- QM-System
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Qualitätsmanagement oder QM bezeichnet grundsätzlich alle organisierten Maßnahmen, die der Verbesserung von Produkten, Prozessen oder Leistungen[1] jeglicher Art dienen. QM ist eine Kernaufgabe des Managements. In Branchen wie der Luft- und Raumfahrt, Medizintechnik, Gesundheitsversorgung, Arznei- und Lebensmittelherstellung ist das Qualitätsmanagementsystem vorgeschrieben.
Seit etwa 1900 wurden eine Reihe von Modellen zur Standardisierung des Qualitätsmanagements entwickelt.
Inhaltsverzeichnis
Einsatz
Die Wirtschaftswissenschaften sehen QM als Teilbereich des funktionalen Managements, mit dem Ziel, die Effizienz einer Arbeit oder von Geschäftsprozessen zu erhöhen. Dabei sind materielle und zeitliche Kontingente zu berücksichtigen sowie die Qualität von Produkt oder Dienstleistung zu erhalten oder weiterzuentwickeln.
Inhalte sind etwa die Optimierung von Kommunikationsstrukturen, professionelle Lösungsstrategien, die Erhaltung oder Steigerung der Zufriedenheit von Kunden oder Klienten sowie der Motivation der Belegschaft, die Standardisierungen bestimmter Handlungs- und Arbeitsprozesse, Normen für Produkte oder Leistungen, Dokumentationen, Berufliche Weiterbildung, Ausstattung und Gestaltung von Arbeitsräumen.
Bei der Gestaltung von Arbeitsabläufen in Organisationen soll QM sicherstellen, dass Qualitätsbelange den zugewiesenen Platz einnehmen. Qualität bezieht sich dabei sowohl auf die vermarkteten Produkte und Dienstleistungen, als auch auf die internen Prozesse der Organisation und ist definiert als das Maß, in dem das betrachtete Produkt oder der betrachtete Prozess den Anforderungen genügt. Diese Anforderungen können explizit definiert sein, sie können aber auch implizit vorausgesetzt werden (Erwartungen). Qualität ist das Ausmaß an Übereinstimmung von Anforderungen (explizit formuliert) und Erwartungen (nicht explizit formuliert) mit einem Produkt oder einer Dienstleistung. Im Laufe der Zeit werden dann die Anforderungen zu Erwartungen.
Qualitätsmanagement führt somit nicht zwangsläufig zu einem höherwertigen Ergebnis, sondern steuert nur die Erreichung der vorgegebenen Qualität. Auch etwa der Herstellungsprozess eines Billigprodukts kann somit durchaus einem vollständigen Qualitätsmanagement unterliegen. Auch Qualitätszertifizierungen etwa nach ISO sagen somit nichts über die Produktqualität aus, wie teilweise durch Werbung suggeriert, sondern nur über das Qualitätsmanagement im Herstellungsprozess.
Historische Entwicklung
Zeit Schlagwort Beschreibung Vorreiter um 1900 Qualitätskontrolle Aussortieren von fehlerhaften Produkten Ford, Taylor um 1930 Qualitätsprüfung Steuerung basierend auf Statistiken Walter A. Shewhart um 1960 Qualitätsmaßnahmen im ganzen Unternehmen Vorbeugende Maßnahmen Genichi Taguchi, W.E. Deming um 1964 Null-Fehler-Programm des US-Verteidigungsministeriums Ziel der Perfektion Philip B. Crosby um 1985 Null-Fehlerstrategie Six-Sigma General Electric, Motorola um 1990 umfassendes Qualitätskonzept Integration von Teilkonzepten Ishikawa um 1995 Total-Quality-Management Qualität als Systemziel W.E. Deming, Malcolm Baldrige 1989 EFQM-Modell 9 ganzheitliche Kriterien EFQM Modelle und Standards
Es gibt eine Reihe von Qualitätsmanagementnormen, welche als Rahmen oder auch als verpflichtende Vorgabe für die Etablierung eines Qualitätsmanagementsystems herangezogen werden.
Die Nutzung der verschiedenen Qualitätsstandards zeigt starke regionale und branchenspezifische Unterschiede. Vor allem asiatische und angelsächsische Hersteller, insbesondere in der Industrie, haben Qualitätsmanagementmethoden eingeführt.
EFQM und ISO 9001
Die bekanntesten Qualitätsmanagementmodelle sind das EFQM-Modell sowie die ISO 9001, die beide Schnittmengen in der Prozessorientierung haben.
Das EFQM-Modell ist europäisch ausgerichtet und ermöglicht ebenso ein Zertifikat durch einen Auditor - wie das der EN ISO. Es ist im Gegensatz zur ISO 9001:2000 ein Wettbewerbsmodell, welches nicht auf die Erfüllung von Vorgaben, sondern auf die Selbstverantwortung in der Bewertung abzielt. Zentrales Anliegen des EFQM-Modell ist die stetige Verbesserung mittels Innovation und Lernen in allen Unternehmensteilen und in Zusammenarbeit mit anderen EFQM-Anwendern. Es orientiert sich laufend an weltbesten Umsetzungen, so dass es für ein Unternehmen nie möglich ist, die Maximalpunktzahl zu erreichen. Es besteht somit im Vergleich zur ISO 9001:2000 eine größere Motivation für weitere Verbesserungen. EFQM lässt sich nicht nur auf Wirtschaftsunternehmen, sondern auch auf Dienstleistungs- und soziale Einrichtungen anwenden.
Spezielle Modelle
Neuere Qualitätsstandards wie z. B. ISO/TS 16949:2002 orientieren sich stärker an den schon lange bekannten und fundierten Methoden der Begründer des industriellen Qualitätsgedankens (W. Edwards Deming, Walter A. Shewhart).
Für Organisationen mit Entwicklungsaufgaben (z. B. interne IT-Abteilungen, Auto-Entwicklung, Maschinen-Entwicklung etc.) gibt es das Capability Maturity Model Integration (CMMI) als ein spezialisiertes Prozessmodell. Durch die spezifische Ausrichtung auf Entwicklungsorganisationen kann CMMI detaillierter auf einzelne Prozessaspekte eingehen.
In der Produktion werden statistische Mittel verwendet, um den Herstellungsprozess zu überwachen. Zu den darauf aufbauenden Qualitätsstrategien gehört auch Six Sigma.
Im Projektmanagement werden ebenfalls eigene QM-Verfahren eingesetzt, siehe Qualitätsmanagement im Projektmanagement.
Die strengsten Zertifizierungen sind jene der Automobilindustrie, wie die ISO/TS 16949:2002 oder deren Vorgänger QS-9000 und VDA 6.1. Eigene Standards sind ebenfalls in der Medizintechnik, der Luft- und Raumfahrt und in Kernkraftwerken vorgesehen.
Bewertung
Viele Qualitätsmanagementmodelle unternehmen den Versuch, die Prozesse objektiv bewertbar zu machen. Dabei sind zwei grundlegend verschiedene Ansätze zu unterscheiden:
a) Zertifizierbare Normen mit definierten Mindestanforderungen an ein wirksames Qualitätsmanagementsystem, z. B. die EN ISO 9001:2000 (Normversion von 12/2000), die durch Audits bewertet werden.
b) Selbstbewertung des eigenen Qualitätsmanagementsystems und Benchmarking zwischen Wettbewerbern um einen Qualitätspreis, z. B. den EFQM Excellence Award- der European Foundation for Quality Management (Wirtschaft), den Speyerer Qualitätswettbewerb (für den öffentlichen Sektor) - oder den Ludwig-Erhard-Preis, der deutsche Preis nach den Regeln des EFQM mit hohem politischen Ansehen, innerhalb dessen die Wirksamkeit der im Wettbewerb stehenden Qualitätsmanagementsysteme miteinander verglichen werden.
Weiteres siehe Bewertung (Qualitätsmanagement).
Kritik
Kritisch wird häufig kommentiert, dass nur extern auditierte und zertifizierte Qualitätsmanagementmodelle objektiven Kriterien standhalten, da bei einer Selbstbewertung oftmals zugunsten der eigenen Situation (selbst)bewertet wird (vgl. auch externe Evaluation).
Von Auditoren/Assessoren ausgestellte Zertifikate beispielsweise der EFQM mit ihren drei möglichen Zertifikaten legen daher einen Schwerpunkt auf (externe) Audits anstelle von Selbstbewertungen.
W. Edwards Deming, einer der Begründer des modernen Qualitätsgedankens, hielt Qualitätsmanagementmodelle für unschädlich. Im amerikanischen Raum belegt der auf den Malcolm Baldrige National Quality Award beruhende Baldrige-Aktienindex einen langfristigen Wettbewerbsvorteil der Preisgewinner. Die Gewinner und somit die Indexzusammensetzung wechseln jährlich. Man könne demnach nicht auf den dauerhaften Erfolg eines einzelnen Unternehmens schließen.
Struktur
Qualitätsmanagement ist grundsätzlich ein selbstähnlicher Prozess, das heißt, die Verfahren zur Verbesserung des jeweiligen Gegenstands lassen sich auch auf den QM-Prozess selbst anwenden.
Management
Im QM als Managementaufgabe werden festgelegt:
- Qualitätspolitik
- Ziele
- Verantwortungen
Dabei liegt es im Interesse des Managements, eindeutige Beschreibungen niederzulegen, andernfalls können sie persönlich für die durch das Produkt eingetretenen Schaden zur Verantwortung gezogen werden.
Bestandteile
Das Qualitätsmanagement besteht aus:
Regelkreis des Qualitätsmanagements
Großer Wert wird auf die kontinuierliche Verbesserung der Prozesse gelegt. Erfahrungen daraus fließen wieder zurück in die Planung, so dass ein Regelkreis (Demingkreis) entsteht:
- Qualitätsplanung - es wird ein Ist-Zustand ermittelt und die Rahmenbedingungen für das Qualitätsmanagement festgelegt. Danach werden Konzepte und Abläufe erarbeitet.
- Qualitätslenkung - die in der Planphase gewonnenen Ergebnisse werden umgesetzt (QFD, FMEA).
- Qualitätssicherung - Auswerten qualitativer und quantitativer Qualitätsinformationen (Kosten-Nutzen-Betrachtungen, Überprüfen von gemachten Annahmen).
- Qualitätsgewinn - aus vorheriger Phase gewonnene Informationen werden für Strukturverbesserungsmaßnahmen und Prozessoptimierung eingesetzt. Erfolge und Ergebnisse werden kommuniziert.
Siehe auch
- Total Quality Management
- Kaizen
- Kontinuierlicher Verbesserungsprozess
- European Foundation for Quality Management (EFQM)
- Common Assessment Framework
- Qualitätssicherung in der Medizin
- Computergestützte Qualitätssicherung
Einzelnachweise
- ↑ Der Begriff Leistungen im QM umfasst die Dienstleistungen, geht aber über den üblichen Begriff noch hinaus, etwa auch die innerorganisatorischen Leistungen.
Literatur
- Brunner, Franz J., Wagner, Karl W.: Taschenbuch Qualitätsmanagement - Leitfaden für Studium und Praxis. Hanser, München 2008, ISBN 13: 978-3-446-41666-6
- Wagner, Karl W., Käfer, Roman: PQM - Prozessorientiertes Qualitätsmanagement - Leitfaden zur Umsetzung der neuen ISO 9001. Hanser, München 2008, ISBN 978-3-446-41341-2
- Wagner, Karl W.: Qualitätsmanagement für KMU. Hanser, München 2005, ISBN: 3-446-40229-2
- Gläbe, Rüdiger, Thomann, Hermann J. (Hrsg.): Qualitätsmanagement in Dienstleistungsunternehmen. Aktuelles Praxishandbuch mit direkt verwertbaren Arbeitshilfen auf Begleit-CD-ROM., TÜV Media GmbH (ehemals TÜV-Verlag), Köln 2007, ISBN 3-8249-0473-X
- Greßler, Göppel: Qualitätsmanagement - Eine Einführung. Troisdorf: Bildungsverlag EINS, ISBN 3-8237-4795-9
- Hindringer, Bernd, Rothballer, W., Thomann, Hermann, J. (Hrsg.): Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen. Aktueller Ratgeber für alle Bereiche des Qualitätsmanagements im Gesundheitswesen., TÜV Media GmbH (ehemals TÜV-Verlag), Köln 2007, ISBN 3-8249-0714-3
- Kamiske, G.F.(Hrsg.): Bausteine des innovativen Qualitätsmanagement. München, Wien: Hanser 1997, ISBN 3-446-18990-4
- Kiefer, Bernd, Rudert, Bettina: Qualitätsmanagement. Mit Mind Maps einfach und effektiv. Vincentz Network, Hannover, 2006, ISBN 3-87870-646-4
- Kühne, Norbert: Die Qualität in der Arbeit mit Kindern, in: Katrin Zimmermann-Kogel: Praxisbuch Sozialpädagogik - Arbeitsmaterialien und Methoden, Bildungsverlag EINS, Troisdorf 2006, ISBN 3-427-75410-3
- Masing, Walter (Hrsg.): Handbuch Qualitätsmanagement. 3. Auflage. München, Wien: Hanser 1994, ISBN 3-446-17570-9
- MQ - Management und Qualität / Das Magazin für integrierte Managementsysteme, Ausgabe Deutschland, Organ von TÜV Cert, TÜV Media GmbH (ehemals TÜV-Verlag), Köln, ISSN 1862-2623
- Pfeifer, Tilo; Schmitt, Robert: Masing - Handbuch Qualitätsmanagement. 5. Auflage, München: Hanser, 2007, ISBN 3-446-40752-9
- Qualitätsmanagement, QFD – Quality Function Deployment, QM-Zertifizierung in Das Deutsche Ingenieur-Handbuch. Der Ingenieur als Manager, Deutscher Ingenieur Verlag, 2005, ISBN 3-8125-0553-3
- Thomann, Hermann J. (Hrsg.): Der Qualitätsmanagement-Berater. Aktueller Ratgeber für den Qualitätsmanager in der betrieblichen Praxis. TÜV-Verlag, Köln 2007, ISBN 3-8249-0580-9
- Töpfer, Armin, Mehdorn, Hartmut: Total Qualitäty Management. 3. Auflage. Berlin: Luchterhand, 1994, ISBN 3-472-01759-7
- Viethen, Gregor: Qualität im Krankenhaus. Grundbegriffe und Modelle des Qualitätsmanagements. Schattauer 1995, ISBN 3-7945-1717-2
- Wallmüller, Ernest: Ganzheitliches Qualitätsmanagement in der Informationsverarbeitung. München, Wien: Hanser 1994 ISBN 3-446-17101-0
- Wyss, Vinzenz: Redaktionelles Qualitätsmanagement: Ziele, Normen, Ressourcen. Konstanz: UVK, 2002. ISBN 3-89669-368-9
Weblinks
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