- Quasiteilchen
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Quasiteilchen sind ein Konzept der Quantenmechanik zur Beschreibung von Festkörpern oder anderen quantenmechanischen Vielteilchensystemen. Wie in der Quantenmechanik üblich werden diese Teilchen als Wellen beschrieben und daher im reziproken Raum dargestellt. Mit Hilfe der Quasiteilchen lassen sich die physikalischen Vorgänge in einem Kristall beschreiben.
Manchmal besitzen die Quasiteilchen ein diskretes Energiespektrum oder zumindest eine Dispersionsrelation, d.h. einen festen Zusammenhang zwischen Impuls und Energie. Daraus folgt, dass bei einem entsprechenden Experiment ein Kristall nur bestimmte Energiebeträge absorbieren oder emittieren kann. Aus den Messungen kann man somit Informationen über die inneren Eigenschaften eines Kristalls erhalten.
In der Quantenmechanik wird ein Festkörper als eine große Anzahl von Teilchen in einem Feld, das Kräfte zwischen diesen Teilchen vermittelt, aufgefasst. Die niederenergetischen Anregungen eines derartigen quantenmechanischen Systems mit einer großen Anzahl von Freiheitsgraden kann oft näherungsweise durch eine Anzahl von elementaren Anregungen – den Quasiteilchen – beschrieben werden. In manchen Fällen sind die Quasiteilchen Eigenzustände des Systems, in anderen Fällen ist das Quasiteilchen ein Wellenpaket aus exakten Eigenzuständen. Da diese Teilchen Quanten eines Feldes sind, werden sie – analog zum Photon, dem Quant des elektromagnetischen Feldes – als Magnon, Phonon etc. bezeichnet.
Der Begriff Quasiteilchen geht auf Lew Dawidowitsch Landau zurück. Er entwickelte eine Theorie über die Wechselwirkung zwischen Leitungselektronen in einem Metall (die Theorie der Fermi-Flüssigkeit). Die Grundidee besteht darin, die Wechselwirkung eines Leitungselektrons mit seiner Umgebung dadurch zu beschreiben, dass man das Elektron um diese Wechselwirkung „erweitert“. Dieses erweiterte Teilchen nannte er Quasielektron, da es in der Theorie (in 1. Näherung) wie ein freies Elektron behandelt werden kann.
Inhaltsverzeichnis
Eigenschaften
Den Quasiteilchen können Eigenschaften normaler Teilchen wie Masse, Impuls, Energie, Wellenlänge und Spin zugeschrieben werden, wie beispielsweise die effektive Masse für ein Leitungselektron mit Wechselwirkung mit den anderen Elektronen (Quasielektron) statt der tatsächlichen Masse eines Elektrons. Um auszudrücken, dass es sich dabei um Eigenschaften eines Quasiteilchens handelt, spricht man auch von Quasi-Masse, etc.
Quasiteilchen verhalten sich wie normale Teilchen und können somit aneinander streuen und Impuls und Energie austauschen. Sie können auch erzeugt und vernichtet werden. Für Quasiteilchen gilt keine Erhaltung der Teilchenzahl. Demzufolge muss das chemische Potential für Quasiteilchen verschwinden (μ = 0). Ferner lassen sich Systeme aus Quasiteilchen (Photonengas, Phononengas, etc.) grundsätzlich nicht klassisch beschreiben. Der klassische Grenzfall ist in solchen Systemen unmöglich, da wegen μ = 0 für die Fugazität immer z = 1 gilt. Quasiteilchen, die einen Spin besitzen, verhalten sich entsprechend wie Bosonen oder Fermionen und gehorchen den jeweiligen Statistiken.
Beispiel
Sieht man einen Kristall als ein System aus Atomen an, die durch elastische Kräfte aneinander gebunden sind, so kann die Wechselwirkung der Atomrümpfe untereinander durch ein elastisches Feld beschrieben werden. Die Quasiteilchen dieses Feldes nennt man Phononen. Sie sind ebene elastische Wellen im Festkörper. Die Phononen entsprechen den Eigenzuständen eines harmonischen Oszillators im Ein-Teilchen-Fall.
Strahlt man eine elektromagnetische Welle in einen Kristall ein, so findet hauptsächlich inelastische Streuung statt, der Betrag des Wellenvektors ändert sich dabei nicht. Die Welle kann aber auch unter gleichzeitiger Erzeugung oder Vernichtung eines Phonons gestreut werden. Dabei ändert sich der Betrag des Wellenvektors des Lichts. Diesen Vorgang bezeichnet man als Raman-Streuung. Aus der Änderung des Wellenvektors kann man den Wellenvektor des Phonons bestimmen und daraus die Bindungsenergien zwischen den Atomen des Kristalls berechnen.
Liste von Quasiteilchen
- Bosonen
- Phononen: elastische Wellen in Kristallen
- Magnonen: Elektronenspins, die durch die Austauschwechselwirkung miteinander gekoppelt sind.
- Plasmonen: kollektive Coulombanregungen des Elektronengases in Metallen.
- Exzitonen: neutrale Teilchen, die mit dem dielektrischen Polarisationsfeld verknüpft sind.
- Polaritonen: Wechselwirkung zwischen einem Photon und einem Quasiteilchen.
- Fermionen
- Polaronen: geladene Teilchen, die mit dem dielektrischen Polarisationsfeld verknüpft sind.
- Quasielektron: Ein Leitungselektron in einem Metall.
- Loch : Ein „fehlendes“ Elektron in der Halbleiterphysik.
- Weitere
- Cooper-Paare: 2 gekoppelte Elektronen in der BCS-Theorie der Supraleitung.
- Rotonen: Anregungen in suprafluidem He4.
- Trionen
- Amplitudon, Phason: Elementaranregung der Amplitude bzw. der Phase einer inkommensuraten Überstruktur eines Festkörpers oder einer Festkörperoberfläche.
Siehe auch
Wiktionary: Quasiteilchen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, ÜbersetzungenLiteratur
- Alexandre M. Zagoskin: Quantum theory of many body systems - techniques and applications. Springer, New York 1998, ISBN 0-387-98384-8.
- Ch. Kittel: Einführung in die Festkörperphysik. 10.Auflage Oldebourg Verlag, München 1993, ISBN 3-486-22716-5
- Ch. Kittel: Quantentheorie der Festkörper. 2. Auflage. Oldenbourg 1988, ISBN 3-486-20748-2.
- Ashcroft: Festkörperphysik. 2. Auflage. Oldenbourg 2005, ISBN 3-486-57720-4.
- Kopitzki: Einführung in die Festkörperphysik. 6. Auflage. Teubner, 2007, ISBN 978-3-8351-0144-9.
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