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PSI 1 (auch PSI Recommendation 1 (CPM)) ist eine formale Projektmanagementmethode aus dem Bereich des kollaborativen Projektmanagements veröffentlicht vom ProStep iViP e.V.
Um ein partnerübergreifendes Projektmanagement zu realisieren beachtet die PSI Recommendation 1 (CPM) methodische, technologische, ablauforganisatorische sowie menschliche Aspekte im Verlauf eines unternehmensübergreifenden Projekts. Der Fokus von CPM liegt auf den Projektmanagementbereichen Terminmanagement und Aktivitätenplanung, sowie dem Kommunikationsmanagement. Diese werden harmonisiert, so dass die individuellen technischen Prozesse der einzelnen Unternehmen zu den gemeinsamen Projektzielen passen. Gemeinsame Meilensteine und Synchronisationspunkte werden definiert ohne dass die einzelnen Unternehmen zu viel ihres Know Hows preisgeben müssen.
CPM ist sowohl in unternehmensübergreifenden Projekten als auch in bereichsübergreifenden Projekten anwendbar.
Die PSI Recommendation 1 (CPM) für Projektmanagement wurde von der Automobilindustrie im Jahr 2007 unter Führung der ProStep iViP e. V. veröffentlicht. Der Einsatz in allen anderen Branchen ist möglich.
Inhaltsverzeichnis
Motivation
In der Automobilindustrie gibt es eine steigende Anzahl an Kooperationsprojekten in der Entwicklung, diese Projekte finden zwischen gleichgestellten Partnern statt und sind nicht von einem OEM dominiert. Dadurch geht der Trend weg von der stufigen Integration hin zu Netzwerken. Eine Netzwerkorganisation mit klarer Verteilung der Kompetenzen nach zu verantwortenden Teilbereichen, mit abgestimmten gemeinsamen Prozessen, mit Gültigkeit für die Zeit der Zusammenarbeit und projektgetriebenem Handeln wird notwendig. Genau dies liefert die PSI Recommendation 1 (CPM).
Entwicklung
An der Entwicklung der PSI Recommendation 1 (CPM) waren sowohl Unternehmen aus der Automobilindustrie als auch unabhängige Forschungsinstitute beteiligt.
Beteiligte Unternehmen
Actano GmbH, BMW AG, Campana & Schott Realisierungsmanagement GmbH, Continental Automotive Systems AG, Daimler AG, E1 solutions GmbH, Getoq Consulting Gesellschaft für Personal- und Organisationsentwicklung mbH, Johnson Controls GmbH, KEIPER GmbH & Co. KG, Life Cycle Engineers GmbH, Microsoft Deutschland GmbH, Parametric Technology GmbH (PTC), PartMaster GmbH, PROSTEP AG, SAP Deutschland AG & Co.KG, T-Systems International GmbH, Wilhelm Karmann GmbH, ZF Friedrichshafen AG
Beteiligte Forschungsinstitute
Technische Universität Darmstadt (DiK), Universität Kaiserslautern (VPE), University of Applied Sciences Northwestern Switzerland, Das Virtuelle Fahrzeug Forschungsgesellschaft mbH (vif)
Struktur
Die PSI Recommendation 1 als Definition des CPM besteht aus zwei Hauptdokumenten: dem Referenzmodell und dem Datenaustauschmodell. Im Referenzmodell sind die CPM Problematik, die Prozesse, die Rollen und die Werkzeuge definiert. Das Datenaustauschmodell teilt sich in ein Datenmodell und ein Austauschmodell. Als zusätzliche Dokumente sind der Implementation Guide und der Usage Guide bei dem PROSTEP iViP e. V. erhältlich.
Referenzmodell
Grundlegende Prinzipien
- Gedankliche Trennung von Fachprozessen und Projektmanagementprozessen
- Die Fachprozesse, zum Beispiel Produktentstehungsprozess, sind getrennt von den Projektmanagementprozessen zu betrachten. Das Projektmanagement wird als eigene Disziplin parallel zu den Fachprozessen durchgeführt. Die Fachprozesse bestimmen die zeitliche Einteilung und lösen Veränderungen am Projektplan aus. Sie dienen als Trigger für die Projektmanagementprozesse. Ein Austausch von Informationen findet sowohl auf technischer Ebene als auch bezogen auf das Projektmanagement statt.
- Handshake Prinzip
- Die notwendigen Informationsobjekte werden bis zur beidseitigen Bestätigung ausgetauscht, das heißt jede wesentliche Absprache gilt erst dann als vereinbart, wenn beide Partner explizit zugestimmt haben.
- Kulturelles Mapping
- Im Rahmen von CPM wurden vier Probleme identifiziert, die aufgrund von kulturellen Unterschieden zwischen Unternehmen bei kollaborativen Projekten auftauchen können.
- unterschiedliche Bezugssysteme (z. B. Sprachen, Zeitzonen, geografische Orte)
- verschiedene Terminologien
- unterschiedliches Verständnis von Arbeitsstrukturen (z. B. Arbeitsmethoden, Konfliktlösungen oder Projektmanagementsoftware)
- unterschiedliche Kommunikations- und Kollaborationsstrukturen
- Um eine Integration in Bezug auf diese vier Punkte zu ermöglichen empfiehlt CPM eine Vorgehensweise über drei Ebenen
- Individuell es sollten Teammitglieder mit besonderen interkulturellen Fähigkeiten eingesetzt werden (z. B. mehrsprachig)
- Organisatorisch Prozesse, Regeln, Rollen und Strukturen sollten klar definiert werden.
- Team es sollten Maßnahmen zur Teambildung ergriffen werden (z. B. Einführungstreffen aller Projektmitglieder)
CPM Methoden
Die CPM Methoden teilen sich auf in folgende Methodenbereiche:
- CPM Prozessbeschreibungen
- Terminmanagement
- Kommunikationsmanagement
CPM Prozessbeschreibungen
Jeder Prozess wird durch einen Trigger ausgelöst. Diese Auslöser können sowohl im voraus planbar und in der Interaktionskette festgelegt sein oder aber ungeplante notwendige Ereignisse, zum Beispiel Notwendigkeit der Durchführung einer Eskalation. Für beide Arten stehen Prozessabläufe zur Verfügung.
Folgende Prozesse sind definiert:
Planbare Ereignisse
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- Initiieren und Planen des Projekts
- Ein Antrag auf Projekteröffnung wird gestellt, in dem der grobe Rahmen des Projekts festgelegt ist. Die Planung des Projekts erfolgt gemeinsam. Während der Planung werden die Meilensteine und Synchronisationspunkte festgelegt und daraus wird die Interaktionskette erzeugt. Die Kommunikationsmatrix wird erstellt.
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- Planen der Eskalationsprozeduren
- Die Eskalationsmatrix, die Eskalationskriterien und die dazugehörigen Prozeduren werden zu Beginn des Projekts festgelegt. Zusätzlich werden allgemeine Regeln für die Eskalation festgelegt.
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- Ermöglichen von Meilensteinen
- Um die in einem Projekt vorher festgelegten Meilensteine zu erreichen, sind die vorher festgelegten Meilensteinprozesse zu durchlaufen. Hierbei findet immer eine Betrachtung des Gesamtprojektes statt.
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- Ermöglichen von Synchronisationspunkten
- Um die in der Interaktionskette festgelegten Synchronisationspunkte zu erreichen ist der vorher festgelegte Synchronisationspunktprozess zu durchlaufen. Hierbei stimmen sich die für diesen Bereich zuständigen Personen zu den für diesen Synchronisationspunkt festgelegten Inhalten ab. Beim Erreichen des Synchronisationspunktes wird nur ein bestimmter Teilbereich des Projekts betrachtet im Gegensatz zum Meilenstein.
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- Projektabschluss
- Das Projekt wird formal als beendet erklärt, die erreichten Ziele werden mit dem zu Beginn festgelegten Scope verglichen und eine Review der Lessons Learned wird abgehalten. Wird das Projekt übergeben, müssen zusätzlich die Übergabeprozesse und die neuen Rollen festgelegt werden. Außerdem muss der Projektstatus geklärt werden.
Unplanbare Ereignisse
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- (Projektmanagement) Veränderungsprozess
- Während der Durchführung eines Projekts kann eine Änderung des Projekts auf Grund von organisatorischen oder technischen Änderungen nötig werden. Technischen Änderungen sind bereits in der VDA 4965 behandelt und werden nach den dortigen Vorgaben durchgeführt. Der Changeprozess bei organisatorischen Änderungen läuft wie folgt ab. Zuerst wird die Änderung beantragt und im Anschluss der Anwendungsbereich geklärt und festgelegt. Nun folgt die Durchführung der Änderung, die anschließende Dokumentation und eventuell eine Änderung der Interaktionskette.
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- Eskalationsprozess
- Der zweite Prozess ist die Eskalation, diese wird ausgelöst durch einen im Verlauf des Projekts entstehenden Zielkonflikt. Bereits während der Projektplanung wurden die Eskalationsprozesse festgelegt, nun werden die Eskalationskriterien und die Priorität bestimmt und danach die Eskalation durchgeführt.
Terminmanagement
Das Aufgaben- und Terminmanagement im Rahmen eines kollaborativen Projekts wird durch die Interaktionskette gesteuert. In der Partnerschaftsarbeit wird eine hohe Transparenz benötigt, gleichzeitig darf dadurch aber nicht die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Unternehmen eingeschränkt werden. Die Interaktionskette bildet eine gemeinsame Basis für die Projektplanung in der Synchronisationspunkte und Meilensteine festgelegt werden, ohne das die Partner ihr spezifisches Know How preisgeben müssen. Aus der individuellen Projektplanung der Unternehmen werden mit Hilfe des planerischen Projektpfades für das Kooperationsprojekt Meilensteine und Synchronisationspunkte ermittelt. Aus den vereinbarten Interaktionspunkten wird die Interaktionskette erzeugt.
Das zu der Interaktionskette gehörende Werkzeug ist der Interaktionsplan. Für kleinere offene Punkte und zur Maßnahmenverfolgung steht das Werkzeug Issue-List zur Verfügung.
Kommunikationsmanagement
In den Bereich des Kommunikationsmanagement fällt das Festlegen von Werkzeugen und Standards die bei dem Projekt eingesetzt werden sollen, sowie die Definition der Rollen. Eine Rolle wird beschrieben durch ihre Aufgaben, Kompetenzen, Befähigung und die Verantwortungen, die sie trägt. Die Definition von Rolle weicht von der PMBOK Definition ab. Im Rahmen der CPM-Methodik werden folgende Rollen definiert.
- Projektmanager
- Subprojektmanager
- Projektteammitglied
- Steering Komitee
Das Werkzeug für die verbindliche Festlegung unter Nutzung der CPM-Rollen ist die CPM-Kommunikationsmatrix.
Werkzeuge
Für die Durchführung der oben genannten Methoden stellt das CPM Referenzmodell drei Werkzeuge zur Verfügung. Im Bereich des Aufgaben- und Terminmanagement gibt es die Issue List und den Interaktionsplan und im Bereich des Kommunikationsmanagement gibt es die CPM-Kommunikationsmatrix.
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- Issue-List
Kleinere Abweichungen vom Konzept, die für beide Partner relevant sind werden in einer einheitlichen Liste dokumentiert, zusammen mit den dafür zuständigen Personen und Ansprechpartnern. Des Weiteren können auch von der ursprünglichen Projektplanung abweichende zusätzliche Aktivitäten dadurch dokumentiert werden. Diese Liste ist allgemein zugänglich für alle Projektpartner.
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- Interaktionsplan
Die für das Partnerprojekt relevanten Meilensteine und Synchronisationspunkte aus der jeweiligen Projektplanung der Partnerunternehmen werden hier zusammengeführt und daraus ein einheitlicher Projektplan für jeden Partner erstellt. Die ausgearbeiteten Interaktionspunkte werden in einer Interaktionskette zusammengefasst, die als transparente, gemeinsame Arbeitsbasis dient, aber die Weitergabe interner Informationen verhindert.
Ein zentraler Punkt des CPM ist die Vereinfachung und Verbesserung der Kommunikation zwischen den Projektpartnern. Die CPM-Kommunikationsmatrix enthält die am Projekt beteiligten Personen, ihre Rolle und wer, mit wem, worüber verbindlich redet. Damit wird die firmeninterne Aufgabe der Mitarbeiter mit der CPM Aufgabe verbunden. Dies verhindert unnötigen Kommunikationsaufwand und den Verlust von Informationen. Außerdem werden die im Rahmen der Projektplanung entwickelten Eskalationsschritte und ihre Auslöser in der CPM-Kommunikationsmatrix dokumentiert.
Daten-Austausch-Modell
Das Datenmodell ermöglicht den Austausch von Projektmanagementdaten über Systemgrenzen hinweg. Es besteht aus einem Datenmodell und einem Austauschmodell.
Datenmodell
Die im Referenzmodell beschriebenen Rollen und Prozesse sind die Basis des Datenmodells. Das Datenmodell bezieht sich speziell auf firmenübergreifende Prozesse und das Scopemanagement, dadurch grenzt es sich von den bereits existierenden Standards OMG PLM Services, GPM DIN 69901 und Verband der Automobilindustrie QDX ab. Widersprüche zu diesen Standards werden vermieden.
Das Datenmodell besteht aus zwei Parts.
- Einen normativen Part für die verbindliche Festlegung der Dateninhalte und Zusammenhänge für den Austausch. Er beschreibt die Datenklassen für die Dokumentdaten, Projektdaten, Kollaborationsdaten und Issuedaten. Dieser Teil des Datenmodells ist verbindlich vorgeschrieben.
- Und einen Referenzpart als mögliche Verbindung zu den internen Datenmodellen der einzelnen Systeme. Dieser enthält die Beschreibung der Datenklassen für die im Referenzmodell benötigten Partnerdaten und Triggerdaten. Dieser Teil des Datenmodells ist unverbindlich und dient als Referenz.
Austauschmodell
Das Austauschmodell verwendet als Grundlage die OMG PLM Services und beschreibt wie die Daten des Datenmodells zwischen den Systemen verarbeitet werden.
Umsetzung
Die Umsetzung der CPM-Methode in Unternehmen findet in zwei Disziplinen statt.
- Technische Umsetzung Implementierung der CPM-Methode in den eingesetzten Systemen
- Methodische Umsetzung Befähigung der Projektmitarbeiter zur Anwendung der CPM-Methode
Technische Umsetzung
Die technische Umsetzung erfolgt nach dem Vorgehen des Daten-Austausch-Modells (PSI 1-2).Dazu sind in den eingesetzten Systemen, das Mapping des internen Datenmodells auf das Datenaustauschmodell durchzuführen und die notwendigen Anpassungen in der Oberfläche der eingesetzten Systeme durchzuführen. Hilfestellung kann auch der Implementation Guide oder die Mitarbeiter in der Projektgruppe „CPM-Implementorforum“ des ProSTEP i.V.i.P Vereins geben, die sich zum Ziel gesetzt hat entsprechende Projekte zu begleiten und Best Practices auszuarbeiten.
Methodische Umsetzung
Die methodische Umsetzung in die Organisationsstrukturen eines Unternehmens erfolgt nach den Vorgaben des Referenzmodells (PSI 1-1). Dazu ist die interne Organisation auf die Partnerfähigkeit zu untersuchen und gegebenenfalls anzupassen. Hilfestellung kann auch der Usage Guide oder der Besuch eines Trainings zum Thema geben. Folgende Trainings werden für die unterschiedlichen Phasen empfohlen:
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- Orientierung
- Offenes Seminar (z. B. Effizienzsteigerung in unternehmensübergreifenden Projekten siehe auch ProSTEP i.V.i.P. e. V.)
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- Roll out
- Internal training mit unternehmensspezifischen Anpassungen der CPM-Methode
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- Teambuilding Events
- Anwendung in Kollaborativen Projekten. Es haben sich in der Vergangenheit Trainings auf Basis von Boardsimulationen besonders bewährt.
Quellen
- Produktentstehung im “Collaboration”-Netzwerk, Konstruktion 4–2007, S. 64–66, VDI Verlag
- Automobil-Hersteller und Zulieferer: Neue CPM-Empfehlung für eine optimierte Kooperation", Projekt Magazin 12–2007.
Literaturverzeichnis
- Größtmögliche Transparenz, Christine Frick und Dag Plischke in Automobil Industrie 4–2007
- Entwicklungspartnerschaften- und Kooperationen – Herausforderungen an die IT-Integration, Dag Plischke in Produktdaten Journal 5–2005, ISSN 1436-0403
- Hofstede: Culture and Organizations, McGraw-Hill Publishing Co., October 2004; 2nd Rev., ISBN 0-07-143959-5
- Reinhard Wagner, Sigrid Pander: Unternehmensübergreifende Zusammenarbeit in der Automobilentwicklung durch erfahrungsgeleitete Kooperation die Grenzen der Planbarkeit überwinden, HAMPP, MERING, February 2005, 1st edition, ISBN 3-87988-904-X
Weblinks
- Web-Auftritt des ProSTEP iViP e. V. mit weiteren Informationen
- Web-Auftritt der PROSTEP AG mit Informationen über die kommerzielle Produktdatenintegration
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