Qualitativ

Qualitativ
Dieser Artikel beschäftigt sich mit Qualität im Kontext von Technik, Produkten und Dienstleistungen. Die Bedeutung im Schachspiel wird im Artikel Schachfigur behandelt. Die Qualität eines Urteils in der traditionellen Logik wird in den Kapiteln Kategorisches Urteil und Syllogismus behandelt.

Qualität (lat.: qualitas = Beschaffenheit, Merkmal, Eigenschaft, Zustand) ist die Bezeichnung einer potentiell wahrnehmbaren Zustandsform von Systemen und ihrer Merkmale, welche in einem bestimmten Zeitintervall anhand bestimmter Eigenschaften des Systems in diesem Zustand definiert wird. Qualität könnte sowohl ein Produkt wie Wein und dessen chemische Elemente und den daraus resultierenden subjektiv bewertbaren Geschmack, als auch die Prozesse bei einer Dienstleistung, beispielsweise dem Verkauf des Weines, beschreiben.

Inhaltsverzeichnis

ISO und IEC Normierung

Qualität wird laut der Norm EN ISO 9000:2005 (der gültigen Norm zum Qualitätsmanagement), als „Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale Anforderungen erfüllt“, definiert. Die Qualität gibt damit an, in welchem Maße ein Produkt (Ware oder Dienstleistung) den bestehenden Anforderungen entspricht. Die Benennung Qualität kann zusammen mit Adjektiven wie schlecht, gut oder ausgezeichnet verwendet werden. Inhärent bedeutet im Gegensatz zu „zugeordnet“ einer Einheit innewohnend, insbesondere als ständiges Merkmal. Damit sind objektiv messbare Merkmale wie z.B. Länge, Breite, Gewicht, Materialspezifikationen gemeint.

Nicht inhärent sind subjektiv zugeordnete Beschreibungen wie „schön“ oder auch der Preis weil diese eben nicht objektiv messbar sind. Der Preis oder ein persönliches Urteil sind also nicht Bestandteil der Qualität. Durch die Definition einer Zielgruppe und Meinungsumfragen kann das subjektive Empfinden dieser Zielgruppe ermittelt, ein inhärentes Merkmal definiert und damit „messbar“ und Bestandteil der Qualität werden.

Diese Definition löste die Formulierung des DIN EN ISO 8402:1995-08, des früheren Standards zum Qualitätsmanagement, ab. Nach dieser ist Qualität „die Gesamtheit von Merkmalen einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen.“ Einheiten sind dabei Produkte, Dienstleistungen, Konzepte, Entwürfe, Software, Arbeitsabläufe, Verfahren und Prozesse; Qualität ist eine Funktion der Anspruchsklasse.

Nach der IEC 2371 ist Qualität die Übereinstimmung zwischen den festgestellten Eigenschaften und den vorher festgelegten Forderungen einer Betrachtungseinheit.

Während Qualität früher traditionell als eine Eigenschaft von Produkten oder Dienstleistungen verstanden wurde, also die Erfordernisse der Kunden im Vordergrund standen, erstreckt sich der Qualitätsbegriff im Rahmen von Total-Quality-Konzepten, wie dem Total Quality Management als umfassende Variante des Qualitätsmanagements, über ganze Unternehmen. Neben die Kundenanforderungen treten die Anforderungen von Mitarbeitern, Kapitalgebern und Öffentlichkeit (rechtliche Anforderungen), an deren Erfüllung sich die umfassende Qualität eines Unternehmens („Total Quality“) misst.

Qualitätsansätze nach Garvin

In der praktischen Anwendung des Qualitätsbegriffes kann nach der Auffassung von David A. Garvin zwischen fünf verschiedenen Sichtweisen unterschieden werden:

  • das transzendente Qualitätsverständnis: Entspricht etwa der umgangssprachlichen Sicht von Qualität. Demnach ist Qualität eine subjektive Erfahrung einer Person hinsichtlich der besonderen, einzigartigen Eigenschaften eines Produktes bzw. einer Dienstleistung. Qualität kann dabei weder gemessen noch konkretisiert werden, genauso wenig wie der Begriff Schönheit allgemein definiert werden kann. In der wissenschaftlichen Praxis ist dieser Ansatz kaum relevant.
  • das produktbezogene Qualitätsverständnis: Wird die produktbezogene Sichtweise bei der Qualitätsbetrachtung zugrunde gelegt ergibt sich die Qualität eines Produktes aus der Erfüllung von allgemein festgelegten Anforderungen. Ein klassischen Beispiel ist die Realisierung kleinerer Spaltmaße im Automobilbau im Vergleich zu Konkurrenzfahrzeugen. Ein weiteres Beispiel, aus dem Bereich der Spirituosen, ist die Reifedauer eines Weines bei dem allgemein gilt: „Je länger der Wein ruht, je höher die Qualität“. Allerdings sind produktbezogene Anforderungen nicht uneingeschränkt sinnvoll. So führt z. B. die Reduzierung des Spaltmaßes bei einem Geländewagen mit hohen Ansprüchen an die Karosserie tendenziell zu höherem Aufwand bei Reparaturen.
  • das kundenbezogene Qualitätsverständnis: Diese Sichtweise definiert Qualität als die perfekte Realisierung aller Kundenanforderungen an ein Produkt und entspricht der Qualitätdefinition der ISO 9000:2005. Das Fehlen von Merkmalen (fehlende Umsetzung einer Kundenforderung) wirkt sich damit negativ auf die Qualität des Produktes aus. Eine Zugabe weiterer Merkmale, welche vom Kunden nicht gewünscht ist, kann die Qualität nicht positiv beeinflussen da sie für den Kunden nutzlos sind. Daher kann auch keine Kompensierung von fehlenden Merkmalen durch Zugaben anderer Funktionen erfolgen. Ein Problem dieses Ansatzes liegt in der vollständigen Identifikation der Kundenforderungen begründet. Während explizite Anforderungen dem Kunden bewusst sind müssen implizite (unbewusste) Anforderungen durch geeignete Methoden „aus einer Person extrahiert“ werden. So könnte z. B. eine dem Kunden unbewusste Anforderung das Prestige eines Kraftfahrzeuges darstellen, was durch den Kauf erworben wird. Die Identifikation von Anforderungen und deren Realisierung in Produkte erfolgt durch das Forschungsgebiet des Marketing bzw. der Marktforschung. Da die Anforderungen zwischen Personen unterschiedlich ausfallen können, kann kein Produkt mit absoluter Qualität existieren. Vielmehr kann die Qualität eines Produkt durch eine Person als positiv und durch eine andere als negativ bewertet werden. So besitzen z. B. Supersportwagen durch die Eigenschaft der Vermittlung des sozialen Statuses des Besitzers für einige Menschen eine hohe Qualität. Umweltbewusste Konsumenten werden die Qualitätsmerkmale wegen der ungünstigen CO2-Bilanz anders bewerten.
  • das wertorientierte Qualitätsverständnis: Nach dieser Sichtweise liegt ein Qualitätsprodukt genau dann vor, wenn ein Produkt, hinsichtlich der realisierten Merkmale, zu einem angemessenen Preis erworben werden kann (Kosten-Nutzen-Verhältnis). Diese Sicht wird z. B. bei Produkttests von Zeitschriften zugrunde gelegt und erfolgt in Kategorien wie „Preis/Leistungssieger“, etc. Allerdings muss bei dieser Betrachtung die Relevanz der Merkmale eines Produktes für den Kunden beachtet werden (vgl. kundenbezogenens Qualitätverständis). Ein höherer Preis ist für den Kunden nicht durch nutzlose Produktmerkmale zu rechtfertigen.
  • das fertigungsbezogene Qualitätsverständnis: Erfüllung von Normen, „a priori“ Qualität.

Die 4 Eckpfeiler der Qualität nach Philip Bayard Crosby

Philip B. Crosby definierte die 4 Eckpfeiler der Qualität wie folgt:

  • Qualität wird als Grad der Übereinstimmung mit Anforderungen definiert
  • Das Grundprinzip der Qualitätsplanung ist Vorbeugung
  • Null-Fehler-Prinzip muss zum Standard werden
  • Qualitätskosten sind die Kosten für Nichterfüllung der Anforderungen …

Qualität im Sprachgebrauch

Obgleich die Bezeichnung „Qualität“ an sich keine Bewertung beinhaltet, wird der Begriff im Alltag oft wertend gebraucht. So wird Qualität etwa als Gegenstück zu Quantität verstanden (Quantität ist nicht gleich Qualität). „Quantität“ bezeichnet in Wahrheit lediglich die Menge von qualitativen Eigenschaften und drückt sich daher in Mengen- oder Messwerten aus. Die Redewendung bezieht sich jedoch darauf, dass in der Alltagssprache Qualität oft ein Synonym für Güte ist, oft ist daher von „guter“ oder „schlechter“ Qualität die Rede. Kauft ein Kunde ein Produkt oder eine Dienstleistung und erfüllen diese ihre Zwecke für den Kunden, so haben sie im allgemeinen Sprachgebrauch eine „gute Qualität“. Dieses subjektive, kundenbezogene Qualitätsverständnis lässt sich nur sehr schwer insbesondere durch Marktforschung erfassen, da es sich individuell stark unterscheiden kann.

Tatsächlich hat sich der Begriff „Qualität“ im wirtschaftlichen Alltag als ein allgemeiner Wertmaßstab etabliert, der die Zweckangemessenheit eines Produkts, einer Dienstleistung oder eines Prozesses zum Ausdruck bringen soll. Dieses Verständnis zeigt sich etwa im Ausdruck „Qualitätsarbeit“. Sie findet häufig in einem bereichsübergreifenden, die Qualität der einzelnen Ergebnisse sicherndem System statt. Die Planung, Steuerung und Kontrolle aller hierzu nötigen Tätigkeiten wird als Qualitätsmanagement bezeichnet. Als Ergebnis entsteht das „Qualitätsprodukt“.

Wo sich Qualität mit quantitativen Größen messen lässt, wird sie häufig als technische Qualität bezeichnet. Das betrifft beispielsweise Eigenschaften wie Bruchfestigkeit, Belastbarkeit, Langlebigkeit, Farbechtheit usw. Als eine der einfachsten Definitionen für Qualität gilt hier die Regel: Qualität ist die Übereinstimmung von Ist und Soll, also die Erfüllung von Erfordernissen und Erwartungen. In der Produktion werden hierbei heute Kennzahlen zur Qualität über rechnergestützte Systeme bestimmt. Diese Systeme zur Qualitätssicherung werden CAQ-Systeme (CAQ von engl. Computer Aided Quality assurance) genannt.


Berufe im Qualitätsbereich

Die Deutsche Gesellschaft für Qualität bietet Bildungsveranstaltungen in diesem Umfeld an.

Siehe auch

Literatur

  • Gerd F. Kamiske, Jörg-Peter Brauer: Qualitätsmanagement von A bis Z. Erläuterungen moderner Begriffe des Qualitätsmanagements. 5. Auflage. Carl Hanser, München 2005, ISBN 3-446-40284-5
  • Tilo Pfeifer: Praxisbuch Qualitätsmanagement. Aufgaben, Lösungswege, Ergebnisse. 2. Auflage. Hanser, München 2001, ISBN 3-446-21508-5
  • Hans-Dieter Zollondz: Grundlagen Qualitätsmanagement. Einführung in Geschichte, Begriffe, Systeme und Konzepte. 2. erweiterte Auflage. Oldenbourg Verlag, München 2006, ISBN 3-486-25950-4
  • Robert M. Pirsig: Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten. Fischer, ISBN 3-596-22020-3
  • David A. Garvin: What Does „Product Quality“ Really Mean?, Sloan Management Review, Fall 1984, pp. 25–45

Weblinks


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