Pyroelektrischer Kristall

Pyroelektrischer Kristall
Pyrosensor für Bewegungsmelder mit zwei Pyroelementen (6,5 mm Durchmesser)

Pyroelektrizität (griech. pyrein, pyro = „brennen, ich brenne“, auch: pyroelektrischer Effekt, pyroelektrische Polarisation) ist die Eigenschaft einiger piezoelektrischer Kristalle, auf eine zeitliche Temperaturänderung ΔT mit Ladungstrennung zu reagieren. Pyroelektrizität tritt nur bei piezoelektrischen Kristallen auf, jedoch nicht bei allen.

Inhaltsverzeichnis

Ursache

Bei pyroelektrischen Kristallen handelt es sich um Ionenkristalle mit permanenter elektrischer Polarisation. Erwärmt man diese oder kühlt sie ab, so laden sich die gegenüberliegenden Flächen entgegengesetzt elektrisch auf, wobei man das sich beim Erwärmen positiv aufladende Ende analoger, das andere antiloger Pol nennt.

Die resultierende Spannungsdifferenz kann an den entsprechenden Kristallkanten (Oberflächen) mit Elektroden abgegriffen werden.

Hierbei ist die Polarisation Ppy:

\Delta \vec P_\mathrm{py} = \vec p \cdot \Delta T

wobei p die pyroelektrische Konstante und ΔT die Temperaturdifferenz ist

Die vorhandenen Oberflächenladungen werden allerdings durch aus der Umgebung aufgenommene Ladungsträger kompensiert, z. B. freie Elektronen. (Scheinbare) Oberflächenladungen treten daher nur bei einer plötzlichen Änderung der Temperatur auf. Diese Temperaturänderung des Kristalls verursacht eine Änderung des Abstands der Gitterionen. Dies bewirkt einerseits eine Längenänderung (Wärmeausdehnung) in der Kristallachse, deren Richtung mit der Richtung der Polarisation übereinstimmt. Gemäß der Piezoelektrizität bewirkt dies eine Aufladung. Andererseits ändert sich die permanente Polarisation mit der Temperatur. Beide Wirkungen sind gleichsinnig und führen zu einer Aufladung des Kristalls von außen.

Dieser pyroelektrische Effekt wurde zuerst beim Turmalin festgestellt. Die Umkehrung dieses Effekts ist der elektrokalorischer Effekt, d. h. die Erzeugung von Wärme (Kälte) beim Anlegen (Zusammenbrechen) eines elektrischen Feldes.

Es werden zwei Formen des pyroelektrischen Effekts unterschieden:

  1. Echter pyroelektrischer Effekt (wahrer pyroelektrischer Effekt): Basiert auf einem Gitterumbau bei Temperaturänderung. Kennzeichnung erfolgt durch den Koeffizienten p'.
  2. Falscher pyroelektrischer Effekt (Pseudopyroeffekt): Hier ändert der Kristall abhängig von der Temperatur sein Volumen und damit das Ladung-Volumen-Verhältnis. Er wird mit dem Koeffizient p'' gekennzeichnet.

Zusammenfassend mit der oben erwähnten Gleichung ergibt sich somit:

\Delta P_\mathrm{gesamt}=(p'+p'') \cdot \Delta T mit (p' + p'') = p

wobei häufig p'' überwiegt.

Beispiele

Neben dem Turmalin zeigen noch andere Materialien diesen Effekt, dazu gehören Quarz, Triglycinsulfat (TGS), oft in deuterierter Form (DTGS), manchmal noch mit L-Alanin dotiert (LATGS, LADTGS), Lithiumtantalat oder Polyvinylidenfluorid (PVDF).

Weitere pyroelektrische Werkstoffe sind:

Anwendung

Die Pyroelektrizität findet vor allem in der Sensorik Anwendung. So basieren Infrarot- (Bewegungsmelder, Feuermelder) und Mikrowellendetektoren, Temperaturfühler (Temperatursensor) und Kalorimeter auf diesem Effekt.

Mit solchen pyroelektrischen Kristallen lassen sich mit einfachen Mitteln auf kleinem Raum sehr hohe Spannungen von mehreren 100.000 V erzeugen. Deshalb werden sie in Geräten zur kalten Fusion verwendet, um Atome zu ionisieren und zu beschleunigen. Eine andere Anwendung sind sehr kleine Röntgenquellen in der Größenordnung einer Streichholzschachtel, vom Feld des pyroelektrischen Kristalls werden hierin Elektronen beschleunigt.

Ein anderes Anwendungsgebiet sind Haarglätter mit Keramikplatten in denen Turmalin eingearbeitet sind.

Literatur

  • Karl Nitzsche, Hans-Jürgen Ullrich: Funktionswerkstoffe der Elektrotechnik und Elektronik. 2. Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, 1993, ISBN 3-342-00524-6. 
  • Hanno Schaumburg: Werkstoffe und Bauelemente der Elektrotechnik. In: Sensoren. Bd. 3, Vieweg+Teubner, 1992, ISBN 3-519-06125-2. 

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