Radiografie

Radiografie

Die Radiologie ist das Teilgebiet der Medizin, das sich mit der Anwendung von Strahlen zu diagnostischen, therapeutischen und wissenschaftlichen Zwecken befasst.

Sitzungsbericht der Physikalisch-medizinischen Gesellschaft zu Würzburg aus dem Dezember 1895

Traditionell werden in der Radiologie Röntgenstrahlen verwendet.

Die Röntgenstrahlung wurde am 8. November 1895 von Wilhelm Conrad Röntgen im Physikalischen Institut der Universität Würzburg entdeckt.[1] Wilhelm Conrad Röntgen benannte die von ihm entdeckte Strahlung als X-Strahlung, wie sie auch heute noch im anglo-amerikanischen Raum bezeichnet wird. Publiziert wurde seine Arbeit erstmals in einem Sitzungsbericht der Physikalisch-medizinischen Gesellschaft zu Würzburg im Jahrgang 1895; der Beitrag wurde von W. C. Röntgen am 28. Dezember 1895 eingereicht.

Über die Röntgenstrahlen hinaus kommt auch andere Ionisierende Strahlung, wie Gammastrahlung oder Elektronen zum Einsatz. Da ein wesentlicher Einsatzzweck die Bildgebung ist, werden auch andere bildgebende Verfahren wie die Sonografie und die Magnetresonanztomografie zur Radiologie gerechnet, obwohl bei diesen Verfahren keine ionisierende Strahlen zum Einsatz kommen.

Die Radiologie gliedert sich in die Gebiete Diagnostische Radiologie und Strahlentherapie (Die Nuklearmedizin ist seit Jahren eine eigenständige Fachrichtung.) Zur Diagnostischen Radiologie gehören als Teilgebiete die Neuroradiologie und die Kinderradiologie. Es gibt weitere Schwerpunkte wie die Interventionelle Radiologie. Von Bedeutung für die fachärztliche Tätigkeit sind auch Fragen des Strahlenschutzes.

Inhaltsverzeichnis

Diagnostische Radiologie

Beurteilung von radiologischen Aufnahmen

Die bildgebenden Verfahren in der diagnostischen Radiologie umfassen die Projektionsradiografie und die Schnittbildverfahren: Röntgen-Computertomografie, Sonografie und Magnetresonanztomografie. Bei all diesen Verfahren können Substanzen eingesetzt werden, die die Darstellung bzw. Abgrenzung bestimmter Strukturen erleichtern und/oder Aufschluss über die Funktion eines Systems geben. Diese Substanzen bezeichnet man als Kontrastmittel. Die Auswahl des Verfahrens und die Entscheidung, Kontrastmittel einzusetzen, richten sich nach der klinischen Fragestellung und einer Kosten/Risiko-Nutzen-Abwägung.

Radiografie

Bei den radiografischen Verfahren (auch als „konventionelles Röntgen“ bezeichnet) wird der Körper des Patienten oder ein Teil desselben aus einer Richtung mit Röntgenstrahlung durchstrahlt. Auf der Gegenseite wird die Strahlung mit geeigneten Materialien registriert und in ein Bild umgewandelt. Dieses zeigt die im Strahlengang liegenden Gewebe in der Projektion: Knochen absorbieren mehr Strahlung als Weichteile und werfen daher Schatten; luftgefüllte Gewebe wie die Lunge sind relativ durchlässig, sodass dahinter eine höhere Strahlenintensität registriert wird. Da verschiedene Strukturen sich meist im Strahlengang überlagern, ist es oft hilfreich, mehrere Bilder aus unterschiedlicher Projektionsrichtung anzufertigen.

Welche Art Sensormaterial zur Registrierung verwendet wird, hängt vom Geräte- und Aufnahmetyp ab. Bei der herkömmlichen Radiografie wird lichtempfindliches Filmmaterial analog zur Fotografie verwendet, das sich bei Strahleneinfall schwärzt und chemisch entwickelt werden muss. Fortentwicklungen dieses Prinzips erlauben anstelle der Entwicklung von Filmmaterial das digitale Auslesen eines Detektors. Das einfachste Prinzip ist dabei eine Phosphorplatte, welche nach der Aufnahme eingescannt wird. Um bewegte Bilder in Echtzeit zu beurteilen (Durchleuchtung) werden traditionell Röntgenbildverstärker als Sensoren verwendet. In modernen Geräten werden zur direkten digitalen Akquisition sowohl von Standbildern als auch von Echtzeit-Bewegtbildern CCDs als Detektor eingesetzt. Radiologische Aufnahmen können in digitaler Form im DICOM-Format gespeichert werden.

Als Kontrastmittel in der Projektionsradiografie eignen sich unlösliche Bariumsalze als Aufschwemmung, Jodverbindungen, Luft und Kohlendioxid. Barium wird gewöhnlich für den Verdauungstrakt verwendet. Lösliche Jodverbindungen und Kohlendioxid eignen sich für die Injektion in Gefäße, Luft kann rektal zur Dickdarmdarstellung appliziert werden.

Röntgenaufnahme des Brustkorbes, linke Lunge ist entfernt und vollständig mit Sekret gefüllt
CT-Angiografie der Hände in einer 3D-Rekonstruktion

Im Folgenden sind die wichtigsten Untersuchungen aufgeführt:

  • Nativ = ohne Kontrastmittel
    • Röntgen Thorax: Übersichtsaufnahme von Herz, Lunge und Brustkorb
    • Röntgen Skelett
    • Mammografie: Röntgenuntersuchung der Brust
  • Mit Kontrastmittel
    • Angiographie (Darstellung der Gefäße allgemein)
    • Arteriographie (Arterien)
    • Phlebographie/Venographie (Venen)
    • Lymphographie (Lymphgefäße)
    • intravenöse Urographie (harnableitendes System, inkorrekt: i.v.-Pyelogramm)
    • retrograde Pyelographie (Iod-Kontrastmittel via Harnleiter ins Nierenbecken appliziert)
  • Durchleuchtung
    • Kontrastmittel-Breischluckuntersuchung zur Darstellung des Ösophagus
    • Kontrastmittel-Mahlzeit zur Verfolgung der Magen-Darm-Passage
    • Dünndarm-Kontrastmitteluntersuchung mit Barium und Wasser (Doppelkontrast)
    • Dickdarm-Kontrasteinlauf mit Barium, zusätzlich meist Gabe von Luft (Doppelkontrast)
    • Kontrastuntersuchungen der Speiseröhre, Magen, Darm, Gallenwege
    • Barium-Kontrastmittel (Bariumsulfat, BaSO4) werden nur im Verdauungstrakt verabreicht und dann nur, wenn sichergestellt ist, dass das Kontrastmittel nicht aus dem Verdauungstrakt treten kann. Denn wenn Barium-Kontrastmittel in den freien Körperraum tritt, verkapselt sich dieses und kann zu Entzündungen führen. Wird Barium-Kontrastmittel in die Lunge aspiriert (eingeatmet) kann das zu einer Lungenentzündung führen.
CT eines Nierentumors an der rechten Niere (im Bild links)

Röntgen-Computertomografie

Siehe Hauptartikel Computertomografie

Vorteile der CT: Überlagerungsfreie Schnittbilder mit sehr hoher Detailauflösung, v. a. bei knöchernen Strukturen, z. B. Innenohr. Moderne Geräte, sogenannte Mehrzeilenscanner ermöglichen zum Teil bei Kontrastmittelanwendung eine Darstellung auch mittlerer und kleinerer Gefäße, z. B. Herzkranzgefäße. Kurze Aufnahmezeiten, mit und ohne iodbasierte Kontrastmittelgabe, erschließen auch den Magen-Darm-Trakt der bildlichen Darstellung, sogenannte virtuelle Endoskopie. Größter Nachteil der CT: Relativ hohe Belastung mit potenziell schädlichen Röntgenstrahlen, besonders bei den aufwendigeren Untersuchungen. Diese negative Eigenschaft des CT fällt vor allem im Vergleich zum strahlenfreien MRT ins Gewicht.

Magnetresonanztomografie

MR-Aufnahme eines menschlichen Kniegelenks

Siehe Magnetresonanztomografie, Vorteile: wie CT, dabei besserer Weichteilkontrast, keine ionisierenden Strahlen, aber höherer zeitlicher und apparativer Aufwand, höhere Kosten, geringere Toleranz beim Patienten v. a. Klaustrophobie bei herkömmlichen Geräten, neueres Design ermöglicht offenere Geräte mit guter Patientenakzeptanz, Kontrastmittel zum Beispiel Gadoliniumverbindungen und superparamagnetische Eisenoxid-Partikel.

Ultraschalluntersuchung

Siehe Sonografie, das am häufigsten angewendete bildgebende Verfahren in der Medizin, Vorteile: schonend, wiederholbar, Echtzeitbeurteilung, zum Teil Funktionsbeurteilung; Nachteil: nicht alle Gewebe und Areale zugänglich, ungeeignet für sehr adipöse Patienten. Als Kontrastmittel werden kleinste Gasbläschen (microbubbles) eingesetzt, die die Struktur- und Funktionsdarstellung von Gefäßen und der Leber erleichtern, außerdem Wasser und gasabsorbierende Substanzen zur verbesserten Darstellung der Oberbauchorgane.

Ausbildung

Facharzt für Radiologie

Um nach einem absolvierten Medizinstudium in Deutschland die Bezeichnung Facharzt für Radiologie zu erwerben, bedarf es einer fünfjährigen Weiterbildungszeit. Auf die Weiterbildung anrechenbar sind:

Der Weiterbildunginhalt zur Erlangung des Facharzt wird über die jeweils zuständigen Ärztekammern definiert: Es ist der Nachweis einer bestimmten Anzahl selbständig durchgeführter Untersuchungen bei Kindern, Erwachsenen und in der Neuroradiologie zur Zulassung zur Facharztprüfung nötig.

Statistiken hierzu

  • Am 1. Januar 2001 waren 3.718 Diagnostische Radiologen registriert, von denen 1.234 niedergelassen waren. 355 übten keine ärztliche Tätigkeit aus. Unter der alten (und jetzt wieder gültigen) Bezeichnung „Radiologe“ waren 3.638 registriert, von denen 1.231 niedergelassen waren. 1.107 übten keine ärztliche Tätigkeit aus.
  • Gemeinsam mit der Nuklearmedizin betrug der Praxisüberschuss 1998 im Durchschnitt 109.000 €, in den neuen Bundesländern 143.700 €.
  • Auch Nicht-Radiologen dürfen in Deutschland röntgen. In der ambulanten Versorgung wird bei gesetzlich Krankenversicherten nur etwa jede vierte Röntgenuntersuchung von Vollgebietsradiologen vorgenommen. Drei Viertel der Untersuchungen dagegen entfallen auf so genannte Teilgebietsradiologen: 32 Prozent der Untersuchungen machen Orthopäden, in 13 Prozent aller Fälle röntgen Chirurgen, sieben Prozent der Untersuchungen nehmen Internisten vor. Die übrigen Untersuchungen nehmen Ärzte anderer Fachgruppen vor. Dies berichtet das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in seinem neuen Jahresbericht. Demnach wurde in den Jahren 2002 bis 2004 jeder Einwohner in Deutschland pro Jahr durchschnittlich 1,7 Mal geröntgt. Bei der daraus resultierenden effektiven Strahlenbelastung liegen die Deutschen mit einer effektiven Dosis von 1,8 Millisievert "im internationalen Vergleich im oberen Bereich", heißt es im Bericht des BfS. 50 Prozent der kollektiven effektiven Dosis gehen allerdings auf Röntgenuntersuchungen durch Vollgebietsradiologen zurück (Orthopäden: zwölf; Internisten: zehn; Chirurgen: zwei Prozent). [2]

Radiologietechnologe

Radiologietechnologen sind Spezialisten für die Anwendung bildgebender Verfahren in der Medizin (Röntgen, Schnittbildverfahren, Nuklearmedizin) und für die Durchführung von Heilbehandlungen mit ionisierender Strahlung (Strahlentherapie). Sie führen Untersuchungen und Therapien nach ärztlicher Anordnung eigenverantwortlich durch. Sie sind fachlich weisungsfrei, haben die Berechtigung Kontrastmittel anzuwenden (in Zusammenarbeit mit Ärzten) und können sich freiberuflich niederlassen.

In Österreich erfolgt im Zuge des Bologna-Prozesses die Umstellung auf eine Ausbildung an der Hochschule mit akademischem Abschluss. Im Wintersemester 2006 starteten an der FH Wiener Neustadt FH Wiener Neustadt an der FH Joanneum und der Fachhochschule Salzburg die ersten Jahrgänge, die im Sommer 2008 bzw. 2009 mit dem Bakkalaureat abschließen werden.

Medizinisch-technischer Radiologieassistent

Medizinisch-technische Radiologieassistenten (MTRA) führen Untersuchungen mittels konventioneller oder digitaler Radiologie (bspw. CT, MRT) selbständig aus. Sie assistieren bei Untersuchungen wie z. B. Durchleuchtungen und digitaler Subtraktionsangiografie. MTRA wirken ebenfalls in der Strahlentherapie mit, helfen bei der Bestrahlungsplanung und führen die einzelnen Therapiefraktionen selbstständig durch. Ebenso assistieren sie in der Nuklearmedizin, arbeiten dort im Radionuklidlabor und führen Untersuchungen wie Szintigramme, SPECT und PET durch. Die Ausbildung erfolgt in Deutschland an Berufsfachschulen oder Ausbildungszentren. Sie setzt den Sekundarschulabschluss voraus und dauert drei Jahre.

Zurzeit wird auch in Deutschland eine Ausbildungsumstellung auf Hochschulebene diskutiert.

Interventionelle Radiologie

Die Interventionelle Radiologie umfasst minimalinvasive therapeutische Maßnahmen, die unter permanenter Kontrolle mittels bildgebender Verfahren durchgeführt werden: zum Beispiel die Aufdehnung von Gefäßverengungen (Angioplastie) unter Durchleuchtungskontrolle (Angiographie). Bei Verwendung einer Gefäßprothese (Stent) wird diese Methode als Stentangioplastie bezeichnet. Weitere Maßnahmen im Rahmen der Interventionellen Radiologie sind u.a.: Tumorembolisationen (~verödungen), die Behandlung von akuten Blutungen, Beseitigung von tumorbedingten Gangstenosen im Gastrointestinaltrakt oder in den Gallenwegen, Gewebeentnahmen sowie die Behandlung von Gefäßerweiterungen (Aneurysmen). Die Interventionelle Radiologie gehört systematisch nicht zur diagnostischen Radiologie, ist aber historisch aus ihr entstanden und wird meist von Radiologen durchgeführt.

Strahlenschutz

Da die angewendeten Strahlendosen in der Röntgendiagnostik zwar sehr gering, aber doch potenziell schädlich für den Patienten und den Anwender sind, wird in der Radiologie besonderer Wert auf den Strahlenschutz gelegt.

Deutschland nimmt mit etwa 1,3 Röntgenaufnahmen pro Einwohner und Jahr einen Spitzenplatz ein. Die medizinische Anwendung von ionisierender Strahlung führt zu einer zusätzlichen Strahlenexposition von grob 2 mSv/a pro Einwohner. Auf diese lassen sich theoretisch 1,5% der jährlichen Krebsfälle zurückführen.[3][4]

Den weitaus höchsten Anteil an der medizinischen Strahlenexposition hat dabei die Computertomographie.

Quellen

  1. P. Thurn, E. Bücheler: Einführung in die radiologische Diagnostik, Stuttgart: Thieme, 8. Aufl. 1986
  2. Zitiert nach: Ärzte Zeitung, 21. August 2008, Teilradiologen röntgen in drei von vier Fällen http://www.aerztezeitung.de/suchen/default.aspx?query=teilradiologen&sid=507951
  3. de Gonzalez und Berry, Lancet 2004; 363: 345-51
  4. Risk of cancer from diagnostic X-rays: estimates for the UK and 14 other countries, de Gonzalez, Sarah Darby, Lancet 2004; 363: 345-51, DOI:10.1016/S0140-6736(04)15433-0

Literatur

  • R.C. Bittner: Leitfaden Radiologie. ISBN 3-437-41210-8, KNO 06 29 50 87
  • Dirk Pickuth: Radiologie Fakten. Uni-Med, Bremen 2002, ISBN 3-89599-310-7, KNO-NR: 11 11 20 48
  • Gerhard Lechner, Martin Breitenseher u. a. (Hrsg.): Lehrbuch der radiologischen klinischen Diagnostik. Maudrich 2003, ISBN 3-85175-754-8, KNO-NR: 11 08 93 84
  • Jörg-Wilhelm Oestmann: Radiologie. Ein fallorientiertes Lehrbuch. Thieme, Stuttgart 2002, ISBN 3-13-126751-8, KNO-NR: 10 91 20 07
  • Theodor Laubenberger, Jörg Laubenberger: Technik der medizinischen Radiologie. Diagnostik, Strahlentherapie, Strahlenschutz. Für Ärzte, Medizinstudenten und MTRA. Deutscher Ärzte-Verlag, ISBN 3-7691-1132-X, KNO-NR: 00 99 81 31
  • Deutsches Röntgen-Museum (Hg.): "Die Augen des Professors. Wilhelm Conrad Röntgen. Eine Kurzbiografie". Vergangenheitsverlag, Berlin 2008

Zeitschriften

Siehe auch

Weblinks


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