Qájáren

Qájáren
Iran in 19. und 20. Jahrhundert.

Die Kadscharen, auch Qadscharen, Qadjaren oder Kadjaren, (persischقاجاریهGhādschāriye [ɢɔːʤɔːriˈɛ]), waren eine Dynastie in Persien (1779-1925). Die turkmenischstämmige[1] Familie, welche sich selbst auf den Mongolen-Herrscher Hülägü zurückführte, war nach der Ermordung des letzten Zand-Prinzen (1794) im Iran alleinherrschend. Die Kadscharen gehörten zu den sieben turkmenischen Stämmen, die während des Aufstiegs der Safawiden als Kizilbasch bekannt wurden.

Inhaltsverzeichnis

Ursprung der Dynastie

Die Herrscher der Kadscharen waren Mitglieder des Unterstammes der Qavānlū.[2][3][4] Sie siedelten während der Herrschaft der Mongolen über den Iran zuerst in der Gegend um Armenien. Die Safawiden überliessen die Verwaltung des Gebietes Aran (heute Aserbaidschan) den örtlichen oghusischen Khane, so dass 1554 die Stadt Gəncə von Schahverdi Soltan Ziyadoglu Qajar im Namen der Safawiden regiert wurde.[5]

Die Kadscharen erfüllten für die Safawiden im 16. und 17. Jh die Aufgaben von Botschaftern und Verwaltern. Schah Abbas I. ließ die Kadscharen überall im Iran siedeln. Eine große Anzahl ließ sich im Nordiran um die Stadt Astarabad nieder und dieser Gruppe sollte dann später zu Macht gelangen.[3] Schah Qoli Khan Qajar Qavānlū aus Gəncə heiratete in die Qavānlū-Familie von Astarabad. Sein Sohn Fath Ali Khan Qajar (zwischen 1685 und 1693 geboren) war ein fähiger Befehlshaber zu Zeit der Herrschaft von Sultan Hosein und Tahmasp II.. Er wurde auf Befehl Nadir Schahs 1726 ermordet. Sein Sohn Mohammad Hasan Khan Kadschar wurde später auf Geheiß von Karim Khan hingerichtet.

Der Weg zur Macht

Persien im Jahre 1808

"Wie nahezu jede Dynastie in Persien seit dem 11. Jahrhundert kamen auch die Kadscharen mit Hilfe türkischstämmiger Volksgruppen an die Macht. Die eigentliche Regierungsarbeit überließ man gebildeten Persern."[6]Nach der Ermordung Karim Khans, dem letzten persischen Herrscher der Zand-Dynastie, im Jahre 1779 durch Aga Mohammed Khan, dem damaligen Anführer der Kadscharen, begann dieser einen innerpersischen Erorberungsfeldzug, an dessen Ende ein Staat stehen sollte, der die Grenzen des heutigen Irans umfasste. Aga Mohammed Khan ist, selbst an den Maßstäben des 18. Jahrhunderts gemessen, als einer der grausamsten Herrscher in die Geschichte Persiens eingegangen. Man erzählt sich, dass er allein in Kerman 20.000 Einwohnern die Augen hat ausreißen lassen, da sie sich seiner Armee in den Weg gestellt und die Stadt nicht ohne Widerstand an ihn übergeben hatten.[7]

Nach 15 Jahren Krieg hatte Aga Mohammed Khan nahezu alle seine Konkurrenten um den persischen Thron umgebracht, einschließlich Lotf Ali Khan, den letzten Herrscher der Zand-Dynastie. Seine Hauptstadt errichtete in Teheran, das damals nur ein kleines Dorf in der Nähe des weit älteren und berühmteren Ray war. 1796 erklärte sich Aga Mohammed Khan zum Schah von Persien. In einer Zeit, in der in Europa die französische Revolution das Ende der absolutistischen Monarchie einläutete, hatte in Persien ein despotischer Herrscher die Macht übernommen und damit eine absolutistisch regierende, türkischstämmige Dynastie etabliert, die erst 1925 wieder durch eine persische Dynastie, die Pahlavis, abgelöst werden konnte.

Aga Mohammed Khan sollte sich nicht lange an seiner Königswürde erfreuen können. Bereits ein Jahr später, im Jahre 1797, wurde er von seinem Neffen Fath Ali in Şuşa umgebracht.

Dynastie der Kadscharen

  • Aga Mohammed, * 1742 - Regierungszeit 1796 bis † 1797 (ermordet)
  • Fath Ali, 1797 bis † 1834, sein Kronprinz war Abbás Mirzá; lässt 1801 seinen Kanzler Hajj Ibrahim Khan Kalantar exekutieren.
  • Mohammed Schah, 1834 bis † 1848 - mit britischer Hilfe auf den Thron gekommen; lässt 1849 seinen Premierminister Qaem mit einem Teppich erwürgen.
  • Nāser al-Dīn Schah, 1848 bis † 1896 (erschossen)
    Er führte als erster Schah Auslandsreisen nach Europa durch, unter anderem zu Kaiser Wilhelm II. in Berlin; lässt 1852 seinen Premierminister Amir Kabir ermorden.
  • Muzaffaraddin Schah, * 1853 - Regierungszeit 1896 bis † Januar 1907.
    War zwar schwächer und unfähiger jedoch reformfreudiger als sein Vorgänger. Er unterschrieb noch auf dem Sterbebett unter dem Druck der Jungpersischen Revolution die Verfassung (Dezember 1906). Diese, nach belgischem Vorbild, bildete bis zur islamischen Revolution (1979) das Kernstück der iranischen Verfassung. Damit wurde die absolute durch eine konstitutionelle Monarchie ersetzt. Durch Auslandsreisen und Extravaganz seiner Höflinge wurde eine hohe Kreditaufnahme im Westen notwendig, die im Rückblick als der Beginn der Abhängigkeit vom Westen bezeichnet werden kann.
  • Mohammed Ali Schah, * 1872, † 1925 - Regierungszeit 1908 (durch Staatsstreich) bis 1909, Sohn von Muzaffaraddin Schah.
    Der vom Schah 1908 veranlasste Staatsstreich führte zur Auflösung der Nationalversammlung. Die Führer der nationalistischen Bewegung ließ er verhaften oder hinrichten. Die daraufhin ausbrechende Konstitutionelle Revolution zwang den Schah zur Flucht nach Russland.
  • Ahmad Schah * 21. Januar 1898, † Februar 1930 - Regierungszeit 1909 bis 1925, Sohn von Mohammed Ali Schah.
    Da er zum Zeitpunkt seiner Krönung 12 Jahre alt war, wurde für ihn ein Regent eingesetzt: Adudu´l-mulk. Nach dessen Tod im Dezember 1910 übernahm der gemäßigtere Nasir-ul-Mulk dieses Amt. Ahmad-Mirza Schah wurde 1923 als letzter Kadschar von Reza Khan (Reza Schah Pahlavi) zur Abdankung überredet, den Iran zu verlassen. 1925 schließlich die formelle Absetzung der Kadscharen und Errichtung der neuen Dynastie der Pahlavi.

Persiens Wirtschaft im 19. Jahrhundert

Nach der Öffnung des Landes für westliche Technologien, entstand durch die verfehlte Wirtschaftspolitik der Kadscharen-Regenten, die aus der Vergabe von Konzessionen an ausländische Firmen, die Aufnahme von Krediten bei den Staatsbanken von Großbritannien und Russland zur Finanzierung der Ausgaben des Hofes und der Verpfändung von Steuern und Zöllen zur Rückzahlung der Kredite bestanden, in eine wirtschaftliche und politische Abhängigkeit gegenüber Großbritannien und Russland, die sich noch heute in einem generellen Misstrauen vor allem gegenüber Großbritannien bemerkbar macht.

ab 1860

  • 1860: Konzession an England zum Bau eines Telegrafennetzes.
  • 1870: Die Gebr. Siemens führten den Auftrag aus und bauten das Telegrafennetz auf.
  • 1870-1872: Große Hungersnot in Persien
  • 1872: Konzession an den englischen Baron Julius de Reuter: Monopolrechte zum Bau von Eisenbahnen, Straßenbahnen, Bergwerke, Bewässerungsanlagen, Gründung einer Bank sowie weiterer industrieller und landwirtschaftlicher Betriebe.
  • 1873: Erste Europareise des Schahs.
  • 1874: Reorganisation des Postwesen mit Hilfe österreichischer Berater.
  • 1879: Konzession an eine russische Gesellschaft über Fischereirechte im Kaspischen Meer. Gründung der persischen Kosakenbrigade unter der Leitung russischer Offiziere.
  • 1887/1889: Zwei Besuche des Schahs in Europa, u.a. zur Weltausstellung in Paris; München und Berlin.
  • 1890: Konzession für den britischen Major Talbot: Monopol für Anbau, Verkauf und Export des gesamten iranischen Tabaks.
  • 1891: Protestwelle und erfolgreicher Tabakboykott im gesamten Iran Tabakbewegung. Rücknahme der Konzession und Entschädigung der Konzessionsnehmer mit 500.000 Pfund finanziert durch ein Darlehn der britischen Staatsbank. Erste Auslandsschuld des Iran.
  • 1896: Attentat auf Naser al Din Schah. Muzaffar ad-Din Schah übernimmt die Regentschaft.
  • 1897: Belgische Zollbeamte unter M. Naus bauen ein zentralisiertes Zollerhebungssystem auf, das die Zölle nicht nur an den Grenzen sondern auch bei den Importeuren im Lande erhebt.
  • 1900/1902: Zwei weitere Anleihen in Russland insbesondere zur Finanzierung der Auslandsreisen des Schahs.
  • 1901: Ölkonzession an den australischen Milliardär William Knox D'Arcy.
  • 1902: Zollabkommen mit Russland der für wichtige russische Güter einen Vorzugszoll vorsah.
  • 5. Juni 1906: Forderung der konstitutionellen Bewegung unter Führung Ihti´sam as-Saltana für eine verfassungsgebende Versammlung durchgesetzt. Ein Sechs-Klassen-Wahlrecht wird eingeführt.
  • 30. Dezember 1906: Die Persische Verfassung tritt in Kraft.
  • 1907: Muzaffar ad-Din Schah stirbt. Mohammed Ali Schah übernimmt die Regentschaft.
  • 1908: Erste Ölquellen werden gefunden.
  • 23. Juni 1908: Staatsstreich des Schahs unterstützt von Russland. Das Parlament wird aufgelöst.
  • 1909: Die Anglo-Persian Oil Company (APOC) wird gegründet. 16.07.: Mohammed Ali Schah wird gestürzt und flüchtet ins Exil nach Russland (Odessa).
  • 1911: William Morgan Shuster (Amerikaner) wird als Schatzkanzler eingesetzt. Entlassung von Shuster auf Druck dRusslands am 25. Dezember 1911.
  • 1912: Die britische Flotte wird von Kohle auf Öl umgerüstet. Damit wird das persische Öl zu einem militärstrategisch bedeutsamen Gut.
  • 1914: Die britische Regierung erwirbt nach dem Ausbruch des ersten Weltkrieges auf Betreiben Churchills die Aktienmehrheit an der APOC.

Erster Weltkrieg und Nachkriegszeit

1915 organisiert der deutsche Konsul Wilhelm Wassmuss im Süden eine Stammesrevolte gegen die Briten. Doch 1916 erobern die Briten den iranischen Süden zurück und bauen eine lokale Streitmacht, die South Persian Rifles unter Führung von Sir Percy Sykes, auf.

Nach dem Krieg unterzeichnet der bestochene Premierminister Vusuq-du-Daula (Rücktritt 1920) mit zwei Ministern 1919 mit Großbritannien einen Vertrag über ausschließliche Lieferungen von Waffen, Kommunikations- und Verkehrsmittel, ausländische Berater, Offiziere sowie Anleihen (2 Millionen Pfund). Dieser Vertrag wird nie ratifiziert, erst 1921 sehen die Briten von diesem Vertrag ab. Am 21. Februar 1921 gibt es einen Staatsstreich. Unter Sayyid Ziya und Reza Khan - dieser wird Kriegsminister, entsteht faktisch eine Militärdiktatur. 1922 soll mit amerikanischer Hilfe die Reform des Finanzwesens unter Arthur Chester Millspaugh (Rücktritt 1927) durchgeführt werden. Am 28. Oktober 1923 überredet Reza Khan den Schah Ahmad-Mirza, Persien zu verlassen (er stirbt 1930 in Paris). Daraufhin wird Reza Khan Premierminister. Ein staatliches Monopol auf Zucker und Tee, sowie Tabak- und Zündholz-Steuer wird 1925 eingeführt. Am 31. Oktober 1925 wird Ahmad-Mirza Schah formell als letzter Kadscharenherrscher bei drei Gegenstimmen im Parlament, darunter Mohammad Mossadegh abgesetzt. Reza Khan wird durch das Parlament am 12. Dezember 1925 zum Schah (Reza Schah Pahlavi) ernannt und begründet damit die Pahlavidynastie.

Adelstitel

Die Kadscharen führten eine Vielzahl von Adelstiteln, die zum großen Teil als Namensbestandteil verwendet wurden. Die folgende Liste einhält einige Titel und ihre Bedeutung:[8]

  • Shah = König
  • Malekeh = Königin
  • Soltan = König
  • Padeshah = König
  • Shahanshah = König der Könige
  • Mahd-e-Oliaa = Königin Mutter
  • Malekeh Jahaan = Königin der Welt, Königin Mutter
  • Alaat Hazrat = Ihre allerhöchste Majestät
  • Oliaa Hazrat = Ihre allerhöchste Majestät (bezogen auf die Königin)
  • Khan = Führer
  • Shahzadeh = Prinz
  • Baanou = Dame
  • Mirza = Sohn eines Prinzen (Abkürzung von Amirzadeh)
  • Nayeb-Saltaneh = Kronprinz
  • Valiahd = Kronprinz
  • Atabak = Nachfahre eines Prinzen (Titel des Premierministers)
  • Zell-e Soltan = Schatten des Sultans
  • Nosrat-e Dowleh = Sieger der Regierung
  • Farman Farma = Kommandeur der Kommandeure (farman = Dekret)
  • -dowleh (Namenssuffix) = von der Regierung (dowlat = Regierung)
  • -saltaneh (Namenssuffix) = von der Monarchie (saltanat = Monarchie)
  • -soltan (Namenssuffix) = Monarch
  • -molk (Namenssuffix) = Königreich
  • Malek- (Namenspräfix) = vom Schah
  • Sardaar- (Namenspräfix) = Anführer der ...
  • Sardaar-e Azam = Oberbefehlshaber
  • Sepah-Salaar = Oberbefehlshaber der Armee

Quellen

  1. Encyclopædia Britannica
  2. Genealogy and History of Qajar (Kadjar) Rulers and Heads of the Imperial Kadjar House
  3. a b Cyrus Ghani. Iran and the Rise of the Reza Shah: From Qajar Collapse to Pahlavi Power, I.B. Tauris, 2000, ISBN 1860646298, S. 1
  4. William Bayne Fisher. Cambridge History of Iran, Cambridge University Press, 1993, S. 344, ISBN 0521200946
  5. K. M. Röhrborn: Provinzen und Zentralgewalt Persiens im 16. und 17. Jahrhundert, Berlin, 1966, S. 4
  6. Nikki R. Keddie. "The Iranian Power Structure and Social Change 1800-1969: An Overview", International Journal of Middle East Studies, Bd. 2, No. 1. (Jan., 1971), S. 4
  7. Cyrus Ghani: Iran and the Rise of the Reza Shah: From Qajar Collapse to Pahlavi Power, I.B. Tauris, 2000, ISBN 1860646298, S. 1
  8. http://www.qajarpages.org/qajtitles.html

Siehe auch

Literatur

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Qajaren — Iran in 19. und 20. Jahrhundert. Die Kadscharen, auch Qadscharen, Qadjaren oder Kadjaren, (persisch ‏قاجاریه‎ Ghādschāriye [ɢɔːʤɔːriˈɛ]), waren eine Dynastie in Persien (1779 1925). Die turkmenischstämmige …   Deutsch Wikipedia

  • Iran — جمهوری اسلامی ايران Dschomhūrī ye Eslāmī ye Īrān Islamische Republik Iran …   Deutsch Wikipedia

  • Schi'it — Staaten mit einem islamischen Bevölkerungsanteil von mehr als 10 % Grün: sunnitische Gebiete, Rot: schiitische Gebiete, Blau: Ibaditen (Oman) Die Schia (arabisch ‏ شيعة …   Deutsch Wikipedia

  • Schi'iten — Staaten mit einem islamischen Bevölkerungsanteil von mehr als 10 % Grün: sunnitische Gebiete, Rot: schiitische Gebiete, Blau: Ibaditen (Oman) Die Schia (arabisch ‏ شيعة …   Deutsch Wikipedia

  • Schia — Staaten der Erde mit islamischem Bevölkerungsanteil Grün: sunnitische Gebiete, Rot: schiitische Gebiete, Blau: Ibaditen (Oman) Die Schia (arabisch ‏ شيعة ‎ …   Deutsch Wikipedia

  • Schiismus — Staaten mit einem islamischen Bevölkerungsanteil von mehr als 10 % Grün: sunnitische Gebiete, Rot: schiitische Gebiete, Blau: Ibaditen (Oman) Die Schia (arabisch ‏ شيعة …   Deutsch Wikipedia

  • Schiit — Staaten mit einem islamischen Bevölkerungsanteil von mehr als 10 % Grün: sunnitische Gebiete, Rot: schiitische Gebiete, Blau: Ibaditen (Oman) Die Schia (arabisch ‏ شيعة …   Deutsch Wikipedia

  • Schiiten — Staaten mit einem islamischen Bevölkerungsanteil von mehr als 10 % Grün: sunnitische Gebiete, Rot: schiitische Gebiete, Blau: Ibaditen (Oman) Die Schia (arabisch ‏ شيعة …   Deutsch Wikipedia

  • Schiitisch — Staaten mit einem islamischen Bevölkerungsanteil von mehr als 10 % Grün: sunnitische Gebiete, Rot: schiitische Gebiete, Blau: Ibaditen (Oman) Die Schia (arabisch ‏ شيعة …   Deutsch Wikipedia

  • Schiitischer — Staaten mit einem islamischen Bevölkerungsanteil von mehr als 10 % Grün: sunnitische Gebiete, Rot: schiitische Gebiete, Blau: Ibaditen (Oman) Die Schia (arabisch ‏ شيعة …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”