- Rachel Nickell
-
Am 15. Juli 1992 ereignete sich in Wimbledon ein Mord. Rachel Nickell (*23. November 1968) wurde in einem Park sexuell genötigt und erstochen. Ein Gegenstand des Falls war die aufsehenerregende Anklage gegen Colin Stagg, der freigesprochen wurde. Am 28. November 2007 wurde ein 41-jähriger Mann namens Robert Napper des Mordes an Rachel Nickell angeklagt.
Inhaltsverzeichnis
Der Mord
Rachel Nickell war am 15. Juli mit ihrem zweijährigen Sohn und ihrem Hund in einem Park in Wimbledon unterwegs, als sie attackiert wurde. Der Angreifer schnitt ihr die Kehle auf, stach 49-mal auf sie ein und nötigte sie sexuell. Ein Passant fand später ihre Leiche, an der sich ihr Sohn festklammerte.
Ermittlungen
Beamte von Scotland Yard übernahmen die Ermittlungen. Nachdem 32 Männer im Zusammenhang mit dem Mordfall verhört worden waren, legten sich die Ermittler auf Colin Stagg als Hauptverdächtigten fest, einen arbeitslosen Mann aus Roehampton, von dem bekannt war, dass er in der Gegend des Mordes oft seinen Hund spazierenführte.
Es gab keine forensisch feststellbaren Indizien, die Stagg mit dem Mord in Verbindung bringen konnten, und so beschloss die Polizei, durch den Kriminalpsychologen Paul Britton ein Täterprofil des Mörders anfertigen zu lassen, welches als auf Stagg passend erachtet wurde. Die Polizei ersuchte dann Britton um Hilfe beim Entwurf einer verdeckten Aktion, die darauf abzielte, Stagg des Mordes zu überführen. Diese Operation wurde später vom Richter und den Medien als Honey Trap bezeichnet.
Eine Undercover-Beamtin einer Spezialeinheit der Metropolitan Police, die den Decknamen Lizzie James benutzte, kontaktierte Stagg und gab sich als Freundin einer Frau aus, mit der Stagg früher über Kontaktanzeigen bekannt gewesen war, und versuchte, Informationen von ihm zu bekommen, indem sie romantisches Interesse an ihm vortäuschte. Über einen Zeitraum von fünf Monaten trafen sie sich, telefonierten miteinander und tauschten Briefe mit sexuellen Fantasien aus. Sie sprachen während eines Treffens im Hyde Park über den Mord an Nickell. Stagg sollte später sagen, dass er nur mitgespielt habe, weil er die Romanze fortführen wollte[1]. Britton war laut eigenen Aussagen nicht einverstanden mit dem Versand der Briefe und habe nichts davon gewusst, bevor sie abgeschickt wurden.[2]
Die Ermittlerin gewann Staggs Vertrauen und versuchte gewalttätige Fantasien aus ihm hervorzulocken, aber Stagg gestand den Mord nicht. Die Polizei veröffentlichte später eine Aufzeichnung einer Konversation zwischen James und Stagg, in der die Polizistin sagte, dass sie es genieße, Leute zu verletzen. Stagg murmelte darauf: "Bitte erkläre mir das, ich lebe ein ruhiges Leben. Wenn ich dich enttäuscht haben sollte, bitte gib mir nicht den Laufpass. Sowas wie dies habe ich noch nie zuvor erlebt." Als James sagte: "Wenn du nur den Wimbledon-Common-Mord begangen hättest, wenn du nur sie getötet hättest, es würde in Ordnung sein." antwortete Stagg: "Es tut mir schrecklich leid, aber ich war es nicht."[3]
Als die Polizei dennoch glaubte, ausreichende Indizien zu haben, wurde Stagg verhaftet und angeklagt. Als der Fall 1994 im Old Bailey verhandelt wurde, bemerkte der Richter, dass die Polizei in "blindem Eifer" gehandelt habe und versucht habe, einen Verdächtigen zu inkriminieren durch "irreführendes Verhalten der übelsten Sorte". Das aus der Falle gewonnene Beweismaterial wurde aus dem Prozess ausgeschlossen und die Anklage gegen Stagg wurde zurückgezogen.
Nach Staggs Prozess
Eine interne Überprüfung der Metropolitan Police brachte zutage, dass die Untersuchung des Falls drei Millionen Pfund gekostet[4] und die Polizei keine entscheidenden wissenschaftlichen Informationen erbringen konnte. Colin Stagg entschied, die Polizei wegen der 14 Monate, die er in Haft verbracht hatte, auf Haftentschädigung bis zu einer Million Pfund zu verklagen, doch der Fall wurde wegen der Weiterführung der Untersuchungen aufgeschoben.[5]Bis heute bemüht sich Stagg um eine Entschuldigung und hat in Zusammenarbeit mit Journalisten und Autoren mehrere Bücher über den Fall geschrieben. Im Jahr 2007 gab das Home Office bekannt, dass Stagg eine Entschädigung wegen fälschlicher Anklage zustehe.
Die "Lizzie James" genannte Ermittlerin quittierte den Polizeidienst im Jahr 1998 und ging in den Frühruhestand[6]. Die Metropolitan Police zahlte ihr im Jahr 2001 125'000 Pfund, bevor ihr Fall vor Gericht kam, bei dem sie unterstützt von der Polizeigewerkschaft die Metropolitan Police anklagte. Ihr Anwalt bemerkte, dass sich die Metropolitan Police bereit gezeigt habe, Lizzie James eine beträchtliche Entschädigungssumme zu bezahlen, weise darauf hin, dass die Polizei sich bewusst gewesen sei, welche beträchtlichen psychischen Verletzungen Lizzie James erlitten habe.[7]
Die Rolle Paul Brittons wurde von der British Psychological Society untersucht, aber die Anklagen gegen ihn wurden 2002 fallengelassen.[8][9].
André Hanscombe, der Ehemann Rachel Nickells, schrieb ein Buch "The Last Thursday in July" über sein Leben mit Rachel. Im Jahr 1996 zog er mit seinem Sohn nach Frankreich, laut eigenen Angaben flüchtete er dabei vor den Medien. Er arbeitet seither als Autor und Illustrator von Kinderbüchern.[10].
Im Jahr 2003 fand die Polizei an Nickells Kleidung Spuren männlicher DNA, die weder ihrem Ehemann noch ihrem Sohn zugeordnet werden konnten.[11]
Robert Napper
Im Juli 2006 verhörte Scotland Yard zwei Tage lang den verurteilten Sexualmörder Robert Napper in einer psychiatrischen Anstalt in Berkshire[12]. Der Vierzigjährige, bei dem paranoide Schizophrenie diagnostiziert worden war, war seit über zehn Jahren Insasse in diesem Institut.[13].
Napper war wegen des Mordes an Samantha Bisset und ihrer vierjährigen Tochter im Jahr 1993, eineinhalb Jahre nach dem Mord an Nickell verurteilt worden, und wird mehrerer Vergewaltigungen verdächtigt[14]. Am 28. November 2007 wurde er wegen Mordes an Rachel Nickell angeklagt. Er plädierte auf unschuldig und erwartet den Prozess im November 2008. [15]
Literatur
- André Handscombe: The Last Thursday in July. Century 1996/Arrow 1997, ISBN 978-0099175124
- Mike Fielder: The Murder of Rachel Nickell. John Blake, 2000, ISBN 978-1857823387
- Keith Pedder: The Rachel Files, John Blake, 2002, ISBN 978-1904034308
- Keith Pedder: Murder on the Common: The Secret Story of the Murder That Shocked a Nation. John Blake, 2003, ISBN 978-1844540570
- David Kessler: Rachel Nickell, House of Solomon Ltd, 2001, ISBN 978-1904037033
- Colin Evans: A Question of Evidence: The Casebook of Great Forensic Controversies, from Napoleon to O.J.. Wiley 2002, ISBN 978-0471440147
- Paul Britton: The Jigsaw Man. Corgi Books, 1998, ISBN 978-0552144933
- Colin Stagg und David Kessler: Who Really Killed Rachel?. Greenzone Publishing, 1999, ISBN 978-0958202725
- Colin Stagg und David Kessler: The Lizzie James Conspiracy. House of Solomon Ltd, 2001, ISBN 978-1904037002
- Colin Stagg und Ted Hynds: Pariah: Colin Stagg. Pennant Publishing, 2007, ISBN 978-1906015107
- Brent E. Turvey: Criminal Profiling: An Introduction to Behavioral Evidence Analysis Academic Press, 2002, ISBN 978-0127050416
- Kevin Brewer: "Psychology and Crime. Heinemann Educational Publishers, 2000, ISBN 978-0435806538
Einzelnachweise
- ↑ Police quiz new suspect in Wimbledon Common murder case | Special reports | Guardian Unlimited
- ↑ Police ignored clues that could have led to Rachel Nickell's killer, | The Independent on Sunday
- ↑ With police and tabloids in cahoots, Colin Stagg became a sacrificial lamb | The Observer
- ↑ Police hunting killer of Rachel Nickell question inmate at Broadmoor - Independent.co.uk
- ↑ Still no apology from police, says Rachel suspect | The Daily Mail
- ↑ BBC News Rachel Nickell detective quits at 33
- ↑ Police quiz new suspect in Wimbledon Common murder case | Guardian Unlimited
- ↑ BBC NEWS | Stagg storms out of 'Cracker' hearing
- ↑ News - Telegraph
- ↑ Police quiz new suspect in Wimbledon Common murder case | Guardian Unlimited
- ↑ News - Telegraph
- ↑ The Epoch Times | Man Questioned over Rachel Nickell Murder
- ↑ Broadmoor sex killer questioned over Nickell murder - Times Online
- ↑ Police ignored clues that could have led to Rachel Nickell's killer, | The Independent on Sunday
- ↑ BBC NEWS | Man denies Rachel Nickell murder
Wikimedia Foundation.