- Auricher Schloss
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Der Auricher Schlossbezirk liegt in der ehemaligen Residenzstadt Aurich in Ostfriesland. Das heutige Schloss wurde in den Jahren 1851 bis 1855 auf den Grundmauern der 1448 von dem ostfriesischen Grafen Ulrich Cirksena erbauten Burg errichtet.
Inhaltsverzeichnis
Die einzelnen Gebäude
Die tom Broksche Burg
Die erste Häuptlingsburg in Aurich wurde um 1380 von der Familie tom Brok erbaut. Sie stand wahrscheinlich an der Stelle des heutigen Hotels Piqueurhof. Sie bekam den Namen Nieburg (Neue Burg)[1] im Gegensatz zur Oldeborg (alte Burg) der tom Brok im Brokmerland. Bei dieser Burg wird es wahrscheinlich um einen mehrgeschossigen Wohnturm aus Ziegelstein gehandelt haben, wie er seinerzeit bei den ostfriesischen Häuptlingen üblich war. In der Regel verfügten diese Bauten über drei Geschosse, wobei die einzelnen Geschosse nicht unterteilt waren. Das meist fensterlose Erdgeschoss barg die Vorratsräume, im ersten Obergeschoss befand sich der Wohnraum, sofern dort nicht die Wache untergebracht war. Das dritte Obergeschoss war der Kapelle vorbehalten. Gesichert wurden solche Anlagen zudem durch Wall, Holzpalisaden und Graben. Einen Eindruck davon vermitteln das Steinhaus von Bunderhee oder die Harderwykenburg in Leer.
Der Nachfolger der tom Brok, Focko Ukena, ließ Stadt und Burg noch mit Wällen und Gräben umgeben und errichtete Bollwerke gegen mögliche Angreifer. Um 1430 wurde die Burg im Ringen um die Vorherrschaft in Ostfriesland von den Gegnern Focko Ukenas, den Truppen des Freiheitsbundes der Sieben Ostfrieslande, geschleift. Heute ist von ihr nichts mehr erhalten.
Bei Ausgrabungen im Jahre 1986 wurden Reste von Gräben, Mauerwerk, Steinpflasterungen und einer Brandschicht, in der sich Eisengerätschaften und Schlacke befanden, gefunden. [2]
Die Averborg
Auf Focko Ukena folgten die Cirksena als Landesherren in Ostfriesland. Der erste Graf Ulrich I. ließ gegenüber der alten Häuptlingsburg 1447 die sogenannte Averborg (mögliche Namensdeutungen: Gegenüber der der alten Burg, jenseits der Aa) errichten. Eggerik Beninga bemerkt dazu in seiner Cronica der Fresen: „(...) leet juncker Ulrick de overborch to Aurick int veerkannte mit den 4 tornen anleggen un uptimmeren und enen wall darumme tehen“. Das Gelände, auf dem die Burg errichtet wurde, war vorher für Pferde- und Viehmärkte genutzt worden. Zudem kaufte Ulrich vier Kämpen von einem Udo Riekena aus Barstede.
Die Averborg war eine dreigeschossige Viereckanlage auf einem quadratischen Grundriss mit vier Ecktürmen. Zudem war sie mit einem hohen Wall und drei Gräben umgeben. Der erste führte direkt an den Mauern des Gebäudes entlang, der zweite umschloss den Burgwall und der dritte führte um die den zweiten Graben vorgelagerten Zingel herum. Für den Bau dieser Burg wurde offenbar auch noch verwendbares Material der alten Burg genutzt.[3]. Im Jahre 1568 wurde die Burg durch einen nächtlichen Brand schwer beschädigt. Die anschließende Wiederherstellung im Renaissancestil nahm 10 Jahre in Anspruch. Dabei wurden die Wappen Edzard II. und seiner schwedischen Gemahlin Katharina in den Vorderflügel eingefügt und zwei der vier Türme niedergerissen. Unter Edzard II. wurde Aurich dann von 1561 bis zum Machtantritt der Preußen im Jahr 1744 Residenzstadt, nachdem der Graf aus seiner alten Residenz in Emden vertrieben wurde.
Die Umbauten 1731/32 unter dem vorletzten ostfriesischen Fürsten Georg Albrecht Cirksena veränderten die Averborg noch einmal grundlegend. Eine weitere Veränderung erfuhr die Averborg 1811 unter französischer Herrschaft, als der östliche Flügel der Burg abgebrochen wurde, so dass der Burghof nach Osten hin offen war. Unter französischer, preußischer und hannoverscher Herrschaft verfiel die Burg in den nächsten Jahren jedoch immer mehr. 1852 wurde das Cirksena-Schloss unter hannoverscher Herrschaft zum Teil niedergerissen und durch einen neuen Bau ersetzt, dem heutigen Schloss.
Die Hauptwache
Unter Georg Albrecht wurde 1729 auch die Hauptwache am Zugang zur Vorburg errichtet. Die Hauptwache war ein zweigeschossiger Bau mit Tordurchfahrt, die vor Betreten der Brücke zur Vorburg passiert werden musste. Im Obergeschoss des Gebäudes wurde die Garnisonskirche untergebracht. 1861 erfolgte der Abbruch der Hauptwache auf Veranlassung König Georg V..
Von der Hauptwache blieb der ursprünglich am Gebäude eingelassene Wappenstein der Grafen und Fürsten Ostfrieslands erhalten. Unter dem Wappen ist ein Elefant zu sehen, der an den Elefanten-Orden erinnert. Dieser ist der höchste und älteste dänische Orden. Er war von den damaligen dänischen Königen den letzten drei in Ostfriesland regierenden Fürsten (Christian Eberhard (1682), Georg Albrecht (1722) und Karl Edzard (1734)) verliehen worden. Der Wappenstein ist heute am Neubau des Forschungsinstituts der Ostfriesischen Landschaft angebracht.
Zudem sind auch zwei liegende Löwen auf einem mit Ornamenten verzierten Sockel erhalten. Sie befinden sich heute vor dem Schlossportal.
Das Auricher Schloss
Im Jahre 1851 sollte das alte Auricher Schloss saniert werden. Es war inzwischen jedoch so marode, dass es zu großen Teilen abgerissen werden musste. Mit dem Neubau beauftragte der Hannoversche König Georg V. E.H. Blohm, der fünf Jahre zuvor für den Anbau des Anbaus des Ständesaales an den Vorgängerbau des heutigen Hauses der Ostfriesischen Landschaft verantwortlich war. Bei einem Bericht an die Königliche Domänenkammer in Hannover vom 14. Mai 1851 schrieb Blohm: „(1851) war das alte Schloßgebäude in allen Teilen so total verfallen, daß es nicht zu begreifen ist, wie ein Einsturz des Gebäudes bis jetzt nicht erfolgt ist, und es hat sich solches namentlich bei dem abgebrochenen westlichen Flügel gezeigt, indem hier nicht allein die Balken so morsch waren, daß solche in mehreren Enden herunterfielen, sondern es fand sich auch bei der Wegnahme der Tapeten und sonstigen Wandbekleidungen eine solche Schadhaftigkeit der Mauern, daß die Abnahme bis zum Keller unvermeidlich war; die Scheidewände fielen zum Teil zusammen. Ferner hat sich auch jetzt der südwestliche Turm so schadhaft gezeigt, daß das obere Mauerwerk schon 20 Fuß hat abgenomen werden müssen, und ist zu befürchten, daß hier noch mehr abgebrochen werden muß“.[4]
Auf dem Schlossgelände entstand ein Gebäude im englischen Tudorstil des Historismus. Von der alten Averborg wurde der untere Teil des Südflügels mit Turm mit in den neuen Bau integriert. Das Schloss wurde in sechs teilweise parallel verlaufenden Bauabschnitten errichtet. Insgesamt musste die für die Finanzverwaltung zuständige Königlichen Domänenkammer Hannover rund 60.000 Reichstaler investieren.
Das Schloss war von Anfang an nicht zu Wohn-und Repräsentationszwecken gedacht, sondern diente der Verwaltung der hannoverschen Regierung als Sitz. Später wurde es Sitz der Bezirksregierung. Heute ist hier neben dem Niedersächsischen Landesamt für Bezüge und Versorgung (NLBV) das Landgericht untergebracht.
Der Marstall
Der Marstall ist das älteste erhaltene Gebäude im Schlossbezirk. Er ist ein langgezogenes, zweigeschossiges Gebäude. Auf der dem Schloss zugewandten Seite gibt es einen Arkadengang. Der Marstall wurde 1588 von Graf Edzard II. errichtet, als dieser Aurich zur Residenzstadt ausbaute. Im Erdgeschoss befand sich der höfische Pferdestall, im Obergeschoss sechs Herrengemächer. 1731/32 ließ Fürst Georg Albrecht das Obergeschoss von seinem Baumeister Anton Heinrich Horst in barocker Form umgestalten. Dabei erhielt das Gebäude über dem Arkadengang einen Balkon mit schmiedeeiserner Brüstung. Darin wurden sich die Initialen des Bauherren G und A eingearbeitet. Im Dachgeschoss an der Südseite befindet sich im Giebeldreieck. Es enthält ein bekröntes Landeswappen.
Im renovierten Obergeschoss wurden zu dieser Zeit das fürstliche Archiv, die Rentkammer, Kanzlei und Hofgericht untergebracht. Seit dieser Zeit wird es daher auch als Neue Kanzlei bezeichnet. Nach Plänen des Burgbezirks um 1740 befand sich an dieser Stelle ein Teil des Alten Amtshauses.[5].
In preußischer Zeit bis zum Ende des Ersten Weltkrieges war in dem Gebäude eine Kaserne untergebracht, später war es viele Jahre eine Mietskaserne und danach wurde es wieder als Behördenhaus eingerichtet.[6].
Heute wird das Gebäude vom Niedersächsischen Landesamt für Bezüge und Versorgung (NLBV) und dem Informatikzentrum Niedersachsen genutzt.
Die Julianenburg
Die Julianenburg war ein fürstlicher Lustgarten mit Lustschloss westlich des Schlosses. Er wurde mitten in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges von Graf Ulrich II. zu ehren seiner Frau Juliane errichtet. Unter der Regentschaft der Fürsten Christian Eberhard und Georg Albrecht wurde der Schlosspark nach dem Vorbild der Parkanlagen von Schloss Versailles ausgebaut. 1765 wurde der Schlosspark aufgeteilt und verfiel in der Folgezeit immer mehr.
Erhalten sind Teile des Parks in unmittelbarer Nähe des Schlosses, sowie die historischen Torpfeiler, welche 1708 unter Fürst Christian Eberhard am Eingang des Parks aufgestellt wurden. Auf den Torpfeilern sind Standbilder der römischen Kriegsgöttin Bellona mit dem ostfriesischen Wappen sowie der griechischen Friedens- und Kriegsgöttin Pallas Athene mit dem fürstlichen Monogramm C. E. auf dem Schild angebracht. Sie zieren heute den Eingang zur Fußgängerzone.
Das Schlösschen
Im südlichen Schlossgarten findet sich das sogenannte Schlösschen. Es wurde 1885-86 im Zuge der Verwaltungsreform als repräsentativer Wohnsitz für den ersten preußischen Regierungspräsidenten von Colmar-Meyenburg errichtet. Das Schlösschen ist ein zweigeschossiger Bau mit Walmdach. An die Errichtung uter preußischer Herrschaft erinnert ein preußischer Adler, der in einer Nische über einem Balkon an der Nordseite thront. Auch dieses Gebäude wird vom Niedersächsischen Landesamt für Bezüge und Versorgung (NLBV) und dem Informatikzentrum Niedersachsen genutzt.
Einzelnachweise
- ↑ Landgericht Aurich- Schlossgeschichte
- ↑ Ostfriesische Landschaft- Fundchronik 1986
- ↑ Hinrich Schoolmann: Unsere liebe kleine Stadt- Ein Gang durch das alte Aurich. Verlag A.H.F. Dunkmann KG, Aurich ohne Jahr, ohne ISBN, S. 56
- ↑ Zitiert aus Schoolmann, a. a. O., S. 58-59
- ↑ Ostfriesische Landschaft- Ausgrabungen im Marstall
- ↑ Landgericht Aurich: Schlossgeschichte
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