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Auschwitz I, das Stammlager, war neben KZ Auschwitz II–Birkenau und KZ Auschwitz III–Monowitz eines der großen deutschen Konzentrationslager. Es befand sich bei der Kleinstadt Auschwitz im Landkreis Bielitz. Teile des Lagers in Oświęcim sind heute staatliches polnisches Museum bzw. Gedenkstätte. Seit dem 27. Juni 2007 trägt das KZ Auschwitz insgesamt als UNESCO-Weltkulturerbe die offizielle Bezeichnung „Auschwitz-Birkenau – deutsches nationalsozialistisches Konzentrations- und Vernichtungslager“.[1] Die SS-interne Abkürzung in der Zeit des Nationalsozialismus lautete K. L. Auschwitz. Die Nummerierung der Teillager wurde vor allem in der Nachkriegszeit zur eindeutigen Unterscheidung der verschiedenen drei großen Konzentrationslager verwendet.
Inhaltsverzeichnis
Planung des Lagers
Karte vom heutigen PolenNach dem Angriff auf Polen 1939 verschleppten die deutschen Besatzer zunehmend jüdische Polen im Zuge ihrer Germanisierungspolitik in ein Barackenlager, das 1916 die Stadt Auschwitz für Sachsengänger genannte Erntehelfer errichtet hatte. Im Folgejahr 1940 errichteten die deutschen Besatzer aus den ursprünglichen Unterkünften für die Saisonarbeiter das Konzentrationslager, um in einer so genannten polnischen Phase des deutschen Konzentrationslagers bis Mitte 1942, zunächst polnische Regimegegner zu internieren und als Zwangsarbeiter einzusetzen.
Ursprünglich war das KZ Auschwitz wegen seiner „günstigen verkehrstechnischen Lage“ als Quarantäne- und Durchgangslager für verhaftete polnische Staatsangehörige aus Oberschlesien geplant, die als Zwangsarbeiter nach Deutschland verschleppt werden sollten. Da es in der Nähe Sand- und Kiesgruben gab, wurde der Standort auch als SS-Wirtschaftsbetrieb interessant. Durch Zwangsumsiedlung (Räumung) ließ Heinrich Himmler dafür eine Sicherheitszone von 20 Quadratkilometern von Polen freimachen, auf der ein landwirtschaftliches Mustergut für Zuchtvieh und Saatgut entstehen sollte.
Pläne für die Errichtung eigener Rüstungsbetriebe stießen innerhalb des Machtapparates auf Widerspruch. Die SS übernahm aber Reparaturaufträge für die Wehrmacht und vermietete „ihre“ Häftlinge an Privatunternehmen, die sie als Zwangsarbeiter in zahlreichen Nebenlagern und Außenkommandos einsetzten.
An der Planung war auch der Vorstand der I.G. Farben, hier besonders das Vorstandsmitglied Otto Ambros, beteiligt, der einen geeigneten Standort für die Buna-Produktion suchte und bereits im Laufe des Jahres 1940 erkannte, dass Auschwitz über genügend geeignetes Gelände verfügte und dass die notwendigen Rohstoffe, Wasser, Kalk, Salz und Kohle in der Nähe von Auschwitz in großen Mengen vorhanden waren. Im Dezember 1940 besichtigte Ambros den in Frage kommenden Bereich. Am 1. März 1941 trafen Himmler und eine Abordnung der I.G. Farben zu einer Besprechung und Ortsbesichtigung in Auschwitz zusammen und am 7. April 1941 fand in Kattowitz die Gründungssitzung des Buna-Werkes statt. Dieses Werk wurde, zusammen mit anderen Produktionsstätten der I.G. Farben, das spätere KZ Auschwitz III–Monowitz.
Aufbau und Ausbau
Auschwitz I wurde im Mai 1940 entgegen der ersten Planung nicht als Durchgangslager, sondern als Konzentrations- und Arbeitslager eingerichtet. Der erste Häftlingstransport erreichte Auschwitz I am 20. Mai 1940.[2] Der Transport bestand aus reichsdeutschen Strafgefangenen, die als Funktionshäftlinge Aufsichts- und Kontrollfunktionen übernehmen sollten (Häftlingsnummern 1–30). Am 14. Juni 1940 folgte dann der nächste Transport mit 728 polnischen politischen Gefangenen aus Tarnów (Häftlingsnummern 31–759). In diesem Transport befand sich auch Wieslaw Kielar (Häftlingsnummer 290), der später über seinen fünfjährigen Aufenthalt in Auschwitz umfassend Zeugnis ablegte.[3]
Alte polnische Armeekasernen, die teils von einer Mauer umgeben waren, boten sich für den Verwendungszweck als Konzentrations- und Arbeitslager an. 18 Backsteingebäude wurden zum Teil aufgestockt und ein Krankenbau sowie ein Lagergefängnis hergerichtet, das ab August 1941 als Block 11 bezeichnet wurde. Wachtürme und Drahtverhaue wurden hinzugebaut. Außerhalb lagen zwei Gebäude für Verwaltung und zur Unterbringung der Wachmannschaft sowie ein Krematorium, das in einem von Erdmassen abgeschirmten ehemaligen Munitionsbunker eingerichtet wurde.
Dieses Kerngebiet wurde von 1942 bis 1944 durch zahlreiche Bauten für Verwaltung, Lagerhallen und Werkstätten sowie 20 Häftlingsunterkünfte flächenmäßig vervierfacht. Der ehemalige Haupteingang zum Lager mit dem zynischen Motto „Arbeit macht frei“ befand sich seit 1942 innerhalb des vergrößerten Lagers.
Verwaltung
Das Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt (WVHA) der SS steuerte ab 1942 die Konzentrationslager und verwaltete die großteils dazu gehörigen SS-eigenen Industrie-, Gewerbe- und Landwirtschaftsbetriebe wie ein gewinnorientiertes Unternehmen.
Bereits im März 1941 ordnete Himmler eine Vergrößerung des Lagers an. Im Oktober begann der Bau des Vernichtungslagers Auschwitz II–Birkenau, das nach erster Planung sogar 150.000 sowjetische Kriegsgefangene als Häftlinge fassen sollte. Wie andere Lager bestand auch das KZ Auschwitz schließlich aus mehreren Teilen:
- KZ Auschwitz I (Stammlager) ab Mai 1940
- KZ Auschwitz II–Birkenau ab Oktober 1941. Dort fanden ab 1942 die fabrikmäßigen Massentötungen mit Giftgas statt.
- KZ Auschwitz III–Monowitz im Ort Monowitz. Zunächst Ende 1942 unter der Bezeichnung Buna-Lager als Nebenlager von Auschwitz eingerichtet, war es zeitweilig organisatorisch eigenständiges Zwangsarbeitslager für verschiedene Industrieansiedlungen.
- rund 40 Nebenlager des KZ Auschwitz I, uneinheitlich als Arbeitslager, Außenlager, Zweiglager oder Außenkommando bezeichnet.
→ Hauptartikel: Personal im KZ Auschwitz
Lagerkommandanten des Stammlagers waren
- Rudolf Höß (Lagerkommandant von April 1940 bis November 1943, als Standortältester und Koordinator der „Ungarn-Aktion“ von Mai bis Juli 1944 erneut in Auschwitz)
- Arthur Liebehenschel (Lagerkommandant von November 1943 bis Mai 1944)
- Richard Baer (Lagerkommandant ab Mai 1944)
Auch die Verantwortung für die Verwaltung von Auschwitz I und II lag in der Regel beim jeweiligen Lagerkommandanten des Stammlagers. Nur im Zeitraum von November 1943 bis November 1944 hatte Auschwitz-Birkenau mit Friedrich Hartjenstein und Josef Kramer eigene Lagerkommandanten. In Auschwitz-Monowitz wurde Heinrich Schwarz ab November 1943 als Lagerkommandeur eingesetzt. Einige Verwaltungseinrichtungen, wie beispielsweise die Politische Abteilung mit Karteiführung und Standesamt, blieben stets im Stammlager konzentriert.
Funktionshäftlinge
Die Lagerführung übertrug einige Kontroll- und Verwaltungsaufgaben an so genannte Funktionshäftlinge. Es gab Lagerälteste, denen sogar eine Art Vorschlagsrecht bei der Auswahl weiterer Funktionshäftlinge zugestanden wurde. Den SS-Blockführern waren Häftlinge als Blockälteste, Stubenälteste und Stubendienste unterstellt. In den Arbeitskommandos gab es Kapos und Vorarbeiter; in der Verwaltung waren Häftlinge in der Schreibstube eingesetzt.
Die Funktionshäftlinge waren durch Armbinden kenntlich und genossen Vorteile, standen aber immer unter dem Druck, ihr Amt zu verlieren, wenn eine Anordnung missachtet oder eine Arbeitsleistung nicht erreicht wurde. Bis zu 5% aller Häftlinge waren mit – meist geringfügigen – Funktionen beauftragt. Ihre Überlebenschancen waren deutlich höher, weil sie nicht bei Wind und Wetter kräftezehrende Schwerstarbeit leisten mussten. In der von der SS eingerichteten „Lagerselbstverwaltung“ waren jüdische Häftlinge nur selten mit Funktionsaufgaben beauftragt; Juden hatten in der Lagerhiercharchie den tiefsten Rang inne. Oft waren deutsche Kriminelle als Kapos eingesetzt, die ihre erschöpften Mithäftlinge durch Terror und Misshandlungen antrieben.
Unter Arthur Liebehenschel, der ab November 1943 für wenige Monate als neuer Lagerkommandant eingesetzt war, wurden viele Funktionsstellen mit politischen Gefangenen besetzt, außerdem wurden der Strafarrest und das Spitzelwesen abgeschafft, so dass sich die Haftbedingungen für die kurze Dauer seiner Dienstzeit spürbar verbesserten.
Häftlinge
Herkunft und Haftgründe
Zunächst wurden hauptsächlich polnische Oppositionelle und Intellektuelle interniert. Ursprünglich für 10.000 Personen geplant, waren Anfang 1942 im Stammlager 11.703 Häftlinge untergebracht, unter ihnen 1.510 russische Kriegsgefangene. 1944 wurde mit rund 18.500 eine Höchstzahl der Häftlinge im Stammlager ermittelt.
Russische Kriegsgefangene gab es im Stammlager von Oktober 1941 bis Mai 1942. Vom März 1942 bis August 1942 waren im Stammlager vorübergehend 1000 Frauen untergebracht, die aus dem KZ Ravensbrück gekommen waren. Ende 1944 wurden 6000 Frauen aus Auschwitz-Birkenau in die Erweiterungsbauten des Stammlagers überführt.
Aufnahmeprozedur
Als „Zugänge“ mussten die Häftlinge im Block 26 des Stammlagers (ab 1944 in einem neu errichteten Gebäudekomplex) ihre Privatsachen abliefern. Die Häftlinge wurden geduscht, geschoren, fotografiert und registriert; ab 1942 wurde ihnen meist auf dem linken Unterarm die Häftlingsnummer aus einer der sechs Nummernserien eintätowiert. Sie erhielten Holzpantinen und gestreifte Häftlingsanzüge, auf denen sie durch Winkel als politischer Schutzhäftling, jüdischer Schutzhäftling, Krimineller, Asozialer, Emigrant, Zigeuner, Zeuge Jehovas (Bibelforscher) oder Homosexueller gekennzeichnet wurden. In den letzten Kriegsjahren mangelte es an KZ-Häftlingskleidung, so dass innerhalb des Lagers auch umgearbeitete Zivilkleidung getragen wurde.
Tötung und Vernichtung
Unter den Inhaftierten war die Sterblichkeit sehr groß. Ursachen waren Unterernährung, mangelhafte Hygiene, Krankheit (z.B. Fleckfieber, Typhus oder Durchfallerkrankungen), Schwerstarbeit und Misshandlungen. In der ersten Periode seines Bestehens von Juli 1940 bis März 1941 verstarben im Stammlager mindestens 2.500 Häftlinge. Zwischen März 1941 bis Januar 1942 starben beim Ausbau des Stammlagers, beim Bau von Buna und bei Errichtung des Lagers in Birkenau rund 18.000 Häftlinge des Stammlagers. Nach Schätzungen sind im Stammlager insgesamt 60.000 bis 70.000 Menschen ums Leben gekommen.
Das Lager diente daneben als Hinrichtungsstätte. Polnische Widerstandskämpfer, Geiseln und angebliche Saboteure aus Oberschlesien wurden dort von einem Standgericht der Gestapo unter Leitung zunächst von Rudolf Mildner, später dann von Johannes Thümmler verhört, verurteilt und hingerichtet. Diese Opfer wurden nicht als Häftlinge registriert, so dass ihre Anzahl nicht aus den Unterlagen von Auschwitz zu ermitteln ist.
Darüber hinaus kam es zu Massentötungen von registrierten Häftlingen, wobei man die verschiedensten Methoden anwandte und erprobte:
- Im November 1940 wurden erstmals 40 polnische politische Häftlinge in einer Kiesgrube nahe dem Lager erschossen.
- Ende Juli 1941 wurden im Rahmen der „Aktion 14f13“ etwa 570 Häftlinge aus Auschwitz in die NS-Tötungsanstalt Sonnenstein gebracht und dort mit Kohlenstoffmonoxid vergast.
- Im Juli 1941 wurden mehrere Hundert russische Kriegsgefangene in einer Kiesgrube erschlagen.
- Im August 1941 injizierten Ärzte mehreren Häftlingen Evipan, Äther oder Phenol, um dann ihre tödliche Wirkung vergleichen zu können.
- Gleichfalls im August 1941 probierte SS-Hauptsturmführer Karl Fritzsch an sowjetischen Kriegsgefangenen die tödliche Wirkung des als Insektizid entwickelten Blausäurepräparats Zyklon B aus.
- Am 11. November 1941 wurden 151 Häftlinge an einem eigens eingerichteten „Schussfang“ bei Block 11 durch Genickschüsse hingerichtet.
- Ende des Jahres 1941, möglicherweise sogar schon Anfang September, wurden im Keller von Block 11 etwa 250 selektierte Kranke und 600 sowjetische Kommissare und Offiziere mit Zyklon B vergast.
- Ende 1941 wurde der Leichenkeller des Krematoriums, der über eine Entlüftungsanlage verfügte, zur Vergasung 900 russischer Kriegsgefangener benutzt.
Die Suche nach Methoden, die für die Vollstrecker dieser Massentötungen psychisch „weniger belastend“ sein sollten, werden oft nicht als zwingender Beweis dafür akzeptiert, dass zu diesem Zeitpunkt der Massenmord an Juden bereits beschlossene Sache war. Aufgrund weiterer Indizien sind die meisten Historiker davon überzeugt, dass der Entschluss zum Holocaust im Spätsommer oder Herbst des Jahres 1941 gefasst wurde.
Die Massenvernichtung von Juden begann vermutlich Ende März oder im Mai 1942 im KZ Auschwitz II–Birkenau. In einem zu Gaskammern umgerüsteten Bauernhaus wurden in einem Transportzug verschleppte polnische Juden aus Oberschlesien und dem Dąbrowa-Gebiet mit Zyklon B umgebracht und ihre Leichen in Massengräbern beseitigt.
Experimente an Häftlingen
Der SS-Ehrenbrigadeführer und SS-Arzt Carl Clauberg führte Experimente zur Massensterilisation von Frauen aus. Er begann seine Versuche im Dezember 1942 im Frauenlager Auschwitz-Birkenau, wechselte im April 1943 in den Block 10 des Stammlagers und setze die Experimente später in einem Bau des Erweiterungsgeländes vom Stammlager fort. Seine Methode bestand darin, durch chemische Substanzen eine Verstopfung der Eileiter hervorzurufen. Die Versuchsperson wurde im Glauben gelassen, es handele sich um eine gynäkologische Untersuchung. Am 1. Oktober 1943 waren bei ihm 394 „weibliche Häftlinge für Versuchszwecke“ notiert. Ein Teil der Versuchspersonen starb oder wurde getötet und seziert.
Der SS-Sturmbannführer und SS-Arzt Horst Schumann experimentierte zunächst in Baracke 30 des Frauenlagers in Birkenau mit Röntgenstrahlen, um Frauen unfruchtbar zu machen. Diese Versuche wurden später im Stammlager in Block 10 fortgeführt und erweitert. Schumann sterilisierte ungefähr 200 jüdische Männer und kastrierte sie später.
Eduard Wirths, vom 1. September 1942 bis zum 18. Januar 1945 SS-Standortarzt, führte im Stammlager pharmazeutische Experimente durch. Weitere sechs Ärzte sind namhaft, die sich an teils tödlichen Erprobungen von neuartigen Medikamenten beteiligten.
Im April 1943 wurde ein Raum des Blocks 10 der Hygiene-Bakteriologischen Untersuchungsstelle der Waffen-SS Südost zugewiesen, die sich mit bakteriologischen, chemischen, pathologisch-anatomischen und anderweitigen Forschungen befassen sollte. Einen Monat später, im Mai 1943, wurde die Untersuchungsstelle nach Rajsko bei Auschwitz verlegt.
SS-Hauptsturmführer Josef Mengele, der Untersuchungen an Zwillingen und Versuche an kleinwüchsigen Menschen vornahm und einige in der Endphase zu Forschungszwecken tötete, war nicht im Stammlager eingesetzt, sondern im Zigeuner-Familienlager tätig.
Erhalten sind Unterlagen, dass die Firma Bayer 150 weibliche Häftlinge für „170 RM je Stück“ anforderte und erhielt. In einem weiteren Schreiben hieß es dann: „Die Experimente sind durchgeführt worden, alle Personen sind gestorben. In Kürze werden wir uns mit Ihnen zwecks weiterer Lieferungen in Verbindung setzen.“ [4]
Einzelne Gebäude
Siehe auch:
- KZ-Baracke (Wohnbaracke, Block)
Lagergefängnis
Im Block 11 (nach alter Nummerierung bis August 1941 Nr. 13) befand sich ein Lagergefängnis. Im Keller des „Bunkers“ befanden sich vier Stehzellen ohne Lichteinlass, deren Grundfläche kaum ein Quadratmeter maß. Stehbunker war eine Bestrafung für so genannte Lagervergehen: Ein Häftling wurde zum Beispiel zu sieben Nächten Stehbunker verurteilt, weil er in seinem Strohsack eine Häftlingsmütze gegen die Kälte versteckt hatte.
Als Repressalie für die Flucht eines Häftlings aus dem Stammlager suchten Höß und Fritzsch erstmals am 23. April 1941 zehn Geiseln unter den Häftlingen des Blocks 2 aus und verurteilten sie zum Hungertod im Bunker. Am 29. Juli 1941 opferte sich Pater Maximilian Kolbe, indem er sich für eine der ausgewählten Geiseln austauschen ließ.
Zwischen den Blöcken 11 und 10 wurde eine Mauer errichtet, die Schwarze Wand, an der Häftlinge hingerichtet wurden. Sie mussten sich zuvor ausziehen, dann wurden Häftlingsnummer, Namen und Geburtsdatum aufgeschrieben und die SS-Männer schossen ihnen in den Hinterkopf.
Lagerbordell
Das Lagerbordell wurde ab Juni 1943 auf Geheiß Himmlers im Block 24a (gegenwärtig Sitz des Museum-Archivs) eingerichtet. Zuvor hatte die SS den Plan verworfen, eine Bordellbaracke (Bauvorhaben 93) hinter dem Block 11 zu errichten. Es eröffnete im Oktober 1943 und sollte privilegierten Funktionshäftlingen zur Belohnung dienen. Den SS-Wachen war der Besuch verboten, sie besuchten ein Bordell in der Stadt Auschwitz. Über 60 deutsche, polnische und ukrainische Frauen selektierte die SS im Frauenlager in KZ Auschwitz II–Birkenau für die beiden Bordellkommandos in Auschwitz I und KZ Auschwitz III–Monowitz. Das Lagerbordell bestand bis wenige Tage vor der Evakuierung von Auschwitz.[5]
Gaskammer und Krematorium
Ein ehemaliger Munitionsbunker, der etwas abseits lag, wurde zu einem Krematorium umgebaut. Dort wurden auch Exekutionen durch das Gestapo-Standgericht für Oberschlesien durchgeführt. Im Sommer 1941 war eine Lüftungsanlage installiert worden. Räume des Krematoriums wurden zu einer Gaskammer umgebaut, indem man mehrere Einschüttlöcher in die Decke schlug. Dort wurden im Dezember 1941 in einer Aktion 900 sowjetische Kriegsgefangene mit dem Insektizid Zyklon B umgebracht. Nachweisbar ist auch die Vergasung 400 arbeitsunfähiger jüdischer Zwangsarbeiter, die im Februar 1942 aus Oberschlesien dorthin verbracht wurden. Diese erste und einzige Gaskammer im Stammlager wurde nur bis zum Mai 1942 benutzt.
Das Krematorium selbst war bis Ende Juli 1943 in Betrieb. Seine Kapazität reichte auch nach einer Umrüstung nicht aus. Nach erhaltenen Bauunterlagen für die Erweiterung des Stammlagers vom Juni 1941 und Februar 1942 plante man den Neubau eines größeren Krematorium in Auschwitz I. Doch die vom Oktober 1941 datierte Bestellung für fünf Dreimuffelöfen bei der Firma J. A. Topf und Söhne wurde im Februar 1942 storniert; die Öfen wurden für das Krematorium II in Auschwitz-Birkenau benötigt. Das „Alte Krematorium“ (oder Krem. I) wurde in einen Luftschutzbunker für die SS-Wachmannschaften umgebaut. Dabei wurden die Öffnungen für das Einschütten von Zyklon B mit Beton verschlossen.
Nach dem Krieg machten die polnischen Behörden diese Umbauten rückgängig, um ein museales Anschauungsobjekt zu schaffen. Tatsächlich sind also die heute gezeigten Einfüllstutzen erst nach 1945 entstanden. Aus dieser Tatsache ziehen Holocaust-Leugner eines ihrer beliebtesten Argumente. Nach Zeugnis des damals beim Rückbau beteiligten Polen Adam Zlobnicki waren die nachträglich zubetonierten Öffnungen deutlich erkennbar. Fotos aus der Zeit vor der Rekonstruktion belegen diese Aussage.
Man vermutet, dass im Krematorium des Stammlagers insgesamt bis zu 36.000 Tote eingeäschert wurden. Die Anzahl der an diesem Ort vergasten Opfer ist nur ein geringer Bruchteil davon.[6]
Räumung und Befreiung
Zwischen dem 17. Januar und dem 23. Januar 1945 wurden ungefähr 60.000 Häftlinge aus den Lagern in Auschwitz „evakuiert“. Sie wurden auf Teilstrecken in offenen Güterwaggons transportiert und in Todesmärschen nach Westen getrieben. Entkräftete Häftlinge, die nicht in der Marschkolonne Schritt halten konnten, wurden erschossen. Wahrscheinlich haben 9000 bis 15.000 Menschen die Lagerauflösung nicht überlebt.
In den Lagern und Außenstellen blieben etwa 7.500 Häftlinge zurück, die zu schwach oder zu krank zum Marschieren waren. In mehreren Außenstellen hatte die SS vor dem Abrücken etwa 300 entkräftete Häftlinge erschossen. Manche Forscher nehmen an, dass eine Vernichtungsaktion für die zurückgelassenen Gefangenen geplant war, die nur durch das rasche Vorrücken der Roten Armee zunichte gemacht wurde.
Zuerst wurde das Lager Monowitz am Vormittag des 27. Januar 1945 von den Einheiten der 60. Armee der 1. Ukrainischen Front befreit. Bei der Befreiung des Stammlagers verloren 232 sowjetische Soldaten im Kampf mit sich zurückziehenden Deutschen ihr Leben. Im Stammlager, das gegen 15 Uhr des 27. Januar erreicht wurde, fanden die Befreier rund 1.200 kranke Häftlinge vor; in Birkenau waren 5800 verblieben. Trotz aller ärztlicher Bemühung verstarben noch viele der befreiten Häftlinge in den folgenden Tagen.
Auschwitz als Gedenkort
In der Stadt Oświęcim befindet sich heute das Staatliche Museum Auschwitz-Birkenau. Es ist als Museum und Gedenkstätte seit 1979 eingetragen in die Liste des Weltkultur- und Naturerbes der Menschheit, heute unter dem Namen „Auschwitz-Birkenau – deutsches nationalsozialistisches Konzentrations- und Vernichtungslager“. Der Gedenkort zählt jährlich 700.000 Besucher. Vor Ort befinden sich weitere Einrichtungen der Begegnung zum Gedenken an die Opfer.
Als der Lagerkomplex von Auschwitz nach dem Krieg zu einer musealen Denkstätte umgewidmet wurde, beschränkte man sich auf das Kerngebiet des Stammlagers, wie es vor 1942 bestanden hatte. Große Teile des Geländes mit nationalsozialistischen Steinbauten wurden ausgegrenzt und vom Militär genutzt. Das Häftlingsaufnahmegebäude wurde zum Empfangszentrum umgebaut, wodurch seine ursprüngliche Funktion heute unkenntlich ist. Das erste Krematorium im Stammlager mit Öfen und Gaskammer wurde rekonstruiert. Dem Besucher wird nicht eindeutig vermittelt, dass die eigentliche Stätte des Völkermords drei Kilometer entfernt in Auschwitz-Birkenau liegt. Bis 1991 gab eine Tafel an der Rampe in Birkenau die Zahl der in Auschwitz Ermordeten mit 4 Millionen an, obgleich diese unmittelbar nach Kriegsende erfolgte sowjetische Schätzung längst von Historikern widerlegt und als um ein Mehrfaches überhöht bezeichnet worden war. Holocaustleugner nutzten solche vermeidbaren Unstimmigkeiten für ihre Argumentation aus.
Im Gründungsstatut für das Staatliche Museum Auschwitz-Birkenau wurde 1947 festgelegt, dass der Ort der Erinnerung „an das Märtyertum des polnischen Volkes und anderer Völker in Oświęcim“ dienen solle. Für die polnische Geschichte ist das Stammlager von herausragender symbolischer Bedeutung: Hier wurden nationalbewusste Polen als Geiseln und Widerstandskämpfer an der “Schwarzen Wand” erschossen. Hier erduldeten vorbildhafte Männer wie Maksymilian Rajmund Kolbe im Todesblock den Opfertod. Die offizielle Flagge zeigt symbolhaft das rote Dreieck, die Kennzeichnung des nichtjüdischen politischen Häftlings. Der Holocaust/die Shoa als Tragödie des jüdischen Volkes, die mit dem Ort Auschwitz-Birkenau verknüpft ist, wird allein durch Ausstellungsstücke in Block 4 und Block 5 repräsentiert.
Das Internationale Auschwitzkomitee wurde 1952 von Überlebenden des Konzentrations- und Vernichtungslagers gegründet. Es dient einerseits als Interessenvertretung seiner Mitglieder, dann aber auch zur Koordinierung der Tätigkeiten nationaler Auschwitz-Komitees (z. B. Frankreich, Polen, DDR), bzw. Häftlingsvereinigungen und es fördert das Gedenken an die Deportationen und die Shoah / den Holocaust.
Als „unrechtmäßige Aneignung“ empfanden jüdische Überlebende die Bemerkung des polnischstämmigen Papstes Johannes Paul II. beim Besuch am 7. Juni 1979, der von „sechs Millionen polnischer Opfer des Völkermordes“ sprach. Irritationen, Proteste und handgreifliche Auseinandersetzungen gab es nach der Gründung eines Klosters in unmittelbarer Nachbarschaft des Lagers, bis die Karmeliterinnen 1993 ihr christliches Gebetszentrum in mäßigem Abstand neu errichteten. Erhebliche Auseinandersetzungen gab es vor der 1987 erfolgten Seligsprechung der Karmeliterschwester Theresa Benedicta vom Kreuz, die 1998 kanonisiert wurde. Sie war vom jüdischen Glauben zum Christentum konvertiert, als Jüdin verfolgt und in Auschwitz-Birkenau ermordet worden. Verehrer setzten ihr dort ein Kreuz; jüdische Besucher fühlten sich provoziert und stellten einen Davidstern auf. Der Streit uferte aus und offenbarte Spannungen zwischen katholischer Kirche und Juden.
Im Herbst 1989 wurde eine Kommission berufen, die eine Umwandlung der Gedenkstätten mit einer für alle Opfergruppen annehmbaren Lösung finden sollte. Einer der Vorschläge läuft auf eine Trennung der Gedenkstätten hinaus. Auschwitz I würde als zentraler Ort für Polen und christliche Verfolgte dienen; Auschwitz II sollte würdige Erinnerungsstätte des Holocaust werden. Eine derartige Kompromisslösung, die Empfindlichkeiten berücksichtigen würde, ist bislang nicht umgesetzt worden.
Ein Großteil der Räumlichkeiten der "Gedenkstätte und Museum des Staates Polen", insbesondere der musealen Ausstellung befindet sich auf dem Gebiet des ehemaligen Stammlagers.
Das Staatliche Museum Auschwitz-Birkenau (polnisch: Państwowe Muzeum Auschwitz-Birkenau) ist zuerst eine Gedenkstätte und umfasst als solche die Überreste der beiden Konzentrationslager KZ Auschwitz I und KZ Auschwitz-Birkenau (auch: KZ Auschwitz II. Erinnert wird an die Morde während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg. Diese Institution ist zugleich Begegnungsort, Auskunftsstelle, Archiv, und Forschungsinstitut.
Der 27. Januar, der Tag der Befreiung des KZ Auschwitz, ist seit 1996 in Deutschland offizieller Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Der Gedenktag wird außer in Deutschland unter anderem auch in Israel, Großbritannien und Italien offiziell als staatlicher Gedenktag begangen.
Siehe auch
- Auschwitz Jewish Center (Jüdisches Zentrum in Oświęcim/Auschwitz)
- Liste der deutschen Konzentrationslager
- Auschwitz-Album
Rechtliche Aufarbeitung
- Die insgesamt 13 Nürnberger Prozesse vor dem Internationalen Militärgerichtshof von November 1945 bis 1948
- Gegen den ehemaligen SS-Kommandanten Rudolf Höß fand der Höß-Prozess vom 11. bis 29. März 1947 in Warschau, Polen, statt. Er endete mit einem Todesurteil. Höß wurde zwei Wochen später auf den Gelände des ehemaligen KZ Auschwitz I durch den Strang hingerichtet.
- Krakauer Auschwitzprozess gegen 40 frühere Wächter, 1947. Er endete in der Hauptsache mit 23 Todesurteilen.
- Auschwitzprozesse des Volksgerichts Wien (1945–1955)
- Vorerhebungen der Staatsanwaltschaft Wien in den ausgehenden fünfziger Jahren, die ohne Anklageerhebung eingestellt wurden.[7]
- Sechs deutsche Frankfurter Auschwitzprozesse (Der 1. Prozess 1963/1965 und 1965/1966 folgte der 2. Frankfurter Auschwitzprozess sowie 4 Nachfolgeprozesse in den 1970er-Jahren)
- Ein Verfahren[8] vor einem Gericht in Österreich gab es 1972, bei dem in Wien zwei Architekten, die in der Bauleitung des KZ Auschwitz-Birkenau tätig gewesen waren, von der Anklage der vorsätzlichen Tötung gemäß §§ 134 und 135 des damaligen österreichischen Strafgesetzbuchs (von 1852) freigesprochen wurden.
An anderen Orten verurteilte Wächter oder Täter
- An den Ermittlungen in Deutschland beteiligt: Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen (in Ludwigsburg)
Literatur
- Danuta Czech: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939–1945 Rowohlt, Hamburg 1989, ISBN 3-498-00884-6
- Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma: „Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma“. Katalog zur ständigen Ausstellung im Block 13. Heidelberg, 2001.
- Wacław Długoborski, Franciszek Piper (Redaktion): Auschwitz 1940-1945. Węzłowe zagadnienia z dziejów obozu. Autorinnen: Danuta Czech, Tadeusz Iwaszko, Stanisław Kłodziński, Helena Kubica, Aleksander Lasik, Franciszek Piper, Irena Strzelecka, Andrzej Strzelecki, Henryk Świebocki. Herausg.: Verlag Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau, 1995, 5 Bände, 1.250 S., ISBN 83-85047-52-2 (PL). Deutsche Übersetzung Jochen August. Auschwitz 1940-1945. Studien zur Geschichte des Konzentrations und Vernichtungslagers Auschwitz. (5 Bände: I. Aufbau und Struktur des Lagers. II. Die Häftlinge - Existentzbedingungen, Arbeit und Tod. III. Vernichtung. IV. Widerstand. V. Epilog.) 2.076 Seiten. ISBN 83-85047-76-X
- Fritz-Bauer-Institut (Hrsg.): Der Auschwitz-Prozess. Tonbandmitschnitte, Protokolle, Dokumente. DVD-ROM, Verlag Directmedia Publishing Berlin 2004, ISBN 3-89853-501-0
- Thomas Geve: Es gibt hier keine Kinder. Auschwitz, Groß-Rosen, Buchenwald. Zeichnungen eines kindlichen Historikers Hrsg. von Volkhard Knigge (deutsch, engl., hebr.), Göttingen 1997, ISBN 3-89244-220-7
- Ernst Klee: Auschwitz, die NS-Medizin und ihre Opfer. 3. Aufl. Frankfurt/M 2004, ISBN 3-596-14906-1
- Wolfgang Müller (Hrsg.): Auschwitz. Geschichte und Wirklichkeit des Vernichtungslagers. Hamburg 1980 ISBN 3-499-17330-1 (die Originalausgabe erschien 1978 in Warschau)
- Robert-Jan van Pelt, Debórah Dwork: Auschwitz. Von 1270 bis heute. Pendo Verlag, Zürich und München 1998, ISBN 3858423343.
- Jean-Claude Pressac: „Die Krematorien von Auschwitz. Die Technik des Massenmordes.“ Piper Verlag, 1995, ISBN 3-492-12193-4 englische Fassung online
Einzelnachweise
- ↑ Zur Bezeichnung „deutsches nationalsozialistisches Konzentrations- und Vernichtungslager“. Diese hat das Welterbe-Komitee der UNESCO auf Wunsch Polens auf seiner Sitzung im neuseeländischen Christchurch beschlossen. Polens Kulturminister Ujazdowski nannte die Entscheidung einen „Sieg der historischen Wahrheit über die Lüge“. Jetzt könne man nicht mehr straffrei über polnische Vernichtungslager sprechen, was zu Empörungen in Polen geführt hatte.
- ↑ Gideon Greif: Wir weinten tränenlos… – Augenzeugenberichte des jüdischen Sonderkommandos in Auschwitz
- ↑ Wieslaw Kielar: Anus Mundi – Fünf Jahre Auschwitz
- ↑ Firma Bayer aus Müller, Auschwitz, Seite 140
- ↑ Robert Sommer: Die Häftlingsbordelle im KZ-Komplex Auschwitz-Birkenau. Sexzwangsarbeit im Spannungsfeld von NS-'Rassenpolitik' und der Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten“, in: Jah, Kopke, Korb, Stiller (Hrsg.): „Nationalsozialistische Lager. Neue Beiträge zur Geschichte der Verfolgungs- und Vernichtungspolitik und zur Theorie und Praxis von Gedenkstättenarbeit“, Münster 2006.
- ↑ Franciszek Piper: Die Zahl der Opfer von Auschwitz aufgrund der Quellen und der Erträge der Forschung 1945 bis 1990. Verlag Staatliches Museum in Oświęcim 1993, ISBN 8385047174.
- ↑ Aktenzeichen und Zusammenfassung bei www.nachkriegsjustiz.at
- ↑ Übersicht über das Verfahren bei nachkriegsjustiz.at
Weblinks
50.02638888888919.203888888889Koordinaten: 50° 1′ 35″ N, 19° 12′ 14″ O
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