Rabenparadoxon

Rabenparadoxon
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Hempels Paradox oder Rabenparadox ist ein nach dem Philosophen Carl Gustav Hempel benanntes Problem der Erkenntnistheorie. Das Paradoxon besteht darin, dass eine Allaussage über die Eigenschaft bestimmter Objekte scheinbar durch Beobachtungen beliebiger anderer Objekte ohne diese Eigenschaft bestätigt werden kann. Nach Hempel könnte z. B. die Gültigkeit der Aussage Alle Raben sind schwarz durch die Beobachtung eines weißen Schuhs bestätigt werden, was dem gesunden Menschenverstand widerspricht.

Inhaltsverzeichnis

Formulierung des Rabenparadoxons

Wenn ich eine Reihe von Raben sehe, die alle schwarz sind, forme ich irgendwann die Hypothese: Alle Raben sind schwarz. Diese Hypothese wurde induktiv aus einer Reihe von Beobachtungen abgeleitet.

Jeder weitere schwarze Rabe, den ich sehe, bestätigt diese Hypothese. Es ist natürlich unmöglich, alle Raben der Welt zu beobachten, und es könnte sein, dass es irgendwo auf der Erde oder im Universum nicht-schwarze Raben gibt, doch ich fühle mich durch die Beobachtungen in meiner Hypothese bestätigt.

Was ist nun aber, wenn ich ein nicht-schwarzes Objekt sehe, das kein Rabe ist, z. B. ein gelbes Auto?

Ich kann meine Hypothese ebenso formulieren als Alle nicht-schwarzen Objekte sind keine Raben, was logisch äquivalent zu meiner ursprünglichen Hypothese ist. Diese Umformulierung nennt man Kontraposition. Damit bestätigt auch ein gelbes Auto meine ursprüngliche Hypothese Alle Raben sind schwarz!

Zugespitzt formuliert: Wenn ich in meiner Umgebung Objekte beobachte und feststelle, dass alles, was nicht schwarz ist, auch nicht Rabe ist, sammle ich damit Bestätigungen der These, dass alle Raben schwarz sind. Noch extremer: Indem ich in meinem Zimmer kontrolliere, dass alles, was nicht schwarz ist, auch nicht Rabe ist, sammle ich Beweismaterial für den Satz, dass alle Raben schwarz sind.

Zur Diskussion des Paradoxons

Diese Schlussfolgerung scheint zunächst paradox zu sein. Wie kann die Beobachtung eines gelben Autos (oder eines roten Buches usw.) Einfluss auf eine Hypothese haben, die schwarze Raben beschreibt? Hempel nahm an, dass es sich dabei um eine psychologische Fehleinschätzung handelt und die Beobachtung von nicht-schwarzen Objekten tatsächlich in sehr geringem Maße die Hypothese stützt. Ganz allgemein leitet er daraus her, dass jede Beobachtung, die einer Allaussage nicht widerspricht, diese in bestimmtem Maße unterstützt.

Geschichte

Das Paradox ist zuerst 1940 von Janina Hosiasson-Lindenbaumowa im Journal of Symbolic Logic publiziert und Hempel zugeschrieben worden, 1943 tauchte es dann in Hempels Arbeit A purely syntactical definition of confirmation in der gleichen Zeitschrift auf.

I. J. Good schlug 1967 eine Auflösung des Paradoxon im Artikel The White Shoe Is a Red Herring vor. Er übersetzt darin das Paradoxon in ein Entscheidungsproblem, in dem nach der Beobachtung eines schwarzen Raben zwischen verschiedenen möglichen Welten mit unterschiedlichen Anzahlen von Raben und anderen Objekten gewählt werden soll. Er zeigt, dass die Aussagekraft einer Beobachtung von der Menge und Art der überlegten Hypothesen abhängt. Diese Argumentation wurde von Hempel als irrelevant zurückgewiesen. Die Argumentation von Good wird im Buch von E. T. Jaynes zitiert: Kapitel 5 von "Probability Theory: The Logic of Science", Seite 522.

Literatur

  • Mario Bunge (ed.): The Critical Approach to Science and Philosophy. In Honor of Karl R. Popper, London 1964
  • Rudolf Carnap: Logical Foundations of Probability, Chicago 1962
  • R. G. Colodny (ed.): Mind and Cosmos. Essays in Contemporary Philosophy, Pittsburgh 1966
  • C. F. Gethmann: Theorie des wissenschaftlichen Argumentierens, Frankfurt 1980
  • Carl Gustav Hempel: Aspects of Scientific Explanation and Other Essays in the Philosophy of Science, New York 1965
  • J. Hintikka, P. Suppes (eds.): Aspects of Inductive Logic, Amsterdam 1966
  • W. Lenzen: Theorien der Bestätigung wissenschaftlicher Hypothesen, Stuttgart - Bad Cannstatt 1974
  • Willard Van Orman Quine: Ontologische Relativität und andere Schriften, Stuttgart 1975
  • I. Scheffler: The Anatomy of Inquiry. Philosophical Studies in the Theory of Science, New York 1963
  • I. J. Good: The White Shoe Is a Red Herring. British Journal for the Philosophy of Science 17: 322, 1967
  • E. T. Jaynes: Probability Theory: The Logic of Science. Cambridge University Press, 2003. ISBN 0-521-59271-2.

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