- Radegast (Anhalt)
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Wappen Deutschlandkarte Basisdaten Bundesland: Sachsen-Anhalt Landkreis: Anhalt-Bitterfeld Verwaltungs-
gemeinschaft:Südliches Anhalt Höhe: 81 m ü. NN Fläche: 3,95 km² Einwohner: 1195 (31. Dez. 2007) Bevölkerungsdichte: 303 Einwohner je km² Postleitzahl: 06369 Vorwahl: 034978 Kfz-Kennzeichen: ABI Gemeindeschlüssel: 15 0 82 295 Adresse der Verbandsverwaltung: Hauptstraße 31
06369 Weißandt-GölzauWebpräsenz: Bürgermeister: Michael Graf (parteilos) Lage der Stadt Radegast im Landkreis Anhalt-Bitterfeld Radegast ist eine Kleinstadt in der Verwaltungsgemeinschaft Südliches Anhalt in Sachsen-Anhalt im Landkreis Anhalt-Bitterfeld. Sie ist - gemessen an der Fläche - die kleinste Stadt in Sachsen-Anhalt und liegt rund 13 km südöstlich der Kreisstadt Köthen (Anhalt).
Inhaltsverzeichnis
Geografie
Geografische Lage
Die Gemarkung Radegast grenzt im Südosten an das Naturschutzgebiet „Cösitzer Teich“ und im Süden an das Landschaftsschutzgebiet Fuhneaue.
Geologie
Radegast liegt am Rand der Köthener Kulturebene. Dieser Rand steigt unvermittelt aus der Fuhneniederung auf, so dass der Höhenunterschied in Radegast zwischen Wiesengrund und höchstem Punkt auf kurzer Entfernung etwa 6 m beträgt. Die Stadt liegt inmitten einer weitläufigen früheren Moor- und Sumpflandschaft, deren Oberland bereits früher sehr fruchtbar war. In der Radegaster Chronik ist dazu vermerkt: „Der Unterboden dieser Gegend ist nicht schlecht, aber sein Wert wird durch die große Nässe herabgemindert. Die obere, etwa fußtiefe Schicht ist ein Wiesenmergel, der durch die üppige Gras- und Sumpfvegetation sehr humos und durch die Kalkabscheidungen des stehenden Wassers stark kalkhaltig geworden ist. Dann folgen Moor und vielfach Torf, der früher weiter nach Osten zu, in der Vogtei, in großen Mengen zur Verwendung als Heizmaterial gestochen wurde. Den Abschluss der Oberschicht nach unten bildet wasserundurchlässiger Ton. Starke Gerölleinmischungen, die sich schon in geringer Tiefe finden, sind die Hinterlassenschaft eines Urstromes, der sich zur Eiszeit hier breit, seicht und träge am Südrand der abschmelzenden Gletscher hinschob. Die Bodenverhältnisse sind auch bis heute noch so, obwohl die Kulturarbeit den Boden im Fuhnetal wesentlich verbessert haben. Der tief liegende Lößboden trägt Zuckerrüben und Weizen in reicher Fülle. Unten ist das Land moorig, kiesig, feucht.“ [1]
Nachbargemeinden
Nachbargemeinden von Radegast sind die Gemeinde Weißandt-Gölzau im Norden, die Gemeinde Zehbitz im Osten und die Stadt Zörbig im Süden und Westen.
Stadtgliederung
Neben dem historischen Ortskern umfasst die Stadt Radegast die in den 1930er Jahren errichtete Siedlung (früher „Siedlung Heimat“), die - abgetrennt durch den Sportplatz und den Reitplatz - in östlicher Richtung an den historischen Stadtkern anschließt. Sie erstreckt sich bis zum Bürgerpark und umfasst etwa die Hälfte des Stadtgebietes. Das gesamte Stadtgebiet von Radegast ist im Laufe der Jahrhunderte vollständig historisch gewachsen und wurde bislang nicht durch Eingemeindungen oder Zusammenschluss mit anderen Gemeinden vergrößert - angesichts mehrerer Gebietsreformen in Sachsen-Anhalt, bei denen kontinuierlich kleinere Gemeinden aufgelöst oder zusammengelegt worden sind, eine Besonderheit.
Geschichte
Der Ort Radegast wurde 1244 erstmals als Besitz der „Frates de Radegiz“ (Gebrüder von Radegast) urkundlich erwähnt. In den folgenden Jahrhunderten wechselte der Ort mehrmals den Besitzer, was urkundliche Erwähnung fand. Im Jahr 1612 wurde Radegast fürstliches Amt. Die Stadt- und Marktrechte wurden dem Ort im Jahr 1727 verliehen. Das Stadtrecht wird jedoch erst seit 1852 wahrgenommen. Mit der Sanierung des alten Dammes durch die Fuhneniederung in den Jahren 1686 bis 1688 zwischen Radegast und der Nachbarstadt Zörbig wurde eine wichtige Handelsstraße zwischen Magdeburg und Leipzig geschaffen. 1688 wurde als Grenzstein zwischen den damaligen Ländern Sachsen und Anhalt-Dessau der „Theure Christian“ errichtet. 1702 ist Radegast zum Marktflecken erhoben worden. Im selben Jahr begann der Bau der ersten Radegaster Kirche. Der Kirchturm stürzte jedoch bereits im Jahr 1752 wieder ein und wurde noch im selben Jahr neu aufgebaut. Aus dieser Zeit stammen die beiden historischen Gasthöfe der Stadt, die noch heute existieren.
In den Jahren um 1780 trieb ein Falschmünzer - der Apotheker Ziervogel - in der Gemeinde sein Unwesen, bis er schließlich im Jahr 1786 verhaftet wurde. Während der Befreiungskriege (1813 bis 1815) hatte der schwedische Kronprinz und Oberbefehlshaber der Nordarmee, Karl-Johann, in Radegast im Oktober 1813 vor der Völkerschlacht bei Leipzig kurzzeitig sein Hauptquartier. 1820 bekam der Ort eine Postanstalt, die zunächst in einem Gasthof untergebracht war. Das heute noch existierende „Kaiserliche Postamt“ in der Bahnhofstraße wurde zwischen 1871 und 1874 eröffnet und wickelte die Postgeschäfte für die Orte Radegast, Wehlau, Lennewitz (heute beide zu Zehbitz), Riesdorf, Cosa, Fernsdorf (heute beide zu Prosigk), die Station Weißandt (heute zu Görzig), Priesdorf (Ortsteil von Cösitz) und Cösitz (heute Stadtteil von Zörbig) ab. 1929 wurde im Postgebäude ein Fernmelde-Selbstanschlussamt errichtet und das Postamt in eine Postagentur umgewandelt. Die für die Stadt und ihre Umgebung wichtige Institution wurde am 6. April 1999 geschlossen.
Radegast wuchs in den folgenden Jahren immer weiter an. 1867 lebten in der Stadt laut Kirchenregister 885 Einwohner. Bereits seit 1859 gab es die Likörfabrik H. Kahleyß & Co., die mit ihren „Kalcora“-Produkten zeitweise den anhaltischen Hof belieferte. 1864 wurde eine Zuckerfabrik gegründet und 1865 eröffnet. In ihr arbeiteten zeitweilig bis zu 160 Menschen. Ein 120 m hoher Schornstein der Fabrik stürzte noch vor seiner Fertigstellung im September 1865 ein. Die Zuckerfabrik wurde im Jahr 1930 abgebrochen, einige der alten Bauten sind aber heute noch erhalten.
1874 wurde das Kirchenschiff neu gebaut. Auch der Kirchturm wurde erheblich aufgestockt. Seine Höhe beträgt seitdem etwa 35 m.
Die Teilstrecke Köthen-Radegast der Dessau-Radegast-Köthener Bahn wurde am 28. November 1896 eingeweiht, am 9. Dezember 1897 folgte der Abschnitt Radegast-Dessau. Mit der Eröffnung der Strecke zwischen Radegast und Zörbig am 8. August 1898 war das Netz komplett in Betrieb. Ihr Ende fand die Radegaster Eisenbahngeschichte mit der Demontage der Bahnstrecke nach dem Zweiten Weltkrieg. Am 21. März 1946 wurde der Bahnbetrieb eingestellt; die Bahn musste als Reparationszahlung an die Sowjetunion abgetreten werden.
1925 hatte die Stadt bereits 911 Einwohner. Auch wurde in diesem Jahr ein neues Rathaus eingerichtet, welches zwischen 1931 und 1933 grundlegend saniert wurde. Im Jahr 1934 wurde der Bau des neuen Schulgebäudes begonnen, im darauf folgenden Jahr wurde er fertig gestellt und eingeweiht. Bis weit in die 1990er Jahre hinein wurden hier noch Schüler unterrichtet.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges - im Jahr 1951 - begann die Pferdezucht auf der Domäne in Radegast. Viele erfolgreiche Sport- und Reitpferde hat das Radegaster Gestüt in seiner traditionsreichen Geschichte hervorgebracht. Das Landgestüt des Landes Sachsen-Anhalt befand sich von 1991 bis zur Verlegung nach Prussendorf im Jahre 1997 in Radegast. 1999 wurde das Gestüt privatisiert.
Seit 1. April 1994 gehört Radegast einer Verwaltungsgemeinschaft an. Diese hieß zunächst Gölzau-Görzig-Radegast, später dann Anhalt-Süd. Seit 1. Januar 2005 bilden die ehemaligen Verwaltungsgemeinschaften Anhalt-Süd, Oberes Ziethetal und Fuhneaue nun die Verwaltungsgemeinschaft Südliches Anhalt.
Historische Gebäude in der Stadt
Religionen
Erst seit dem Jahr 1702 gibt es in Radegast eine eigenständige Kirchengemeinde. Zuvor war Radegast Teil der Kirchengemeinde Großweißandt (heute Weißandt-Gölzau). Der erste Radegaster Pfarrer hieß Ephraim Gottlieb Bobbe und wirkte zwischen 1703 und 1715 im Ort.
Heute besitzt Radegast eine evangelische Kirche. Seit 1945 besitzen Anhänger des katholischen Glaubens in der Kirche ein Gastrecht. Der Großteil der Bevölkerung ist jedoch entweder evangelisch oder konfessionslos. Die Radegaster Kirchengemeinde pflegt seit 1987 eine Partnerschaft mit der Kirchengemeinde Billigheim-Ingenheim.
Pfarrer in Radegast
- Friedrich Herbst (1870 - 1878)
- August Schönemann (1878 - 1882)
- Andreas E. Fritsche (1882 - 1885)
- Friedrich Lohse (1886 - 1898)
- Ernst Hennigs (1898 - 1905)
- Heinrich Rohden (1905 - 1917)
- Walter Heide (1917 - 1920)
- Kurt Laute (1920 - 1932)
- Alfred Göhler (1932 - 1934)
- Otto Rose (1934 - 1936)
- Martin Eschebach (1936 - 1938)
- Heinrich Wenzel (1938 - 1949)
- Hans-Joachim Kirchert (1950 - 1978)
Die Pfarrstelle wurde nach dem Ausscheiden Kircherts nicht wieder besetzt. Die Kirchengemeinde wurde stattdessen wieder vom Nachbarort Weißandt-Gölzau aus mit betreut. Seitdem waren als Pfarrer für Radegast zuständig:
- Dr. Andreas Lischke (1978 - 1984)
- Joachim Hegner (1984 - 1985)
- Andreas Müller (1987 - 2001)
- Gemeindepädagogin Anke Zimmermann (seit 2001)
Heute wird die Kirchengemeinde von Görzig aus mit betreut. Pfarrer ist zurzeit Dr. Andreas Karras.
Einwohnerentwicklung
Jahr Einwohner 1830 668 1867 914 (885 [2]) 1. Dezember 1871 980 1. Dezember 1910 916 1925 915 10. Mai 1930 1.250 Dezember 1932 1.226 1939 1.896 1964 2.333 Jahr [3] Einwohner 6. Mai 1984 1.822 3. Oktober 1990 1.490 31. Dezember 1995 1.418 31. Dezember 2000 1.366 31. Dezember 2001 1.351 31. Dezember 2002 1.346 31. Dezember 2003 1.327 31. Dezember 2004 1.258 30. Juni 2005 1.268 Jahr Einwohner 31. Dezember 2005 1.246 30. Juni 2006 1.236 31. Dezember 2006 1.221 31. Dezember 2007 1.195 Gedenkstätten
- Grabstätten auf dem Ortsfriedhof für sechs (nach anderen Angaben sieben) KZ-Häftlinge, die im April 1945 bei einem Todesmarsch ums Leben kamen
Politik
Stadtrat
Der Stadtrat wurde zuletzt gewählt im Jahr 2004. Stimmberechtigt waren 1135 Personen. Die Wahlbeteiligung lag bei 47,58 % (540 Personen). Nach der Gemeindeordnung des Landes Sachsen-Anhalt beträgt die Amtsdauer der Gemeinderäte fünf Jahre. Die nächsten Stadtratswahlen finden im Jahr 2009 statt.
Bürgermeister und Vorsitzender des Stadtrates gemäß § 36 Abs. 2 der Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt (GO LSA) ist Michael Graf (SPD).
Wahlergebnisse
- CDU: 35,07 % (544 von 1551 Stimmen) = 4 Sitze
- SPD: 61,64 % (956 von 1551 Stimmen) = 8 Sitze
- FDP: 3,29% (51 von 1551 Stimmen) = 0 Sitze
Bürgermeister
Im Jahr 1849 wurde der bis dahin amtierende Stadtrichter, Hufschmied Christian Saxenberger erster Bürgermeister von Radegast, nachdem dieses Amt durch die Gemeindeordnung vom 24. Februar 1849 geschaffen worden war. Die bisherigen Posten der Gerichtsschöffen wurden und durch zwei Stadträte ersetzt. Diese waren Gastwirt Wilhelm Böning und Kaufmann Karl Schoor. Auch die Polizeiverwaltung ging auf den Bürgermeister über. Saxenberger blieb bis 1852 im Amt. Am 1. März des Jahres wurde eine neue Gemeindeordnung verabschiedet, Radegast wurde nun – mit amtlicher Bekanntmachung im „Anhalt-Dessauischen Staatsanzeiger“ vom 21. August 1852 – offiziell zu einer Stadt. Zum Nachfolger von Christian Saxenberger wurde der Kaufmann Friedrich Klayla gewählt, der die Wahl jedoch ablehnte. Da sich die zur Wahl versammelte Bürgerschaft der Stadt nicht auf eine andere Person einigen konnte, blieb der bisherige Bürgermeister Saxenberger weiter im Amt. Klayla wurde daraufhin zum Stadtrat ernannt. Nach dem Tod Christian Saxenbergers im Jahr 1853 wurde Friedrich Klayla schließlich doch Bürgermeister der Stadt Radegast. Er bekleidete das Amt mehr als 15 Jahre lang und trat Ende der 1860er Jahre zurück. Ihm folgte der Kaufmann und Stadtverordnete Robert Naumann, der im Jahr 1880 zurück trat.
Nachfolger Naumanns wurde 1880 der Rentner G. Conrad, der traurige Berühmtheit erlangte, weil er – nachdem er sich an der Börse verspekuliert hatte – zwischen Mitte der 1880er Jahre und 1891 einen Betrag von 3.209 Mark aus der Stadtkasse entwendete. Nachdem der Diebstahl im Jahr 1890 entdeckt wurde, erschien am 16. Januar 1891 der Kreisdirektor zur Revision in Radegast, wo er allerdings neben leeren Kassen und vernichteten Akten nur die Leichen der Frau des Bürgermeisters und ihres Vaters vorfand. Sie wussten scheinbar von den Vorgängen und vergifteten sich selbst. Der Bürgermeister Conrad wurde am darauf folgenden Tag in einem Leipziger Gasthof gefunden, wo er sich ebenfalls vergiftet hatte. Nach diesen turbulenten Ereignissen wurde Louis Hecht im Jahr 1891 zum Nachfolger Conrads ernannt. Er leitete die Geschicke der Stadt bis zum Jahr 1925. In seine Amtszeit fällt der Bau der Dessau-Radegast-Köthener Bahn, wodurch die Industrialisierung in Radegast Einzug hielt. Nach seinem Ausscheiden aus dem Amt des Bürgermeisters wurde Hecht zum ersten Ehrenbürger der Stadt Radegast ernannt. Nachfolger Hechts wurde 1925 Karl Engel, ein Gemeindesekretär aus Biere (Salzlandkreis) der das Amt bis 1931 bekleidete und anschließend als Gemeindevorsteher nach Sandersdorf wechselte. Unter Engels Nachfolger Dittrich (1931 bis 1933) wurden der Marktplatz und der Friedhof instand gesetzt, das Rathaus saniert und Straßenzüge durch Begrünung attraktiver gestaltet. Ab 1. Juli 1933 leitete der bisherige Kreisobersekretär Franz Brennecke kommissarisch die Verwaltung der Stadt, bevor er im März 1934 offiziell in das Amt eingeführt wurde. Wie lange er dieses Amt bekleidete, ist allerdings unbekannt.
Zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der damals amtierende Bürgermeister Becker durch den Stadtrat Dr. Schubert abgelöst, der die Verwaltung für kurze Zeit kommissarisch leitete. Für die Zeit zwischen Kriegsende und dem Jahr 1953 werden in der Chronik der Stadt die Bürgermeister Albert Dietsch, Gödecke, Petratschek, M. Boog, Wagner, H. Klemmt und Else Neubert genannt. Auch wird dort erwähnt, dass der Bürgermeister Michalski im Zusammenhang mit dem Volksaufstand in der DDR vom 17. Juni 1953 verhaftet und abgesetzt wurde. Auf Michalski folgte Kurt Lohmann als Bürgermeister, der die Geschicke der Stadt fast während des gesamten Bestehens der Deutschen Demokratischen Republik lenkte. Lohmann war zuvor Bürgermeister in Cosa (heute Ortsteil von Prosigk). Während seiner Amtszeit wurde im Jahr 1976 der Gemeindeverband „Einheit“ gegründet, vergleichbar mit der heutigen Form der Verwaltungsgemeinschaften. Diesem Verband gehörten neben der Stadt Radegast auch die Gemeinden Weißandt-Gölzau, Prosigk, Schortewitz (heute Stadtteil von Zörbig), Cösitz (heute Stadtteil von Zörbig), Libehna, Riesdorf, Zehbitz, Cosa und Gnetsch (heute Ortsteil von Weißandt-Gölzau) an. Lohmann war seit Gründung des Gemeindeverbandes dessen Vorsitzender. Er schied aus Altersgründen im Januar 1987 aus dem Amt aus. Sein Nachfolger wurde Raymond Schulz. Er war zunächst Bürgermeister, nach der Wiedervereinigung Deutschlands dann zeitweise Stadtdirektor (Leiter der Verwaltung) in Radegast, während zeitgleich als ehrenamtlicher Bürgermeister Dr. Siegfried Hassel fungierte.
Im Jahr 1994 wurde die Verwaltungsgemeinschaft „Gölzau-Görzig-Radegast“, später „Anhalt-Süd“ gegründet, woraufhin die kommunale Verwaltung nicht mehr dem Stadtdirektor unterstand. Am 26. Juni des gleichen Jahres wurde Rita Exner zur neuen Bürgermeisterin gewählt. Sie bekleidete das Amt bis zum Jahr 2001. Am 21. Oktober 2001 wurde Michael Graf (damals SPD, heute parteilos) zu ihrem Nachfolger gewählt und am 31. August 2008 im Amt des Bürgermeisters der Fuhnestadt bestätigt. [4]
Heute beträgt nach der Gemeindeordnung des Landes Sachsen-Anhalt die Amtsdauer des Bürgermeisters sieben Jahre. Die nächsten Bürgermeisterwahlen finden regulär im Jahr 2015 statt.
Wappen
Das Wappen der Stadt Radegast zeigt in Silber auf einer schräglinks ansteigenden roten Zinnenmauer mit geschlossenem Tor einen linkshin auf einen roten Zinnenturm zuschreitenden schwarzen Bären mit goldener Krone und goldenem Halsband. Mit der Erhebung zum Marktflecken im Jahr 1727 erhielt Radegast von Fürst Leopold von Anhalt-Dessau gleichzeitig diese Abart des Bernburger Wappens.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Vereinswesen
Das kulturelle Leben in Radegast ist heute wie früher geprägt vom Vereinsleben: 1859 wurde der Gesangsverein „Concordia“ gegründet, 1863 der Verein „Harmonie“. Ein „Krieger- und Landwehrverein“ folgte 1873, jedoch einzig die ebenfalls in diesem Jahr gegründete Freiwillige Feuerwehr existiert davon noch heute.
1911 wurde der Fußballverein „Britannia“ gegründet, 1919 der Gartenverein für Arbeiter und 1923 eine weitere Kleingartensparte, die bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges den Handwerkern und dem Mittelstand vorbehalten blieb.
Derzeit sind in Radegast neben Feuerwehr und Sportverein noch der Hundesportverein Radegast und die „Fuhnetaler Hundefreunde“, der Verein der Ziervögel- und Exotenzüchter sowie der „Kleintierzuchtverein Radegast und Umgebung“ ansässig.
Der Heimat- und Trachtenverein pflegt heute das Brauchtum in der Stadt.
Museen
Die Heimatstube lässt Besucher das Leben der Menschen im früheren Anhalt miterleben. Die nachgebaute Falschmünzerei prägt jährlich eine neue Sammlermünze mit Motiven aus der Stadtgeschichte. Bisher wurden Münzen zu folgenden Themen geprägt:
- 2003 - Motiv Vorderseite: „Historische Münzwerkstatt anno 1780“, Rückseite: Stadtwappen Radegast (Anhalt) - Ausgabeanlass: Eröffnung der „Falschmünzerei“
- 2003 - Motiv Vorderseite: „Feuerwehrgerätehäuser von 1930 und 2001“, Rückseite: Stadtwappen Radegast (Anhalt) - Ausgabeanlass: „130 Jahre Freiwillige Feuerwehr Radegast“
- 2004 - Motiv Vorderseite: „Persönlichkeiten der Stadtgeschichte“, Rückseite: „Historische Gebäude der Stadt Radegast“ - Ausgabeanlass: „760 Jahre Radegast“
- 2005 - Motiv Vorderseite: „1 Radegaster Thaler“, Rückseite: Stadtwappen Radegast (Anhalt) und Schriftzug „Falschmünzerei“ - Ausgabeanlass: „185 Jahre Eröffnung der Radegaster Postanstalt“
- 2006 - Motiv Vorderseite: „Bahnhof Radegast um 1940“, Rückseite: „Dessau-Radegast-Köthener Bahn - Liniennetz“ - Ausgabeanlass: „110 Jahre Eröffnung und 60 Jahre Stilllegung der DRKB“
- 2007 - Motiv Vorderseite: „Händler, neben einem Baum auf einer Straße stehend, davor eine zweispännige Postkutsche“ und Schriftzug zum Ausgabeanlass, Rückseite: „Theurer Christian“ und Jahreszahl „2007“ - Ausgabeanlass: „280 Jahre Markt- und Stadtrechte für Radegast“
- 2008 - Motiv Vorder- und Rückseite: Nachbildung des preußischen 1/24 Talers von 1782, den der Falschmünzer Ziervogel zwischen 1780 und 1786 hergestellt hatte - Ausgabeanlass: „Anhalttag 2008“
Bauwerke
Der „Theure Christian“, ein Wegebaudenkmal an der alten Straße zwischen Radegast und Zörbig, ist einer der ältesten Belege Radegaster Geschichte. Viele historische Bauwerke, z.B. die Gasthöfe „Prinz von Anhalt“ und „Das weiße Ross“, das alte „Kaiserliche Postamt“ oder der ehemalige Bahnhof sind ebenfalls Zeugen ihrer Zeit. Am historischen Marktplatz ist die einheitliche anhaltische Bauweise noch heute nachvollziehbar. Die Kirche wurde in den letzten Jahren teilsaniert. Seit 1. Oktober 2000 läuten die Kirchenglocken wieder.
Parks
Der „Bürgerpark“ in der Siedlung, die Fuhneaue und das nahegelegene Naturschutzgebiet „Cösitzer Teich“ laden zum Wandern und Natur erleben ein.
Naturdenkmäler
Die Friedenseiche, neben dem „Theuren Christian“ ein weiteres Wahrzeichen der Stadt, hat in ihrer über 135jährigen Geschichte viele Unwetter und Gewitter, teilweise auch mit Blitzeinschlägen, überstanden. Sie befindet sich in der Mitte des Marktplatzes. Am 30. April 1871 wurde die Eiche anlässlich der Beendigung des Deutsch-Französischen Krieges gepflanzt und durch den damaligen Pfarrer Herbst geweiht. Eine neben dem Baum installierte Gedenktafel erinnert heute an dieses Ereignis. Das ebenfalls aus diesem Anlass durch den „Krieger- und Landwehrverein“ auf dem Marktplatz errichtete Denkmal existiert bereits seit Jahrzehnten nicht mehr. An seiner Stelle befindet sich ein Springbrunnen.
Sport
Der im Jahr 1911 gegründete Sportverein „Britannia“, der im Lauf der Jahre des Öfteren den Namen wechselte, nennt sich heute „SV Schwarz-Gelb Radegast e.V.“. Die Fußball-Mannschaft war besonders in den 1950er und 1960er Jahren erfolgreich. Radegast spielte zwischen 1962 und 1966 in der Bezirksklasse der DDR. 1962 konnte der FDGB-Kreispokal gewonnen werden und 1967 scheiterten die Fußballer erst im Viertelfinale des FDGB-Bezirkspokales, nachdem sie zuvor im Achtelfinale den Vorjahres-Pokalsieger aus Helbra mit 5:2 aus dem Wettbewerb geworfen hatten. Aktuell ist keine Fußball-Herrenmannschaft für den Spielbetrieb gemeldet, jedoch sind D-, E-, F- und G-Jugendmannschaften aktiv. Neben Fußball umfasst der Verein auch die Sektionen Volleyball und Cheerleading. Der mehrfache Deutsche Meister und Juniorenweltmeister im Zweier- und Vierer-Bob von 2002 und Teamweltmeister 2007, Marc Kühne, ist Ehrenmitglied des Vereins.
Regelmäßige Veranstaltungen
Jährlich im August findet in Radegast ein Volksfest statt. Im Mai jedes Jahres wird der „Anhalt-Tag“ begangen. Weitere kulturelle Highlights der Stadt sind die „Frühjahrswanderung“ und der Radegaster Weihnachtsmarkt. Seit 2006 findet in Radegast jährlich ein BMW-Treffen statt.
Wirtschaft und Infrastruktur
Auf Grund seiner Historie ist Radegast auch heute noch vorrangig landwirtschaftlich geprägt. Herausragende Bedeutung erlangte dabei das Gestüt, welches sich in Kreisen der Pferdekenner weltweit einen guten Ruf erwarb. Heute wird es als Privatbetrieb weitergeführt und widmet sich vorrangig der Bewirtschaftung seiner landwirtschaftlichen Nutzflächen und dient als Pferdepension, aber auch Aufzucht und Ausbildung von Reitpferden werden weiterhin betrieben.
Waren noch früher neben der Domäne bzw. dem Gestüt die Zuckerrüben-Verarbeitung, die Kahleyß'sche Likörfabrik, die Mühlenbau-Werkstatt von Heinrich Hecht und die Anhaltische Hofgärtnerei von Friedrich Kühne oder zu DDR-Zeiten die PGH „Fuhnetal“ die wichtigsten Unternehmen am Ort, so existieren in Radegast heute meist nur noch Kleinstbetriebe und Gastronomien. Trotz günstiger Bedingungen - Lage an Fernhandelsstraßen, früher Anschluss an ein Schienennetz - wurde die Stadt nie wirklich „industrialisiert“. So konnte der ländliche Charakter der kleinen Stadt bis heute bewahrt bleiben. Größere Industrien siedelten sich im Nachbarort Weißandt-Gölzau an, Radegast entwickelte sich parallel dazu zum Wohnort vieler der dort Beschäftigten, was durch die Entwicklung der Einwohnerzahlen deutlich belegt wird.
Verkehr
Die früher durch den Ort verlaufende B 183 führt heute über eine Ortsumgehung an der Stadt vorbei. Die Landesstraße 142 quert die Stadt Radegast von Südwesten in nordöstlicher Richtung. Die kleine Stadt liegt zudem am Fuhneradweg. Dieser verläuft von Wolfen nach Bernburg und erstreckt sich über eine Länge von 64 km.
Öffentliche Einrichtungen
In der Stadt gibt es eine Reihe öffentlicher und sozialer Einrichtungen:
- eine Polizeistation
- die Freiwillige Feuerwehr
- eine Sozialstation
- eine Kindertagesstätte
- eine Sparkasse
- einen Jugendklub
- ein Freizeit-Zentrum.
Bildung
Seit das Ludwigsgymnasium Köthen im Jahr 1998 seine Außenstelle in Radegast geschlossen hat, existiert heute in der Stadt nur noch eine Grundschule.
Das Gestüt der Stadt Radegast war lange Jahre Lehr- und Versuchsanstaltgut der Martin-Luther-Universität Halle.
Persönlichkeiten
Ehrenbürger
- Louis Hecht (11. November 1841 - 11. Januar 1931) war Müllermeister und Bürgermeister der Stadt Radegast von 1891 - 1925. Bei seinem Ausscheiden aus Altersgründen im Jahr 1925 ehrte man ihn mit der Ehrenbürgerschaft der Stadt Radegast. Beigesetzt wurde er auf dem Friedhof Radegast.
- Franz Gieseler (??? - 11. Juni 1932) war Fleischermeister und lange Jahre Stadtrat in Radegast. Aus der Chronik der Stadt geht hervor, dass „am 11. Juni 1932 [...] der Ehrenbürger der Stadt, Stadtrat Franz Gieseler 81-jährig tödlich verunglückt“ ist. [5]
Söhne der Stadt
- Horst Caspar (20. Januar 1913 - 27. Dezember 1952) - deutscher Theater- und Filmschauspieler der 1930er und 1940er Jahre
- Heinrich Hecht - Mühlenbauer, Erfinder der Zentrifugal-Jalousievorrichtung an Windmühlen („Hecht'sche Jalousieansteuerung“, 1885) und des „Ascania“-Sichters (1903). Hecht war zudem lange Jahre als Stadtverordneter und Schiedsmann in Radegast tätig.
Persönlichkeiten, die vor Ort gewirkt oder in Radegast gelebt haben
- Franz Paul Baege (25. November 1876 - 1. Dezember 1938) war Lehrer, Heimatdichter und Archäologe. Von ihm stammt das in der typisch anhaltischen Mundart verfasste Buch „Die Helden vom Dideldei“. Baege wirkte in Radegast als Lehrer und Schulleiter von 1908 bis 1933. Auch er wurde auf dem Radegaster Friedhof beigesetzt.
- Franz Ebert (1. Mai 1877 - 21. Dezember 1936) war Maurer und sozialdemokratischer Stadtrat. Er gründete die Gartensparte im Jahr 1919. Außerdem setzte er sich sehr aktiv für die Belange der einfachen Menschen ein. Ebert wurde ebenfalls beigesetzt auf dem Friedhof in Radegast. Nach ihm wurde neben der Gartensparte auch eine der Radegaster Straßen benannt.
- Axel Grosser - Radsportler, Weltmeister 1979 und 1981 in der 4000 m-Mannschaftsverfolgung (1979 gemeinsam mit Lutz Haueisen, Gerald Mortag und Volker Winkler, 1981 gemeinsam mit Delef Macha, Bernd Dittert und wiederum Volker Winkler)
Sonstiges
- Wissenswert: Die Stadt Radegast war die erste Stadt in den neuen Bundesländern, die der Organisation Weißer Ring beigetreten ist.
- Kurios, aber unrühmlich: Der insgesamt einhundertste Überfall auf ein Geldinstitut in den neuen Ländern traf die Radegaster Sparkasse.
Weblinks
Quellen
- ↑ Chronik der Stadt Radegast, 1989 (Kapitel „Zur Lage des Ortes Radegast“)
- ↑ Chronik der Stadt Radegast, 1989: Hier gibt es zwei unterschiedliche Zahlen ohne ein genaues Datum.
- ↑ Zahlen ab 1990 stammen von http://www.statistik.sachsen-anhalt.de.
- ↑ Mitteilung auf www.mz-web.de.
- ↑ Chronik der Stadt Radegast, 1989 (Kapitel „Radegast im Jahr 1932“)
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