- Qingzang-Bahn
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Die im Westen wegen des Zielbahnhofs Lhasa-Bahn, auch Tibet-Bahn, in China Qinghai-Tibet-Bahn, bzw. Qingzang-Bahn (chin. 青藏鐵路 / 青藏铁路, qīng zàng tiělù) genannte Eisenbahnstrecke in der Volksrepublik China verbindet Xining, die Hauptstadt der Provinz Qinghai, mit Lhasa, der Hauptstadt des Autonomen Gebietes Tibet. Die Gesamtstrecke geht über 1956 km — mit den beiden Teilabschnitten Xining–Golmud (814 km, seit 1984 in Betrieb) und Golmud–Lhasa (1142 km; seit 2006 in Betrieb).[1] Mit einem Scheitelpunkt von 5.072 Metern ist sie die höchstgelegene Bahnstrecke der Erde (255 m höher als die peruanische Andenbahn)[2]. An ihr liegen ebenfalls der höchstgelegene Bahnhof der Welt (Tanggula, 5.068 m) und der höchstgelegene Tunnel der Welt (4.905 m)[2]. In Höhen von mehr als 4.000 Metern verlaufen rund 960 km des Streckenabschnitts von Golmud bis Lhasa[2]. Von den 1142 km dieser Strecke bestanden 32 km bereits seit 1984 (von Golmud bis Nanshankou), d.h. 1100 km sind in den Jahren 2000 bis 2006 fertiggestellt worden.[3] Der 2006 neu eingeweihte Streckenabschnitt beginnt in Golmud in der Provinz Qinghai, von wo die Fahrt nach Lhasa zwölf Stunden dauert. Von Peking benötigt der Zug 48 Stunden.
Damit ist die Lhasa-Bahn, deren bautechnische Fertigstellung im Oktober 2005 verkündet wurde, das bisher größte Eisenbahnbauprojekt des 21. Jahrhunderts. Der technische Probebetrieb begann Anfang Februar 2006, der offizielle Eröffnungszug verließ Peking am 1. Juli 2006, dem 85. Gründungstag der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh), und erreichte Lhasa am 3. Juli 2006. Im August 2006 ist die Strecke in den Regelbetrieb übergegangen.
Eine einfache Fahrt ab Peking gibt es – je nach Sitzkomfort – ab umgerechnet etwa 40 Euro. Ein Platz im Liegewagen kostet 126 Euro. Kinder unter 1,40 m zahlen die Hälfte, Kinder unter 1,10 m reisen gratis.[2]
Inhaltsverzeichnis
Streckenführung
Die Gesamtstrecke der Lhasa-Bahn beginnt in Xining, jedoch wird häufig Golmud als Anfangspunkt bezeichnet, da die 2006 fertiggestellte Neubaustrecke im südlich von Golmud gelegenen Nanshankou ansetzte. Bis dahin war Golmud Endpunkt des in den 1980er Jahren fertiggestellten, 814 Kilometer langen ersten Streckenabschnitts der in Xining beginnenden Qing-Zang-Bahn. Sie führt nach dem Kunlun-Pass über die kleinen Orte Budongquan, Wudaoliang, Tuotuoheyan (Gemeinde Tanggulashan) zum 5.220 Meter hohen Tanggula-Pass. Die höchste Tunnelstrecke liegt beim Pass und Berggipfel Fenghuo Shan (5262 m), nach dem ersten Drittel des Abschnitts zwischen Kunlun Shan und Tanggula-Pass, auf 4.905 Metern Höhe; den Scheitelpunkt der Strecke und Übergang ins Autonome Gebiet Tibet stellt der Tanggula-Pass (allerdings im offenen Gelände) dar. Wie schon zuvor führt die Strecke zunächst weiter durch die tibetische Hochebene, bis sie nach Damxung ins Tal des Flusses Doilung Qu absteigt und schließlich in Lhasa endet.
Die Rentabilität der Strecke wird bezweifelt, dennoch wird bereits eine weitere Strecke aus dem Südosten Chinas nach Lhasa sowie zwei Verlängerungen nach Nyingchi im Osten und Xigazê im Westen Lhasas geplant. Die Fertigstellung dieser Strecken ist bis 2017 vorgesehen. Auch sind eine Strecke nach Yadong an der chinesisch-indischen Grenze und eine Verlängerung nach Nepal geplant.
NanshankouGanlongNaij TalXiaonanchuanYuzhufengWangkunBudongquanQumar HeWudaoliangXiushuiheJiangkedongRi’achiquTuotuoheYanshipingBuqianggeZa’gya ZangboTuojuAmdoCo NagDiwumaGangxiuTuoruGuluWumatangDamxungDaqiongguoYangbajainMaxiangLhasa West● Regulärer Haltepunkt
● HP mit Aussichtspunkt
N.B. nicht maßstabsgetreuStreckenbau
Bautechnisch ist die Bahn ebenfalls eine Besonderheit: Ein Viertel der Strecke wurde auf Permafrostboden gebaut. Dieser Boden taut im Sommer kurzzeitig auf, ohne dass der Boden durch Vegetation stabilisiert wird. Die Trasse kann dadurch absinken. Aus diesem Grund wurden besondere Abdeckungen entwickelt, um ein Auftauen zu verhindern.
Spezielle Stahlröhren wurden an kritischen Streckenabschnitten verlegt, um das Auftauen des Permafrostbodens zu verhindern. 10.000 solcher Kühlstäbe mit Kühlflüssigkeit wurden in den Boden getrieben. Diese sind innen hohl und mit Ammoniak gefüllt. Das flüssige Ammoniak verdunstet im Sockel unten und hält dadurch den Permafrostboden kühl. Der aufsteigende Ammoniakdampf gibt am oberen Ende seine Wärme ab und wird wieder flüssig und sinkt nach unten. Eine weitere stabilisierende Besonderheit des Dammes ist das Schotterbett, welches auf einem rund drei Meter hohen Fundament aus grob behauenen, kopfgroßen Steinbrocken, die ohne Mörtel locker übereinander geschichtet sind, liegt. So kann der Dauerwind auf dem Hochplateau durch die Ritzen pfeifen und die Steine sowie die darunter liegende Erde kühl halten. Trotzdem erklärte das chinesische Eisenbahnministerium bereits einen Monat nach der Eröffnung, dass der Permafrostboden unter der Bahnlinie sinke und erste Risse zeige, was die Bahn an manchen Stellen destabilisiert. Auch der Beton einiger Bahnkonstruktionen zeige Risse. Weitere Gefahren gingen von Wanderdünen und Yak-Herden aus, wofür die Ingenieure noch keine Lösung hätten. Der Permafrostboden soll aufgrund der globalen Erwärmung in den nächsten 50 Jahren um ein Drittel zurückgehen[2].
Die Züge werden in Gebieten mit gefrorenem Boden 100 km/h, in anderen ohne Permafrostboden 120 km/h erreichen. Das ist die weltweit höchste Geschwindigkeit, die Züge auf gefrorenem Hochlandboden fahren. Personenzüge bestehen aus drei Lokomotiven mit 16 Wagen und bieten jeweils 930 Sitzplätze[2].
Reisebedingungen & Ausstattung
Die Ausstattung der Wagen auf der Bahnstrecke ist unterschiedlich komfortabel. Auf Grund der großen Höhe, in der die Züge verkehren, sind in allen Wagen Systeme zur Sauerstoffversorgung eingebaut. Über die zentrale Klimaanlage wird die Luft zentral durchgehend so mit Sauerstoff angereichert, wie es einer Höhe von ca. 2000–3000 m entspricht. Je nach Wagenkategorie sind zusätzliche Sauerstoffdüsen in den Abteils und auf dem Gang angebracht:
- "Soft Sleeper": Vier-Bett-Abteil (zwei Doppelstockbetten) mit regelbarer Sauerstoffdüse an einem Bettende, Leselampe und kleinem Bildschirm am anderen Ende (Film über den Bau der Strecke). Dazu Kopfkissen, Bettwäsche, zentraler Tisch und Kabinentür. (Da Soft Sleeper von Reisegruppen und Regierungsbeamten bevorzugt wird, besteht hier eingeschränkte Verfügbarkeit für kleine Gruppen oder Einzelreisende).
- "Hard Sleeper": Sechs-Bett-Abteil (zwei Dreistockbetten)
- "Seat": Sitzplätze
Dazu pro Wagen zwei freiliegende Waschbecken (im Waggon-Durchgangsbereich) sowie zwei Toiletten (1xSitz, 1x Steh). Ein Speisewagen mit fest definiertem Menü (3 Mahlzeiten) und kleinem Kiosk. Für das gesetzte Essen sind die Uhrzeiten im Speisewagen zu reservieren. Nach offizieller Aussage werden die Züge von medizinischem Personal begleitet.
Eine elektronische Anzeige pro Waggon zeigt die aktuelle Höhe sowie die Geschwindigkeit des Zuges an.
Auf der gesamten Strecke gibt es einen Internetzugang, den die Reisenden über WLAN im Zug nutzen können. [4]
Zwischen Golmud und Lhasa (ca. 12 Stunden Fahrtzeit) hält der Zug an mehreren Versorgungspunkten, ein Ein- und Ausstieg ist hier jedoch nicht möglich. Aufgrund der körperlichen Belastung während der Fahrt (insb. Gefahr der Höhenkrankheit) ist eine entsprechende Vorbereitung und Vorsicht sinnvoll.
Streckendaten Golmud–Lhasa
Länge 1.125 Kilometer davon über 4.000 m Seehöhe 960 Kilometer davon auf Permafrostboden 550 Kilometer Höchster Punkt Tanggula-Pass, 5.072 Meter[2] Höchstgelegener Bahnhof Tanggula, 5.068 Meter[2] Höchstgelegener Tunnel Fenghuo-Shan-Tunnel, 4.905 Meter Längster Tunnel Yangbajing-Tunnel, 3.345 Meter Anzahl Brücken 675 mit einer Gesamtlänge von 160 Kilometern (ab Xining) Bauzeit 2001-2005 Eröffnung 1. Juli 2006 Fahrtzeit Golmud–Lhasa etwa 12 Stunden Peking–Lhasa etwa 48 Stunden Geschätzte Kosten 3,3 Milliarden € Fahrkartenpreise für die Strecke Peking–Lhasa 37€ / 48$ (hard seat); 58€ / 76$ (soft seat); 66€ / 86$ (hard sleeper); 101€ / 132$ (soft sleeper) Wirtschaftliche Bedeutung
Die Lhasa-Bahn wurde seit ihrer Eröffnung am 1.Juli 2006 bis zum 31.Dezember 2007 von 5,95 Millionen Passagieren benutzt. Damit reisten im Jahr 2007 43% aller Touristen des Autonomen Gebiets Tibets über die Lhasa-Bahn ein und die Lhasa-Bahn ermöglichte es, die Erhöhung der Anzahl der Touristen im Jahr 2007 um 60,4% im Vergleich zum Vorjahr zu erhöhen. Eine weitere Steigerung um 25% im Jahr 2008 wird erwartet. Im Gütertransport werden inzwischen ungefähr 75% aller Waren von Tibet nach außerhalb über die Lhasa-Bahn befördert. [5]
Kritik
In China wird die mit einem Aufwand von 3,3 Milliarden Euro (32,4 Milliarden chinesische Yuan Renminbi, CNY) errichtete Bahn als Projekt von hoher nationaler Bedeutung, vergleichbar nur mit der Chinesischen Mauer oder dem Drei-Schluchten-Damm betrachtet. Dank der Bahn sollen sich Tibets Bodenschätze leichter abtransportieren und Grundstoffe wie Kohle, Stahl oder Baumaterial zu einem Bruchteil der bisherigen Kosten nach Tibet transportieren lassen. Die meisten Experten meinen allerdings, ein Ausbau der Straße wäre wirtschaftlich sinnvoller gewesen.
Die Kritik besagt vor allem, für das tibetische Volk bringe die Bahn einen weiteren, von der Kommunistischen Partei Chinas gewollten Eingriff in die eigene Kultur und erhöhe die politische Kontrolle durch China. Es wird aber auch mit einer Zunahme der Zuwanderung aus dem restlichen China gerechnet, was für die Bevölkerung Tibets einen ungewünschten Eingriff darstelle. Manche Menschenrechtsorganisationen erwarten zudem eine Nutzung der Bahn für militärische Zwecke, da die Transportdauer für Soldaten von Golmud nach Lhasa verkürzt wird.
Diesen Befürchtungen steht gegenüber, dass eine Zuwanderung bisher schon mit einem sehr gut ausgebauten und vergleichsweise billigen Bustransport erfolgt, die Logistik des Militärs stütze sich dagegen auf effektivere und flexiblere LKW-Transporte auf der Straße.
Die Bahn soll zusätzlich aber auch entscheidende Impulse für den Aufbau der Tourismusindustrie erbringen. Im Autonomen Gebiet Tibets leben heute bereits über 30.000 Tibeter vom Tourismus. Nach heutigen Planungen soll sich diese Zahl in den nächsten Jahren vervielfachen.[6] Dies ist Teil der Strategie Tibets, die durch die Viehzucht teils schwer belasteten Hochsteppen durch den Aufbau neuer Arbeitsplätze für Viehzüchter zu entlasten.
Weblinks
- Abenteuer auf Schienen. Mit Nomaden und Mönchen in der Tibet-Bahn auf der neuen Strecke von Lhasa nach Golmud, Neue Zürcher Zeitung, 6. März 2008
- Ansturm aufs Dach der Welt, Spiegel Online, 17. Oktober 2005
- Online-Artikel aus dem GEO-Magazin Nr. 02/06 von Mario Peters
- Online-Artikel auf FAZ.NET, 14. November 2005, Petra Kolonko
- Reportage vom 20. September 2005 in der englischen Tageszeitung The Guardian
- Bericht von der Eröffnung im ORF
- Chinesische Internetseite zur Qinghai-Tibet-Eisenbahn (auf Englisch)
- GPS Pfad des ungefähren Streckenverlaufs auf Gpsies.de
- Die Qinghai-Tibet-Eisenbahnlinie und ihre Bedeutung für gesellschaftliche, ökonomische und ökologische Veränderungen in der Region - chinaweb.de
Einzelnachweise
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