang nach, z.B. durch Dienst- oder Arbeitsvertrag des Prokuristen. Diese Beschränkungen sind gegenüber Dritten unwirksam (§ 50 Abs. 1,2 HGB), daher sind auch die vom Prokuristen ohne Vertretungsmacht abgeschlossene Geschäfte für die Gesellschaft verbindlich. Der Prokurist ist der Gesellschaft dann aber zum Schadensersatz verpflichtet. Bei den folgenden Missbrauchsfällen wird die Gesellschaft nicht verpflichtet, womit der Prokurist als Vertreter ohne Vertretungsmacht haften muss (siehe dazu: § 179 BGB):
- wenn Prokurist und Geschäftspartner arglistig zum Schaden der Gesellschaft zusammenwirken
- wenn der Geschäftspartner den Verstoß des Prokuristen gegen interne Weisungen kennt oder dies in Folge grober Fahrlässigkeit nicht erkennt.
Arten der Prokura
- Einzelprokura: Die Einzelprokura ist einer Einzelperson selbstständig erteilte Prokura und ist allein vertretungsberechtigt.
- Filialprokura: Hier ist die Prokura auf eine oder mehrere Filialen / Geschäftsstellen beschränkt (vgl. § 50 Abs. 3 HGB). Eine Prokura, die sich auf alle Niederlassungen eines Kaufmanns erstreckt, bezeichnet man als Generalprokura.
- Echte Gesamtprokura: Bei der echten Gesamtprokura sind nur zwei oder mehrere Prokuristen zum gemeinschaftlichen Handeln befugt. (vgl. § 48 Abs. 2 HGB) siehe Gesamtvertretung
Erlöschen der Prokura
Die Prokura erlischt bei:
- Geschäftsinsolvenz
- Widerruf
- Beendigung des Dienstleistungsverhältnisses des Prokuristen
- Einstellung des Gewerbebetriebes oder Insolvenzeröffnung
- Tod oder Geschäftsunfähigkeit des Prokuristen
- Veräußerung des Handelsgeschäftes
Hingegen erlischt die Prokura nicht beim Tod des Geschäftsinhabers (§ 52 III HGB). Dies ist deshalb eine sinnvolle Vorschrift, weil der Prokurist im Allgemeinen lange im Betrieb beschäftigt gewesen sein wird und so am Besten dazu geeignet ist, das Geschäft fortzuführen, bis die Erben sich entschlossen haben, es fortzuführen oder zu veräußern.Erfolgt nach Widerruf der Prokura keine Löschung im Handelsregister, können sich Dritte auf das Fortbestehen der Prokura berufen (§ 15 I HGB).
Die Prokura ist nicht auf Dritte übertragbar.
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